OGH 7Ob59/14y

OGH7Ob59/14y7.5.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** L*****, vertreten durch Mag. Christian Linser, Mag. Peter Linser, Rechtsanwälte in Imst, gegen die beklagte Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Michael Jöstl, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 7.000 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 6. Dezember 2013, GZ 4 R 390/13a‑63, womit das Urteil des Bezirksgerichts Innsbruck vom 30. September 2013, GZ 16 C 1079/10w‑56, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: AT:OGH:2014:E107757

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 559,15 EUR (darin enthalten 93,19 EUR an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) ‑ Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig. Die Zurückweisung einer außerordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 Satz 4 ZPO).

1. Die Beklagte verkaufte dem Kläger ein Motorrad der Marke Triumph Speedmaster. Die Parteien reduzierten den ursprünglich mit 7.999 EUR ausgepriesenen Kaufpreis letztlich auf 6.000 EUR. Sie vereinbarten, das Motorrad der Marke Piaggio Beverly 500 des Klägers, dessen Wert sie mit 4.000 EUR ansetzten, einzutauschen. Darüber hinaus sollte der Kläger 2.000 EUR zahlen. Die Beklagte verkaufte in der Folge das Motorrad Triumph um 7.999 EUR an einen Dritten. Strittig ist noch der von der Beklagten erhobene Einwand, das Geschäft sei von ihr wegen Verkürzung über die Hälfte zu Recht aufgelöst worden.

2. Nach § 934 ABGB wird das Missverhältnis des Wertes nach dem Zeitpunkt des geschlossenen Geschäfts bestimmt. Der Wert der gekauften Sache ist daher für diesen Zeitpunkt festzustellen (RIS‑Justiz RS0018871). Der nach § 934 ABGB maßgebliche „gemeine Wert“ ist nach ständiger Rechtsprechung der „gemeine Preis“ des § 305 ABGB (RIS‑Justiz RS0010074; RS0113651; zuletzt etwa 4 Ob 44/11s). Das ist jener Nutzen, den die Sache mit Rücksicht auf Zeit und Ort gewöhnlich und allgemein leistet. Dieser Preis entspricht regelmäßig dem Austauschwert (Ankaufs‑ oder Verkaufswert); manchmal auch dem Ertragswert oder dem Wert der Herstellungskosten (RIS‑Justiz RS0010074; 6 Ob 592/95; 1 Ob 2342/96k). Welcher Wert im Einzelfall in Betracht kommt, hängt vom rechtlichen Zweck ab, für den die Wertermittlung erfolgt. Grundsätzlich ist bei der Wertermittlung nach § 934 ABGB der Verkaufswert entscheidend. Darunter ist bei marktgängigen Waren der „Marktpreis“ zu verstehen (RIS‑Justiz RS0018877, 4 Ob 44/11s). Der „Marktpreis“ ist der Durchschnittspreis, der sich unabhängig von besonderen zufälligen Umständen der „Preisbildung“ aus dem Vergleich einer größeren Anzahl von Kaufverträgen über Waren der entsprechenden Beschaffenheit ergibt, also der Wert, den die Sache im Verkehr am Ort und zur Zeit der Schätzung gewöhnlich und allgemein hat (6 Ob 592/95, 1 Ob 2342/96k).

3. Die Beklagte wendet sich dagegen, dass die Vorinstanzen unter Heranziehung des Wiederbeschaffungswerts (= Händlerverkaufswert) des Eintauschfahrzeugs (Motorrad der Marke Piaggio) von 2.350 EUR ihr auf § 934 ABGB gegründetes Vertragsauflösungsrecht verneinten. Richtig hätten die Vorinstanzen auf den Händlereinkaufspreis in Höhe von 1.850 EUR abstellen müssen. Es stelle sich daher die rechtlich erhebliche Frage, welcher Preis als „gemeiner Wert“ des Eintauschfahrzeugs im Sinn des § 934 ABGB in Ansatz zu bringen sei.

4. Wie bereits ausgeführt, ist der Austauschwert der gekauften Sache, hier des Motorrads der Marke Triumph entscheidend, nicht aber dessen ursprünglich ausgepriesene und auch nicht der mit einem Dritten letztlich erzielte Kaufpreis in Höhe von 7.999 EUR. Der Wiederbeschaffungswert des Motorrads der Marke Triumph wurde, gegründet auf das Vorbringen und die Urkundenvorlage der Beklagten, mit 7.020 EUR festgestellt. Selbst wenn man diesen Wert dem Händlereinkaufswert des Eintauschfahrzeugs in Höhe von 1.850 EUR gegenüberstellte, läge nach der noch zu berücksichtigenden vereinbarten Aufzahlung von 2.000 EUR keine Verkürzung über die Hälfte im Sinn des § 934 ABGB vor.

4. Da sich die vom Berufungsgericht aufgezeigte erhebliche Rechtsfrage gar nicht stellt und die Beklagte keine sonstige korrekturbedürftige Fehlbeurteilung aufzeigt, ist die Revision zurückzuweisen.

5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Der Kläger hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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