OGH 7Ob2087/96d

OGH7Ob2087/96d23.10.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Graf, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Johannes H*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Dr.Wolf Dietrich J***** (S 53/93 des Landesgerichtes Salzburg), wider die beklagte Partei Z***** AG, ***** vertreten durch Dr.Reinhard Junghuber, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Herausgabe, in eventu Anfechtung und Leistung (Streitwert S 579.553,--), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 13.Juni 1995, GZ 4 R 229/94-14, mit dem das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 4. August 1994, GZ 4 Cg 46/93s-8, infolge Berufung des Klägers teilweise bestätigt wurde, und infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den in das genannte Urteil aufgenommenen Beschluß des Berufungsgerichtes, womit das genannte Urteil des Landesgerichtes Salzburg teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision des Klägers gegen das Teilurteil des Berufungsgerichtes wird nicht Folge gegeben.

Hingegen wird dem Rekurs der beklagten Partei gegen den Aufhebungsbeschluß Folge gegeben und durch Endurteil über das zweite und dritte Eventualbegehren dahin zu Recht erkannt, daß insoweit das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 154.454,60 bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen (darin enthalten S 21.324,10 USt und S 26.510,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Dr.Wolf Dietrich J***** stand mit der Beklagten in Geschäftsverbindung. Aus einem Rahmenkredit schuldete er der Beklagten seit Jänner 1989 zumindest mehr als S 3 Mio. Im Juni 1987 unterfertigte seine damalige Ehefrau Vera Jetzelsberger-T***** zur Sicherung und allfälligen Abdeckung aller gegen ihren Ehemann bestehenden Kreditforderungen ein Blankoakzept und eine Wechselwidmungserklärung.

Dr.Wolf Dietrich J***** hatte bei der Grazer Wechselseitigen Versicherung auf Gegenseitigkeit eine Lebensversicherung mit einer Laufzeit vom 1.7.1990 bis 1.7.2007 und einer Versicherungssumme von S 5 Mio abgeschlossen. Das Bezugsrecht stand bei Erleben dem Versicherungsnehmer, bei Ableben seiner Ehefrau zu. Am 1.9.1992 wurde die Versicherungspolizze zur Besicherung der offenen Kreditforderung zugunsten der Beklagten vinkuliert. Dabei wurde nur festgehalten, daß das bisher gültige Bezugsrecht mit der durch den Vinkulierungsvermerk gegebenen Einschränkung gelte. Ausdrückliche Abreden wurden dabei nicht getroffen.

Am 9.6.1993 wurde über das Vermögen Dr.Wolf Dietrich J*****s der Konkurs eröffnet. Wenige Tage danach nahm die Beklagte Vera T***** als Bürgin in Anspruch. Diese deckte die gesamte offene Forderung der Beklagten gegen den nunmehrigen Gemeinschuldner in der Höhe von rund S 2,8 Mio ab.

Mit Schreiben vom 6.7.1993 bestätigte die Beklagte dem Vertreter Vera T***** die Zahlung und ersuchte um Mitteilung, ob diese die Übertragung des zu ihren Gunsten vorgemerkten Vinkulums der Lebensversicherungspolizze begehre. Vera T***** ersuchte die Beklagte sodann um Herausgabe der Versicherungspolizze samt Vinkulierung und um eine Devinkulierungserklärung.

Am 18.10.1993 nahm der Lebensversicherer die Erklärung des Masseverwalters, das Vertragsverhältnis nicht fortzusetzen, als Kündigung zum 30.9.1993 an. Er teilte den Rückkaufswert inklusive Gewinnanteil in der Höhe von S 579.553,-- mit und erklärte, zur Durchführung des Rückkaufs die Orginalpolizze sowie das schriftliche Einverständnis des Vinkulargläubigers zu benötigen. Schon vorher, zuletzt mit Schreiben vom 27.8.1993 hatte der Masseverwalter von der Beklagten die Zustimmung zur Devinkulierung und die Rückgabe der Originalpolizze begehrt.

Am 2.9.1993 verzichtete die Beklagte mittels einer schriftlichen Erklärung auf die am 1.9.1992 vorgenommene Vinkulierung der Lebensversicherung des Gemeinschuldners.

