European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0070OB00004.16P.0316.000
Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der Beschluss des Berufungsgerichts wird aufgehoben und in der Sache selbst erkannt, dass das Urteil des Erstgerichts auch hinsichtlich der Abweisung von 70.000 EUR sA einschließlich der Kostenentscheidung wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 5.039,44 EUR (darin enthalten 839,91 EUR USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Ob der Liegenschaft EZ ***** GB ***** war 1989 Wohnungseigentum begründet worden.
Die Beklagte war grundbücherlich einverleibte Miteigentümerin von 258/1226‑Anteilen (B‑LNR 9), mit denen Wohnungseigentum an der Wohnung W 3 samt Gartenteil 4 und Garagenstellplatz 3 untrennbar verbunden ist, sowie von 81/1226‑Anteilen (B‑LNR 10), mit denen Wohnungseigentum an der Wohnung W 4 samt Gartenteil 1 und Garagenstellplatz 4 untrennbar verbunden ist.
Die Streitteile schlossen den Kaufvertrag vom 19. 1. 2010, mit dem der Kläger laut Vertragspunkt Erstens von der Beklagten „den [wie zuvor zusammengefasst wiedergegeben] unter Grundbuchstand angeführten Vertragsgegenstand samt allem rechtlichen und tatsächlichen Zugehör und mit allen Rechten und Pflichten, mit welchen die Verkäuferin diesen bisher besessen und benützt hat oder doch zu besitzen und benützen berechtigt war“, kaufte und übernahm. Auf der Grundlage des Kaufvertrags erfolgte die Einverleibung des Eigentumsrechts des Klägers ob den genannten Wohnungseigentumsobjekten.
Punkt Viertens („Gewährleistung“) des Kaufvertrags lautet:
„Der Käufer hat eingehend den Vertragsgegenstand besichtigt und sich über Ausmaß und Zustand informiert, denselben festgestellt und genehmigt. Die Verkäuferin leistet Gewähr dafür, dass
‑ Satz‑ und Lastenfreiheit des Vertragsgegenstands besteht, mit Ausnahme der am Gutsbestand‑ und Lastenblatt eingetragenen öffentlich‑rechtlichen Beschränkungen und Belastungen,
‑ der Vertragsgegenstand frei von Bestand‑, Nutzungsrechten und sonstigen Rechten Dritter ist,
‑ aus den laufenden Vorschreibungen kein Betriebskostenrückstand besteht.
Im Übrigen leistet die Verkäuferin keine Gewähr, insbesondere für eine bestimmte Eignung, Beschaffenheit und ein bestimmtes Ausmaß oder Erträgnis des Vertragsgegenstands, wohl aber für jenen Zustand, in dem der Vertragsgegenstand vom Käufer besichtigt wurde, unter Berücksichtigung der weiteren üblichen Abnützung vom Besichtigungszeitpunkt bis zur Übergabe und allfälliger üblicher Abnützung durch die Entfernung des beweglichen Mobiliars.
Schäden zwischen der letzten Besichtigung und der Übergabe gehen zu Lasten der Verkäuferin. Die Verkäuferin sichert weiters auch keine besonderen Eigenschaften des Vertragsgegenstandes zu.“
Die Beklagte war im Verfahren zu AZ 15 Msch 21/05b des Bezirksgerichts Döbling wegen § 52 Abs 1 Z 9 WEG iVm § 32 Abs 5 WEG 2002 eine der Antragsgegnerinnen. Der Oberste Gerichtshof kam in dieser Rechtssache zu 5 Ob 129/07t zum Ergebnis, dass die dortige Antragstellerin (frühere Wohnungseigentumsorganisatorin) als bloße Miteigentümerin der Liegenschaft anzusehen sei und ihr deshalb das im § 32 Abs 5 WEG 2002 normierte Antragsrecht nicht zukomme. Ob der Liegenschaft sei nämlich an einem 3,36 m² großen Abstellraum Wohnungseigentum begründet und mit diesem eine Gartenfläche im Ausmaß von 1.124 m² als Zubehör verbunden worden, womit zwingende Grundsätze der Wohnungseigentumsfähigkeit „sonstiger selbständiger Räumlichkeiten“ nicht beachtet worden seien.
