Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Berufungsgericht wird aufgetragen, das Berufungsverfahren unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund fortzusetzen.
Die Kosten des Rekurses sind Kosten des weiteren Verfahrens.
Text
Begründung
Die Streitparteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke (die Beklagten jeweils zur Hälfte), wobei die Grenze entlang einer Feuermauer verläuft.
Die Klägerin begehrte zuerst von den Beklagten die Entfernung eines über das Dach führenden Entlüftungsrohres, soweit es in ihr Grundstück hineinreicht (vgl auch AS 98 und 103 sowie 166), schließlich auch einer auf ihr Grundstück hineinragenden Fernsehantenne samt Kabel und Befestigung (AS 167, 230), schränkte aber letztlich ihr Klagebegehren hinsichtlich der Entfernung des Entlüftungsrohres auf Kostenersatz ein (ON 35 und AS 233). Sie stützte dies ursprünglich darauf, dass das Entlüftungsrohr nicht von der gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigung gedeckt sei und auf das Grundstück der Klägerin reiche. Auch die Fernsehantenne sei zu entfernen.
Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens und wendeten zusammengefasst ein, dass das Entlüftungsrohr bereits seit mehr als 30 Jahren bestehe. Im Betriebsanlagenverfahren betreffend die Adaptierung des Gastlokales sei die Erneuerung des Entlüftungsrohres vorgeschrieben worden. Allein im Bereich des Dachrandes sei mit einem S-förmigen Doppelbogen vom bisherigen Bestand abgewichen, aber zugestanden worden, dies jederzeit über Wunsch der Klägerin zu entfernen. Hinsichtlich der Fernsehantenne wendeten die Beklagten auch die mangelnde Passivlegitimation ein, da die Antenne von einem Bewohner des Hauses bereits vor mehr als 30 Jahren mit der Genehmigung der Rechtsvorgänger der Klägerin errichtet worden sei (AS 173).
Das Erstgericht wies das restliche Klagebegehren ab und erkannte die Klägerin schuldig, den beklagten Parteien S 59.725,74 an Prozesskosten erster Instanz zu ersetzen. Es ging dabei davon aus, dass das Entlüftungsrohr nur teilweise in den Luftraum der Liegenschaft der Klägerin hineingeragt habe und dass die Beklagten nach einem Vergleich vom 16. 12. 1996 über die Begradigung des Rohres keinen Anlass zur Klagsführung gegeben hätten. Für den Zeitraum danach bis zur Einschränkung des Klagebegehrens auf Kosten stehe jedenfalls kein Kostenersatz zu.
Das Klagebegehren betreffend die Fernsehantenne und das zu dieser führende Kabel sei hinsichtlich letzterem allein schon deshalb abzuweisen gewesen, da sich dieses auf dem Bereich der Liegenschaft der Beklagten befinde. Hinsichtlich der Fernsehantenne selbst habe jener Bewohner des Hauses der Beklagten, der diese errichtet habe, sich auf die Zusage des Lebensgefährten der früheren Eigentümerin des Hauses der Klägerin (deren Mutter) verlassen können, der sogar angeboten habe, das Fernsehkabel über den Dachboden des Hauses der Beklagten zu führen. Auch habe sich dieser Mitbewohner bereit erklärt, die Antenne jederzeit zu entfernen. Das sei auch unmittelbar nach der letzten mündlichen Streitverhandlung geschehen. Es sei daher insgesamt die Klägerin nur bis zum Zeitpunkt der Klagseinschränkung mit einem Drittel ihres Begehrens durchgedrungen, was die Anwendung des § 43 Abs 2 ZPO rechtfertige.
Gegen diese Entscheidung erhob die Klägerin ein als "Berufung" bezeichnetes Rechtsmittel, in dem sie gleich einleitend, allerdings nur unter der Voraussetzung der Zulässigkeit, auch das noch verbliebene Klagebegehren auf Kosten einschränkte, da die Beklagten nunmehr auch dieses zur Gänze erfüllt hätten, und begehrte, den beklagten Parteien den vollen Kostenersatz aufzuerlegen, hilfsweise das Urteil im klagsstattgebenden Sinne abzuändern und die beklagten Parteien zum Kostenersatz zu verhalten. Als weitere Eventualanträge begehrte die Klägerin, das Urteil aufzuheben und die Rechtssache an das Gericht erster Instanz zurückzuverweisen sowie letztlich die Kostenentscheidung dahin abzuändern, dass die beklagten Parteien schuldig seien, der Klägerin S 121.994,10 an Kosten des Verfahrens erster Instanz zu ersetzen.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Gericht zweiter Instanz das als "Berufung" bezeichnete, primär erhobene Rechtsmittel der Klägerin als verspätet, die eventualiter erhobene Berufung als unzulässig zurück. Es ging dabei davon aus, dass entsprechend § 55 ZPO die Kostenentscheidung des Gerichts erster Instanz ohne gleichzeitige Anfechtung der in der Hauptsache ergangenen Entscheidung nur mittels binnen 14 Tagen einzubringenden Rekurses anfechtbar sei. Das als "Berufung" bezeichnete, tatsächlich aber einen Rekurs darstellende Rechtsmittel sei nach Ablauf dieser Frist eingebracht worden und daher als verspätet zurückzuweisen. Allein die "Klagseinschränkung" könne nichts daran ändern, dass der Antrag auf Abänderung der erstgerichtlichen Kostenentscheidung gerichtet gewesen sei. Die Erhebung einer bloß "bedingten" Berufung sei unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diese Entscheidung erhobene Rekurs ist gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO zulässig, und auch berechtigt. Da hier die Klägerin ihr Rechtsmittel als Berufung bezeichnet hat, ist die Entscheidung darüber, ob tatsächlich eine Berufung vorliegt, als Entscheidung im Berufungsverfahren im Sinne des § 519 Abs 1 ZPO anzusehen (vgl auch zu den Rechtsmittelbefugnissen bei Beschlüssen nach § 40a JN EvBl 1991/85; EvBl 1993/42). Daher ist der Rekurs ohne Rücksicht auf das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage und der Höhe des Streitwertes zulässig (vgl RZ 1992/1, EvBl 1997/111 uva).
