Spruch:
Keine Vormerkung des Eigentumsrechtes bei Fehlen der rechtskräftigen Genehmigung gemäß § 109 Abs. 2 JN. und der Genehmigung der Grundverkehrskommission.
Entscheidung vom 4. September 1957, 7 Ob 281/57.
I. Instanz: Bezirksgericht Judenburg; II. Instanz: Kreisgericht Leoben.
Text
Ob den Liegenschaften EZ. 1, 36 und 190 GB. Z. ist das Eigentumsrecht für Johann L. einverleibt. Am 2. August 1956 wurde die Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung, am 13. August 1956 die Bestellung eines vorläufigen Beistandes angemerkt. Diese erfolgte nach der Begründung des erstgerichtlichen Beschlusses infolge Einleitung eines Entmündigungsverfahrens wegen Trunksucht (L 27/56). Johann L. hatte am 1. August 1956 seine Liegenschaften an Johann H. verkauft, worüber eine Punktation im Sinne des § 885 ABGB. errichtet wurde; die förmliche Vertragserrichtung sollte nach Feststellung des Lastenstandes und der laufenden Exekutionen erfolgen. Am 9. Jänner 1957 wurde die förmliche Vertragsurkunde errichtet, wobei Johann L. durch seinen vorläufigen Beistand vertreten war. Der Vertrag wurde gemäß § 109 Abs. 2 JN. vom Kreisgericht Leoben mit Beschluß vom 15. Jänner 1957, 1 Nc 302/57 (ausgefertigt vom Bezirksgericht Judenburg unter L 27/56 am 17. Jänner 1957), genehmigt. Der Beschluß war infolge eines Rekurses der Stefanie L. noch nicht rechtskräftig, ebensowenig lag die von Johann H. nach seinem Vorbringen bei der Bezirkshauptmannschaft J. beantragte Genehmigung der Grundverkehrskommission vor, als er am 20. Februar 1957 den Antrag auf Vormerkung seines Eigentumsrechtes stellte; auch die steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung fehlte.
Unter Hinweis auf diese Umstände wies das Erstgericht den Vormerkungsantrag ab.
Das Rekursgericht bewilligte die Vormerkung im Rang der Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung; die vorgelegten Urkunden entsprächen den Bedingungen der §§ 26 und 27 GBG. 1955 (§ 35 GBG. 1955); der am 22. Februar 1957 erfolgte und im Vorlagebericht erwähnte Tod des Johann L. sei im Hinblick auf den Zeitpunkt der Antragstellung für die Erledigung bedeutungslos.
Der Oberste Gerichtshof stellte die Entscheidung des Erstgerichtes wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der Oberste Gerichtshof vermag der Rechtsansicht des Rekursgerichtes nicht beizupflichten. Eine Vormerkung auf Grund der Punktation vom 1. August 1956 (vgl. hiezu SpR. 61) kam mit Rücksicht auf die knapp danach erfolgte Anmerkung der Bestellung eines vorläufigen Beistandes und die dadurch begrundeten Bedenken gegen die Handlungsfähigkeit des Johann L. nicht in Betracht, wobei der Umstand, daß die Einleitung des Entmündigungsverfahrens nicht wegen Geisteskrankheit oder Geistesschwäche, sondern wegen Trunksucht erfolgte, nicht ins Gewicht fällt (vgl. SZ. VII 271, SZ. XXI 22, 3 Ob 87/54, 7 Ob 267/57).
Solange der vom gesetzlichen Vertreter mitunterfertigte Verkaufsvertrag nicht gemäß § 109 Abs. 2 JN. rechtskräftig genehmigt ist, liegt überhaupt kein Vertrag, kein Rechtstitel zum Eigentumserwerb vor (vgl. hiezu Ehrenzweig 2. Aufl. II/2 S. 318; Bartsch in Klang 1. Aufl. I/1 S. 1059 zu § 233 ABGB.; SZ. XII 137, 1 Ob 439/55). Aber selbst wenn man im Hinblick auf die in erster Instanz gemäß § 109 Abs. 2 JN. ausgesprochene Genehmigung bis zum Eintritt ihrer Rechtskraft einen Schwebezustand annehmen wollte, wäre für den Antragsteller nichts gewonnen, weil bei Versagung der Genehmigung der Vertrag rückwirkend unwirksam würde; es läßt sich daher, abgestellt auf den Zeitpunkt der grundbuchsrechtlichen Prüfung des Antrages (§§ 93, 94 GBG. 1955), nicht mit Sicherheit sagen, ob ein gültiger Titel vorliegt (§ 26 Abs. 2 GBG. 1955).
Nicht anders ist die Rechtslage nach § 1 Abs. 1 und 3 des steirischen Grundverkehrsgesetzes, LGBl. 1954 Nr. 24. Seine Formulierungen sind zwar von jenen des Grundverkehrsgesetzes für Vorarlberg, LGBl. Nr. 15/1954, verschieden, laufen in diesem Belang aber auf das gleiche Ergebnis hinaus (vgl. §§ 1, 3 und 21 des Vorarlberger GVG.), so daß kein Anlaß besteht, von dem in der Entscheidung 2 Ob 20/55 für den Bereich des Vorarlberger Gesetzes eingenommenen Standpunkt abzugehen, daß das Fehlen der Genehmigung durch die Grundverkehrskommission auch die Vormerkung des Eigentumsrechtes hindert.
Schließlich teilt der Oberste Gerichtshof die von Sattler - Peters - Dittrich (GBG. 1955, Anm. 3 lit. a zu § 35) vertretene Ansicht, daß zur Vormerkung des Eigentumsrechtes die steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung beigebracht werden muß; auch die Vormerkung ist eine bücherliche Eintragung im Sinn des § 8 GBG. 1955 und des § 9 der Verordnung vom 30. März 1940, DRGBl. I S. 595. Daran hat - entgegen den in Fellners Kommentar, 5. Aufl. S. 153, geäußerten Zweifeln - das Gründerwerbsteuergesetz 1955, BGBl. Nr. 140, nichts geändert; es brachte praktisch keine materiellrechtlichen Änderungen (s. hiezu die erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage, Nr. 556 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, VII. GP.), so daß - abgesehen von der Bestimmung des § 21 Abs. 1 - kein Bedenken besteht, die Verordnung vom 30. März 1940, DRGBl. I S. 595, in diesem Belange weiter anzuwenden (s. auch Goldschmidt - Dittrich - Peters, Die Verfassung von Grundbuchseingaben, 2. Aufl. Anm. 14 zu Nr. 1 und Anm. 2 zu Nr. 16).
Daß der Antragsteller mit seinem Rekurs gegen den erstgerichtlichen Beschluß die Genehmigung der Grundverkehrskommission und die Unbedenklichkeitsbescheinigung nachbrachte, ist unbeachtlich (§ 122 Abs. 2 GBG. 1955). Das Ableben des Johann L. wäre, wie das Rekursgericht zutreffend hervorhob, im Hinblick auf § 93 GBG. 1955 bedeutungslos, doch muß aus obigen Erwägungen in Stattgebung des Revisionsrekurses der erstgerichtliche Beschluß wiederhergestellt werden.
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