Spruch:
Die Akten werden vorerst - in Ansehung der außerordentlichen Revision der klagenden Partei gegen Punkt b) des berufungsgerichtlichen Urteiles zu 1 R 90/04m-9, - dem Erstgericht zurückgestellt. Nach Vorliegen der Entscheidung des Berufungsgerichtes gemäß § 508 (Abs 3 oder 4) ZPO sind die Akten dem Obersten Gerichtshof erneut umgehend zur Entscheidung über den gleichzeitigen Rekurs der klagenden Partei gegen Punkt a) des Beschlusses des Berufungsgerichtes zu 1 R 90/04m-9 vorzulegen.
Text
Begründung
Die Klägerin hat von der Rechtsvorgängerin der beklagten Partei - deren Bezeichnung nunmehr laut Firmenbuch (FN ***** des Handelsgerichtes Wien) der aus dem Urteilskopf ersichtliche neue Wortlaut ist und die Miteigentümerin einer Liegenschaft in Klagenfurt, verbunden mit Wohnungseigentum, war - das Objekt "1.OG Top Nr 8" der Wohnanlage R*****straße Errichtungs- und Bauträger GesmbH (im Folgenden kurz: Bauträger GmbH) mit Vertrag vom 2. 2. 2001 angemietet; in Punkt X. dieses Vertrages hat sich die Klägerin als Mieterin zur Zahlung eines einmaligen Finanzierungsbeitrages in der Höhe von S 100.000,-- (EUR 7.267,28) zuzüglich 20 % USt gegen Ausstellung einer gesonderten Rechnung an die Vermieterin unter gleichzeitigem Verzicht auf allfällige Rückforderung dieses Betrages aus welchem Rechtsgrund auch immer verpflichtet. Am 26. 4. 2001 hat die Klägerin auf das Konto ihrer Vertragspartnerin einen Betrag von S 50.000,-- (EUR 3.633,64) zur Anweisung gebracht; die restlichen S 70.000,-- (EUR 5.087,10) bezahlte sie auf Grund eines von der Bauträger GmbH zu 15 C 2143/01f des Bezirksgerichtes Klagenfurt aus dem Klagegrund "restlicher Finanzierungsbeitrag; Mietvertrag vom 2. 2. 2001" erwirkten rechtskräftigen Zahlungsbefehles. Die an die Klägerin vermietete Eigentumswohnung wurde mit Kaufvertrag vom 19. 11. 2001 an die nunmehrige Beklagte und von dieser mit Kaufvertrag vom 15. 5. 2004 an die H***** GmbH weiterverkauft.
Mit der am 20. 8. 2003 beim Bezirksgericht Klagenfurt eingebrachten Klage begehrte der nunmehrige Klagevertreter als vormaliger Masseverwalter namens der Klägerin als damaliger Gemeinschuldnerin die Rückzahlung der von dieser rechtsgrundlos an die beklagte Partei geleisteten Zahlung in Höhe von S 100.000,-- (EUR 7.267,28) samt 4 % Zinsen seit 3. 2. 2001. Die zunächst zu 20 C 2072/03g registermäßig erfasste Klage wurde mit Beschluss vom 4. 9. 2003 zur Verbesserung durch Nachholung der Unterschrift des Klagevertreters zurückgestellt, worauf sie dieser unterfertigt neuerlich mit dem Bemerken vorlegte, dass sie eigentlich am 20. 8. 2003 noch nicht hätte überreicht werden sollen, da erst die konkursgerichtliche Genehmigung beantragt worden war, welche nunmehr jedoch vorliege; "der Vollständigkeit halber" wurde auch noch darauf hingewiesen, dass es sich um eine "mietrechtliche Angelegenheit handle", die an die zuständige Gerichtsabteilung 14 C bzw 24 C weiterzuleiten wäre, was durch Verfügung vom 24. 9. 2003 geschah, worauf die Klage das neue (und nach wie vor aufrechte) Aktenzeichen 14 C 771/03m zugewiesen erhielt. Nach fristgerechter Einspruchserhebung durch die beklagte Partei berichtigte der Klagevertreter die Bezeichnung der klagenden Partei auf den Namen der (vormaligen) Gemeinschuldnerin, weil das Konkursverfahren über ihr Vermögen mit Beschluss des Konkursgerichtes vom 24. 9. 