Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben und in der Sache selbst zu Recht erkannt, daß das Urteil des Erstgerichtes in Ansehung der erstbeklagten Partei einschließlich der die erstbeklagte Partei betreffenden Kostenentscheidung wiederhergestellt wird.
Die klagenden Parteien sind schuldig, der erstbeklagten Partei die mit S 51.466,04 (darin enthalten S 8.199,07 Umsatzsteuer und S 34 Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Kläger nahmen bei der Zweitbeklagten zum Erwerb von je 41 von der Erstbeklagten herausgegebenen Gewinnscheinen je ein Darlehen auf und schlossen zu deren Besicherung je einen Lebensversicherungsvertrag ab. Bis zum 8.6.1993 zahlte die Erstklägerin S 114.247,28, der Zweitkläger S 114.551,78 an Darlehensrückzahlungen und Versicherungsprämien an die Zweitbeklagte.
Die Erstbeklagte gab in den Jahren 1989 und 1990 Gewinnscheine zum Nominale von S 10.000 samt Richtlinien zur Zeichnung aus. Die Zweitbeklagte finanzierte den Erwerb dieser Gewinnscheine, sofern Interessenten eine Finanzierung wünschten, ausschließlich. Sie bot den Klägern die Finanzierung mit einem - durch eine Lebensversicherung gesicherten - Darlehen über eine Laufzeit von 20 Jahren an. Kredithöhe (S 500.000) und Lebensversicherungssumme (S 300.000) waren vorgegeben; sie orientierten sich am Geldbedarf für den Erwerb von 41 Gewinnscheinen. Die monatliche Darlehensrückzahlung betrug in den ersten 10 Vertragsjahren S 2.000, nach 10 Jahren S
1.500 und nach weiteren fünf Jahren S 1.000. Die - je nach Alter des Vertragspartners variierende - Versicherungsprämie lag bei ca 1.700 S im Monat. Der bei Laufzeitende bestehende Darlehensrest sollte aus dem Ertrag der Lebensversicherung getilgt werden. Dem Vertragspartner sollten dann die - im Wert gestiegenen - Gewinnscheine lastenfrei verbleiben.
Die Beklagten bedienten sich zum Vertrieb der Gewinnscheine und des Finanzierungsangebots eigener Vertriebsgesellschaften, ua der S***** GmbH & Co KG. Der Vater des Zweitklägers war Mitarbeiter dieses Unternehmens. Ihm war aus Schulungen bekannt, daß die an der Börse eingeführten Gewinnscheine Kursschwankungen unterliegen. Der Ankauf von Gewinnscheinen erschien ihm wegen der Informationen, die er bei den Schulungen erhalten hatte, nicht risikobehaftet. Demnach sollte der reale Immobilienwert der Grundstücke und Häuser der Erstbeklagten höher sein als der Nominalwert aller Gewinnscheine, so daß (nur) eine Steigerung des Kurswertes der Gewinnscheine zu erwarten sei.
