OGH 7Ob229/02f

OGH7Ob229/02f13.11.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz E*****, geb am *****, vertreten durch Dr. Peter Brodner und Dr. Daniela Altendorfer-Eberl, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Marianne E*****, geb am *****, vertreten durch Dr. Edmund Pointinger, Rechtsanwalt in Bad Hall, wegen Ehescheidung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Steyr als Berufungsgericht vom 25. Juni 2002, GZ 1 R 381/01z-42, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Der Kläger hält in seiner Zulassungsbeschwerde zunächst daran fest, das Gericht zweiter Instanz hätte die Berufung der Beklagten ab- bzw zurückweisen müssen; die Beklagte sei nämlich - infolge Teilrechtskraft des in der Berufung nicht bekämpften Scheidungsausspruches nach § 55 EheG (Punkt 1. des Ersturteiles) - bereits aus "prozessualen Gründen" daran gehindert gewesen, ihren vom Erstgericht abgewiesenen Antrag nach § 61 Abs 3 EheG (Punkt 2. des Ersturteiles) im Rechtsmittelverfahren durchzusetzen. Die Zulässigkeit der außerordentlichen Revision ergäbe sich aus der "ausdrücklichen Judikatur zur Unzulässigkeit eines entsprechenden Teilurteils" und daraus dass eine Judikatur zu der notwendigerweise einheitlich zu behandelnden prozessualen Frage, ob eine Trennung des Scheidungs- und des Verschuldensausspruches im Rahmen einer Scheidung nach § 55 Abs 1 EheG durch ein Rechtsmittel der (unterhaltsberechtigten) Beklagten zulässig sei, "fehlt bzw nicht einheitlich ist" (?).

Rechtliche Beurteilung

Dabei übergeht der Kläger, dass der Oberste Gerichtshof in der bereits vom Berufungsgericht zitierten (einen vergleichbaren Fall betreffenden) Entscheidung vom 12. 7. 1984, 6 Ob 592/84 = EFSlg XXI/7 dargelegt hat, dass die (der stRsp im österreichischen Eheverfahren entsprechende [EFSlg 46.193] und im vorliegenden Rechtsmittel ausdrücklich zugestandene) Ablehnung des Grundsatzes von der Einheit des Scheidungsurteils auch im Fall eines - wie hier erhobenen - Antrages der beklagten Partei nach § 61 Abs 3 EheG zu beachten ist (RIS-Justiz RS0040616 [T1]), sodass das Vorliegen eines Prozesshindernisses für den Rechtsschutzanspruch des Ehemannes auf Scheidung der Ehe und für den antragsweise geltend gemachten Rechtsschutzanspruch der Ehefrau auf Feststellung des Verschuldens an der Zerrüttung einer gesonderten Prüfung zugänglich sei (RIS-Justiz RS0040818); auch noch nach einer während eines Ehescheidungsverfahrens nach § 55 EheG erfolgten ausländischen, in Österreich anerkannten Scheidung wegen Getrenntlebens der Eheleute sei daher über den zuvor gestellten Antrag gemäß § 61 Abs 3 EheG zu entscheiden (EFSlg 46.263; REDOK 3165). Wie der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat wird nämlich durch keine positive Vorschrift die Möglichkeit ausgeschlossen, erst nach erfolgter Scheidung ein Mitverschulden des Klägers festzustellen (RIS-Justiz RS0040616; MietSlg 39.687 mwN).

Nach diesen Grundsätzen ist die Beurteilung des Berufungsgerichtes, dass für die selbständige und alleinige Bekämpfung der Entscheidung über den beantragten Verschuldensausspruch kein Hindernis besteht (so auch Fasching LB² Rz 2365), nicht zu beanstanden, ohne dass auf die im Rechtsmittel erörterte (im vorliegenden Fall aber nicht entscheidungswesentliche) Frage eingegangen werden muss, ob (auch) die Fällung eines Teilurteiles über ein auf § 55 Abs 1 oder 3 EheG gestütztes Scheidungsbegehren zulässig ist, wenn die beklage Partei einen Antrag nach § 61 Abs 3 EheG gestellt hat. Eine erhebliche Rechtsfrage war in diesem Zusammenhang somit nicht zu beantworten. Die in den weiteren Revisionsausführungen angestrebte Prüfung der Vertretbarkeit der Rechtsauffassung zum Verschulden der Eheleute an der Zerrüttung der Ehe hängt hingegen immer von den Umständen des Einzelfalls ab (RIS-Justiz RS0110837 [T1]) und entzieht sich schon deshalb einer Beurteilung als erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (7 Ob 164/02x; 7 Ob 77/01a mwN). Eine außerhalb der Bandbreite der Judikatur des Obersten Gerichtshofes liegende Beurteilung durch die zweite Instanz, die einer Korrektur bedürfte, liegt nicht vor:

Steht doch fest, dass die Zerrüttung der Ehe erst mit der Aufnahme der Beziehung des Klägers zu Margarete M***** und der Beendigung der gemeinsamen Aktivitäten der Streitteile eintrat, wobei der Kläger die endgültige Trennung erst vollzogen hat, als die Voraussetzungen für eine Lebensgemeinschaft mit Frau M***** erfüllt waren, weil diese geschieden war und eine Wohnung für die beiden bereitstand (Seite 10 und 15 der Berufungsentscheidung); wobei auch der daraus gezogene Schluss, dass der Mostkonsum und die gegenseitigen Beschimpfungen während der Ehe zwar beiden Parteien vorzuwerfen waren, es dem ehelichen Zusammenleben aber keinen Abbruch getan hätte, dass die beiden, "vom Most illuminiert, miteinander stritten und sich milieubedingt beschimpften", wenn der Kläger Margarete M***** nicht kennen- und lieben gelernt hätte, begegnet keinen grundsätzlichen Bedenken.

Es kann daher - entgegen der in der außerordentlichen Revision vertretenen Ansicht - auch darin keine "eklatante" (die Zulassung der Revision rechtfertigende) Fehlbeurteilung erblickt werden, dass das Berufungsgericht aus dem nach Beweiswiederholung festgestellten Sachverhalt das überwiegende Verschulden des Klägers an der Zerrüttung der Ehe abgeleitet hat und damit in dieser Frage von der Entscheidung des Erstgerichtes abgewichen ist. Da jedoch - wie bereits ausgeführt - in der Beurteilung des Gewichts des beiderseitigen Verschuldens der Ehepartner an der Zerrüttung der Ehe, von dem (hier nicht vorliegenden) Fall einer außerhalb der Bandbreite der oberstgerichtlichen Rechtsprechung liegenden Beurteilung abgesehen, keine Rechtsfrage iS des § 502 Abs 1 ZPO begründet ist (RIS-Justiz RS0043423 [T9]), sind auch die weiteren Revisionsausführungen nicht geeignet, die Zulässigkeit der Revision zu rechtfertigen (7 Ob 164/02x; 8 Ob 72/02z mwN).

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