2003 aufgehoben und diese sohin zur Anspruchsgeltendmachung selbst aktiv legitimiert sei. Der im Mietvertrag enthaltene Rückforderungsverzicht bezüglich des geleisteten Finanzierungsbeitrages sei sittenwidrig und nichtig und dieser gemäß § 1435 ABGB zurückzuzahlen. Eine aufrechnungsweise Rückforderung in den diversen von der beklagten Partei gegen sie eingeleiteten weiteren Verfahren sei bisher gescheitert. Mit dem nach Durchführung einer einzigen mündlichen Streitverhandlung, bei der bloß zwei Urkundenbeweise aufgenommen wurden, gefällten Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Es beurteilte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt rechtlich dahin, dass die klagende Partei selbst offenbar davon ausgehe, dass im gegenständlichen Fall nicht das MRG anzuwenden sei, weil sie ihren Rückforderungsanspruch nicht auf dessen § 27 Abs 3, sondern die allgemeinen Regeln des ABGB gestützt habe. Die Klägerin habe jedoch nicht dartun können, aus welchem (sonstigen) Grund die Zahlung des geleisteten Finanzierungsbetrages unwirksam erfolgt sein sollte; zufolge des in Punkt X. des Mietvertrages einvernehmlich verankerten Rückforderungsverbotes liege eine rechtsgrundlose Vermögensverschiebung nicht vor. Es sei auch unerfindlich, aus welchem Grund dieser außerhalb des MRG ergangene Verzicht auf eine Rückforderung sittenwidrig sein sollte.
Das lediglich aus dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung angerufene Berufungsgericht hob aus Anlass der Berufung der klagenden Partei das angefochtene Urteil, soweit es die Abweisung eines auf Zahlung von EUR 5.087,10 gerichteten Klagebegehrens zum Gegenstand hat, sowie das diesem insoweit vorangegangene Verfahren als nichtig auf und wies die Klage in diesem Umfang zurück; darüber hinaus (also im Umfang der Abweisung weiterer EUR 2.180,18 sA) gab es der Berufung nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei.
Das Berufungsgericht schloss sich zunächst der Rechtsansicht des Erstgerichtes an, dass die Klägerin, die ihr Begehren ausdrücklich auf § 1435 ABGB, nicht jedoch auf § 27 MRG gestützt habe, damit zu erkennen gegeben habe, dass die von ihr gemietete Eigentumswohnung in einem Gebäude liege, das auf Grund einer nach dem 8. 5. 1945 erteilten Baubewilligung errichtet worden und somit § 27 MRG nicht anzuwenden sei (§ 1 Abs 4 Z 3 MRG); da sie auch sonst keinen im außerstreitigen Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 14 und Abs 3 MRG durchzusetzenden Anspruch geltend mache, sei über ihr Begehren grundsätzlich richtigerweise im streitigen Rechtsweg zu entscheiden. Allerdings habe die zu 15 C 2143/01f des Bezirksgerichtes Klagenfurt klagende Bauträger GmbH aus dem Klagegrund "restlicher Finanzierungsbeitrag ... Mietvertrag vom 2. 2. 2001" einen rechtskräftigen Zahlungsbefehl über S 70.000,-- (EUR 5.087,10) gegen die dortige Beklagte und nunmehrige Klägerin erwirkt, sodass die Rechtskraft desselben in Ansehung des auf Bezahlung desselben Betrages gerichteten Klagebegehrens das Wiederholungsverbot (ne bis in idem) zur Folge habe und damit in Ansehung des auf Bezahlung von EUR 2.180,18 sA gerichteten Klagebegehrens Bindungswirkung entfalte. Aus der auch bei einem Zahlungsbefehl eintretenden materiellen Rechtskraft (samt Einmaligkeits- und Bindungswirkung) im Sinne des § 411 ZPO dieser Vorentscheidung folge ein von Amts wegen aufzugreifender Nichtigkeitsgrund, wobei sich die Wirkungen der materiellen Rechtskraft auch auf die Gesamt- und Einzelrechtsnachfolger der Parteien erstreckten, wobei auch die Unterschiedlichkeit der Parteirollen nichts an der Nämlichkeit des Anspruches, des rechtserzeugenden Sachverhaltes und der Identität der Parteien dieser beiden Verfahren ändere. Dies schließe die neuerliche Geltendmachung desselben Betrages aus; die Klage sei in diesem Umfang (einschließlich Nichtigerklärung des vorangegangenen Verfahrens) zurückzuweisen.