Am 17.7.1990 bot der Vater des Zweitklägers beiden Klägern in deren gemeinsamer Wohnung das Gewinnscheinpaket samt Finanzierung an. Er wußte, daß die Kläger eine ertragreiche Sparform suchten und nahm die Werbung anhand seiner Unterlagen (Prospekt, Zeichnungsantrag für Gewinnschein, Antragsformulare für die Lebensversicherung und den Darlehensvertrag, Abbuchungsformulare und ein Berechnungsblatt der LB Finanzierungsplan GmbH über Kapitaleinsatz und Ertrag) so wie auch bei anderen Kunden vor. Er äußerte, daß es sich bei den Gewinnscheinen um eine sichere Sparform handle und übergab den Klägern alle diese Unterlagen. Der Zweitkläger las den Prospekt der Erstbeklagten durch. Der Vater des Zweitklägers erklärte seine Meinung, daß die Gewinnscheine günstig seien, daß die Kläger mehr "Zinsen" lukrieren könnten als bei einem Banksparbuch und bei Einhaltung aller vorgeschriebenen Einzahlungen den Darlehensbetrag "erhalten" (lukrieren) würden, daß aber - bei höheren Ausschüttungen - der Betrag auch höher sein könne. Über die - aus dem Prospekt der Erstbeklagten ersichtliche - Börseneinführung der Gewinnscheine wurde nicht gesprochen. Aufgrund der Angaben im Prospekt ist aber als wahrscheinlich anzunehmen, daß beide Kläger wußten, daß die Gewinnscheine Kursschwankungen unterliegen können. Nicht festgestellt werden konnte, daß die Kläger von dem mit dem Gewinnschein verbundenen Kurswertrisiko keine Ahnung gehabt und im Falle dieser Kenntnis vom Geschäft Abstand genommen hätten. Die Kläger haben dem Vater des Zweitklägers nicht mitgeteilt, daß sie sich dieselbe Sicherheit wie bei einem Sparbuch erwarten. Der Zweitkläger hatte großes Vertrauen zur Bewertung der Gewinnscheine durch seinen Vater. Die Erstklägerin machte den Abschluß von der Entscheidung des Zweitklägers abhängig. Daß die Kläger über die erhaltenen Informationen hinaus weitere Informationen, insbesondere über Risken, haben wollten, ist nicht feststellbar. Der Vater des Zweitklägers besprach mit Kunden Näheres über Risken nur dann, wenn sie sich dafür interessierten. Nach einem ca zweieinhalbstündigen Gespräch, in dem auch Privates erörtert wurde, unterfertigten die Kläger die Vertragsurkunden. Die von den Klägern erworbenen Gewinnscheine wurden der Zweitbeklagten verpfändet. Die während der ersten drei Jahre garantierte 6 %ige Gewinnausschüttung wurde den Klägern als Darlehensrückzahlung gutgeschrieben.
Die Erstklägerin begehrt von den Beklagten zur ungeteilten Hand die Zahlung von S 114.247,28 sA, der Zweitkläger S 114.551,78 sA. Die gewährten Darlehen seien ausschließlich für den Ankauf der Gewinnscheine gewidmet gewesen. Beteiligungs- und Finanzierungsgeschäft seien von der S***** GmbH & Co KG vertrieben worden. Den Klägern sei vom Verhandlungsgehilfen der Beklagten zugesichert worden, daß die Gewinnscheine aufgrund der Veranlagung des Kapitals in Realitäten eine völlig sichere Anlageform seien, welche keine Kursverluste befürchten lasse und hohe Renditen gewährleiste. Entgegen dieser Versprechungen sei das durch die Gewinnscheinzeichnung aufgebrachte Kapital nicht nur in Immobilien sondern auch in Risikogeschäfte investiert worden. So habe sich die Erstbeklagte an der R***** II ***** AG beteiligt, welche ihrerseits die R***** Bank AG gekauft habe. Dieser Ankauf habe letztlich zu einem Verlust von 80 % des Grundkapitals der Beklagten geführt. Dadurch sei auch der Börsenkurs der Gewinnscheine verfallen. Wegen der mangelnden Aufklärung über die mit dem Ankauf der Gewinnscheine verbundenen Risken und der Erweckung übertriebener Sicherheitsvorstellungen, die nicht den Tatsachen entsprochen hätten, hätten die Beklagten Warn- und Aufklärungspflichten verletzt und den Irrtum der Klägerin über die wahre Natur der Gewinnscheinbeteiligung veranlaßt. Wären die Kläger nicht nur über die Ungewißheit eines Ertrags, sondern auch über die Gefahr von Kursverlusten informiert worden, hätten sie vom Vertragsabschluß Abstand genommen. Selbst noch nach Vertragsabschluß sei dieser Irrtum durch Publikationen der Erstbeklagten über die Bonität ihrer Gewinnscheine aufrechterhalten worden. Die Sicherheit der Gewinnscheine und ein überdurchschnittlicher Ertrag seien damit aber auch als (auflösende) Bedingung zum Vertragsinhalt geworden. Die Kläger seien daher berechtigt, den Vertrag wegen Irrtums, List und Sittenwidrigkeit anzufechten und forderten die Rückabwicklung. Die Vertragsanfechtung werde auch auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage, die die Sicherheits- und Gewinnzusagen gebildet hätten, gestützt. Die Beklagten treffe aber auch die Haftung aus dem Prospekt, weil dieser nur positive Angaben über Sicherheit und Gewinnaussichten, aber keine ausreichenden Informationen über Risken und darüber enthalten habe, daß sich die Erstbeklagte für berechtigt fühle, sich an der R***** II ***** AG zu beteiligen. Schließlich werde aus allen Rechtsgründen auch der Verzicht der Kläger auf Aufkündigung der Gewinnscheine vor dem 31.12.2010 sowie deren Verpfändung zugunsten der Zweitbeklagten angefochten.
