OGH 7Ob263/03g

OGH7Ob263/03g31.3.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*****bank ***** regGenmbH, ***** vertreten durch Dr. Wolfgang Weinwurm, Dr. Alois M. Leeb, Rechtsanwaltspartnerschaft OEG in Neunkirchen, gegen die beklagten Parteien 1. Dr. Peter F*****, und 2. Dr. Klaus K*****, beide ***** vertreten durch Dr. Edeltraud Fichtenbauer, Rechtsanwältin in Wien, wegen EUR 436.037 s.A., über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 18. August 2003, GZ 13 R 12/03k-42, womit das Teilurteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 21. Oktober 2002, GZ 4 Cg 7/99z-38, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Das Erstgericht stellte fest:

Die Beklagten waren von Dezember 1993 bis in etwa August 1996 die ständigen Rechtsvertreter der R*****bank G***** reg GenmbH (in der Folge: Bank), deren Rechtsnachfolgerin die Klägerin ist. Die Bank wies im Jahr 1994 eine Bilanzsumme von etwa S 600 Mio auf. Gemäß eines Generalversammlungsbeschlusses der Bank vom 23. 2. 1992 haften die Genossenschafter der Bank im Falle der Insolvenz mit dem Fünffachen ihres Geschäftsanteiles.

In den Jahren 1993/94 kam die Bank durch verschiedene gemeinsam mit der R*****bank P***** finanzierte Konsortionalkredite in finanzielle Bedrängnis. Zur Abdeckung des gegebenen Bedarfes an Eigenkapital warb die Bank mehrere Personen an, welche Geschäftsanteile von ihr übernehmen sollten. So zeichneten auch die Beklagten im August 1994 Geschäftsanteile im Wert von je S 500.000 sowie nachrangige Kapitaleinlagen in der Höhe von je S 2,500.000. Dies taten die Beklagten aus reiner Gefälligkeit für die Bank, da sie mit dieser in dauernder Geschäftsverbindung standen. Ein "wirtschaftliches Interesse" an der Transaktion hatten die Beklagten nicht. Für die Zeichnung der Anteile und Einlagen gewährte die Bank den Beklagten einen unverzinsten Kredit in der Höhe von je S 3 Mio, dessen Laufzeit ident mit der Laufzeit der Innehabung der Geschäftsanteile sein sollte. Es war vereinbart, dass die Beklagten von der Bank schad- und klaglos, sowie haftungs- und nachschussfrei gehalten werden sollten, sowie "zusammenfassend", dass keine persönliche Haftung der Beklagten für die Kreditvaluta bestehe. Dieses Schreiben wurde vom Erstbeklagten verfasst und von den beiden Geschäftsleitern der Bank am 25. August 1994 unterzeichnet.

Am 15. 8. 1994 erging ein Revisionsbericht der Österreichischen Nationalbank, in dem festgestellt wurde, dass 34,3 % der Geschäftsanteile der Bank von einem Großkunden gehalten wurden, wobei diese Beteiligung von der Bank selbst kreditfinanziert sei. Es bestünden keine rechtlichen Einwände gegen diese Vorgangsweise. Dieser Bericht war den Beklagten anlässlich der Unterzeichnung ihrer Vereinbarung bekannt und sie vertrauten auf dessen Richtigkeit.

Es kann nicht festgestellt werden, wann die Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrates, sowie der Innenrevision der Bank von den Geschäftsleitern über die Kreditvereinbarung zwischen den Parteien informiert wurden. Die Beklagten gingen jedoch aufgrund des ihnen bekannten freundschaftlichen Verhältnisses zwischen den einzelnen Organen der Bank davon aus, dass der Vorstand vom Inhalt dieser Vereinbarung informiert worden war. Weitere Nachprüfungen nahmen die Beklagten nicht vor.