Entsprechend § 55 ZPO kann die in einem Urteil enthaltene Entscheidung über den Kostenpunkt ohne gleichzeitige - nicht "eventualiter " - Anfechtung in der Hauptsache nur mittels Rekurses angefochten werden. Nach § 84 Abs 2 ZPO ist aber die unrichtige Bezeichnung eines Rechtsmittels ohne Belang, wenn nur das Begehren deutlich erkennbar ist (vgl auch RZ 1994/45). Das primäre Begehren auf Abänderung betraf zwar nur hier die Kostenentscheidung, jedoch unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Entscheidung in der Hauptsache und unter der Voraussetzung der Zulässigkeit der Einschränkung auf Kosten.
Dass der Gesetzgeber nach § 55 ZPO für die Anfechtung der Entscheidung im Kostenpunkt nur das Rekursverfahren eröffnet - mit den darin vorgegebenen beschränkten Überprüfungsmöglichkeiten (etwa keine Überprüfung der Beweiswürdigung) - kann nun nicht dadurch umgangen werden, dass ein Kostenrekurs als Berufung bezeichnet wird und in der Berufung selbst eine Einschränkung des Begehrens auf Kostenersatz erfolgt. Soweit nun teilweise die Ansicht vertreten wurde, dass auch im Berufungsverfahren (vgl zur Zulässigkeit im erstgerichtlichen Verfahren Rechberger/Frauenberger in Rechberger ZPO2 §§ 237, 238 Rz 12, 13 auch dazu, dass dafür anders als bei der Klagsrückziehung keine Zustimmung des Beklagten erforderlich ist) eine Einschränkung auf Kosten zulässig wäre (vgl dazu OLG Linz RZ 1994/17) hat Kodek in Rechberger ZPO2 § 483 Rz 4 überzeugend nachgewiesen, dass dafür schon im Hinblick auf die neue Regelung des § 50 Abs 1 ZPO kein Bedürfnis besteht. Danach ist dann, wenn bei einem Rechtsmittel das Rechtschutzinteresse nachträglich wegfällt, dies bei der Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens nicht zu berücksichtigen. Davon ist auch der Fall erfasst, dass zwischen der Einbringung des Rechtsmittels und der Entscheidung darüber die Beschwer wegfällt (vgl dazu auch Fucik in Rechberger ZPO2 § 50 Rz 2). Maßgeblicher Entscheidungszeitpunkt ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung. Danach eingetretene Änderungen sind zufolge des Veränderungsverbotes für die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr relevant (vgl Rechberger in Rechberger ZPO2 § 406 Rz 1) und es begründet schon der Kostenausspruch erster Instanz auch die Beschwer für ein Rechtsmittel gegen die erstgerichtliche Entscheidung in der Hauuptsache (vgl Kodek in Rechberger ZPO2 vor § 461 Rz 9 mwN, EvBl 1971/218, JBl 1977, 650). Es ist daher iS von Kodek nicht ersichtlich, warum - neben der - vom Gesetzgeber ausdrücklich geregelten Klagsrückziehung (vgl § 483 Abs 3 ZPO) eine Klageveränderung im Sinne einer Einschränkung auf Kostenersatz auch noch im Berufungsverfahren zulässig sein sollte (vgl auch Kodek in Rechberger ZPO2 § 483 Rz 6).
Auch der Regierungsvorlage zur ZVN 1983, BGBl 135 (vgl 669 der BlgNR 15. GP, 57) und dem Ausschussbericht zur ZVN 1983 (vgl 1337 der BlgNR 15. GP, 17) kann nichts Gegenteiliges entnommen werden, da sich die Ausführungen zur Neuregelung der §§ 483 und 484 ZPO nicht auf die Einschränkung auf Kostenersatz beziehen. Gleiches gilt für die Ausführungen von Schalich, Überblick über die ZVN 1983 (ÖJZ 1983, 293 ff). Ausgehend davon kann aber unter Berücksichtigung der Erklärung der Klägerin nur für den Fall der Zulässigkeit die Einschränkung auf Kosten vorzunehmen, das Rechtsmittel nicht als Kostenrekurs beurteilt und dementsprechend auch nicht die 14-Tagefrist des § 521 Abs 1 ZPO herangezogen werden.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
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