Normen
ABGB §1330 Abs2
EO §381 Z2
HGB §109
ABGB §1330 Abs2
EO §381 Z2
HGB §109
Spruch:
Eine einstweilige Verfügung durch Unterlassungsgebot gegen den Komplementär einer Kommanditgesellschaft, der die gesellschaftsrechtliche Stellung eines anderen Komplementärs bei Angestellten des Unternehmens durch wahrheitswidrige Angaben untergräbt, ist zulässig
OGH 27. Mai 1982, 7 Ob 607/82 (OLG Linz 2 R 53/82; LG Salzburg 9 Cg 461/81)
Text
Die Streitteile sind Komplementäre der T-KG. Sie sind hinsichtlich Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnis gleichberechtigt. Eine Verpflichtung der Streitteile, über die unbedingt erforderliche Tätigkeit hinaus im Geschäft aktiv mitzuarbeiten, besteht nicht.
Mit der am 15. 9. 1981 beim Erstgericht eingelangten Klage stellt der Klager das auf die Treuepflicht des Beklagten aus dem Gesellschaftsvertrag und auf § 1330 Abs. 2 ABGB gegrundete Begehren, der Beklagte sei schuldig, die Verbreitung von Äußerungen mit dem Inhalt, 1. der Beklagte habe die Firma T zeitlebens allein aufgebaut, die ganze Aufbauarbeit des Unternehmens habe er geleistet und alle Mitarbeiter in dem Unternehmen hätten die Position, die sie in der Firma innehätten, ihm zu verdanken; 2. der Kläger habe seit acht Jahren keine unternehmerische Tätigkeit ausgeübt; 3. der Kläger blockiere mit Absicht die "U-Abteilung", damit die Firma K, die von Familienmitgliedern des Klägers betrieben werde, sich voll entfalten könne; und 4. das Unternehmen habe schon jetzt fast eine Million Schilling an Anwalts- und Prozeßkosten verkraften müssen und es kämen bis zur Beendigung des Rechtsstreites noch weitere Millionen dazu, zu unterlassen. Der Kläger macht geltend, daß der Beklagte offensichtlich bewirken wolle, daß der Kläger aus dem Unternehmen verdrängt werde. Der Beklagte versuche, dem Kläger das Arbeiten unmöglich zu machen und die Stellung des Klägers im Unternehmen völlig zu untergraben und auf das schwerste zu gefährden. Der Beklagte verbreite die bezeichneten unwahren Behauptungen, die den Kläger schwer diskriminierten und desavouierten, durch zahlreiche sogenannte "interne Notizen", die er an die Geschäftsführung, an den Vorstand und an Abteilungs- und Bereichsleiter sende.
Mit seiner Klage hat der Kläger den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verbunden, es werde zur Sicherung des Anspruches der gefährdeten Partei (in der Folge Kläger genannt) auf Unterlassung wahrheitswidriger und die Gesellschaftstreue als Gesellschafter der Firma T verletzender Tatsachenverbreitungen dem Gegner der gefährdeten Partei (in der Folge Beklagter genannt) bis zur Beendigung dieses Rechtsstreites verboten, Äußerungen mit dem bereits in der Klage zitierten Inhalt zu verbreiten. Der Kläger behauptet, es drohe ihm durch die Äußerungen des Beklagten ein unwiederbringlicher Schaden, wobei die Zurückversetzung in den vorigen Stand nicht tunlich und die Leistung von Geldersatz dem angerichteten Schaden nicht adäquat sei.
Das Erstgericht bewilligte die beantragte einstweilige Verfügung und nahm folgenden Sachverhalt als bescheinigt an:
Zwischen den Streitteilen wurden bereits mehrere Vorprozesse geführt. Zu 12 Cg 505/80 des Landesgerichtes Salzburg erging gegen den Beklagten die einstweilige Verfügung, als geschäftsführender Gesellschafter der Firma T nicht die Behauptung aufzustellen, daß der Kläger von der Führung der internen Geschäftsangelegenheiten und dem Mitspracherecht ausgeschlossen sei. Zu 14 C 1064/79 des Bezirksgerichtes Salzburg wurde dem Beklagten das Verbot auferlegt, ohne bestehende Einstimmigkeit mit dem Kläger besonders große Kredite aufzunehmen, Bauführungen zu unternehmen, Zweigniederlassungen zu grunden und Handlungen vorzunehmen, die diesen Maßnahmen an Bedeutung gleichkommen.