Am 3.9.1993 hinterlegte die Beklagte die Originalversicherungspolizze mit Nachtrag vom 1.9.1992 (Vinkulierung) und die Devinkulierungerklärung vom 2.9.1993 gemäß § 1425 ABGB beim Bezirksgericht Salzburg. Als Erlagsgegner wurden der Kläger und Vera T***** bezeichnet. Zur Begründung führte die Beklagte aus, daß mehrere Forderungsprätendenten aufgetreten seien und sie nicht feststellen könne, wem gegenüber die Leistung erbracht werden müsse. Mit Beschluß vom 30.9.1993 nahm das Bezirksgericht Salzburg den Erlag an und bestimmte den Vertreter der Beklagten zum Verwahrer der hinterlegten Urkunden.

Der Masseverwalter begehrt (Hauptbegehren), die Beklagte schuldig zu erkennen, die derzeit bei ihrem Vertreter befindlichen Originalurkunden (Lebensversicherungspolizze und Devinkulierungserklärung) herauszugeben, zu diesem Zweck die Zustimmung Vera T*****s zu erwirken und der Klägerin 4, 5 % Zinsen aus S 529.553,-- seit 1.10.1993 zu bezahlen;

in eventu (erstes Eventualbegehren), die genannten Originalurkunden herauszugeben, zu deren Herausgabe die Zustimmung Vera T*****s zu erwirken und folgende Erklärung abzugeben: Die Z***** AG verzichtet hiemit ausdrücklich auf die mit Schreiben der Grazer Wechselseitigen Versicherung auf Gegenseitigkeit vom 1.9.1992 zu ihren Gunsten vorgemerkte Vinkulierung der Lebensversicherung.......; weiters erhebt der Kläger auch im Rahmen dieses Begehrens das Begehren auf Zahlung von 4,5 % Zinsen aus S 579.553,-- seit 1.10.1993;

in eventu (zweites Eventualbegehren), die zugunsten der Beklagten am 1.9.1992 vorgemerkte Vinkulierung der Lebensversicherung den Gläubigern im Konkurs über das Vermögen Dr.Wolf Dietrich J*****s für unwirksam zu erklären, weiters auszusprechen, daß der Erlag der Originalpolizze samt Vinkulierungserklärung nicht rechtmäßig gewesen und den Gläubigern im Konkurs Dr.Wolf Dietrich J*****s für unwirksam erklärt werde; weiters sei die Beklagte schuldig, die Originalpolizze auszufolgen und 4,5 % Zinsen aus S 579.553,-- seit 1.10.1993 zu zahlen;

in eventu (drittes Eventualbegehren), auszusprechen, daß die zugunsten der Beklagten mit 1.9.1992 vorgenommene Vinkulierung der Lebensversicherung...... den Gläubigern im Konkurs Dr.Wolf Dietrich J*****s gegenüber unwirksam sei; da eine Rückstellung aufgrund des Gerichtserlags nicht möglich sei, sei die Beklagte schuldig, den Betrag von S 585.910,-- samt 4,5 % Zinsen aus S 579.553,-- seit 1.10.1993 bis 31.3.1994 und aus S 585.910,-- seit 1.4.1994 bei Exekution zu zahlen.

Zur Auszahlung des Rückkaufwertes samt Gewinnbeteiligung benötige der Masseverwalter die Originalversicherungspolizze und die Devinkulierungserklärung. Der von der Beklagten vorgenommene Gerichtserlag sei nicht rechtmäßig. Die weitere Erlagsgegnerin Vera T***** könne nicht die Ausfolgung der Originalversicherungspolizze und schon gar nicht die Abgabe einer Zustimmungserklärung zur Auszahlung des Rückkaufswertes begehren. Die Beklagte, welche anwaltlich vertreten sei und über eine eigene Rechtsabteilung verfüge, hätte bei zumutbarer Prüfung leicht erkennen können, daß Vera T***** keine Gläubigerstellung habe. Vera T***** habe durch ihre Zahlung nur die ihr aus dem Wechsel zustehenden Rechte erworben. § 1358 ABGB sei unanwendbar. Originalpolizze samt Vinkulierungsvermerk seien keine Behelfe im Sinne des § 1358 ABGB. Überdies habe die Beklagte das Auftreten dieser Forderungsprätendentin durch ihr eigenes Verhalten bewirkt. Aus der Vinkulierung folge nicht das Recht des Vinkulargläubigers zur Geltendmachung der Versicherungsleistung. Ferner sei auch die Devinkulierung zu beachten. Wegen des Konkurses über das Vermögen des Versicherungsnehmers und der Kündigung des Versicherungsvertrages durch den Masseverwalter könne der Versicherungsfall nicht mehr eintreten. Das Bezugsrecht Vera T*****s sei damit gegenstandslos geworden.