Die Beklagten beantragen die Abweisung der Klagebegehren. Die Erstbeklagte trug vor:
Die Richtlinien der Gewinnscheine enthielten ein befristetes Kündigungsverbot, das auch für das Vorliegen eines wichtigen Grundes gelte. Das vertragliche Kündigungsverbot habe dazu gedient, der Beklagten für gewisse Zeit das Gewinnscheinkapital wie Eigenkapital zu sichern. Daher dürften die Gewinnscheine nicht vorzeitig gekündigt werden, wenn die Gesellschaft in eine wirtschaftliche Krise gerate. Angesichts der Krise, in der sich die Beklagte durch den Zusammenbruch der R***** Bank AG befinde, dürften die Gewinnscheinverträge somit nicht vorzeitig gekündigt werden.
Es sei beabsichtigt gewesen, die Beteiligung der R***** II ***** AG durch eine Kapitalerhöhung der Erstbeklagten zu finanzieren. Diese Kapitalerhöhung sei am Markt nicht im erforderlichen Ausmaß untergebracht worden. Die aus dem zugeflossenen Gewinnscheinkapital vewendeten Zwischenfinanzierungsmittel seien jedoch Ende 1991 durch eine Kreditaufnahme zurückgeführt worden, so daß am 31.12.1991 dem Rechnungskreis des Gewinnscheinkapitals (wieder) die vollen Mittel zur Verfügung gestanden seien. Vor diesem Zeitpunkt sei die Einrichtung eines Gewinnscheinrechnungskreises weder vorgesehen noch erforderlich gewesen.
Bei der Zeichnung der Gewinnscheine habe sich in kurzer Zeit mehr Kapital angesammelt, als zweckmäßigerweise auf dem Liegenschaftsmarkt unterzubringen gewesen sei. Es sei daher nötig gewesen, überschüssiges Gewinnscheinkapital anderweitig gewinnbringend zu veranlagen. Die Satzung der Beklagten ermögliche die Verwendung des Gesellschaftskapitals zur Anschaffung von Immobilien, Mobilien und zur wirtschaftlichen Nutzung jeder Art, zum Erwerb und zur Verwaltung von Beteiligungen an Unternehmungen, deren wesentlicher Unternehmensgegenstand es sei, Realbesitz in Form von Immobilien und Mobilien anzuschaffen, sowie zur Durchführung aller sonstigen mit dem Unternehmensgegenstand zusammenhängenden Hilfs- und Nebengeschäfte. Die Beteiligung der Beklagten an der R***** II ***** AG und deren Beteiligung an der R***** Bank AG sei durch die Satzung daher gedeckt gewesen. Die Erstbeklagte habe davon ausgehen dürfen, daß das aus dem Gewinnscheinkapital stammende Beteiligungskapital an der R***** II ***** AG rasch wieder zurückfließen werde. Auch eine Sonderprüfung habe ergeben, daß bei der Verwendung des Gewinnscheinkapitals die Gewinnscheinrichtlinien eingehalten worden seien.