Zumindest seit 1978 wird die geschäftliche Verbindung zwischen den Streitteilen durch Briefe und sogenannte "interne Notizen" aufrecht erhalten. Diese internen Notizen werden zum Teil auch dem Vorstand und den leitenden Angestellten des Unternehmens zur Kenntnis gebracht. Dabei sind vom Beklagten wörtlich oder sinngemäß schriftliche Äußerungen abgegeben worden, die inhaltlich den Punkten 1 bis 4 des Spruches der vom Erstgericht erlassenen einstweiligen Verfügung entsprechen.
Der Kläger hat in der vom Beklagten bestrittenen Zeit jedoch aktive unternehmerische Tätigkeiten gesetzt; auch die weiteren Behauptungen des Beklagten entsprechen nicht den Tatsachen. Dies betrifft auch die Prozeß- und Anwaltskosten, da diese aus dem Privatvermögen der Streitteile bestritten werden. Die leitenden Angestellten der Firma T empfinden den Schriftwechsel der Streitteile als unangenehm. Einige Angestellte meinen, daß die Behauptungen des Beklagten richtig sind und seine Vorwürfe gegen den Kläger zutreffen; andere Angestellte machen sich über die "internen Notizen" des Beklagten keine Gedanken. Der Vorstand des Unternehmens hat an die Streitteile das Ersuchen gerichtet, Schreiben wie die angeführten "internen Notizen" nicht mehr an alle Abteilungsleiter, Verkaufsleiter und an den Betriebsrat zu richten.
In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, daß die schriftlich ausgetragenen Streitigkeiten zwischen den Parteien geeignet seien, den Kläger in den Augen der übrigen Mitarbeiter herabzusetzen; sie trügen dazu bei, sowohl diesem als auch dem ganzen Unternehmen Schaden zuzufügen. Das Bestehen eines Rechtsschutzbedürfnisses und das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr seien zu bejahen. Bei den Angestellten des Unternehmens werde der Eindruck erweckt, die Vorwürfe des Beklagten seien berechtigt; dies sei aber nicht der Fall. Es sei daher bescheinigt, daß dem Kläger ein unwiederbringlicher Schaden drohe, der durch Geldersatz nicht adäquat ausgeglichen werden könne.
Das Rekursgericht wies den Antrag des Klägers auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ab. Es übernahm den vom Erstgericht als bescheinigt angesehenen Sachverhalt und vertrat die Ansicht, daß der Kläger einen ihm drohenden unwiederbringlichen Schaden iS des § 381 Z 2 EO nicht bescheinigt habe. Der Kläger habe lediglich vorgebracht, die Äußerungen des Beklagten zielten darauf ab, ihn aus dem Unternehmen zu verdrängen. Die bescheinigten Äußerungen des Beklagten aber seien für den Verbleib des Klägers in dem Unternehmen ohne jede Bedeutung. Die internen Streitigkeiten seien zwar durchaus geeignet, der T-KG Schaden zuzufügen; sollte jedoch ein solcher Schaden dem Beklagten angelastet werden können, sei Geldersatz möglich und tunlich.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der gefährdeten Partei Folge und stellte die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Zur Sicherung anderer Ansprüche als Geldforderungen können einstweilige Verfügungen gemäß § 381 EO getroffen werden, 1. wenn zu besorgen ist, daß sonst die gerichtliche Verfolgung oder Verwirklichung des fraglichen Anspruches, insbesondere durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes, vereitelt oder erheblich erschwert werden würde, wobei als eine solche Erschwerung jedenfalls anzusehen ist, wenn das Urteil im Ausland vollstreckt werden müßte,
2. wenn derartige Verfügungen zur Verhütung drohender Gewalt oder zur Abwendung eines drohenden unwiederbringlichen Schadens nötig erscheinen. Das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 381 Z 1 EO braucht nicht untersucht zu werden; denn der Antrag des Klägers grundet sich ausdrücklich auf die Bestimmungen des § 381 Z 2 EO. Es schadet daher auch nicht, daß sich die vom Kläger begehrte einstweilige Verfügung mit dem von ihm im Prozeß angestrebten Ziel deckt. Der Rechtssatz, daß eine einstweilige Verfügung der endgültigen Entscheidung nicht vorgreifen und daß durch sie nicht das bewilligt werden darf, was die gefährdete Partei erst seinerzeit im Wege der Exekution erzwingen könnte, gilt nur für einstweilige Verfügungen nach § 379 und § 381 Z 1 EO, nicht aber auch für solche nach § 381 Z 2 EO (SZ 23/203; SZ 38/133; MietSlg. 21 914; Heller - Berger - Stix 2723).