Am 11. Jänner 1995 erstellte eine Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft im Auftrag des Bundesministeriums für Finanzen einen Vermögensstatus der Bank, in dem festgestellt wurde, dass die Bank zum 31. 10. 1994 nicht überschuldet erscheine. Auch dieser Bericht war den Beklagten (Anm: Zeichnung aber im August 1994!) bekannt. Die Bank beabsichtigte, vertreten durch die beiden Beklagten, einen Zivilprozess gegen die R*****bank P***** in beträchtlicher Höhe zu führen, nachdem ein Rechtsgutachten einem solchen Verfahren gute Erfolgsaussichten attestiert hatte.

In der Folge "verschlechterte" sich die finanzielle Lage der Bank und ihre beiden Geschäftsleiter schieden Anfang 1996 aus ihrer Tätigkeit aus. Im Herbst 1996 verschmolz die Bank mit der Klägerin.

Die Klägerin begehrt - soweit hier von Bedeutung - von den Beklagten die Bezahlung von S 6 Mio = EUR 436.037 samt Anhang und brachte dazu im Wesentlichen vor, dass die Bank im Jahr 1993/1994 in finanzielle Bedrängnis geraten sei, weil sie vor allem Konsortialkreditfälle mit der R*****bank P***** im Zusammenhang mit Treuhandhaftungen des Rechtsanwaltes Dr. M***** finanziert habe und diese Kredite zur Gänze notleidend geworden seien. Im Hinblick auf die leichtfertige Gestionierung der Konsortialkredite und anderer Vorfälle habe die Revision den Geschäftsleitern die Befähigung abgesprochen und außerdem einen entsprechenden Ausweis der durch die Kreditgewährung entstandenen Verluste in der Bilanz verlangt. In diesem Zusammenhang sei auch ein Konzessionsentzugsverfahren beim Bundesministerium für Finanzen anhängig gewesen. Die Geschäftsleitung habe durch verschiedene Maßnahmen versucht, einer Überschuldungsbilanz gegenzusteuern und in diesem Zusammenhang Eigenkapital vorzutäuschen, indem sie bonitätsmäßig bedenkliche Kreditnehmer veranlasst hätte, hohe Geschäftsanteile zu zeichnen, und diesen gleichzeitig aber die Beträge für die Einzahlung der Geschäftsanteile im Kreditweg buchmäßig zur Verfügung gestellt hätte. Als die Bank neuerlich im August 1994 Eigenmittel benötigt habe, hätten die Beklagten mit der Bank je einen Kreditvertrag über S 3,000.000,-- abgeschlossen und mit der Kreditvaluta die Geschäftsanteile und nachrangigen Kapitaleinlagen gezeichnet. Gleichzeitig hätten die Beklagten ein Schreiben entworfen, das einerseits eine persönliche Inanspruchnahme der Beklagten und andererseits die im Genossenschaftsgesetz und in der Satzung zwingend vorgeschriebene Geschäftsanteilshaftung der Beklagten ausgeschlossen habe. Die Kreditverträge, nicht jedoch die Haftungsfreizeichnungsklauseln seien den Organen der Klägerin zur Genehmigung vorgelegt worden. Die Haftungsfreizeichnungsklausel sei zwischen den Parteien ohne Wissen der Organe der Bank vereinbart worden. Die Beklagten hätten auch zugegeben, einziger