Der damalige Rechtsvertreter der Beklagten übermittelte dieser im Jahre 2007 eine Kopie der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs, ohne sie darauf hinzuweisen, dass danach eine Neufestsetzung der Nutzwerte und die Anpassung des Wohnungseigentumsvertrags notwendig sei. Der damalige Rechtsvertreter der Beklagten sah für sie keinen Handlungsbedarf, sondern war der Meinung, dass es Sache der seinerzeitigen Antragstellerin sei, den Wohnungseigentumsvertrag richtigzustellen. Der Beklagten war deshalb die Notwendigkeit einer Neufestsetzung der Nutzwerte samt Änderung des Wohnungseigentumsvertrags nicht bewusst.
Der Kläger wurde erstmals im Jahr 2012 vom Rechtsanwalt weiterer Miteigentümer anlässlich einer Hausversammlung auf die Problematik des Wohnungseigentumsvertrags hingewiesen. Dieser Anwalt setzte in Zusammenarbeit mit einem weiteren Rechtsvertreter einer Miteigentümerin einen „Auflösungs‑, Übergabe‑ und Wohnungseigentumsvertrag“ zwischen den Miteigentümern der Liegenschaft auf, der der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs Rechnung tragen sollte, aber aufgrund der Weigerung des Klägers zur Unterfertigung nicht abgeschlossen werden konnte.
Der Kläger begehrt ‑ soweit für das Rekursverfahren noch relevant ‑ von der Beklagten die Zahlung von 70.000 EUR sA mit der Begründung, der Kauf‑ und Wohnungseigentumsvertrag sei nichtig, weil sich die Wohnungseigentumsorganisatorin Wohnungseigentum an einem Magazin vorbehalten habe, dem eine Gartenfläche von 1.124 m2 zugeordnet worden sei. Der nichtige Wohnungseigentumsvertrag müsse gesetzeskonform geändert werden, wozu der Abschluss eines Auflösungs‑, Übergabs‑ und neuen Wohnungseigentumsvertrags mit neuer Nutzwertfestsetzung notwendig sei. Der Kläger wolle diesen Vertrag aber nicht unterfertigen, weil ihm darin höhere Anteile zugeordnet und ihn damit auch höhere Betriebskosten treffen würden. Überdies seien die dem Magazin zugeordnet gewesenen Freiflächen 200 m von seiner Wohnung entfernt und deren Zuordnung nur mit Arbeit und Kosten verbunden. Er habe unmittelbar vor seiner Wohnung ohnehin eine Grünfläche. Die Beklagte habe ihm kein Wohnungseigentum verkauft, sondern nur schlichte Miteigentumsanteile. Es liege daher ein unbehebbarer Rechtsmangel vor, der eine Preisminderung von 70.000 EUR sA (5 % des Kaufpreises) rechtfertige. Der vereinbarte Gewährleistungsausschluss beziehe sich nur auf Sachmängel.