Es kann dahingestellt bleiben, ob die getroffenen Feststellungen zur Beurteilung des geltend gemachten Sachverhalts nach § 1330 Abs. 2 ABGB ausreichen; denn mit Recht ist das Erstgericht zum Ergebnis gekommen, daß der Beklagte mit den bescheinigten Äußerungen gegen die für ihn als Gesellschafter bestehende Treuepflicht verstoßen hat. Der Gesellschaftsvertrag führt zu einer engen persönlichen Verbundenheit der Beteiligten (Hueck, Das Recht der Offenen Handelsgesellschaft[4] 50). Die durch die Gesellschaft begrundete Rechtsgemeinschaft beruht auf einem wechselseitigen Vertrauensverhältnis der Gesellschafter. Sie wird von einer Treuepflicht beherrscht, die auf den Grundsätzen des redlichen Verkehrs und auf Treu und Glauben beruht (Kastner, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechts[3] 11). Der allgemeine Treuegedanke beherrscht nicht nur die Beziehungen des Gesellschafters zur Gesellschaft, sondern auch die Beziehungen der Gesellschafter untereinander; er fordert, daß jeder Gesellschafter auf die Interessen der anderen möglichst Rücksicht nimmt (Hueck aaO 329). Aus dieser Treuepflicht ergibt sich positiv die Pflicht, die Interessen der Gesellschaft wahrzunehmen, und negativ die Pflicht, alles zu unterlassen, was dieses Interesse schädigt (Hueck aaO 192, im gleichen Sinne Kastner aaO). So darf zB kein Gesellschafter Mitteilungen über die Gesellschaft und ihre Verhältnisse an dritte Personen machen, wenn diese Mitteilungen geeignet sind, die Gesellschaft, ihren Ruf oder Kredit zu schädigen, wobei dies auch dann gilt, wenn die mitgeteilten Tatsachen erweislich wahr sind (Hueck aaO 193). Der Beklagte wäre daher verpflichtet gewesen, die den Kläger herabsetzenden und ihn diskriminierenden Mitteilungen - in denen er dem Kläger vorwirft, er habe nicht nur nichts für das Unternehmen geleistet, sondern sei geradezu gegen seine Interessen tätig und führe überdies auf seine Kosten Prozesse - dritten Personen, insbesondere auch leitenden Angestellten der Gesellschaft, gegenüber zu unterlassen.
Daß die Äußerungen des Beklagten zumindest abstrakt geeignet sind, die gesellschaftsrechtliche Stellung des Klägers bei den Angestellten des Unternehmens zu untergraben und sie auf das schwerste zu gefährden, dem Kläger das Arbeiten unmöglich zu machen und ihm so einen unwiederbringlichen Schaden iS des § 381 Z 2 EO zuzufügen, ist keine Frage. Unwiederbringlich ist der Schaden deshalb, weil bei dem dem Kläger durch die Diskriminierung gegenüber den leitenden Angestellten der Gesellschaft entstandenen Nachteil die Zurückversetzung in den vorigen Stand nicht tunlich und die Leistung von Geldersatz dem angerichteten Schaden nicht völlig adäquat ist (Heller - Berger - Stix 2724; SZ 49/11; MietSlg. 25 618). Der Kläger hat aber darüber hinaus eine konkrete Gefährdung - das Vorliegen von Umständen, die ohne Bewilligung der einstweiligen Verfügung eine Beeinträchtigung des Anspruches als wahrscheinlich erscheinen lassen - glaubhaft gemacht (SZ 42/135; EvBl. 1974/153; Heller - Berger - Stix 2722 f.); denn das Bescheinigungsverfahren hat ergeben, daß ein Teil der Angestellten den Vorwürfen des Beklagten gegen den Kläger Glauben schenkt; die Beeinträchtigung der gesellschaftsrechtlichen Stellung des Klägers ist insoweit offensichtlich bereits bewirkt worden.
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