Zweck dieser Maßnahme sei die Vortäuschung von Eigenkapital gewesen, obwohl ihnen hätte bewusst sein müssen, dass in Anbetracht der gewählten Vorgangsweise kein tatsächliches Eigenkapital entstanden sei und wegen der ausdrücklichen Haftungsausschlüsse auch eine Täuschung bezüglich der tatsächlichen Haftungen im Sinne des Genossenschaftsgesetzes versucht werde. Ohne die Geschäftsanteil- und Nachrangkapitalszeichnungen der Beklagten, vor allem auch im Zusammenhang mit den gleichartigen Zeichnungen durch Personen bedenklicher Bonität, hätte die Bank bereits 1994 entweder um Sektorhilfe ansuchen müssen, worauf ihr entsprechende Bedingungen erteilt worden wären, die weitere Schäden verhindert hätten, oder ihre Insolvenz erklären müssen. In jedem Fall wäre einerseits die Geschäftsleitung abgelöst worden, andererseits wären leichtsinnige Kreditgewährungen (in ON 4, S 5 ff werden einige dargelegt) nicht erfolgt, die ebenfalls einen über den Klagsbetrag hinausgehenden Schaden verursacht hätten. Dazu komme, dass die Geschäftsleitung durch Leistung überhöhter Zinsen für Spareinlagen und Refinanzierungskosten, die bei einer früheren Übernahme nicht entstanden wären, der Klägerin einen den Klagsbetrag übersteigenden Schaden zugefügt habe. Das Klagebegehren werde daher auf alle erdenklichen Rechtsgründe gestützt, insbesondere auf Rückzahlung des gewährten Kredites. Die Nebenabrede der Haftungsfreistellung sei im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit der Geschäftsleitung zum Nachteil der Bank gegen zwingende Bestimmungen des Genossenschaftsrechtes erfolgt und daher als nichtig anzusehen. Der Ausschluss jeglicher persönlicher Haftung aus einem Kreditvertrag und der Verpflichtung der Rückzahlung gehöre nicht zu den Geschäften, die ein Geschäftsleiter einer R*****bank gewöhnlich abschließe, sondern es handle sich dabei um Geschäfte, die dem Zweck eines Kreditgeschäftes diametral entgegenstünden. Den Beklagten sei aufgrund ihrer Berufsstellung bekannt gewesen bzw habe bekannt sein müssen, dass eine derartige Bevollmächtigung der Geschäftsleiter nicht erfolgt sei. Die Beklagten seien daher zur Darlehensrückzahlung verpflichtet, ohne sich auf die Zusage der Haftungsfreistellung berufen zu können. Weiters werde das Klagebegehren insbesondere auf Schadenersatz in dem Fall gestützt, wenn die Gesamtvereinbarung gemäß § 879 ABGB nichtig sei. Ohne Vortäuschung von Eigenkapital wäre entweder bei Einleitung eines Geschäftsaufsichtsverfahrens oder bei Beanspruchung von Hilfsgeldern der R*****organisation jedenfalls die Geschäftsleitung abgelöst worden und es wäre der oben angeführte weitere Schaden ab diesem Zeitpunkt nicht mehr entstanden und es hätte das Vermögen der Bank nicht um den Klagsbetrag vermindert bzw um den Klagsbetrag weiter verschuldet werden können.