Die Vinkulierung der Lebensversicherungspolizze zugunsten der Beklagten sei erst nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des Kreditnehmers der Beklagten vorgenommen worden. Der Beklagten sei damals dessen Zahlungsunfähigkeit infolge jahrelanger Geschäftsbeziehung bekannt gewesen. Durch diese Vinkulierung sei die Beklagte vor sämtlichen anderen Gläubigern begünstigt worden. Diese Begünstigungsabsicht des Gemeinschuldners hätte der Beklagten auffallen müssen. Mit der Vinkulierung habe die Beklagte aber auch eine inkongruente Deckung erlangt. Der Gemeinschuldner habe damit schließlich auch die Absicht verfolgt, andere Gläubiger zu benachteiligen. Auch diese Absicht sei der Beklagten bekannt gewesen, zumindest habe sie sie billigend in Kauf genommen.

Die Beklagte beantragt die Abweisung sämtlicher Begehren. Sie habe wegen der Zahlung Vera T*****s auf ihre Rechte aus der Vinkulierung verzichtet. Durch den Gerichtserlag sei sie von der Verpflichtung, Versicherungspolizze und Devinkulierungserklärung herauszugeben, befreit worden. Der Kläger könne nur mehr die zweite Erlagsgegnerin auf Zustimmung zur Ausfolgung in Anspruch nehmen. Eine solche Zustimmung könne die Beklagte von Vera T***** nicht erwirken.

Weder die Zahlungsunfähigkeit ihres Kreditnehmers noch sonstige mit der Vinkulierung verbundene Absichten des nachmaligen Gemeinschuldners seien der Beklagten bekanntgewesen. Die Vinkulierungserklärung könne aber auch deswegen nicht angefochten werden, weil die Beklagte bereits eine Verzichtserklärung abgegeben habe. Dem Kläger fehle daran somit das rechtliche Interesse.

Das Erstgericht wies sämtliche Begehren ab. Der Erlag sei zwar nicht rechtmäßig gewesen, weil die Beklagte bei Prüfung der Rechtslage erkennen hätte können, daß Vera T***** keinen Anspruch auf Ausfolgung der Versicherungspolizze habe. Die ausschließlich zugunsten der Beklagten vorgenommene Vinkulierung sei durch deren Verzicht erloschen. Eine Sperre des Versicherungsvertrages werde durch sie nicht mehr bewirkt. Bezugsberechtigt im Erlebensfall sei der Gemeinschuldner. Die Versicherungspolizze sei kein Rechtsbehelf noch ein Sicherungsmittel, das gemäß § 1358 ABGB auf Vera T***** hätte übergehen können. Wenn der Erlag auch nicht rechtmäßig sei, so sei er vom Gericht dennoch angenommen worden und damit unwiderruflich. Dem Herausgabebegehren des Klägers stehe damit Unmöglichkeit der Leistung entgegen. Es sei auch nicht Aufgabe der Beklagten, nach der Hinterlegung die Zustimmung einer Person zu erwirken, zu deren Gunsten (ebenfalls) hinterlegt worden sei. An der Anfechtung der Vinkulierung habe der Kläger kein Rechtsschutzinteresse. Das Ziel, die Vinkulierung für unwirksam zu erklären, sei bereits durch die vor Einbringung der Klage abgegebene Verzichtserklärung der Beklagten erreicht worden. Bestehe aber die durch eine Vinkulierung bewirkte Sperre nicht mehr, dann sei auch kein Bedarf gegeben, eine solche Sperre für unwirksam zu erklären. Ein Schadenersatzbegehren des Klägers könne erst nach Durchführung eines Ausfolgungsverfahrens beurteilt werden.