Die bei der Geschäftsanbahnung mit Kunden verwendeten Prospekte und Vertragsformulare enthielten alle nötigen Aufklärungen über die Rechtsnatur des Gewinnscheins. Insbesondere auf allfällige Risken wie Wertverlust durch Kursverlust sei hingewiesen worden. Unrichtige Angaben über Sicherheit und Ertrag seien daher nicht gemacht worden.
Der innere Wert der Gewinnscheine sei trotz des Kursverlusts erhalten geblieben. Die Verluste, die durch die Beteiligung an der R***** Bank AG entstanden seien, beträfen in erster Linie die R***** II ***** AG und erst in weiterer Folge die Beklagte. Kursverluste würden überdies von der Prospekthaftung nicht erfaßt. Schließlich sei der Kursverlust der Gewinnscheine auch nicht kausal auf die Beteiligung der R***** II ***** AG an der R***** Bank AG zurückzuführen. Die Kläger, welche die Rückabwicklung anstrebten, müßten überdies ein Zug-um-Zug-Begehren stellen. Schließlich habe der Gewinnscheinrechnungskreis zum 31.12.1993 mit einem Volumen von S 258 Mio bestanden, welchem in Liegenschaften investierte Gelder in der Höhe von rund S 340 Mio gegenübergestanden seien. Die gesamten Gewinnscheingelder seien somit ordnungsgemäß in Immobilien investiert gewesen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren gegen beide Beklagte ab. Zu den gegen die Erstbeklagte gerichteten Ansprüchen führte es rechtlich folgendes aus:
Eine Prospekthaftung komme nicht in Betracht, weil die Prospekte der Erstbeklagten vor dem Inkrafttreten des Kapitalmarkt G ausgegeben worden seien. Ein nach Vertragsabschluß gesetztes Verhalten der Erstbeklagten könne die Irrtumsanfechtung nicht begründen. Verschaffung und Erhaltung des Gewinnscheins als Wertträger seien nicht zur ausdrücklichen Bedingung des Kreditvertrages gemacht worden, so daß eine Anfechtung aus diesem Grund ausgeschlossen sei. Die Kläger seien über das mit der Zeichnung von Gewinnscheinen verbundene Risiko nicht im Unklaren gelassen worden. Daß die Erstbeklagte nicht nur in Immobilien, sondern auch in Beteiligungen anderer Art investiert habe, sei nicht vertragswidrig, weil in den Prospekten nur eine "vorrangige" Beteiligung an Immobilien, welche andere Möglichkeiten der Beteiligungen nicht ausschließe, angekündigt worden sei. Eine Verletzung der Aufklärungspflicht durch den Verhandlungsgehilfen der Beklagten sei nicht erwiesen. Daß mit dem Erwerb der Gewinnscheine ein gewisses Risiko verbunden sei, sei den Klägern durch die vorgelegten Richtlinien bekannt geworden. Die Verminderung der Gewinnscheinausschüttung im Jahr 1994 auf 2,7 % vom Nominale sei nicht als Schaden im Sinne des § 1293 ABGB anzusehen. Die Kläger hätten auch keinen Anspruch darauf, daß Gewinnscheine einen bestimmten Markt- oder Börsenkurs aufwiesen. Sie hätten auch keinen Anspruch darauf, daß die Gewinnscheingelder bis zur Einrichtung des Rechnungskreises ausschließlich in einer bestimmten Weise verwendet würden.
Eine trotz der Vereinbarung eines zeitlich beschränkten Kündigungsverbots zulässige außerordentliche Aufkündigung aus wichtigem Grund sei hier nicht zulässig, weil ein solcher Grund, etwa eine grobe Vertragsverletzung handelnder Organe, nicht gegeben sei.
In der Berufungsverhandlung vereinbarten die Kläger mit der Zweitbeklagten Ruhen des Verfahrens.
Das Berufungsgericht hob das Urteil des Erstgerichts im Umfang der gegen die Erstbeklagte erhobenen Ansprüche auf und verwies die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Weiters sprach es aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Es traf aufgrund teilweiser Beweiswiederholung über den Abschluß des Vertrags und die dabei geführten Gespräche Feststellungen, die bereits eingangs wiedergegeben wurden.