Die Beklagten beantragen die Abweisung des Klagebegehrens im Wesentlichen damit, dass sie aufgrund der Vertragslage nicht zur Rückzahlung der Kredite verpflichtet seien. Im Übrigen sei die Laufzeit des Kredites mit der Innehabung der Geschäftsanteile ident und ende auch nicht vor der Laufzeit der Kapitaleinlage. Der Kredit dürfe nicht fälliggestellt werden, ohne dass die Geschäftsanteile gekündigt würden und die Kapitaleinlage aufrecht sei, was bis zum 26. 8. 2002 der Fall sei. Für die Kreditvaluta würden ausschließlich die von den Beklagten gezeichneten Geschäftseinlagen sowie die Kapitaleinlagen haften, welche der Bank verpfändet worden seien. Die Haftungsfreistellung sei rechtswirksam. Allfällige Beschränkungen der Vertretungsbefugnis der Geschäftsleiter würden nur im Innenverhältnis gelten. Der Ausschluss der persönlichen Haftung für Kredite sei außer mit den Beklagten in neun weiteren Fällen vereinbart worden. Es sei den Beklagten mitgeteilt worden, dass der Vorstand der Bank dem zugestimmt habe. Es sei für die Beklagten unabdingbare Voraussetzung bei Abschluss der Rechtsgeschäfte gewesen, dass für die Kredite ausschließlich eine Sachhaftung bestehe. Sei die Vereinbarung vom 25. 8. 1994 rechtsunwirksam, so müsse die gesamte Vereinbarung als unwirksam betrachtet werden, damit auch die Kreditgewährung. Die Klägerin habe keinen tatsächlichen Schaden dargestellt. Ein solcher könnte theoretisch nur dann entstanden sein, wenn durch die Geschäfte tatsächlich die Verhängung der Geschäftsaufsicht über die Bank bzw die Einleitung eines Insolvenzverfahrens hinausgeschoben oder verzögert worden und dies von den Beklagten beabsichtigt gewesen wäre. Voraussetzung dafür wäre, dass im Zeitpunkt der Geschäfte am 26. 8. 1994 die Beklagte bereits überschuldet gewesen wäre. Die Geschäftsaufsicht sei erst 1996 verhängt worden. Durch die Beendigung der zivilrechtlichen Auseinandersetzung der Bank mit der R*****kasse P***** sei mit dem am 10. 5. 1996 abgeschlossenen Vergleich eine Wertberichtigung von S 80 Mio notwendig geworden. Damit sei es zum maßgeblichen Eigenmittelverlust gekommen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit Teilurteil sowohl im ersten als auch im zweiten Rechtsgang ab. In rechtlicher Hinsicht vertrat es im Ergebnis die Rechtsansicht, dass die Vereinbarungen der Beklagten mit den beiden Geschäftsleitern der Bank gemäß § 2 Z 1 lit b BWG für die Bank im Außenverhältnis bindend sei. Aus den Feststellungen könne nicht geschlossen werden, dass ein Schaden entstanden sei. Dieser könne sich nur ergeben, wenn die Funktionäre der Bank anfangs von dem Haftungsausschluss nichts gewusst hätten und sie bei früherer Kenntnis um Sektorhilfe angesucht oder die Geschäftsleitung abgelöst hätten. Es habe nicht festgestellt werden können, wann die Funktionäre tatsächlich von den Haftungsbefreiungen erfahren hätten. Es sei nicht anzunehmen, dass die gegenständlichen Kredite von S 6 Mio bei einer Bilanzsumme von S 600 Mio stark ins Gewicht gefallen wären. Den Beklagten sei kein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten vorzuwerfen, wenn sie den Bericht der Österreichischen Nationalbank vertraut hätten, wonach gegen die Kreditfinanzierung von Geschäftsanteilen durch die Bank selbst keine rechtlichen Einwände zu erheben seien. Ein deliktischer Schadenersatzanspruch könne nur bei Nachweis eines rechtswidrigen Zusammenspiels zwischen den Beklagten und den Verantwortlichen der Bank im August 1994 in Frage kommen. Dieser Beweis sei nicht gelungen.