Die Beklagte wandte ‑ zusammengefasst und soweit noch wesentlich ‑ ein, dass das Risiko des Eintritts von Mängeln nach dem Eigentumserwerb den Kläger treffe. Im Kaufvertrag sei überdies vereinbart worden, dass sie keine Gewähr für eine bestimmte Eignung, Beschaffenheit und ein bestimmtes Ausmaß oder Erträgnis des Vertragsgegenstands leiste. Ein Rechtsmangel liege nicht vor, weil sowohl zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses als auch bis dato der Kläger als Wohnungseigentümer im Grundbuch eingetragen sei. Der Wohnungseigentumsvertrag sei nicht ungültig. Es handle sich lediglich um einen Formmangel, der durch ein neues Parifizierungsgutachten zu beheben sei, nach dem diejenigen Wohnungseigentümer, die vom Parterre direkt einen Zugang zu den Gartenflächen hätten, auch die weitere Gartenfläche kostenlos erhielten. Der Kläger erlange ohne Kosten größere Miteigentumsanteile, wodurch der Verkehrswert seiner Wohnungen um zumindest 300.000 EUR steige. Die Klagsführung sei daher schikanös.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der gesamte Wohnungseigentumsvertrag und auch die darauf beruhende Verbücherung des Wohnungseigentums sei zwar nichtig, sodass ein Rechtsmangel vorliege. Da es der Kläger aber in der Hand habe, diesen Mangel durch eine Antragstellung nach § 9 Abs 2 Z 1 WEG 2002 zu beheben, sei die Geltendmachung einer Wertdifferenz auf Basis schlichten Miteigentums schikanös.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers insoweit Folge, als es das Ersturteil im Umfang der Abweisung der begehrten Preisminderung von 70.000 EUR sA aufhob. Rechtlich führte es ‑ soweit noch relevant ‑ aus, der geltend gemachte Rechtsmangel sei vom vereinbarten Gewährleistungsausschluss nicht umfasst. Von Rechten Dritter freies Wohnungseigentum bestünde im Fall einer bloßen Miteigentumsgemeinschaft mit obligatorischer Benützungsvereinbarung nicht. Ob der behauptete Rechtsmangel tatsächlich vorliege, könne noch nicht beurteilt werden. Der ca 3 m2 große Abstellraum, dem eine Gartenfläche im Ausmaß von 1.124 m2 zugeordnet worden sei, sei mangels ausreichender wirtschaftlicher Bedeutung sowohl nach aktueller als auch nach der Rechtslage des WEG 1975 nicht wohnungseigentumstauglich. Allerdings führe dieser Umstand nicht in jedem Fall zu einer Gesamtnichtigkeit der zwischen allen Miteigentümern erfolgten Wohnungseigentumsbegründung. Am Abstellraum sowie der diesem zugeordnete Gartenfläche könne nämlich grundsätzlich ‑ die Änderung des Wohnungseigentumsvertrags vorausgesetzt ‑ Zubehörwohnungseigentum iSd § 2 Abs 3 WEG 2002 begründet werden, weil es sich dabei nicht um notwendige allgemeine Teile der Liegenschaft handle. Der ehemals dem Abstellraum zugewiesene Nutzwert könnte als Zuschlag zum Nutzwert einer Wohnung oder sonstigen selbständigen Räumlichkeit Bestand haben, sodass die für die Ermittlung der Mindestanteile maßgebliche Summe der Nutzwerte aller Wohnungen und sonstigen Räumlichkeiten unverändert bleiben könnte. Diese Problematik könne durch eine Neufestsetzung der Nutzwerte nach § 9 WEG 2002 korrigiert werden, ohne dass es dabei hinsichtlich der übrigen Objekte zu einer neuen, den Bestand des Wohnungseigentums insgesamt in Frage stellenden Nutzwertermittlung kommen müsse. Im Hinblick auf § 56 Abs 4 WEG 2002 stünde dem § 3 Abs 2 WEG 2002 vorläufig nicht entgegen. Es sei also prinzipiell möglich, neben dem Wohnungseigentum an Wohnungen und sonstigen selbständigen Räumlichkeiten am Abstellraum samt zugeordneter Grünfläche vorläufig schlichtes Miteigentum