Das Berufungsgericht bestätigte mit Teilurteil die Abweisung des Hauptbegehrens und des ersten Eventualbegehrens durch das Erstgericht; dazu sprach es aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Im Umfang des zweiten und dritten Eventualbegehrens hob das Berufungsgericht das Urteil des Erstgerichts auf und verwies die Rechtssache insoweit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Im Rahmen dieses Aufhebungsbeschlusses sprach das Berufungsgericht aus, daß der davon betroffene Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Eine Lebensversicherungspolizze, die nicht auf Inhaber, sondern zugunsten bestimmter Personen laute, sei weder ein Wert- noch ein Legitimationspapier, sondern nur eine Beweisurkunde. Die Vinkulierung einer Lebensversicherung bewirke mangels anderer Anhaltspunkte nur eine schlichte Zahlungssperre zugunsten des Vinkulargläubigers. Die Beklagte habe als Vinkulargläubigerin zur Besicherung des dem Gemeinschuldner gewährten Kredits die Originalpolizze ausgehändigt erhalten. Sie sei daher rechtmäßige Besitzerin dieser Polizze gewesen. Vera T*****, welche ein Blankoakzept samt Wechselwidmungserklärung unterfertigt habe, habe sich im Innenverhältnis zur Beklagten nur für den Hauptschuldner verbürgt. § 1358 ABGB gelte auch für die verkleidete Wechselbürgschaft. Die Zahlung Vera T*****s an die Beklagte habe daher zum Übergang der Forderung der Beklagten auf sie geführt, ohne daß es eines besonderen Übertragungsaktes bedurft hätte. Mit dieser gesetzlichen Zession seien auch die Nebenrechte auf die Zahlerin übergegangen. Der voll befriedigte Gläubiger habe dem Zahler alle vorhandenen Rechtsbehelfe und Sicherungsmittel auszuliefern. In Bezug auf die Versicherungspolizze bedeute das die Verpflichtung zur Übertragung des Eigentums an der Urkunde. Auch eine vinkulierte Lebensversicherungspolizze gehöre zu diesen Rechtsbehelfen und Sicherungsmitteln, die der befriedigte Gläubiger dem Zahler auszuliefern habe. Schon mit der Zahlung sei Vera T***** daher zur neuen Vinkulargläubigerin geworden. Die danach von der beklagten abgegebene Verzichtserklärung habe somit keine Wirkungen mehr gehabt.

Die Rechtmäßigkeit des Erlags sei nicht vom Erlagsgericht sondern im streitigen Verfahren zu prüfen. Anerkenne der Gläubiger den Erlag nicht als gerechtfertigt, so sei eine Leistungsklage gegen den Schuldner, wenn sich der Erlag als gerechtfertigt erweise, abzuweisen. Der Erlag sei hier nicht rechtmäßig gewesen. Die Beklagte sei selbst vom Erwerb der Rechte aus der Vinkulierung durch Vera T***** gemäß § 1358 ABGB ausgegangen. Bei der ihr gemäß § 1299 ABGB zuzumutenden Sachkunde hätte sie wissen müssen, daß sie der Zahlerin alle vorhandenen Rechtsbehelfe und Sicherungsmittel auszuliefern gehabt habe. Auf eine Unklarheit der Rechtslage könne sich die Beklagte somit nicht berufen. Der Beklagten sei bei zumutbarer Prüfung somit durchaus erkennbar gewesen, wer von beiden möglichen Forderungsprätendenten tatsächlich Gläubiger ist. Der nicht rechtmäßige Erlag habe daher keine schuldbefreiende Wirkung gehabt.

Dennoch könne der Masseverwalter mit seinem Leistungsbegehren nicht durchdringen. Gegenüber dem Kläger habe Vera T***** das bessere Recht auf die Urkunden. Habe die Beklagte die Urkunden ursprünglich rechtmäßig besessen, wäre das auch bei der Zahlerin der Fall. Ohne ihre Zustimmung als neue Vinkulargläubigerin könne der Masseverwalter die Auszahlung der Rückkaufssumme der Lebensversicherung nicht erreichen. Mangels Verzugs der Beklagten mit dem Herausgabeanspruch an den Masseverwalter bestehe auch kein Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen. Hauptbegehren und erstes Eventualbegehren seien daher zu Recht abgewiesen worden.

Nicht spruchreif sei die Sache jedoch im Umfang der durch das zweite und das dritte Eventualbegehren vorgenommenen konkursrechtlichen Anfechtung. Der nachträgliche Verzicht der Beklagten habe auf die von Vera T***** erworbene Rechtsposition keinen Einfluß gehabt. Die Legalzession sei zufolge § 38 KO auf die Eigenschaft der Beklagten als Anfechtungsgegnerin ohne Einfluß. Wie ein Belastungs- und Veräußerungsverbot müsse auch eine Vinkulierung einer Lebensversicherung als anfechtbare Rechtshandlung angesehen werden. Daß der Anfechtungsanspruch nur im Wege von Eventualbegehren geltend gemacht worden sei, habe auf die Frist zur Anfechtungsklage keinen Einfluß. Der Kläger habe daher die Anfechtungsfrist gewahrt. In die Klagefrist fielen auch die Geltendmachung des dritten Eventualbegehrens und weiterer Anfechtungsgründe. Zur Prüfung der geltend gemachten Anfechtungsgründe fehlten aber noch die erforderlichen Urteilsfeststellungen. Die mit dem zweiten Eventualbegehren vorgenommene Anfechtung des Gerichtserlags, welcher erst Konkurseröffnung vorgenommen worden sei, bedürfe jedoch nicht der Anfechtung im Konkurs. Ob damit überhaupt eine das Vermögen des Gemeinschuldners betreffende Rechtshandlung vorgenommen worden sei, müsse daher nicht geprüft werden.