Rechtlich verneinte das Berufungsgericht die Anfechtung wegen Irrtums. Abgesehen davon, daß hier keine Aufklärungspflicht aufgrund geltender Vorschriften verletzt worden sei, könne eine Verletzung von Aufklärungspflichten jedenfalls dann nicht mit Erfolg als Irreführung geltend gemacht werden, wenn der in Irrtum Geführte eine weitere Aufklärung gar nicht haben, sondern sich vielmehr auf die Meinung des Anbietenden habe verlassen wollen. In einem solchen Fall sei die fehlende Information für den Abschluß des Geschäfts nicht kausal gewesen. Die Gewinnscheine hätten aber im Zeitpunkt der Vertragsabschlüsse den offengelegten Informationen entsprochen, der Wertverlust sei erst wegen späterer Ereignisse eingetreten, die bei Abschluß der Verträge mit den Klägern noch gar nicht geplant oder vorhersehbar gewesen seien. Auf den Eintritt des Wertverlusts könne die Irrtumsanfechtung somit nicht gestützt werden. Dasselbe gelte für die nachträglichen Informationen der Erstbeklagten über die Bonität ihrer Gewinnscheine.
Ein Dissens bei Abschluß der Verträge sei in erster Instanz nicht geltend gemacht worden. Soweit die Kläger den Wegfall der Geschäftsgrundlage geltend machten, sei ihnen zu erwidern, daß sie beim Geschäftsabschluß keine Vorstellungen vom Eintritt gewisser Umstände, auf deren Grundlage ihr Geschäftswille aufgebaut gewesen sei, geäußert hätten.
Zur Beurteilung verblieben daher nur mehr die auf das Schadenersatzrecht gegründeten Ansprüche der Kläger. Eine Verletzung der vorvertraglichen Aufklärungspflicht sei nicht erwiesen. Es bestehe keine allgemeine Rechtspflicht, den Partner im Zuge von Vertragsgesprächen über alle Umstände aufzuklären, die auf seinen Entschluß Einfluß haben könnten. Eine Aufklärungspflicht sei nur zu bejahen, wenn der andere Teil nach den Grundsätzen des redlichen Geschäftsverkehrs Aufklärung habe erwarten dürfen. Dabei müsse es sich aber um bereits bekannte oder wahrscheinliche, nicht um in der Zukunft bloß mögliche Umstände handeln. Dafür, daß beim Abschluß der Verträge Umstände vorgelegen seien, die den später eingetretenen Kursverlust der Gewinnscheine wahrscheinlich hätten erscheinen lassen, habe das Verfahren keine Ergebnisse erbracht.
Das Verfahren sei aber dennoch nicht spruchreif: Daß das Beteiligungsrecht des Gewinnscheininhabers in einem Wertpapier verbrieft sei und verändert werden könne, ändere nichts daran, daß die Einlage des Gewinnscheinzeichners gemäß § 178 HGB in das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts übergehe. Wegen der Berechtigung zur Veräußerung der Beteiligung könne zwar die Kündigungsregel des § 184 HGB nicht angewandt werden. Dennoch seien die übrigen Bestimmungen des HGB über die stille Gesellschaft wenigstens analog anzuwenden. Die Rechtsprechung habe überdies Hausanteilscheine als stille Beteiligung behandelt. Der Geschäftsinhaber habe das Handelsgeschäft so zu führen, wie es dem gemeinsamen Vorteil der Gesellschafter entspreche. Er habe alles zu unterlassen, was der Erreichung dieses Zwecks nachteilig sei und müsse auf die berechtigten Interessen seines Teilhabers Rücksicht nehmen und sich bei allen seinen Entscheidungen und Handlungen von dem Geschäftszweck