Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben. Dem Oberlandesgericht Linz wird aufgetragen, über den Rekurs des Klägers und Antragstellers unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund zu entscheiden.
Text
Begründung
Mit Beschluß vom 8.2.1996 gab das Landesgericht Salzburg als das gemäß § 23 JN zuständige Gericht dem Ablehnungsantrag des Antragstellers (und Klägers im Scheidungsverfahren) gegen den Vorsteher des Bezirksgerichtes Abtenau nicht Folge. Das Oberlandesgericht Linz wies den dagegen seitens des Antragstellers erhobenen Rekurs als verspätet zurück. Der Beschluß des Landesgerichtes Linz sei dem Vertreter des Antragstellers am 15.2.1996 zugestellt worden. Der Rekurs sei am 1.3.1996 beim Landesgericht Salzburg persönlich überreicht worden, so daß die 14-tägige Rekursfrist um einen Tag überschritten worden sei.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diesen Beschluß richtet sich der zulässige (vgl EFSlg 63.899;
69.705 ua) Rekurs des Klägers, der auch berechtigt ist.
Aus dem dem Revisionsrekurs angeschlossenen Aufgabeschein ergibt sich im Zusammenhang mit der Aussage des Vertreters des Antragstellers, Dr.Christian Egger, dessen Einvernahme vor dem Landesgericht Salzburg vom Obersten Gerichtshof veranlaßt wurde, daß am 29.2.1995 eine an das Bezirksgericht Salzburg adressierte Postsendung aufgegeben wurde, die die Rechtssache "B*****" betraf. Diese Postsendung beinhaltete nach der Aussage des Dr.Christian Egger den Rekurs gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg über den Ablehnungsantrag. Die Postsendung wurde von der damit befaßten Sekretärin irrtümlich an das Bezirksgericht Salzburg anstatt an das Landesgericht Salzburg adressiert.
Der Behauptung der rechtzeitigen Postaufgabe steht nach dem Akteninhalt der bei der Eingangsstampiglie der gemeinsamen Einlaufstelle des Landesgerichtes und Bezirksgerichtes Salzburg auf dem Rekursschriftsatz, die das Datum des Einlangens mit "1.März 1996" aufweist, angebrachte Vermerk "pers. überreicht" entgegen. Der Leiter der genannten Einlaufstelle gab bei seiner Einvernahme hiezu an, daß er keine Erinnerung an den konkreten Vorgang habe, aber ausschließe, daß bei einem mit der Post eingelangtem Rekurs das Kuvert nicht beigelegt werde. Der Vermerk "pers. überreicht" sei nicht mit einer Stampiglie angebracht worden, wie sie in der Einlaufstelle verwendet werde.
Aus diesen Erhebungen ergibt sich, daß sich nicht mehr verifizieren läßt, wie es zu dem bei der Einlaufstampiglie gesetzten Vermerk kam.
Nach ständiger Rechtsprechung haben Rechtsmittel die Vermutung der Rechtzeitigkeit für sich. Die Ergebnislosigkeit allfälliger Erhebungen über die Rechtzeitigkeit wirkt zum Vorteil des Rechtsmittelwerbers (SZ 46/86 ua). In dem hier vorliegenden Fall, in dem der Vermerk des Erstgerichtes als Empfänger der Postsendung einerseits und die Aussage des Vertreters des Klägers im Zusammenhang mit dem vorgelegten Postaufgabeschein andererseits in unvereinbarem Widerspruch zueinander stehen, ist daher von der Rechtzeitigkeit des Rekurses auszugehen (7 Ob 586-588/94; 7 Ob 599/95).
Nach ständiger Rechtsprechung zu § 89 Abs 1 GOG sind bei gesetzlichen Fristen, die in bürgerlichen Rechtssachen einer Partei zur Abgabe von Prozeßhandlungen offenstehen, die Tage des Postenlaufes nur dann in die Frist nicht einzurechnen, wenn das Schriftstück an das zuständige Gericht adressiert ist. Ein an ein falsches Gericht adressiertes Schreiben wahrt die Frist nur dann, wenn es noch innerhalb der offenen, durch § 89 GOG nicht berührten Frist beim zutändigen Gericht einlangt. Da aber die Postaufgabe die Überreichung beim zuständigen Gericht ersetzt und im übrigen das Einlangen bei der Einlaufstelle maßgebend ist, ist es bei gemeinsamer Einlaufstelle mehrerer Gerichte gleichgültig, ob in der Anschrift an sich ein unzuständiges Gericht genannt ist. Dies muß umso mehr dann gelten, wenn, wie im vorliegenden Fall, in der gemeinsamen Einlaufstelle aufgrund der Adressenangabe und des Eingangssatzes des Rekurses leicht erkennbar war, an welches Gericht (nämlich hier an das Landesgericht Salzburg und nicht an das Bezirksgericht Salzburg) sich der Rekurs tatsächlich richtete und wenn demnach eine richtige Zuteilung sogleich möglich gewesen wäre (RZ 1991/31 mwN). Es schadet daher nicht, wenn die Postsendung, wie der Vertreter des Klägers angab, an das Bezirksgericht Salzburg anstatt an das Landesgericht Salzburg adressiert war.
In Stattgebung des Revisionsrekurses war deshalb der zurückweisende Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz aufzuheben und ihm die Entscheidung über den Rekurs des Antragstellers aufzutragen.
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