Spruch:
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung
Die klagenden Parteien sind Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** zu der ein Mühlbach fließt. Eigentümerin der benachbarten Parzelle Nr. 2815 war Gertraud Z*****. Auf ihrer gesamten Liegenschaft lastete die Verpflichtung zur Gestattung der Räumung des Mühlbaches unter Vornahme der notwendigen Hantierungen zugunsten der EZ *****. Die Parzelle Nr. 2815 wurde in die Grundstücke 2815/1 bis 12 geteilt und 1996 verkauft. Dies geschah nach Juni 1996, dem Zeitpunkt der Einbringung und Zustellung einer Klage der Gertraud Z***** gegen die G.F. L***** GmbH & Co KG auf Löschung dieser Verpflichtung (2 C 1679/96a der Bezirksgerichtes Linz-Land). Auf einem Teil der neuen Parzellen wurden Einfamilienhäuser errichtet. Die Beklagten sind teils Allein-, teils Miteigentümer der einzelnen Parzellen Nr. 2815/1 bis 10. Die Parzellen grenzen nicht unmittelbar an den Mühlbach, sondern sind von diesem durch einen aufgeschütteten Damm, eine Baumreihe und einen 10 bis 12 m breiten, teilweise gerodeten Auwaldgürtel getrennt, der dem Grundstück Nr. 2818/1 der EZ ***** entspricht. Dieses Grundstück steht nach wie vor im Eigentum der Gertraud Z*****. Daran schließen die Grundstücke der Beklagten Nr. 2815 mit den geraden Teilungsnummern und sodann jene mit den ungeraden Teilungsnummern an.
Im Rechtsstreit Gertraud Z***** gegen G. F. L***** GmbH & Co KG wegen Löschung der Dienstbarkeit entschied das Bezirksgericht Linz-Land mit Urteil vom 3. 3. 1998, 2 C 1679/96a-28 über das Hauptbegehren auf Zustimmung zur Löschung abweislich. Es wies auch das Eventualbegehren auf Zustimmung zur Löschung der Dienstbarkeit für die nunmehrige Grundstücke 2815/2, 4, 6, 8 und 10 ab, gab jedoch diesem Eventualbegehren in Bezug auf die nunmehrigen Grundstücke 2815/1, 3, 5, 7 und 9 statt. Den dagegen erhobenen Berufungen beider Parteien gab das Landesgericht Linz als Berufungsgericht mit Urteil vom 14. 10. 1998, 14 R 390/98s-38, nicht Folge. Die gegen die Berufungsentscheidung erhobenen Revisionen wurden vom Obersten Gerichtshof mit Beschluss vom 29. 6. 1999, 1 Ob 63/99t, zurückgewiesen.
In der vorliegenden Klage begehren die Kläger von den Beklagten als Rechtsnachfolger der Gertraud Z*****
a) die Feststellung, dass die eingetragene Dienstbarkeit der Reallast der Räumung des Mühlbaches und der Vornahme der notwendigen Hantierungen nicht mehr ausgeübt werden könne;
b) die Feststellung, dass den Klägern und ihren Rechtsnachfolgern als Eigentümer der herrschenden Liegenschaft EZ ***** jeweils die Dienstbarkeit der Ablagerung von Bachschlamm zustehe;
c) die Beklagten schuldig zu erkennen, ob ihrer jeweiligen Liegenschaften der Einverleibung der Dienstbarkeit der Ablagerung von Bachschlamm zuzustimmen,
d) die Feststellung, dass die Zufahrt auf den Grundstücken der Beklagten zum Auwaldgürtel und zum Mühlbach nicht möglich sei,
e) die Einverleibung eines 10 m breiten Streifens samt 2 m breiten Zufahrtswegen gemäß einem der Klage beigelegten Plan, die Beseitigung aller aus der Lichtbildbeilage ./A ersichtlichen Hindernisse bezüglich der in Punkt a) genannten Dienstbarkeit sowie Freihaltung der Wege laut Urteilsbegehren e), jeweils "zur ungeteilten Hand",
f) die Unterlassung jeder Störung der Servitut der Reallast der Räumung des Mühlbaches unter Vornahme der notwendigen Hantierungen und des damit verbundenen Zufahrtsrechts entsprechend Urteilsbegehren Punkt d) und des Rechts zur Ablagerung von Bachschlamm entsprechend Punkt b),
g) sowie schließlich (beschränkt auf die Erstklägerin) die Feststellung, dass die Beklagten als jeweilige Eigentümer der dienenden Grundstück für sämtliche durch die nicht mehr mögliche Ausübung der eingetragenen Dienstbarkeit verursachten Schäden "zur ungeteilten Hand" zu haften hätten.
Die Kläger brachten ua vor, das Bestehen der "gegenständlichen Servitut in der in der Klage begehrten Form" werde von den Beklagten ebenso wie von deren Rechtsvorgängerin im Rechtsstreit 2 C 1679/96a des Bezirksgerichtes Linz-Land bestritten, sodass eine Unklarheit über Art und Ausmaß der Dienstbarkeit bestehe, welche die erhobenen Feststellungsbegehren rechtfertige.