leiten lassen. Dazu gehöre, daß sich der Betrieb des Handelsgeschäfts in den Grenzen halten müsse, die bei gleichartigen, mit gleichen Mitteln ausgestatteten Unternehmen üblich seien. Schon der Firmenwortlaut der Erstbeklagten weise auf den Besitz (das Eigentum) an Realitäten hin. Diese Aussage enthalte auch der den Klägern übergebene Prospekt der Erstbeklagten. Gesellschaftszweck der Beteiligung sei daher die gewinnbringende Veranlagung in Realitäten gewesen, wobei die Kläger zwar nicht selbst Miteigentümer werden, sondern an der - Realitäten ankaufenden - Erstbeklagten still beteiligt sein und damit am Gewinn teilnehmen hätten sollen. Die eigenmächtige Veranlagung im Wege der R***** II ***** AG an der R***** Bank AG habe die vereinbarten Veranlagungsgrenzen überschritten und die gebotene Rücksichtnahme auf die Interessen der Kläger verletzt. Wegen dieser Pflichtverletzung sei die Erstbeklagte den Klägern unabhängig von einer mangelhaften Information vor dem Vertragsabschluß jedenfalls schadenersatzpflichtig, sofern sie nicht ihre Schuldlosigkeit beweise (§ 1298 ABGB), wobei sich der Sorgfaltsmaßstab aus § 180 Abs 2 HGB ergebe. Da die Höhe des den Klägern entstandenen Schadens nicht feststehe, müsse das Ersturteil jedenfalls aufgehoben werden.
Unter der Voraussetzung, daß die Gewinnscheingelder widmungswidrig veranlagt worden seien, wäre auch nach bürgerlichem Recht eine außerordentliche Aufkündigung des vorliegenden Dauerschuldverhältnisses aus wichtigem Grund denkbar. Auch eine erfolgreiche Geltendmachung des Wegfalls der Geschäftsgrundlage drei Jahre nach dem Abschluß der Verträge würde nicht zur Vertragsauflösung sondern nur zur Vertragsanpassung führen, weil das dem Grundsatz der Vertragstreue besser entspreche.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen von der Beklagten erhobene Rekurs ist berechtigt.
Eine Aktenwidrigkeit liegt nicht vor, wenn Parteivorbringen vom Berufungsgericht unrichtig wiedergegeben oder aufgefaßt wurde; das kann allerdings zu einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung führen (Kodek in Rechberger, ZPO Rz 4 zu § 503). Eine Aktenwidrigkeit kann aber gegeben sein, wenn Feststellungen des Erstgerichtes durch das Berufungsgericht unrichtig wiedergegeben werden und damit in Wahrheit vom Ersturteil abweichende Feststellungen der rechtlichen Beurteilung zugrundegelegt wurden. Liegen aber keinerlei Feststellungen für die Beurteilung eines Anspruchsgrundes vor, was die Erstbeklagte hier als weitere Aktenwidrigkeit rügt, dann ist ein der rechtlichen Beurteilung zuzuordnender Feststellungsmangel gegeben. Das ist hier aber nicht der Fall, weil die Beteiligung der Erstbeklagten an der R***** II ***** AG und dieser an der R***** Bank AG von der Erstbeklagten zugestanden wurde, trug die Erstbeklagte doch vor, daß diese Beteiligungen ihrer Satzung entsprochen hätten. Ob diese Vorgänge die Erstbeklagte schadenersatzpflichtig machen, wäre ebenfalls eine Frage der rechtlichen Beurteilung. Auch das Fehlen von Feststellungen darüber, ob diese Beteiligung einen Schaden der Kläger verursacht hat, gehört zum Bereich der rechtlichen Beurteilung. Eine Aktenwidrigkeit liegt hier somit nicht vor.