Gegen das Teilurteil wendet sich die Revision des Klägers. Die Beklagte bekämpft mit ihrem Rekurs den Aufhebungsbeschluß.

Zur Revision des Klägers:

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Voraussetzung für die Berechtigung des Hauptbegehrens und des ersten Eventualbegehrens ist ua, daß die von der Beklagten vorgenommene gerichtliche Hinterlegung der Urkunden, deren Herausgabe mit diesem Begehren (neben anderen Ansprüchen) verfolgt wird, nicht rechtmäßig war und damit keine schuldbefreiende Wirkung hatte.

Wenn der Schuldner erfüllen will, hieran aber durch die Umstände gehindert wird, die nicht in seiner Sphäre liegen, so kann er die Leistung hinterlegen und sich auf diese Weise von seiner Verbindlichkeit befreien. Neben anderen im Gesetz im einzelnen bezeichneten, hier aber nicht vorliegenden Hinderungsgründen, werden als Rechtfertigungsgründe "andere wichtige Gründe" für die Nichtzahlung genannt. Zu diesen wichtigen Gründen, die immer nur auf Gläubigerseite gegeben sein dürfen, gehört ua, daß mehrere Prätendenten die Forderung je für sich geltend machen und der Schuldner bei zumutbarer Prüfung nicht ohne weiteres erkennen kann, wer wirklich berechtigt ist (WBl 1988, 128 = BA 1988, 293; JBl 1992, 592; Mayrhofer, Schuldrecht3, 583; Reischauer in Rummel, ABGB2 Rz 4 zu § 1425). Der Erlag befreit den Schuldner dagegen nicht, wenn er bei zumutbarer Prüfung leicht erkennen kann, wer Gläubiger ist (WBl 1988, 128 = BA 1988, 293). Die Klärung der Frage, ob ein Erlag berechtigt war, kann nicht im außerstreitigen Erlagsverfahren, sondern immer nur im Prozeß erfolgen (Koziol/Welser10 I 275 mwN). Hat der Erlag schuldbefreiende Wirkung, dann ist die Klage eines der Prätendenten gegen den Schuldner abzuweisen (Reischauer aaO Rz 37 zu § 1425). Immer aber ist zu beachten, daß für die Ausfolgung des Hinterlegten an den Erleger nicht die Frage der Rechtfertigung des Erlags maßgebend ist. An den Hinterleger ist das Hinterlegte nur dann auszufolgen, wenn er unter Widerufsvorbehalt erlegt hat, inzwischen der Erlag nicht angenommen wurde und der Ausfolgung auch keine rechtskräftige Entscheidung entgegensteht (Reischauer aaO Rz 38 zu § 1425).

Entgegen den Auffassungen der Vorinstanzen hat die Beklagte die vom Hauptbegehren und ersten Eventualbegehren erfaßten Urkunden mit schuldbefreiender Wirkung hinterlegt. Unabhängig davon aber steht der Beklagten nicht mehr die Verfügungsgewalt über die hinterlegten Urkunden zu. Die Beklagte hat nicht unter Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs hinterlegt. Nach überwiegender Auffassung kann der Erleger dann aber den Erlag nicht widerrufen und die Ausfolgung des Hinterlegten begehren (Reischauer aaO Rz 30 zu § 1425 und die dort angeführte Judikatur). Die Beklagte konnte aber bei zumutbarer Prüfung auch nicht erkennen, wer in Ansehung der genannten Urkunden herausgabeberechtigt ist.

Das Institut der Vinkulierung von Versicherungen ist im Gesetz nicht geregelt. Der Begriff hat keinen festen Inhalt. Nach herrschender Auffassung (SZ 35/123; EvBl 1970/263; VersE 1274; VersE 1329; VersR 1989, 448; VR 1987, 29, 67 und 359; VR 1993/310; Fenyves, Die Vinkulierung von Versicherungsforderungen, BA 1991, 13 ff, insb 15 f;

Kömürcü-Spielbüchler, Die Vinkulierung von Versicherungen 10 f;