Die Beklagten beantragten Klagsabweisung. Sie wendeten ua ein, das Vorverfahren des BG Linz-Land sei präjudiziell. Die nunmehr angestrebte Erweiterung der Servitut auf das Recht zur Ablagerung von Bachschlamm sei im Verfahren aber nie intensiv betrieben worden.
Das Erstgericht gab der Klage nur hinsichtlich der Klagebegehren b) und c) durch die unter Punkt II A Punkt 1. und 2 des Ersturteils angeführten Aussprüche, die wie folgt lauten, teilweise statt:
"1. Zwischen den klagenden und beklagten Parteien wird festgestellt, dass den klagenden Parteien die Dienstbarkeit der Ablagerung des Bachschlammes auf den Liegenschaften 2815/2, 4, 6, 8 und 10 zusteht.
2. Die beklagten Parteien sind - jeweils hinsichtlich der obangeführten Liegenschaften - gegenüber den klagenden Parteien schuldig, in die Einverleibung der Dienstbarkeit der Ablagerung von Bachschlamm ins C-Blatt der Liegenschaften 2815/2, 4, 6, 8 und 10 zuzustimmen".
Mit Beschluss vom 1. 2. 2001 hob das Berufungsgericht (in nichtöffentlicher Sitzung) das Ersturteil und das "darauf bezügliche" Verfahren teilweise (nämlich hinsichtlich der Entscheidung des Erstgerichtes in den Punkten I 3 sowie II A und B des Ersturteils [= Abweisung des zu e) erhobenen Begehrens bzw teilweise Stattgebung der zu b) und c) erhobenen Begehren]) als nichtig auf und wies das Klagebegehren gegen die jeweiligen Beklagten, auf Feststellung der Dienstbarkeit der Ablagerung von Bachschlamm, "der" (richtig: auf) Einwilligung in die Einverleibung dieser Dienstbarkeit sowie "der" (richtig: auf) Zustimmung zur Einverleibung eines 10 m breiten Streifens entlang des Grundstückes Nr 2818/1, KG 45313 Ansfelden, samt zwei senkrecht zu diesem Grundstreifen führenden 10 m breiten Zufahrtswegen mit trompetenartig erweiterten Einmündungen auf den Grundstücken 2815/1 (EZ 1578) und 2815/9 (EZ 1584) entsprechend den im Zahlenplan des DI Gert H***** vom 22. 1. 1996, GZ 4192/96 rot markierten Flächen, zurück (Punkt 1. der Berufungsentscheidung). Durch die - im Vorprozess des Bezirksgerichtes Linz-Land erfolgte - rechtskräftige Stattgebung des auf die Grundstücke mit ungeraden Teilungsnummern bezüglichen Teils des Eventualbegehrens und die Abweisung des Begehrens hinsichtlich der übrigen Grundstücke (mit geraden Teilungsnummern) seien alle im vorliegenden Verfahren (neuerlich) aufgeworfenen Fragen über das Wesen der einverleibten Dienstbarkeit, den aufrechten Bestand hinsichtlich weiterhin betroffener Teilstücke und das Erlöschen des Rechts hinsichtlich nicht betroffener Teilstücke geklärt worden, sodass entschiedene Streitsache (davor Streitanhängigkeit) vorliege. Im Übrigen bestätigte das Berufungsgericht (nach mündlicher Berufungsverhandlung) die erstinstanzliche Entscheidung in seinen von der Nichtigkeit nicht betroffenen (abweislichen Sprüchen) und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 52.000, nicht aber S 260.000 übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei (Punkt 2. der Berufungsentscheidung).
Mit Beschluss vom 18. 4. 2001 (ON 65) wies das Berufungsgericht den Antrag der klagenden Parteien "auf Zulassung der Revision sowie Ausführung der ordentlichen Revision" (ON 62) zurück, wobei es im Spruch dieser - unangefochtenen in Rechtskraft erwachsenen - Entscheidung ausdrücklich festhielt, dass der Antrag, den Ausspruch des Berufungsurteiles vom 1. 2. 2001 dahin abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde, samt der ordentlichen Revision, "soweit der am 4. 4. 2001 eingelangte Schriftsatz der klagenden Parteien eine solche enthalte", zurückgewiesen werde.
Aufgrund des Hinweises des Berufungsgerichtes, dass damit eine bloß teilweise Zurückweisung dieses Schriftsatzes (ON 62) erfolgt sei, weil darin - nach Ansicht des Berufungsgerichtes - hinreichend deutlich in erster Linie der stets anfechtbare Beschluss auf Zurückweisung der Klage (unter Nichtigerklärung des erstinstanzlichen Verfahrens und Urteils) bekämpft werde, "und daher" (gemeint: der Schriftsatz) als Rekurs zu behandeln sei (ON 66), legte das Erstgericht den Akt dem Obersten Gerichtshof vor.