Mit Recht rügt die (Erst-)Beklagte aber, daß das Berufungsgericht dem Erstgericht eine Verfahrensergänzung aufgetragen hat, die vom Vorbringen der Kläger nicht gedeckt ist. Die Kläger trugen zwar - neben Vertragsauflösungsgründen wie List, Irrtum und Wegfall der Geschäftsgrundlage - auch vor, daß der Verhandlungsgehilfe der (Erst-)Beklagten vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt habe, und daß auch Prospekthaftung geltend gemacht werde. Sie führten schließlich auch aus, daß die Erstbeklagte nach Vertragsabschluß das durch die Gewinnscheine aufgebrachte Kapital nicht nur für Investitionen in Realitäten, sondern auch für andere, durch die abgegebenen Erklärungen nicht gedeckte Risikogeschäfte verwendet habe, insbesondere sich an der R***** II ***** AG und diese sich an der R***** Bank AG beteiligt habe, was zu einem Kursverlust der Gewinnscheine geführt habe. Die Kläger trugen dann aber vor, daß sie von den Beklagten die Rückabwicklung des gesamten Vertrags und damit die Rückzahlung sämtlicher geleisteter Zahlungen begehren. Sie streben damit die Auflösung aller Verträge an. Einen Schadenersatzanspruch unter Aufrechterhaltung dieser Verträge machten sie nicht geltend. Sie trugen auch nicht vor, welcher Schaden ihnen durch den Kursverlust bei Aufrechterhaltung der Verträge entstanden sei. Auch im weiteren Verfahren ist ein solcher Schaden - entgegen dem Hinweis im Aufhebungsbeschluß auf den Schriftsatz der Kläger ON 6 - nicht geltend gemacht worden. Dieser Schaden ist dem bisher von den Klägern in Erfüllung der Verträge geleisteten Zahlungen, welche zurückverlangt werden, auch nicht gleichzuhalten. Soweit das Berufungsgericht dem Erstgericht aufgetragen hat, diesen - auch in der Berufung nicht relevierten - Schaden festzustellen, nahm es in Wahrheit einen nicht vorliegenden Feststellungsmangel wahr. Dem Berufungsgericht ist es aber verwehrt, Verfahrensergänzungen aufzutragen, die durch das Prozeßvorbringen der Parteien nicht gedeckt sind (JBl 1976, 591; SZ 55/53; SZ 57/162; RZ 1985/50; zuletzt 2 Ob 77/95).
Die Kläger haben die Verneinung der geltend gemachten Auflösungsgründe im Aufhebungsbeschluß nicht mit Rekurs bekämpft, weisen aber in der Rekursbeantwortung darauf hin, daß diese Beurteilung des Berufungsgerichts unrichtig sei. Diese Abweisungsgründe sind daher im Zuge der umfassenden Prüfung der Lösung der Rechtsfrage zu behandeln.
Den Klägern ist nach dem vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalt nicht der Nachweis gelungen, daß sie von dem mit dem Gewinnschein verbundenen Kurswertrisiko keine Ahnung gehabt und im Falle dieser Kenntnis vom Geschäft Abstand genommen hätten. Das Berufungsgericht hielt es vielmehr für wahrscheinlich, daß beide Kläger über die Möglichkeit von Kursschwankungen Kenntnis hatten. Die Kläger haben aber die Vertragsanfechtung ungeachtet aller herangezogener Rechtsgründe im Tatsächlichen darauf gestützt, daß sie über das Risiko eines Gewinnscheins, nämlich die Ungewißheit eines Ertrags und die Gefahr eines Kursverlustes, nicht in Kenntnis gesetzt worden seien. Mit dem Anspruch auf Vertragsauflösung aus allen diesen Rechtsgründen müssen sie daher an der getroffenen Feststellung scheitern. Daß der Verhandlungsgehilfe der (Erst-)Beklagten angesichts der bekannten Risken mit seinen Hinweisen auf die gute Entwicklung des Wertpapiers auch nicht Aufklärungspflichten verletzt hat, liegt auf der Hand. Auch mit nach Abschluß der Verträge veröffentlichten Publikationen der Erstbeklagten über die Bonität ihrer Gewinnscheine konnte kein Vertragsauflösungsgrund gesetzt werden.
