Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Pflegschaftssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Text
Begründung
Mit pflegschaftsbehördlich genehmigtem Scheidungsvergleich vom 28. 12. 1999 verpflichtete sich der Vater zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von je S 2.500 pro Kind ab Jänner 2000. Mit dem angefochtenen Beschluss erhöhte das Erstgericht über Antrag der Minderjährigen unter Abweisung des Mehrbegehrens die dem Vater bisher obliegende Unterhaltsverpflichtung ab 1. 2. 2002 auf monatlich EUR 230 für die mj Tanja und auf monatlich EUR 205 für den mj Stefan. Es ging von einem monatlichen Durchschnittsnettoeinkommen inklusive anteiliger Sonderzahlungen von EUR 1.371,01 aus. Weitere Sorgepflichten des Vaters bestehen nicht. Die Familienbeihilfe wird von der Mutter bezogen, in deren Obsorge sich die Minderjährigen befinden.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters nicht Folge. Es ging von einem Unterhaltsanspruch der mj Tanja von 17 % und des mj Stefan auf 15 % der Unterhaltsbemessungsgrundlage des unterhaltspflichtigen Vaters aus. Aus verfassungsrechtlichen Erwägungen wurde der Berechnung ein Steuersatz von nicht mehr als 40 % zugrunde gelegt und von der Hälfte des berechneten Unterhaltsbetrages errechnet. Von diesem Betrag wurde der Unterhaltsabsetzbetrag für das erste Kind in der Höhe von EUR 25,50 und für das zweite Kind von EUR 38,20 in Abzug gebracht. Berücksichtige man nun aber, dass Transferleistungen im unteren Einkommensbereich als Förderung des Kindes anzusehen sei und erst in höheren Einkommensstufen als steuerliche Entlastung des Unterhaltspflichtigen dienten, so komme es im vorliegenden Fall nicht zu einer Reduzierung des Unterhaltsanspruches der Minderjährigen. Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil zur Frage, ab welchem Einkommen bzw welcher Unterhaltshöhe Transferleistungen bei der Unterhaltsbemessung zu berücksichtigen seien, noch keine Judikatur des Obersten Gerichtshofes vorliege. Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters mit einem Abänderungsantrag.
Die Pflegebefohlenen äußerten sich zum Revisionsrekurs nicht.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig und im Sinne des in jedem Abänderungsantrag enthaltenen Aufhebungsantrag auch berechtigt. Mit Erkenntnis vom 19. 6. 2002, G 7/02 ua, hat der Verfassungsgerichtshof über Antrag des Obersten Gerichtshofes und mehrerer zweitinstanzlicher Gerichte im § 12a FLAG die Wortfolge "und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch" als verfassungswidrig aufgehoben.
Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach in jüngst ergangenen Entscheidungen (1 Ob 79/02b; 4 Ob 46/02x, 7 Ob 167/02p, 7 Ob 174/02t, 5 Ob 36/02h, 3 Ob 193/02g ua) ausgesprochen, dass die im Wege der Weiterverrechnung eines Teiles der (vom betreuenden Elternteil - hier der Mutter - bezogenen) Transferleistungen (Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag) vorzunehmende, verfassungsrechtlich gebotene steuerliche Entlastung des getrennt lebenden Geldunterhaltspflichtigen nach folgender Formel errechnet werden kann:
Der wie bisher nach rein unterhaltsrechtlichen Aspekten bemessene Geldunterhalt dividiert durch 2, mal (um den ca 20 %) verminderten Grenzsteuersatz des Geldunterhaltspflichtigen (also 25 % bei 31 %, 33 % bei 41 %, 40 % bei 50 % Grenzsteuersatz; vgl § 33 Abs 1 EStG 1988), minus Unterhaltsabsetzbetrag, ergibt jenen (Teil-)Betrag der Transferleistungen, der auf die Geldunterhaltspflicht anzurechnen ist.
Hiebei ist noch Folgendes zu beachten: Da der Kindesunterhalt jeweils den höchsten Einkommensteilen des Unterhaltspflichtigen zuzuordnen ist, muss bei der Berechnung der notwendigen steuerlichen Entlastung darauf Bedacht genommen werden, ob der Unterhaltsbeitrag im Wesentlichen zur Gänze im höchsten Einkommensteil Deckung findet oder ob für einen nicht unerheblichen Teilbetrag der nächstniedrigere Grenzsteuersatz maßgebend ist (2 Ob 191/02f; 3 Ob 193/02g). Bei mehreren Kindern ist der gesamte Unterhaltsabsetzbetrag für alle Kinder pro Kind nach Kopfteilen zu berücksichtigen. Differiert die Höhe der Unterhaltsansprüche mehrerer Kinder wesentlich, ist die ermittelte Entlastung jedem der Kinder proportional zuzurechnen (5 Ob 36/02h).
Im vorliegenden Fall wurde das Jahresbruttoeinkommen des Vaters nicht festgestellt. Davon (ohne 13. und 14. Gehalt) hängt aber die Höhe des Grenzsteuersatzes ab. Das Erstgericht wird daher seine Feststellungen entsprechend zu ergänzen haben, um sodann die notwendige steuerliche Entlastung nach den dargestellten Grundsätzen ermitteln zu können.
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