OGH 2Ob191/02f

OGH2Ob191/02f19.12.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj Kinder Stefan R*****, und Markus R*****, infolge Revisionsrekurses des Vaters Karl R*****, gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 3. Oktober 2001, GZ 45 R 443/01g-84, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 17. Juli 2001, GZ 7 P 2610/95s-79, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden im Umfang der Anfechtung aufgehoben. Die Pflegschaftssache wird zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Begründung

Mit Beschluss des Erstgerichts vom 5. 2. 2000 war die Unterhaltsverpflichtung des Vaters für die beiden Minderjährigen (im Einvernehmen der Parteien) ab 1. 9. 1999 auf monatlich je S 4.700 erhöht worden. Damals war ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen des Vaters von S 26.232 zu Grunde gelegt worden.

Am 10. 7. 2001 beantragte der Vater, seine Unterhaltsverpflichtung ab 1. 7. 2001 auf monatlich S 3.000 für Stefan und monatlich S 2.800 für Markus herabzusetzen.

Das Erstgericht wies diesen Antrag ab. Es ging hiebei im Wesentlichen von folgenden Feststellungen aus:

Die beiden einkommens- und vermögenslosen Minderjährigen befinden sich in Pflege und Erziehung der Mutter, die auch die Familienbeihilfe bezieht. Der Vater erzielt ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von rund S 26.000 (einschließlich der anteiligen Sonderzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld, sowie Prämien, abzüglich Monatspauschalvergütung als Schmutzzulage und Energiesparzuschuss als Kilometergeld für getätigte Dienstfahrten). Er hat keine weiteren rechtlichen Sorgepflichten.

Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, dass sich seit der letzten Unterhaltsbemessung keine wesentliche Änderung der Verhältnisse ergeben habe, und zwar weder auf Seiten des Vaters noch auf Seiten der beiden Kinder, weshalb eine Neubemessung im Sinn der Umstandsklausel nicht gerechtfertigt sei. Gemäß § 12a FLAG gelte die Familienbeihilfe nicht als eigenes Einkommen des Kindes und mindere nicht dessen Unterhaltsanspruch. Sie diene als Betreuungshilfe für den das Kind betreuenden Elternteil.

Das Rekursgericht gab dem gegen die Abweisung seines Herabsetzungsbegehrens erhobenen Rekurs des Vaters, der sich auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Juni 2001, B 1285/00, stützte, nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters, der neuerlich auf das eben erwähnte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes verweist. Er beantragt, seine Unterhaltsverpflichtung gegenüber den beiden Minderjährigen auf monatlich S 4.110 für das erste und S 4.285 für das zweite Kind herabzusetzen.

Die Pflegebefohlenen sprachen sich gegen eine Unterhaltsherabsetzung aus.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und im Sinne des darin implicite enthaltenen Aufhebungsantrages auch berechtigt.

Mit Erkenntnis vom 19. 6. 2002, G 7/02 ua, hat der Verfassungsgerichtshof - ua auch infolge eines aus Anlass des vorliegenden Revisionsrekurses gestellten Antrages des Obersten Gerichtshofes (2 Ob 291/01k) - in § 12a FLAG die Wortfolge "und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch" als verfassungswidrig aufgehoben.

Mit der Frage, wie nunmehr die Bemessung des Unterhalts von Kindern getrennt lebender Eltern erfolgen muss, hat sich der Oberste Gerichtshof bereits mehrmals auseinandergesetzt (zB 1 Ob 79/92b, 2 Ob 37/02h, 2 Ob 196/02s, 3 Ob 141/02k, 4 Ob 46/02x, 4 Ob 52/02d uva). Es kann folgende Formel herangezogen werden:

Der wie bisher nach rein unterhaltsrechtlichen Aspekten bemessene Geldunterhalt dividiert durch zwei, mal (um ca 20 %) verminderter Grenzsteuersatz des Geldunterhaltspflichtigen (also 25 % bei 31 %, 33 % bei 41 %, 40 % bei 50 % Grenzsteuersatz; vgl § 33 Abs 1 EStG 1988), minus Unterhaltsabsetzbetrag, ergibt jenen (Teil-)Betrag der Transferleistungen, der auf die Geldunterhaltspflicht anzurechnen ist.

Hiebei ist noch Folgendes zu beachten: Da der Kinderunterhalt jeweils den höchsten Einkommensteilen des Unterhaltspflichtigen zuzuordnen ist, muss bei der Berechnung der notwendigen steuerlichen Entlastung darauf Bedacht genommen werden, ob der Unterhaltsbeitrag im Wesentlichen zur Gänze im höchsten Einkommensteil Deckung findet oder ob für einen nicht unerheblichen Teilbetrag der nächstniedrigere Grenzsteuersatz maßgebend ist. Bei mehreren Kindern ist der gesamte Unterhaltsabsetzbetrag für alle Kinder pro Kind nach Kopfteilen zu berücksichtigen. Differiert die Höhe der Unterhaltsansprüche mehrerer Kinder wesentlich, ist die ermittelte Gesamtentlastung jedem der Kinder proportional zuzurechnen.

Im vorliegenden Fall wurde das Jahresbruttoeinkommen des Vaters nicht festgestellt. Davon (ohne 13. und 14. Gehalt) hängt aber die Höhe des Grenzsteuersatzes ab. Das Erstgericht wird daher seine Feststellungen entsprechend zu ergänzen haben, um sodann die notwendige steuerliche Entlastung nach den dargestellten Grundsätzen ermitteln zu können.

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