Grassl-Palten, Feuerversicherung und Realkredit 26 ff; Ertl in Rummel aaO Rz 3 zu § 1392 ABGB) liegt darin - als fester Kern - eine Zahlungssperre zugunsten des Vinkulargläubigers mit der Wirkung, daß Leistungen des Versicherers an den Versicherungsnehmer nur mit Zustimmung des Vinkulargläubigers möglich sind. Ob mit einer Vinkulierung dem Vinkulargläubiger weitergehende Rechte eingeräumt werden, ist immer nur nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Fallweise kann damit auch eine Verpfändung oder Abtretung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag verbunden sein (7 Ob 2194/96i). Ob mit der Vinkulierung auch das Recht auf Besitz der Versicherungsurkunde eingeräumt wird, obliegt ebenfalls der Parteienvereinbarung. In der Praxis wird dem Vinkulargläubiger regelmäßig nur ein Sperrschein (Vormerkschein) ausgefolgt, der den genauen Text der Vinkulierungserklärung enthält. Auch auf der Polizze wird die Vinkulierung vermerkt; fallweise kommt es aber auch zur Aushändigung der Polizze an den Vinkulargläubiger (siehe zur Darstellung dieser Praktiken Fenyves aaO 14). Im vorliegenden Fall ist der Beklagten die Originalversicherungspolizze im Rahmen der Vinkulierung ausgefolgt worden. Zur Frage, ob das Recht zum Besitz der Versicherungspolizze und die Vereinbarung der Zahlungssperre (Vinkulierung) zu den Rechtsbehelfen und Sicherungsmitteln gehören, die der befriedigte Gläubiger dem Bürgen im Sinne des § 1358 ABGB auszuliefern hat, hat der Oberste Gerichtshof bisher nicht Stellung genommen. Gamerith in Rummel (aaO Rz 5 ff zu § 1358 ABGB) erwähnt diese Rechte nicht bei der Erörterung dieser Sicherungsmittel. Kömürcü-Spielbüchler (aaO) und Grassl-Palten (aaO) behandeln diese Frage des Bürgschaftsrechts nicht im Zusammenhang mit der Vinkulierung von Versicherungen. Fenyves (aaO 26) geht ohne nähere Begründung offensichtlich von einem solchen Übergang aus. Die Vinkulierung bildet ohne Vereinbarung einer dinglichen Sicherung aufgrund der Dreiparteieneinigung zwischen Versicherer, Versicherungsnehmer und Gläubiger nur eine obligatorische Auszahlungssperre. Ob das Recht des Vinkulargläubigers ohne Zustimmung des Versicherers übergehen kann, ist in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bisher nicht behandelt worden.

Entgegen der Auffassung der Revision gelten bei der verkleideten Wechselbürgschaft, wenn also der Wechselzeichner die Wechselurkunde nicht als Wechselbürge, sondern - wie hier - als Akzeptant unterfertigt, materiellrechtlich aber zur Sicherung einer fremden Schuld unterschreibt, im Innenverhältnis zwischen Kreditnehmer und Wechselbürgen die Bürgschaftsregeln, so auch die §§ 1358, 1359 ABGB (SZ 45/131; Gamerith in Rummel aaO Rz 6 zu § 1346 ABGB; Mayrhofer, Schuldrecht3, 128). Die vom Revisionswerber für seine gegenteilige Ansicht angeführten Entscheidungen behandeln die hier zu entscheidende Frage nicht: In EvBl 1960/233 wurde nur ausgesprochen, daß der Wechselbürge, der den Wechsel einlöst und auf den die Wechselforderung übergegangen ist, diesen Forderungsübergang im Exekutionsverfahren durch eine öffentliche Urkunde nachweisen muß; mit der Entscheidung RdW 1987, 327, welcher ebenfalls nur eine reine Wechselbürgschaft zugrundelag, wurde nur ausgesprochen, daß vom Nachmann bestellte Sicherheiten beim Erwerb des Wechsels im Regreßweg untergehen. Vera T***** hat als Bürgin die Schuld ihres vormaligen Ehemannes gezahlt und nicht bloß einen Wechsel eingelöst. Daß der von ihr akzepierte Wechsel in Umlauf gebracht worden wäre, steht nicht fest. In dem Skripturakt lag eine verkleidete Wechselbürgschaft.