Obwohl ihm das Berufungsgericht im ersten Rechtsgang auftrug, Feststellungen dazu zu treffen, ob die Geschäftsleiter der Bank bei Unterfertigung der Haftungsfreizeichnungserklärung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters angewendet hätten und ob die Beklagten im Falle einer Sorgfaltsverletzung von ihr Kenntnis gehabt hätten oder haben hätten müssen, sowie ob den erhobenen Vermögensstaten des Wirtschaftsprüfers und der Nationalbank die Haftungsfreistellungen zugrunde gelegt worden seien, traf das Erstgericht dazu keine Feststellungen. Das Erstgericht vertrat die Ansicht, dass ihm vom Berufungsgericht lediglich Feststellungen aufgetragen worden, nicht aber eine Rechtsansicht überbunden worden sei, sodass das Erstgericht an seiner Rechtsansicht festhalten könne und die aufgetragenen Feststellungen als nicht entscheidungsrelevant nicht treffe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Es führte aus, dass nicht nur das Erstgericht, sondern auch das (nunmehr anders besetzte) Berufungsgericht an die im ersten Rechtsgang geäußerte Rechtsansicht gebunden sei. Ein Verstoß des Berufungsgerichts gegen diese Bindung könne aber dann keinen Revisionsgrund darstellen, wenn das neue Urteil richtig sei. Das Berufungsgericht halte die aufgetragenen Feststellungen für nicht entscheidungsrelevant, da schon das Vorbringen der Klägerin zu ihren Ansprüchen unschlüssig sei. Es vertrat die Rechtsansicht, dass die Geschäftsleiter im Sinne des § 2 Z 1 lit b BWG zur Vertretung der Kreditgenossenschaft unbeschadet einer Prokura oder Handlungsvollmacht ausschließlich befugt seien, weshalb die beiden Geschäftsleiter für die Bank wirksam mit Dritten Geschäfte abschließen könnten. Die nach außen hin unbeschränkbare Vertretungsmacht der Geschäftsleiter könne nach innen an die Zustimmung des Vorstands oder des Aufsichtsrates gebunden sein, dies habe aber auf die nach außen unbeschränkte Vollmacht keinen Einfluss. Die Geschäftsleiter der Bank hätten gegen die ihnen gemäß § 39 Abs 1 BWG obliegende Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters verstoßen, da die Zeichnung von nachrangigem Kapital sowie der Erwerb von Geschäftsanteilen der Kapitalaufbringung und damit der Erhöhung der Liquidität und der Eigenkapitalstärkung der Genossenschaft diene, hier jedoch durch die Vereinbarung des Ausschlusses der Rückzahlungsverpflichtung verhindert worden sei. Die Bank habe durch das Geschäft zwischen den Parteien weder ihr Eigenkapital faktisch erhöht noch habe sie einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Beklagten als Genossenschafter auf Rückzahlung des Kredites bzw der Einlage erhalten. Durch die inkriminierten Geschäfte hätte daher weder die Genossenschaft noch die Beklagten einen unmittelbaren Vorteil erhalten. Im Hinblick auf die unbeschränkbare Haftung auf das Fünffache der Geschäftsanteile (Bericht der Nationalbank) könne von einer bloßen Gefälligkeit - wie vom Erstgericht bekämpft festgestellt - wohl kaum gesprochen werden. Auch an der Absicht der Täuschung Dritter hegte das Berufungsgericht keine Zweifel. Die Beklagten müssten - abgesehen von ihren Rechtskenntnissen als Anwälte - in Kenntnis der Vorschriften zur Aufbringung und Sicherung von Gesellschaftskapital sein. Da aber der Kredit nur unter der Bedingung gewährt worden sei, dass er nicht zurückgezahlt werden müsse und in die Finanzierung der Geschäftsanteile und des Nachrangkapitals fließe, seien die Beklagten selbst bei Annahme einer Kollusion nicht verpflichtet, den Kreditvertrag zu erfüllen, weil diese Erfüllung nie gewollt gewesen sei. Die Beklagten seien auch nicht ungerechtfertigt bereichert, weil ihnen aus der Transaktion kein Vermögensvorteil zufließe. Die Klägerin behaupte zu ihrem Schadenersatzbegehren, dass durch die Vorgangsweise der Beklagten im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit den beiden Geschäftsleitern eine höhere Eigenmittelquote vorgetäuscht und die Eröffnung der Geschäftsaufsicht verzögert worden sei, wodurch der Klägerin ein Schaden zumindest in der Höhe des Klagsbetrages erwachsen sei. Soweit die Bank auch im Zusammenspiel mit anderen Personen Gesellschaftsanteile oder nachrangiges Kapital durch Kreditfinanzierung unter Ausschluss der Rückzahlung mündlich vereinbart haben sollte, sei aber nicht ersichtlich, inwieweit die Beklagten dafür haften sollten. Dazu wäre die Behauptung und der Nachweis eines Schadens erforderlich gewesen, wobei die nachteiligen Geschäfte, die nicht mehr hätten abgeschlossen werden können und die unterbliebenen Verluste genau hätten angegeben werden müssen. Den Verlusten wären die Gewinne zufolge der zwischenzeitig ermöglichten Weiterführungen gegenüberzustellen gewesen. Obwohl die Beklagten von Beginn an darauf hingewiesen hätten, dass das auf Schadenersatz gestützte Begehren unschlüssig sei, weil kein konkreter Schaden behauptet worden sei, habe es die Klägerin unterlassen, einen konkreten Schaden zu behaupten und vorzurechnen. Der Hinweis auf ein erst einzuholendes Sachverständigengutachten könne die Behauptung des Schadens schon deshalb nicht ersetzen, weil Beweise nur zur Erhärtung konkret behaupteter Tatsachen dienten. "Wie immer man den Sachverhalt daher auch feststellen mag", fehle es an einer Haftung der Beklagten aus dem Kreditvertrag bzw aus dem Titel des Schadenersatzes. Da die Sache bereits spruchreif sei, sei auch nicht auf die Beweis- und Tatsachenrüge der Berufung in der Hauptsache einzugehen.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Dagegen richtet sich die ordentliche Revision der Klägerin mit einem Aufhebungs- in eventu Abänderungsbegehren.