bestehen zu lassen, bis diese in Zubehörwohnungseigentum umgewidmet würden. Nur wenn feststehe, dass kein Mit‑ und Wohnungseigentümer bereit sei, den Abstellraum samt zugeordneter Gartenfläche als Zubehör seines Wohnungseigentumsobjekts zu übernehmen, wäre ein Ausscheiden des dem Abstellraum zugewiesenen Nutzwerts aus der Summe der Nutzwerte unumgänglich, womit sämtliche anderen Miteigentümer die für ihr Wohnungseigentum erforderlichen Mindestanteile verfehlten, weil ihre Miteigentumsanteile an der Liegenschaft kleiner wären als die Anteile der ihren jeweiligen Objekten zugerechneten Nutzwerte am gesamten Nutzwert aller Wohnungen und sonstigen selbständigen Räumlichkeiten. Dies würde die Gesamtnichtigkeit des Wohnungseigentumsvertrags und in weiterer Folge die Nichtigkeit der darauf beruhenden Verbücherung des Wohnungseigentums nach sich ziehen. Der Kläger hätte dann die Rechtsstellung eines schlichten Miteigentümers mit bloß schuldrechtlichen ausschließlichen Benützungsbefugnissen an den ihm zugewiesenen Objekten erlangt. Um das zugesagte Wohnungseigentum zu erhalten, müsste er seine Miteigentumsanteile erhöhen. In diesem Fall wäre der behauptete Rechtsmangel gegeben, der dann auch unbehebbar wäre, weil eine Wohnungseigentumsbegründung an den vereinbarten Objekten unter Zugrundelegung des vereinbarten Miteigentumsanteils unmöglich wäre. In diesem Fall würde die Geltendmachung des Preisminderungsanspruchs nach § 932 ABGB keine schikanöse Rechtsausübung bedeuten. Der Kläger wäre gezwungen, zur Erlangung des im Kaufvertrag vereinbarten Wohnungseigentumsrechts an den dort angeführten Objekten einen neuen Wohnungseigentumsvertrag mit geänderten Miteigentumsanteilen abzuschließen oder ein gerichtliches Verfahren auf Neufestsetzung der Nutzwerte nach § 9 Abs 2 Z 1 WEG 2002 anzustrengen, was jeweils mit nicht unerheblichem Aufwand und rechtlichen Unsicherheiten verbunden wäre. Dass sämtliche anderen Mit‑ bzw Wohnungseigentümer bereits einen neuen „Auflösungs‑, Übergabe‑ und Wohnungseigentumsvertrag“ vereinbart hätten, bedeute nicht zwingend, dass nicht auch die Bereitschaft eines Mit‑ bzw Wohnungseigentümers bestünde, den Abstellraum und/oder die Grünfläche als Zubehörwohnungseigentum zu übernehmen. Dazu fehlten sowohl Vorbringen als auch Feststellungen. Sollte sich ergeben, dass kein Mit‑ und Wohnungseigentümer bereit sei, den Abstellraum samt zugeordneter Gartenfläche als Zubehör eines Wohnungseigentumsobjekts zu übernehmen, läge ein unbehebbarer Rechtsmangel vor. In diesem Fall wären Feststellungen zu treffen, ob unter Berücksichtigung der konkreten Sachlage, in der sämtliche anderen Mit‑ bzw Wohnungseigentümer bereits einen neuen Vertrag geschlossen hätten, ein Preisminderungsanspruch des Klägers überhaupt und bejahendenfalls von 70.000 EUR bestehe.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil gesicherte Rechtsprechung zur Frage der Teil‑ oder Gesamtnichtigkeit von Wohnungseigentumsverträgen als Folge der unzulässigen Wohnungseigentumsbegründung an einzelnen Objekten nicht bestehe.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Klägers mit einem Abänderungsantrag.
Die Beklagte beantragt in der Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zulässig und im Ergebnis, wenn auch im Sinn einer Abweisung des noch strittigen Klagebegehrens, berechtigt. Im Rekursverfahren gegen einen Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts gilt nämlich der Grundsatz der Unzulässigkeit der reformatio in peius nicht (RIS‑Justiz RS0043858; RS0043903; RS0043939).
