OGH 7Ob48/08x

OGH7Ob48/08x15.5.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am 5. Dezember 2006 verstorbenen Olga T*****, zuletzt wohnhaft in *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Sohnes Günther T*****, vertreten durch Dr. Georg Scheichenbauer, Notar in Feldkirchen, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurswerber übergeht § 157 Abs 1 AußStrG. Danach hat der Gerichtskommissär die nach der Aktenlage als Erben in Frage kommenden Personen nachweislich aufzufordern zu erklären, ob und wie sie die Erbschaft antreten oder ob sie diese ausschlagen wollen. Die Unterlassung der möglichen Beiziehung von nach dem Inhalt des Akts in Frage kommenden („vermutlichen" im Sinne des § 75 AußStrG aF) Erben bewirkt die Nichtigkeit des Verfahrens. Von einer rechtskräftigen Beendigung eines Verfahrens kann nämlich nicht gesprochen werden, wenn derartige Personen nicht beteiligt worden sind und ihnen die Möglichkeit, vor Gericht zu verhandeln, entzogen wurde (RIS-Justiz RS0005968 zur diesbezüglich vergleichbaren alten Rechtslage). § 157 AußStrG nF normiert ausdrücklich die Pflicht, die nach der Aktenlage in Frage kommenden Personen nachweislich dem Verlassenschaftsverfahren beizuziehen. Zum Bestehen des Erbrechts sind vorweg keine Erhebungen zu treffen. Der erstinstanzliche Beschluss ordnet nur die Beiziehung von Personen an, die nach der Aktenlage als Erben in Frage kommen.

Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bestimmt der Ausschlagende autonom, ob durch seine Erklärung seine Nachkommen begünstigt werden sollen oder nicht, sei es, dass er einen anderen positiv begünstigen will, sei es, dass er nur negativ den Willen äußert, dass seine Nachkommen vom Erbrecht ausgeschlossen sein sollen. Durch Auslegung ist zu ermitteln, ob der Ausschlagende den Willen hatte, dass die Entschlagung auch seine Nachkommen erfassen sollte. Hat der Ausschlagende keinen Willen dahin geäußert, ob das Freiwerden seiner Erbquote seinen Nachkommen zugute kommen sollte oder nicht, ist seine Erklärung nach den Umständen des Falls und den vom Ausschlagenden verfolgten Zielsetzungen auszulegen (6 Ob 212/07f; 6 Ob 196/06a; RIS-Justiz RS0007909).

Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, nach der Aktenlage komme ein Erbrecht der Nachkommen der sich des Erbrechts entschlagenden Tochter in Frage, hält sich im Rahmen der Judikatur. Erst nach Beiziehung der Enkel kann festgestellt werden, ob überhaupt einander widersprechende Erbantrittserklärungen vorliegen werden oder nicht. Sollten widersprechende Erbantrittserklärungen abgegeben werden, ist nach §§ 160 ff AußStrG vorzugehen.

Aus der Entscheidung 6 Ob 196/06a ist nichts anderes abzuleiten. Die Entscheidung erging zur alten Rechtslage im streitigen Verfahren auf Feststellung und Abtretung einer Erbschaft und nicht in einem Verlassenschaftsverfahren. Für die Frage der Beiziehung von möglichen Erben kommt es nach § 157 AußStrG nur auf den Akteninhalt an. Weitere Erhebungen über den Willen der das Erbrecht ausschlagenden Person kommen erst bei der Entscheidung über die Feststellung des Erbrechts der Berechtigten und Abweisung der übrigen Erbantrittserklärungen nach § 161 AußStrG in Betracht.

Dies ergibt sich schon aus der klaren Gesetzeslage. Eine erhebliche Rechtsfrage liegt nicht vor. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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