Daß Vera T***** als Bürgin die Forderung der Beklagten gegen den Gemeinschuldner erst nach der Konkurseröffnung getilgt hat, besagt ebenfalls nicht, daß die vertraglich vereinbarten Sicherheiten nicht auf sie übergehen hätten können. Gemäß § 17 Abs 3 KO können Mitverpflichtete des Gemeinschuldners nach der Konkurseröffnung die Forderung von Gläubiger oder von einem Nachmann, der gegen sie Rückgriff nehmen kann, einlösen. Werden Absonderungsrechte begründet - sowohl ein Pfandrecht als auch eine Sicherungsabtretung sind im Rahmen einer Vinkulierung möglich - wirkt der Konkurs nicht auf ihre Verfolgbarkeit ein (Bartsch/Heil, Grundriß des Involvenzrechts4 Rz 224). Wurden von der zahlenden Bürgin hingegen nur das Recht zum Besitz der Versicherungspolizze und das Recht auf Zahlungssperre erworben, mußte die Beklagte bei zumutbarer Prüfung nicht erkennen, ob derartige Rechte von der Konkurseröffnung berührt werden, weil auch insoweit keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes besteht. Die Frage, ob die zahlende Bürgin Anspruch auf Herausgabe der Versicherungspolizze und Übertragung der Zahlungssperre hat, konnte die Beklagte bei zumutbarer Prüfung nicht beantworten. Aufgrund der vorliegenden Vinkulierungserklärung konnte aber auch nicht ohne weitere Erforschung des Parteiwillens geklärt werden, ob mit der Vinkulierung weitere Rechte (Verpfändung oder Abtretung) begründet werden sollten. Die Beklagte mußte durchaus ins Kalkül ziehen, daß Vera T***** derartige Rechte erworben haben könnte. Daher konnte sie auch nicht mit Sicherheit beurteilen, ob der Kläger aufgrund seiner Kündigung Anspruch auf die Versicherungspolizze (als Voraussetzung für die Auszahlung des Rückkaufswertes) hat. Auch die Vorinstanzen sind bei der Beurteilung dieser Fragen zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangt. Schließlich mußte die Beklagte auch § 10 Abs 2 KO in Erwägung ziehen. Da die Vinkulierung eine Zahlungssperre bewirkt, also wie ein Rückbehaltungsrecht wirkt, könnte sie im Konkurs wie ein Pfandrecht behandelt werden. Da aber zu dieser Frage keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes besteht, konnte die Beklagte auch die Forderungsberechtigung des Klägers nicht von vornherein ausschließen. Der Erlag der genannten Urkunden hatte daher schuldbefreiende Wirkung.

Das gegen die Beklagte als Erlegerin gerichtete Hauptbegehren auf Herausgabe der gerichtlich hinterlegten Urkunden ist somit nicht berechtigt. Unberechtigt ist auch das gegen die Beklagte als Erlegerin gerichtete Begehren, die zur Ausfolgung notwendige Zustimmung der weiteren Forderungsprätendentin zu erwirken. Aus der Rechtmäßigkeit des Erlags folgt aber auch, daß die Beklagte mit der Ausfolgung von Urkunden nicht in Verzug geraten ist und für die Verzögerung der Auszahlung des Rückkaufswertes der Lebensversicherung nicht einzustehen hat. Damit ist auch das erste Eventualbegehren, soweit es sich mit dem Hauptbegehren deckt, ebenfalls zu Recht abgewiesen worden. Auf die mit dem ersten Eventualbegehren verfolgte Erklärung, auf die Rechte aus der Vinkulierung der Lebensversicherungspolizze zu verzichten, hat der Kläger aber keinen Anspruch mehr, weil die Beklagte diesen Verzicht schon vor der Erhebung der Klage erklärt und diese Erklärung ebenfalls bei Gericht hinterlegt hat. Der Kläger geht in seiner Klage selbst davon aus, daß Rechte der Beklagten aus der Vinkulierung damit erloschen sind. Hinsichtlich des auch im ersten Eventualbegehren enthaltenen Verzugszinsenbegehrens ist auf die Ausführung zu diesem Anspruch im Rahmen des Hauptbegehrens zu verweisen. Damit erweist sich aber die Revision des Klägers gegen das Teilurteil zur Gänze als nicht berechtigt.

Zum Rekurs der Beklagten:

Der Rekurs der Beklagten gegen den Aufhebungsbeschluß ist berechtigt.

Geht man davon aus, daß die Vinkulierung der Lebensversicherungspolizze des Gemeinschuldners zufolge Zahlung der Kreditschuld an die Beklagte gemäß § 1358 ABGB auf die zahlende Bürgin übergegangen ist, dann wäre nur mehr die zahlende Bürgin als Rechtsnachfolgerin der Beklagten für die Anfechtungsklage passiv legitimiert, nicht aber die voll befriedigte Beklagte, deren Rechte aus der Vinkulierung nicht mehr bestehen. Geht man aber davon aus, daß Vera T***** zufolge der Eigenart der Vinkulierung durch ihre Zahlung als Bürgin nicht in die Rechtsstellung des Vinkulargläubigers eingetreten ist, dann ist die gegen die Beklagte gerichtete Anfechtungsklage nicht befriedigungstauglich.

