OGH 7Ob258/01v

OGH7Ob258/01v17.10.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Friedrich St*****, vertreten durch Dr. Peter Hauser, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei Sylvia St*****, vertreten durch Dr. Hartmut Ramsauer und Dr. Peter Perner, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen Rechnungslegung, Zahlung und Teilung (Revisionsinteresse S 1,300.000,‑ ‑) über die Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 4. Juli 2001, GZ 2 R 222/00f‑28, womit das Teilurteil des Landesgerichtes Salzburg vom 3. August 2000, GZ 10 Cg 51/98b‑20, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2001:0070OB00258.01V.1017.000

 

Spruch:

Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei zu Handen ihres Vertreters binnen 14 Tagen die mit S 26.299,80 (darin enthalten S 4.383,30 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

 

 

Begründung:

 

Die seit 1963 miteinander verheirateten Streitteile, deren Ehe 1997 geschieden wurde, gründeten 1986 eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts zur Führung eines Kosmetiksalons in Salzburg, wobei der Inhalt des mündlich abgeschlossenen Gesellschaftsvertrages auch schriftlich fixiert wurde. Zwei oder drei Jahre später wurde zum Zwecke des Betriebs eines weiteren Kosmetiksalons eine ‑ allein noch im Revisionsverfahren strittige ‑ zweite Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet, an welcher der Kläger zu 80 % und die Beklagte zu 20 % beteiligt war. Die Finanzierung der Errichtung beider Kosmetiksalons erfolgte durch den Kläger, die betriebliche und fachliche Führung beider Salons hatte die Beklagte über.

Im Zuge des behängenden Scheidungsverfahrens erklärte zunächst die Beklagte mit Schreiben vom 2. 9. 1997 gegenüber dem Kläger dessen Ausschluss aus der Gesellschaft zur Führung des ersten Kosmetiksalons, mit Schreiben vom 2. 10. 1997 der Kläger gegenüber der Beklagten die sofortige Auflösung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts hinsichtlich beider Salons, welche seither von der Beklagten weitergeführt und betrieben werden.

Mit der am 25. 2. 1998 eingebrachten Klage erhob der Kläger ein Rechnungslegungs‑ samt darauf fußendem Zahlungsbegehren sowie ein (später präzisiertes und um zwei Eventualbegehren erweitertes) Teilungsbegehren auf Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft an beiden Gesellschaften bürgerlichen Rechts durch gerichtliche Feilbietung der beiden Unternehmen bzw Kosmetiksalons.

Über das Rechnungslegungsbegehren erging nach Anerkenntnis der beklagten Partei bereits in der Klagebeantwortung ein in Rechtskraft erwachsenes Teilanerkenntnisurteil.

Darüber hinaus wurde das Klagebegehren von der beklagten Partei bestritten und ua auch Unzulässigkeit des Rechtsweges eingewendet, weil die Teilungsbegehren im nachehelichen Aufteilungsverfahren zu erledigen seien.

Das Erstgericht verwarf die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges (unangefochten und damit rechtskräftig) und gab beiden Teilungsbegehren statt.

Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung über Berufung der beklagten Partei teilweise dahin ab, dass das Teilungsbegehren bezüglich des ersten (älteren) Kosmetiksalons abgewiesen und nur dem weiteren Klagebegehren bezüglich des zweiten (jüngeren) Salons stattgegeben wurde. Die Abweisung des Mehrbegehrens ist ebenfalls zwischenzeitlich in Rechtskraft erwachsen. Das Berufungsgericht sprach weiter aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands für jedes der beiden Begehren S 260.000 übersteigt und die ordentliche Revision zulässig sei. Dies wurde damit begründet, dass zu einem Teil der behandelten Rechtsfragen (Möglichkeit der Umdeutung einer fristlosen Aufkündigung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts in eine ordentliche Kündigung; Gleichsetzung des "Austritts" des vorletzten Gesellschafters mit einer "Aufkündigung" der Zweimanngesellschaft; Beweislast hinsichtlich der Untunlichkeit der Realteilung speziell bei einem Unternehmen) "offenbar noch keine Judikatur des Obersten Gerichtshofs vorliegt".

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, in Stattgebung des Rechtsmittels das Klagebegehren vollinhaltlich abzuweisen; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in welcher primär die Zurückweisung des gegnerischen Rechtsmittels, in eventu beantragt wird, diesem keine Folge zu geben.

 

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist mangels Vorliegens der Erheblichkeitsvoraussetzungen nach § 502 Abs 1 ZPO unzulässig; an den gegenteiligen Ausspruch des Berufungsgerichtes ist der Oberste Gerichtshof nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO). Entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichtes im wiedergegebenen Zulassungsausspruch ‑ wobei eine Wiedergabe der weiteren Entscheidungsgründe gemäß § 510 Abs 3 ZPO entfallen kann ‑ ist der gegenständliche Fall bereits auf Grund der vorhandenen (und auch vom Berufungsgericht beachteten) Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ausreichend zu lösen und wurde auch vom Gericht zweiter Instanz in diesem Sinne zutreffend beurteilt.