Im Übrigen (hinsichtlich des weiteren Betrages von EUR 2.180,18 sA) liege jedoch Bindungswirkung der Vorentscheidung insoweit vor, als der von der Klägerin nunmehr geltend gemachte Anspruch nicht neuerlich (und anders) rechtlich beurteilt werden könne; mit der Vorentscheidung sei nämlich die Frage, ob die Klägerin die von ihr auf Grund des Punktes X. des Mietvertrages gezahlten Beträge (deren Höhe nicht strittig sei) schulde, bereits bejaht worden. Die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen, weil erhebliche Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu lösen gewesen seien.
Gegen diese Entscheidung richten sich die jeweils auf die Rechtsmittelgründe der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte außerordentliche Revision samt Rekurs der klagenden Partei mit den Anträgen, den (Zurückweisungs-)Beschluss des Berufungsgerichtes ersatzlos aufzuheben und dem Klagebegehren stattzugeben, hilfsweise die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung "an eines der Untergerichte" zurückzuverweisen.
Die beklagte Partei hat sowohl gegen die Revision (insoweit ohne Freistellung) als auch den Rekurs der klagenden Partei eine "Rekursbeantwortung" erstattet, in der beantragt wird, beide Rechtsmittel der Klägerin mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen als unzulässig zurückzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des Abs 2 (erhebliche Rechtsfrage) zulässig. Für die Revision gilt hingegen (entgegen der Annahme des Berufungsgerichtes) § 502 Abs 5 Z 2 ZPO, weil es sich um eine ausschließliche Zahlungsklage ohne gleichzeitige Entscheidung über die Kündigung, Räumung oder das Bestehen oder Nichtbestehen des Bestandvertrages oder über andere unter § 49 Abs 2 Z 5 JN fallende Ansprüche handelt (6 Ob 164/01p; RIS-Justiz RS0042922), sohin um keine Bestandstreitigkeit, sodass für die Zulässigkeit der Revision - anders als für den Rekurs - nicht nur das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage gemäß § 502 Abs 1 ZPO erforderlich ist, sondern sich die weitere Behandlung der Revision nach § 502 Abs 3 ZPO richtet, weil der Entscheidungsgegenstand des Berufungsgerichtes an Geld zwar EUR 4.000,--, nicht aber insgesamt EUR 20.000,-- überstieg und das Berufungsgericht - wie ausgeführt - die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen kann eine Partei nur gemäß § 508 Abs 1 ZPO einen Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde. Ein solcher Antrag, der mit der ordentlichen Revision zu verbinden ist, muss die Gründe dafür anführen, warum entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes nach § 502 Abs 1 ZPO die ordentliche Revision doch für zulässig erachtet wird.
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin das Rechtsmittel rechtzeitig beim Erstgericht eingebracht und darin auch ausgeführt, warum sie entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes die ("außerordentliche") Revision für zulässig erachtet; dem Rechtsmittel fehlt allerdings die ausdrückliche Erklärung, dass der Antrag auf Abänderung des Zulässigkeitsausspruches durch das Berufungsgerichtes gestellt und angestrebt werde.
Im Hinblick auf diese Rechtslage wäre der Rechtsmittelschriftsatz - in Ansehung der Revision - nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen gewesen, weil nach dem Vorgesagten ein Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO gemäß § 507b Abs 2 ZPO dem Berufungsgericht vorzulegen ist. Der Umtand, dass das Rechtsmittel keinen ausdrücklichen Abänderungsantrag an das Berufungsgericht enthält, stellt lediglich einen verbesserungsfähigen Mangel im Sinne des § 84 Abs 3 ZPO dar (RIS-Justiz RS0109501; RS0109623; zuletzt 7 Ob 221/04g). Auf Grund dieser Erwägungen ist der Akt sohin vorerst dem Erstgericht zur Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens (in Ansehung der Revision) zurückzustellen; da - wie ausgeführt - von dieser Vorgangsweise allerdings nicht auch der im selben Rechtsmittelschriftsatz enthaltene Rekurs gegen den Klagezurückweisungsbeschluss betroffen ist, war spruchmäßig weiters die umgehende Wiedervorlage an den Obersten Gerichtshof nach Vorliegen der Entscheidung des Berufungsgerichtes gemäß § 508 Abs 3 bzw 4 ZPO zur Entscheidung über dieses noch offene weitere Rechtsmittel anzuordnen.
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