1. Nach § 922 Abs 1 ABGB besteht ein Gewährleistungsanspruch unter anderem dafür, dass die Sache die bedungenen oder gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften hat. Nach ständiger Rechtsprechung ist also eine Leistung dann als mangelhaft im Sinn dieser Bestimmung anzusehen, wenn sie qualitativ oder quantitativ hinter der geschuldeten, also dem Vertragsinhalt, zurückbleibt (RIS‑Justiz RS0018547).
2. Für die Beurteilung eines allfälligen Gewährleistungsanspruchs des Klägers ist daher zunächst zu klären, welchen Vertragsgegenstand die Beklagte geschuldet hat. Der geschuldete Vertragsgegenstand wird durch die gewöhnlich vorausgesetzten oder die ausdrücklich oder stillschweigend zugesicherten Eigenschaften bestimmt. Ob eine Eigenschaft als gewöhnlich vorausgesetzt oder als zugesichert anzusehen ist, hängt nicht davon ab, was der Erklärende wollte, sondern davon, was der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben aus der Erklärung erschließen durfte und ist daher an der Verkehrsauffassung sowie an der Natur des Geschäfts zu messen (vgl RIS‑Justiz RS0114333 [insb T4]).
3. Die Beklagte schuldete dem Kläger laut Punkt Erstens des abgeschlossenen Kaufvertrags den „unter Grundbuchstand angeführten Vertragsgegenstand samt allem rechtlichen und tatsächlichen Zugehör und mit allen Rechten und Pflichten, mit welchen die Verkäuferin diesen bisher besessen und benützt hat oder doch zu besitzen und benützen berechtigt war“. Tatsächlich ist der Kläger auf der Grundlage des von den Streitteilen abgeschlossenen Kaufvertrags auch als Eigentümer der beschriebenen Wohnungseigentumsobjekte im Grundbuch einverleibt worden.
4. Aus der Beschreibung des Vertragsgegenstands wird der Käufer nach dem nach der Verkehrsauffassung mit dem Begriff „Wohnungseigentum“ verbundenen Verständnis erwarten dürfen, dass er das Miteigentum an einer Liegenschaft erwirbt, im Grundbuch als Wohnungseigentümer einverleibt wird und ihm die alleinige Befugnis zur Nutzung bestimmter Wohnungen zusteht.
5. In der diese Liegenschaft betreffenden Entscheidung 5 Ob 129/07t (= wobl 2007/132, 341 [zust Call]; dazu zust Würth/Zingher/Kovanyi, Miet‑ und Wohnrecht II23 [2015] § 2 WEG Rz 12) hat nun der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass am 3,36 m2 großen Abstellraum, dem eine Gartenfläche von 1.124 m2 als Zubehör zugeordnet wurde, mangels Wohnungseigentumstauglichkeit der Räumlichkeit sowohl nach dem WEG 1975 als auch nach der aktuellen Rechtslage Wohnungseigentum nicht wirksam begründet werden konnte, weshalb die Eigentümerin dieses Liegenschaftsanteils bloße Miteigentümerin der Liegenschaft sei.
6. Nach bereits vorliegender Rechtsprechung zu nicht wohnungseigentumstauglichen Räumen soll jedenfalls dann die Begründung von Wohnungseigentum an der Liegenschaft nicht insgesamt und abschließend nichtig sein, wenn künftig eine rechtskonforme Gestaltung (Zuordnung des Abstellraums einem Wohnungseigentumsobjekt als Zubehör) keine geänderte Summe der Nutzwerte/der Mindestanteile verlangt. In diesem Fall soll bis zur neuen rechtskonformen vertraglichen Gestaltung das „Wohnungseigentum“ am betroffenen Raum als schlichtes Miteigentum anzusehen sein (vgl 5 Ob 4/06h = wobl 2007/3, 21 [krit Call]; 5 Ob 2220/96y = wobl 1997/24, 105 [krit Call]). Nach ebenfalls bereits bestehender Judikatur soll selbst dann, wenn eine Korrektur einer fehlerhaften Nutzwertfestsetzung deshalb (momentan) aussichtslos ist, weil kein Wohnungseigentümer bereit ist, den unselbständigen Raum in sein Zubehörwohnungseigentum zu übernehmen, jedenfalls schlichtes Miteigentum sämtlicher Teilhaber mit einer schuldrechtlichen Benützungsregelung an den einzelnen ihnen zugewiesenen Objekten bestehen (5 Ob 279/00s = wobl 2001/54, 81 [Call]).