Vorauszuschicken ist, dass die Konstellation der Vertragsbeziehung der vormals verheirateten, nunmehr geschiedenen Eheleute, Streitteile und Gesellschafter einer vormaligen Zweimanngesellschaft bürgerlichen Rechts ganz typisch von der Kasuistik des zu beurteilenden Einzelfalles geprägt ist, wobei im Revisionsverfahren auch nur mehr eines der vormals zwei gemeinsam betriebenen Unternehmen, nämlich der in Punkt 4. des Hauptklagebegehrens näher bezeichnete Kosmetiksalon, einen Streitpunkt bildet. Die Legitimation zum Begehren auf Teilung (siehe hiezu etwa SZ 54/84 mit dem vergleichbaren Fall einer zur Auflösung gebrachten Zweimanngesellschaft zum Betrieb eines Frisörsalons) wird dem Kläger von der Beklagten auch gar nicht (mehr) abgesprochen; ebenso bildet die (bereits vom Erstgericht unbekämpft bejahte) Zulässigkeit des streitigen Rechtsweges hiefür keinen Streitpunkt mehr. Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach (RIS‑Justiz RS0013843; zuletzt 5 Ob 89/99w mwN) erkannt, dass bei einem Unternehmen eine Realteilung (so der Standpunkt der Beklagten) nur dann der Zivilteilung (so jener des Klägers) vorzugehen habe, wenn nicht die zuvor bestandene wirtschaftliche Einheit zerstört wird. Dies zu beurteilen, obliegt jedoch der Verkehrsanschauung sowie den konkreten, einzelfalltypischen wirtschaftlichen Gegebenheiten und der persönlichen Situation der konkret hievon Betroffenen und Beteiligten. Eine Naturalteilung ist bei solchen Fallkonstellationen demgemäß dann unzulässig, wenn im Erkenntnisverfahren der Beweis dafür erbracht wird, dass eine solche nicht nur unmöglich, sondern unter Umständen auch (bloß wirtschaftlich) untunlich ist (RIS‑Justiz RS0004261), bzw die Existenzfähigkeit verloren geht oder mit beträchtlichem Wertverlust verbunden ist (RIS‑Justiz RS0013835, 0013852). Naturalteilung ist nämlich ‑ per definitionem ‑ die Zerlegung einer bisher gemeinschaftlichen Sache in Teile von annähernd gleicher Beschaffenheit, sodass die Summe der Werte der Teile dem Wert der ungeteilten Sache gleichkommt (RIS‑Justiz RS0013829, RS0013831, 0110440), also der Wert des Ganzen in den (verbleibenden) Teilen erhalten bleibt (10 Ob 285/00k; 5 Ob 17/01p).

Ein Unternehmen wird nach herrschender Meinung zu den Gesamtsachen (§ 302 ABGB) gezählt (Klicka in Schwimann, ABGB2 Rz 3 ff zu § 302; Spielbüchler in Rummel, ABGB3 Rz 4 zu § 302; Koziol/Welser I11 223); es besteht aus körperlichen und unkörperlichen Sachen ("good will", Kundenstock, Organisation der Absatz‑ und Bezugsquellen, Aktiva und Passiva uam), die als Rechtseinheit anzusehen und zusammen den Erfolg (oder Misserfolg) im Rechtsverkehr bestimmen. Dass hiebei speziell bei einem reinen Dienstleistungsunternehmen ‑ wie in casu ‑ ohne Immobilienbesitz, jedoch mit (wie sich aus dem vorliegenden Akt, aber auch dem als Beweismittel dargetanen Beiakt 20 Cga 250/97k ebenfalls des Landesgerichtes Salzburg ergibt) finanziell zumindest als schwierig zu bezeichnender Kapitalsituation die Gefahr jedenfalls einer Untunlichkeit der Naturalteilung geradezu offenkundig ist (§ 269 ZPO), liegt bei dieser Situation auf der Hand und hat dies demgemäß auch das Berufungsgericht bereits zutreffend angenommen, wobei auf dessen weitere Überlegungen gemäß § 510 Abs 3 ZPO abermals verwiesen werden kann. Dass es hiebei mehr als bloß um eine (wie die Revisionswerberin ohnedies nur ganz allgemein und damit nicht fallbezogen meint) Aufteilung der beweglichen Sachen wie Warenvorräte und der Geschäftseinrichtung geht, liegt ebenfalls auf der Hand; wie der Kundenstock realiter aufgeteilt werden soll, wo doch der Kläger gar nicht in der Kosmetikbranche tätig ist (bzw auch während aufrechter Ehe nicht tätig, sondern nur gesellschaftsrechtlich mitbeteiligt war), bleibt sie selbst ernsthaft zu begründen schuldig. Schon in der Entscheidung 5 Ob 187/62 hat demgemäß der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass grundsätzlich davon auszugehen sein wird, dass ein Unternehmen, wenn nicht besondere Umstände gegeben sind, nicht real geteilt werden kann (und soll), weil gerade die ideellen Werte einer solchen Teilung nicht zugänglich sind und daher entweder verloren gehen oder einem Teil zu Unrecht (zu Lasten des anderen Teiles) zu Gute kommen würden.

Dem Umstand, dass in Rücksicht auf den in § 843 ABGB normierten Vorrang der Naturalteilung (SZ 25/162) der auf Zivilteilung klagende Kläger grundsätzlich zu behaupten und zu beweisen hat, dass Naturalteilung unmöglich oder untunlich ist (stRsp: 7 Ob 210/99d mwN), hat der Kläger ‑ wie ebenfalls bereits das Berufungsgericht zutreffend betont hat ‑ schon in der Klage ausreichend Rechnung getragen und hiezu Vorbringen erstattet. Auch dem vermag die Beklagte in ihrer Revision nichts wirklich Stichhaltiges entgegenzusetzen. Wie betont, kommt es jedoch bei allen diesen Beurteilungen ohnedies auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalles an, wobei auch kein kleinlicher Maßstab angelegt werden darf (10 Ob 285/00k).

Daraus folgt ‑ zusammenfassend ‑, dass die Entscheidung des Berufungsgerichtes mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes völlig in Einklang steht, eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO damit nicht zu lösen und die Revision der beklagten Partei demgemäß als unzulässig zurückzuweisen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Die klagende Partei hat zutreffend auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen.

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