Nach ständiger Rechtsprechung (SZ 68/29 mwN) liegt allen Anfechtungstatbeständen nach der Konkursordnung - zum Teil unausgesprochen - das Erfordernis der Gläubigerbenachteiligung zugrunde. Eine Anfechtung muß befriedigungstauglich sein, dh die Beseitigung des Erfolgs der Rechtshandlung muß geeignet sein, die Befriedigungsaussichten der Konkursgläubiger zu fördern. Zu einer solchen Förderung der Befriedigungsaussichten der Konkursgläubiger könnte eine erfolgreiche Anfechtung der Vinkulierung gegen die Beklagte aber nichts mehr beitragen. Die Beklagte hat seit der vollen Befriedigung ihrer Kreditforderung gegen den Gemeinschuldner durch die Bürgin materiell keine Rechte aus der Vinkulierung mehr. Ihre Zustimmung zur Auszahlung der Versicherungssumme (des Rückkaufswerts) an Bezugsberechtigte ist somit nicht mehr erforderlich. Für den Nachweis des Erlöschens der Rechte der Beklagten aus der Vinkulierung ist der Beweis der Zahlung (hier durch Dritte) ausreichend. Darüber hinaus hat die Beklagte aber auch gegenüber der Klägerin erklärt, keine Ansprüche mehr aus dieser Vinkulierung zu haben. Das im zweiten und dritten Eventualbegehren enthaltene, auf die Tatbestände der §§ 28, 30 Abs 1 Z 1 und 31 Abs 1 Z 2 KO gestützte Anfechtungsbegehren ist daher schon aus diesem Grund abzuweisen, ohne daß die geltend gemachten Anfechtungsgründe geprüft werden müßten.

Für das im zweiten Eventualbegehren weiter enthaltene Begehren auf Feststellung, daß der gerichtliche Erlag nicht rechtmäßig sei, besteht im vorliegenden Verfahren, in dem bereits die Klage auf Leistung des Hinterlegten gegen den Erleger abgewiesen wurde, keinerlei Rechtsschutzinteresse. Soweit dieser - nach der Konkurseröffnung vorgenommene - Erlag aber auch nach den genannten Bestimmungen der Konkursordnung angefochten wird, ist dem Kläger entgegenzuhalten, daß mit dieser angefochtenen Rechtshandlung der Beklagten keine Sicherstellung oder Befriedigung im Sinne der Tatbestände der §§ 30 Abs 1 Z 1 und 31 Abs 1 Z 2 KO erlangt wurden; § 28 KO aber fordert für die Anfechtung wegen Benachteiligungsabsicht eine vom Gemeinschuldner vorgenommene Rechtshandlung. Am Gerichtserlag war der Gemeinschuldner aber nicht beteiligt.

Mit dem im zweiten Eventualbegehren enthaltenen weiteren Begehren auf Herausgabe der hinterlegten Originalversicherungspolizze kann der Kläger zufolge der bereits dargelegten Rechtmäßigkeit des Gerichtserlags nicht mehr durchdringen. Das daran angeschlossene, auch im Hauptbegehren enthaltene Begehren auf Zahlung von Verzugszinsen ist mangels Verzugs der Beklagten mit der Herausgabepflicht nicht berechtigt.

Soweit der Kläger in seinem dritten Eventualbegehren neuerlich die Unwirksamerklärung der Vinkulierung aus den genannten Anfechtungstatbeständen der Konkursordnung verfolgt, ist er auf die vorstehenden Ausführungen zu verweisen. Das damit auch verfolgte Begehren auf Zahlung des Rückkaufwertes der Lebensversicherung des Gemeinschuldners aber, welches damit begründet wurde, daß die Rückstellung der Originalpolizze samt Verzichtserklärung aufgrund des Gerichtserlags nicht möglich sei, ist schon deshalb nicht berechtigt, weil der Erlag rechtmäßig war. Ein Verschulden der Beklagten an der behaupteten Vereitelung der Auszahlung des Rückkaufwertes könnte daher nicht vorliegen. Der Kläger kann daher nur nach erfolgreicher Führung eines Ausfolgeprozesses gegen die zweite Forderungsprätendentin auf den Rückkaufswert greifen.

In Stattgebung des Rekurses konnte der Oberste Gerichtshof daher in der Sache selbst entscheiden und insoweit das abweisende Urteil des Erstgerichts wiederherstellen.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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