OGH 7Ob235/10z

OGH7Ob235/10z19.1.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Erlagssache des Erlegers Dr. R***** S*****, gegen die Erlagsgegner 1. Dr. B***** L***** und 2. Dr. A***** S*****, beide vertreten durch Dr. Peter Stoff, Rechtsanwalt in Wien, und 3. minderjähriger S***** S*****, vertreten durch Dr. Madeleine Zingher, Rechtsanwältin in Wien, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Ersterlagsgegnerin und des Zweiterlagsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 30. August 2010, GZ 43 R 346/10s-19, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen, soweit damit die Kostenentscheidung des Rekursgerichts bekämpft wird.

2. Im Übrigen wird der außerordentliche Revisionsrekurs mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Da der Revisionsrekurs über den Kostenpunkt nach § 62 Abs 2 Z 1 AußStrG jedenfalls unzulässig ist, ist das Rechtsmittel, soweit es die Kostenentscheidung des Rekursgerichts bekämpft, als absolut unzulässig zurückzuweisen.

2.1. Die Revisionsrekurswerber übergehen im übrigen, dass den Gegenstand der vorliegenden Erlagssache nicht der ihnen als Testamentserben vom Verlassenschaftsgericht gemäß § 176 Abs 2 AußStrG zugunsten des Dritterlagsgegners als privilegierten, weil minderjährigen Noterben aufgetragene und am 16. 9. 2008 vorgenommene Erlag an den Gerichtskommissär zur Sicherung des Pflichtteilanspruchs bildet. Vielmehr ist hier der auf § 1425 ABGB gestützte, am 12. 11. 2009 angenommene Gerichtserlag des beim Gerichtskommissär hinterlegten Betrags durch den Gerichtskommissär unter Nennung der beiden Revisionsrekurswerber und des minderjährigen Noterben als Erlagsgegner nach dieser Bestimmung zu beurteilen. Der Annahmebeschluss wurde allen genannten Erlagsgegnern zugestellt, blieb jedoch unbekämpft.

Die Revisionsrekurswerber bestreiten gar nicht die Wirksamkeit der Zustellungen, stehen aber auf dem Standpunkt, sie hätten im Erlagsverfahren keine Parteistellung gehabt. Nach ständiger Rechtsprechung wird aber die Rechtsmittellegitimation und Beschwer jedes Erlagsgegners bejaht, wenn der Erlag - wie hier - zugunsten mehrerer Erlagsgegner erfolgt (RIS-Justiz RS0110882; RS0110881). Damit ist der Annahmebeschluss auch gegenüber den Revisionsrekurswerbern in Rechtskraft erwachsen. Eine Prüfung, ob der Erlag durch den Gerichtskommissär zu Recht erfolgte, hat daher nicht mehr zu erfolgen. Ebenso wenig ist auf die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 176 Abs 2 AußStrG und deren Rechtsfolgen einzugehen, sodass die von den Revisionsrekurswerbern gestellte erhebliche Rechtsfrage nicht präjudiziell ist.

2.2. Die Ausfolgung eines Erlags nach § 1425 ABGB setzt voraus, dass diejenigen, zu deren Gunsten erlegt wurde, in die Ausfolgung einwilligen oder dass gegen sie ein Urteil auf Zustimmung erwirkt oder eine sonstige Ausfolgungsbedingung erfüllt wird (RIS-Justiz RS0033517 [T15]). Dem entsprechend hat das Erlagsgericht die Ausfolgung von einem schriftlichen einverständlichen Antrag sämtlicher Erlagsgegner oder einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung, aus welcher ersichtlich ist, an wen der Erlagsbetrag auszuzahlen ist, abhängig gemacht.

Die Erfüllung dieser Voraussetzungen behaupten die Revisionsrekurswerber gar nicht. Vielmehr verlangen sie, dem Dritterlagsgegner eine Frist zur Einbringung seiner Pflichtteilsklage zu setzen und den verwahrten Betrag bei zeitgerechter Einbringung entsprechend der Entscheidung auszubezahlen, im Fall nicht fristgerechter Klagseinbringung aber an die Revisionsrekurswerber zurückzustellen. Inhaltlich machen sie also geltend, der Erleger (hier der Gerichtskommissär) habe unzutreffende Ausfolgungsbedingungen aufgestellt. Ob dies der Fall ist, kann aber nicht im Ausfolgungsverfahren, sondern muss im streitigen Verfahren geklärt werden (RIS-Justiz RS0033517 [T6]; Stabentheiner in Kletecka/Schauer, ABGB ON 1.00 § 1425 Rz 44; Reischauer in Rummel³ § 1425 ABGB Rz 35).

2.3. Der Versuch der Revisionsrekurswerber, ihren Antrag vom 2. 2. 2010 als Abänderungsantrag nach §§ 72 ff AußStrG mit der Begründung umzudeuten, die Untätigkeit des Dritterlagsgegners zur Durchsetzung seiner von den Revisionsrekurswerbern bestrittenen (restlichen) Pflichtteilsanspruchs über eineinhalb Jahre seit Erlag beim Gerichtskommissär bis zu ihrem Antrag stelle eine neue Tatsache dar, muss erfolglos bleiben. Zum einen fehlt jedes Vorbringen im Sinn des § 75 Abs 1 Z 3 AußStrG und zum anderen wird ausdrücklich beantragt, „einen entsprechenden Ausfolgungsauftrag zu erlassen“. Die Abänderung des Annahmebeschlusses des Erstgerichts wird damit also nicht begehrt.

2.4. In der Abweisung des Ausfolgungsantrags durch die Vorinstanzen ist daher keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung zu erblicken. Es steht den Revisionsrekurswerbern jederzeit frei, die Zustimmung des Dritterlagsgegners zur Ausfolgung an sie im Prozessweg wegen vollständiger Erfüllung dessen Pflichtteilsanspruchs anzustreben.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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