Rechtliche Beurteilung
Richtig ist, dass ein Rekurs der klagenden Parteien gegen den Beschluss des Berufungsgerichtes, womit das Ersturteil und das vorangegangene Verfahren teilweise als nichtig aufgehoben und die Klage zurückgewiesen wurde, gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO ungeachtet des Wertes des Entscheidungsgegenstandes und unabhängig davon zulässig wäre, ob eine erhebliche Rechtsfrage vorliegt (Kodek in Rechberger**2 Rz 3 Abs 3 zu § 519 ZPO; RIS-Justiz RS0043882). Entgegen der vom Berufungsgericht vertretenen Meinung ist dem vorliegenden Antrag nach § 508 ZPO (ON 62) aber nicht eindeutig zu entnehmen, dass die Kläger (auch) einen derartigen Rekurs erhoben hätten: In den Punkten 1. bis 15. dieses Schriftsatzes haben die Kläger lediglich ihren Antrag auf Zulassung der Revision gemäß § 508 Abs 1 ZPO "begründet" (S 2 des Antrags); in Punkt 16. führen die "Antragsteller" aus, dass sie "daher für den Fall, dass dem Antrag auf Zulassung der Revision stattgegeben wird, die Revisionsgründe der Nichtigkeit, der Aktenwidrigkeit, der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung" geltend machen. Auch im letzten Punkt (17.) ist ausdrücklich festgehalten, dass "die Antragsteller und Revisionswerber" für den Fall der Zulassung ihres Antrages gemäß § 508 Abs 1 ZPO durch das Oberlandesgericht Linz beim Obersten Gerichtshof Abänderungs- bzw Aufhebungsanträge betreffend "das angefochtene Urteil des OLG Linz vom 1. 2. 2001 stellen".
Gegen die Beurteilung des Berufungsgerichtes spricht daher, dass a) sich der Rechtsmittelschriftsatz der Kläger ausdrücklich nur gegen das "Urteil" des Berufungsgerichtes (= Punkt 2. der Berufungsentscheidung), also nicht - auch - gegen dessen Beschlussteil (Punkt 1. der Berufungsentscheidung betreffend die teilweise Klagezurückweisung) richtet, dass b) daran anknüpfend nur ein "Antrag auf Zulassung der Revision" (gegen das "Urteil") unter ausdrücklicher Zitierung des § 508 ZPO gestellt wird, und dass c) die Ausführungen im Schriftsatz mehrfach als "ordentliche Revision" (AS 428 und 435) bezeichnet werden.
Für eine dem Rechtsmittelverfasser zu unterstellende Gesamtanfechtung des berufungsgerichtlichen Entscheidung einschließlich des Beschlussteiles (Punkt 1.) sprechen jedoch die Einleitungssätze der Rechtsmittelausführungen (AS 429), in denen ausdrücklich die (teilweise) Zurückweisung der Klage als verfehlt moniert wird.
Gemäß § 84 Abs 2 ZPO ist die unrichtige Benennung sowohl eines Rechtsmittels als auch von Rechtsmittelgründen unerheblich, wenn nur das Begehren deutlich erkennbar ist. Nach der Rechtsprechung soll diese Bestimmung auch anwendbar sein, wenn es sich um sehr mangelhafte Schriftsätze handelt, denen gerade noch entnommen werden kann, was mit ihnen bezweckt werden soll (RIS-Justiz RS0036396), sofern der Rechtsmittelwerber nicht bewusst missbräuchlich ein inhaltsleeres Rechtsmittel eingebracht hat, etwa um durch eine Verbesserungsfrist eine unzulässige Verlängerung der Rechtsmittelfrist zu erreichen (7 Ob 570/95), was hier nicht zu unterstellen ist. Wenn auch das Verfahren nach § 84 Abs 2 ZPO nur der Verbesserung von Formgebrechen und nicht (auch) der Behebung inhaltlicher Mängel dienen darf (RIS-Justiz RS0036190), so fehlt es hier doch - offensichtlich - bloß an einer zusätzlich zum Antrag nach § 508 Abs 1 ZPO samt Revision gestellten weiteren, als Rekurs nach § 519 Abs 1 Z 1 ZPO erkennbaren Rechtsmittelbezeichnung samt gesonderter Antragstellung (Aufhebungs- oder Abänderungsantrag; Auftrag an das Berufungsgericht, unter Abstandnahme vom herangezogenen Nichtigkeitsgrund meritorisch zu entscheiden).
Das Erstgericht wird daher einen befristeten Verbesserungsauftrag zu erteilen und den Klägern die Möglichkeit einzuräumen haben, einen eindeutigen Rechtsmittelantrag (Kodek in Rechberger2 Rz 2 zu § 526 ZPO) samt eindeutigen Rekursgründen nachzutragen (vgl Fasching LB2 Rz 1995). Im Falle der rechtzeitigen Verbesserung wird es im Rahmen des zweiseitigen Rekursverfahrens nach § 521a Abs 1 Z 3 erster Satz ZPO vorzugehen haben.
Die Akten waren daher an das Prozessgericht erster Instanz zurückzustellen, welches sie im Falle der Verbesserung nach Erstattung der Rekursbeantwortung bzw nach fruchtlosem Ablauf der hiefür offenstehenden Frist im Wege des Berufungsgerichtes neuerlich vorzulegen haben wird.
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