Die Beklagten beantragen in der ihnen vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revision kommt im Sinne des Aufhebungsantrags Berechtigung zu.

Vorweg sei festgehalten, dass die Klägerin in der Revision ihren Klagsanspruch nur mehr aus dem Kreditvertrag und aus dem Titel des Schadenersatzes ableitet. Das Berufungsgericht hat weder die Verfahrens- noch die Beweisrüge der Klägerin behandelt, sondern hat seiner Beurteilung nur das Vorbringen der Klägerin zugrunde gelegt.

Zum Anspruch aus Kreditvertrag:

Gleichzeitig mit Abschluss des Kreditvertrages wurde vereinbart, dass die Kreditvaluta zur Zeichnung von Geschäftsanteilen und nachrangigen Kapitaleinlagen der Klägerin verwendet würde und die Beklagten persönlich aus ihrem Vermögen keinerlei Verpflichtung zur Rückzahlung aus dem Kreditvertrag treffen sollte, wofür sie die Bank auch schad- und klaglos halten müsse. Die Vereinbarungen bilden eine Einheit und widersprechen in ihrer Zusammenschau dem Wesen eines Kreditvertrages, bei dem als Konsensualvertrag (4 Ob 507/95, RIS-Justiz RS0017053) die Willenserklärungen der Partei darauf gerichtet sind, dass Geld gegen Rückzahlung zu vereinbarten Konditionen übergeben wird. Im vorliegenden Fall war aber der Parteiwille nur darauf gerichtet, der Bank formell durch das Zeichnen der Geschäftsanteile und nachrangigen Kapitalanlagen Forderungen "nach außen" hin Aktiva zu verschaffen, ohne dass die Beklagten aus dem Kreditvertrag oder dem Gesellschaftsvertrag irgendeine Verpflichtung traf. Es sollte also die Bank in Wahrheit ihr "eigenes Geld" unter einem anderen Titel behalten. Damit wurde der Kreditvertrag seiner essentialia negotii beraubt. Wird ein Vertrag aber mit Einverständnis des Vertragspartners nur zum Schein abgeschlossen, so ist er nichtig (§ 916 ABGB; RIS-Justiz RS0018121). Der Kreditvertrag ist schon nach dem Vorbringen der Klägerin als ein nicht gewolltes Scheingeschäft unwirksam. Da die Beklagten aus dem Kreditvertrag nach den Vereinbarungen nicht bereichert wurden, sind sie nicht zur Rückzahlung der Kreditvaluta zu verpflichten.

Zum Anspruch aus dem Titel des Schadenersatzes:

Zu Recht wirft allerdings die Revision dem Berufungsgericht eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens deshalb vor, weil es im zweiten Rechtsgang unter Verletzung seiner Erörterungspflicht gemäß § 182 ZPO mit Klagsabweisung wegen Unschlüssigkeit des Begahrens vorging.