Zur Prospekthaftung haben die Kläger vorgetragen, daß der Prospekt der Erstbeklagten nur positive Angaben, aber keine ausreichenden Informationen über die Risken der Gewinnscheine und keine Informationen darüber enthalten habe, daß sich die Erstbeklagte berechtigt fühle, sich an der R***** II ***** AG zu beteiligen. In Kenntnis dieser Umstände hätten sie weder die Beteiligungs- noch die Finanzierungsverträge abgeschlossen. Die Prospekthaftung im allgemeinen Zivilrecht beruht auf einer Weiterentwicklung der Haftung für culpa in contrahendo. Insbesondere den Emittenten treffen gegenüber dem Publikum Informationspflichten, die den vorvertraglichen Aufklärungspflichten entsprechen (Koziol, Die Konkurrenz zwischen allgemeinem Zivilrecht, KMG und BörseG bei der Prospekthaftung, ÖBA 1992, 886). Auch die den Emittenten nach § 11 Abs 1 Z 1 KMG treffende Haftung für unrichtige oder unvollständige Angaben bei der Prospekterstellung kommt der Haftung aus der sonstigen culpa in contrahendo am nächsten (Welser, Prospektkontrolle und Prospekthaftung nach dem KMG, ecolex 1992, 301 ff [305]; Gruber,
Das neue Kapitalmarktgesetz, WBl 1992, 1 ff [47]). Die Haftung nach § 80 BörseG wird ebenfalls als Fall der culpa in contrahendo beurteilt (Gruber, Prospekthaftung im BörseG 1989, WBl 1990, 153 ff [161]). Zu ersetzen ist demnach der Vertrauensschaden, nicht aber das positive Erfüllungsinteresse. Kann der Anleger beweisen, daß er bei Richtigkeit und Vollständigkeit der Prospektangaben das Papier nicht erworben hätte, so ist sein Schaden jedenfalls die Differenz zwischen dem Erwerbspreis und dem derzeitigen Wert des Papiers (Welser aaO 307; Gruber, Prospekthaftung im Börsegesetz 1989 aaO 161).
Daß es sich bei dem Gewinnschein um ein - erfahrungsgemäß Kursschwankungen unterliegendes - Wertpapier handelt, ist dem Prospekt der Erstbeklagten zu entnehmen. Der Gewinnschein verbrieft ein Genußrecht im Sinn des § 174 AktG und ist daher ein Wertpapier (Schiemer/Jabornegg/Strasser, AktG3, 934). Soweit die Kläger im Rahmen ihrer Behauptungen zur Prospekthaftung davon ausgehen, daß sich das Kursrisiko nicht aus dem Prospekt ergeben hätte, kann ihnen daher nicht gefolgt werden. Soweit aber behauptet wurde, daß der Prospekt eine Aufklärung darüber enthalten hätte müssen, daß sich die Erstbeklagte berechtigt fühle, sich an der R***** II ***** AG zu beteiligen, ist neuerlich auf den Prospekt zu verweisen, wonach sich die Erstbeklagte (nur) "vorrangig mit dem Erwerb, der Bewirtschaftung attraktiver Altbauten" zu befassen beabsichtigt hatte und das Grundkapital (nur) "im wesentlichen zum Erwerb von Anlageobjekten" verwendet werden sollte. Daß auch andere Geschäfte, etwa Beteiligungsgeschäfte, getätigt werden können, ist dem Prospekt daher zu entnehmen. Die Möglichkeit der Beteiligung der Erstbeklagten an einer Konzerngesellschaft mit demselben Unternehmensgegenstand wäre darüber hinaus kein außergewöhnliches Geschäft, das im Fall einer Absicht dazu schon bei Ausgabe des Prospekts dort hätte vermerkt werden müssen. Daß aber die Beteiligung der R***** II ***** AG an der R***** Bank AG schon bei Ausgabe des Prospekts beabsichtigt war, behaupten die Kläger ebensowenig wie Gründe, aus denen diese Beteiligung als erkennbar unzulässiges Risikogeschäft der Erstbeklagten zuzurechnen wäre. Daß diese Beteiligung Jahre nach dem Gewinnscheinerwerb durch die Klägerin zu einem Kursverfall geführt haben könnte, besagt in diesem Zusammenhang daher nichts.
Aus den dargelegten Gründen war daher das Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrns gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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