Aus der dargestellten Rechtslage folgt, dass die Beklagte dem Kläger sowohl die zugesagte bücherliche Rechtsstellung und jedenfalls Miteigentum sowie die Nutzungsbefugnis an den betreffenden Wohnungen vermittelt hat. Außerdem stehen dem Kläger alle auch der Beklagten zugekommenen rechtlichen Möglichkeiten offen, um selbst im Wege einer Neuparifizierung und gestützt auf die Treuepflicht der Miteigentümer eine gesamthafte Sanierung des Wohnungseigentums zu betreiben.
7. Demgegenüber kann aus der Leistungsbeschreibung des von den Streitteilen abgeschlossenen Kaufvertrags nicht geschlossen werden, dass auch eine rechtlich in jeder Hinsicht mangelfreie Wohnungseigentumsbegründung ausdrücklich oder schlüssig zugesichert war. Dafür fehlt jeglicher Hinweis im Vertragswortlaut und es entspricht auch jahrelang bekannter Rechtswirklichkeit, dass sich die Vertragspraxis speziell im Zusammenhang mit der Behandlung von „Nebenräumen“ und „Zubehörflächen“ nicht selten in rechtlichen Grenzbereichen bewegte.
Ob ausgehend von der Leistungsbeschreibung in Verbindung mit der vereinbarten Übertragung der Rechtsstellung überhaupt ein Rechtsmangel vorliegt, kann dahingestellt bleiben, weil der von den Parteien vereinbarte Gewährleistungsverzicht greift (vgl 6 Ob 272/05a = SZ 2006/19; RIS‑Justiz RS0018564), leistete doch die Beklagte abgesehen von hier nicht relevanten Belastungen keine Gewähr für eine bestimmte Eigenschaft, Eignung und Beschaffenheit des Vertragsgegenstands. Von diesem Gewährleistungsverzicht sind jedenfalls auch die aus der Praxis bekannten Probleme mit der wirksamen Begründung von Wohnungseigentum im Zusammenhang mit „Nebenräumen“ und „Zubehörflächen“ umfasst.
8. Zusammengefasst folgt:
Der Leistungsgegenstand des Kaufvertrags war nach dem betreffenden Grundbuchseintrag beschrieben. Die Beklagte hat dem Kläger die zugesagte bücherliche Rechtsstellung vermittelt. Selbst bei der vorliegend fehlerhaften Wohnungseigentumsbegründung stehen dem Kläger das nach der Verkehrsauffassung wesentliche Miteigentum und die Nutzungsbefugnis an den bezeichneten Wohnungen sowie alle rechtlichen Möglichkeiten eines Miteigentümers zur Betreibung der Wohnungseigentumssanierung zu. Da die völlig fehlerfreie Wohnungseigentumsbegründung weder ausdrücklich noch schlüssig zugesichert war, steht der Geltendmachung des behaupteten Rechtsmangels jedenfalls der von den Parteien vereinbarte Gewährleistungsausschluss entgegen. Das Begehren des Klägers auf Preisminderung von 70.000 EUR sA erweist sich damit als nicht berechtigt und ist abzuweisen.
9. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO. Im Berufungsverfahren beträgt die Verdienstsumme der Beklagten ausgehend von der richtigen Bemessungsgrundlage (106.433,62 EUR) 994,91 EUR. Bei der für die Rekursbeantwortung der Beklagten begehrten Verdienstsumme war ein Rundungsfehler zu korrigieren und der verzeichnete Einheitssatz gemäß § 23 Abs 3 RATG auf gesetzlich zulässige 50 % zu reduzieren.
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