Das Verfahren wurde am 24. 9. 2002 geschlossen. Auch nach damals noch geltender Rechtslage vor dem Inkrafttreten des § 182a ZPO war der Richter gemäß § 182 ZPO verpflichtet, ein unklares bzw unschlüssiges Klagebegehren zu erörtern (RIS-Justiz RS0036871) und der Partei Gelegenheit zu geben, ihr widerspruchsvolles Begehren zu verdeutlichen und zu präzisieren, ohne dass dieses sofort aus formalen Gründen abgewiesen werden könnte (RIS-Justiz RS0037300 [insbesondere T 37], RS0037166).

Die Klägerin brachte im Wesentlichen zum Schadenersatzanspruch in der Klage S 3 f, sowie im Schriftsatz ON 4 S 3 ff, und einer Präzision in ON 30 S 9 vor, dass die Ausführungen zu den einzelnen Krediten in ON 4 so zu verstehen seien, dass ohne die gegenständliche Eigenmittelzuführung der Beklagten infolge Geschäftsaufsicht oder Konkurseröffnung diese Kredite nicht gewährt worden wären und damit auch nicht notleidend hätten werden können. Auch in der Revision stützt die Klägerin ihren Schadenersatzanspruch ausschließlich darauf, dass die Beklagten durch die Schaffung von "scheinbarem Eigenkapital" im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit den Geschäftsleitern die Geschäftsaufsicht bzw die Ablöse der Geschäftsleiter hinausgeschoben und dadurch einen den Klagsbetrag übersteigenden Schaden verursacht und verschuldet haben.

Sowohl das Erstgericht im ersten und zweiten Rechtsgang als auch das Berufungsgericht im ersten Rechtsgang legten dieses Vorbringen zur Schadenersatzforderung als schlüssig ihrer materiellen Entscheidung über den Anspruch zu Grunde. Das Berufungsgericht, das im zweiten Rechtsgang erstmals Zweifel an der Schlüssigkeit des Klagebegehrens hegte, wäre also verpflichtet gewesen, vor Klagsabweisung seine nunmehrigen Bedenken mit den Parteienvertretern - auch nach § 182 ZPO - zu erörtern. Es hat dies unterlassen, weshalb sich sein Verfahren als mangelhaft erweist. Aufgrund dieser unrichtigen Rechtsansicht hat es auch das Berufungsgericht unterlassen, die Verfahrens- und Beweisrüge der Klägerin inhaltlich zu erledigen, was es im fortzusetzenden Verfahren nachzuholen haben wird.

Abgesehen davon ergibt sich aus dem Vorbringen der Klägerin soweit schlüssig, dass Schadenersatz von den Beklagten beschränkt auf die Höhe des gewährten Kredites begehrt wird, weil durch die "Vortäuschung" von Eigenkapital durch den Scheinerwerb von Geschäftsanteilen und nachrangigen Kapitaleinlagen (zur Finanzierung wurde der "Scheinkredit" gewährt) durch die Beklagten die Zahlungsunfähigkeit der Klägerin erst später bekannt wurde, sodass sie mangels Konkurseröffnung oder Einleitung der Geschäftsaufsicht insbesondere konkret in ON 4 genannte nachteilige Geschäfte tätigte, die ansonsten unterblieben wären. Der Vermögensstand der Bank sei im Verhältnis zu jenem, der bei Einhalten der den tatsächlichen Vermögensverhältnissen entsprechenden Maßnahmen bestanden hätte, zumindest um den Klagsbetrag verringert. Dazu werden im fortgesetzten Verfahren entsprechende Feststellungen zu treffen sein. Sollte sich herausstellen, dass mehrere gleichartige schädigende Handlungen von mehreren Personen gesetzt wurden, die schadensverursachend waren, wird ein allfälliger Anspruch nach §§ 1301ff ABGB zu beurteilen sein.

Das Berufungsgericht wird aber auch das Fehlen der konkreteren (zahlenmäßigen) Angaben zur Zahlungsunfähigkeit bzw Überschuldung, zu den behaupteten "überhöhten Zinsen und Refinanzierungskosten" und zur Schadensberechnung mit der Klägerin erörtern müssen.

Da die Rechtssache noch nicht zur Entscheidung reif ist, ist sie an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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