OGH 7Ob162/23h

OGH7Ob162/23h11.12.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende und die Hofrätinnen unddie Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, Dr. Weber und Mag. Fitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I* GmbH, *, vertreten durch die Trapichler Rechtsanwalts GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei W* AG *, vertreten durch Dr. Herbert Laimböck, Rechtsanwalt in Wien, sowie deren Nebenintervenient Mag. E* S*, als Masseverwalter im Konkursverfahren des S* C*, zu AZ 11 S * des Landesgerichts Wiener Neustadt, wegen 70.000 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgerichtvom 13. Juli 2023, GZ 33 R 50/23z‑41, womit das Zwischenurteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 24. Jänner 2023, GZ 25 Cg 36/21y‑34, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0070OB00162.23H.1211.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Versicherungsvertragsrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.730,30 EUR (darin enthalten 455,05 EUR an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Die Klägerin beauftragte die B* Bau GmbH (in der Folge Bau GmbH oder Versicherungsnehmerin) mit der Herstellung eines Sichtbetonestrichbelags bei einem Bauvorhaben. Die Bau GmbH führte die Arbeiten nicht selbst durch, sondern gab sie einem Subunternehmer, dem Rechtsvorgänger des (vormaligen) Nebenintervenienten, weiter, der den Sichtbetonestrich im ersten und zweiten Obergeschoss am 20. November 2019 mangelhaft herstellte. Es kam ab Anfang Jänner 2020 zu einem Ablösen des Verbundbetons, zu Hohlstellen und schließlich zu Rissbildungen. Zudem wurden die Randabschlüsse ungenügend verarbeitet, sie waren weder für den fertigen Nutzestrich noch für eine Überbelagsverlegung geeignet.

[2] Die Klägerin bezahlte den Werklohn in Höhe von 22.430,33 EUR Anfang des Jahres 2020. Im August 2020 beauftragte die Klägerin einen Sachverständigen, über die Rissbildungen und die Randausführung am ausgeführten Estrich ein Gutachten zu erstatten und einen Sanierungsvorschlag zu erstellen, wofür sie 1.089,36 EUR bezahlte. Weiters bezahlte sie für eine von der S* GmbH erstellte Kostenermittlung (Leistungsbeschreibung) für den Abbruch und Neubau der Estrichkonstruktion 1.885,10 EUR. Tatsächlich führte die Klägerin die Sanierung so durch, dass sie Fliesen über den Sichtbeton kleben ließ, wofür sie 44.505 EUR netto an die V* GmbH bezahlte. Damit die Fliesen auf dem glatten Boden halten, musste der Boden zunächst wieder aufgeraut werden. Diese Arbeiten wurden auch im Erdgeschoss durchgeführt. Für die Aufrauarbeiten in allen drei Geschossen bezahlte die Klägerin netto 33.780,60 EUR an die G* GmbH.

[3] Am 16. Februar 2021 wurde das Konkursverfahren über die Versicherungsnehmerin eröffnet. In diesem Konkursverfahren meldete die Klägerin Forderungen von insgesamt 71.115,23 EUR an, die der Masseverwalter ohne Zustimmung der Beklagten anerkannte.

[4] Die Bau GmbH hatte mit der Beklagten eine Betriebshaftpflichtversicherung für das Bau- und Baunebengewerbe „Version Master 6.15 W“ abgeschlossen, der die HV2 – Allgemeine und Ergänzende Allgemeine Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHVB 2005 und EHVB 2005 in der Version 2012) zugrunde liegen.

[5] Die AHVB 2005 lauten auszugsweise wie folgt:

„Artikel 1

Was gilt als Versicherungsfall und was ist versichert?

1. Versicherungsfall

1.1 Versicherungsfall ist ein Schadenereignis, das dem versicherten Risiko entspringt und aus welchem dem Versicherungsnehmer Schadenersatzverpflichtungen (Pkt. 2.) erwachsen oder erwachsen könnten.

[...]

Artikel 7

Was ist nicht versichert (Risikoausschlüsse)?

1. Unter die Versicherung gemäß Art. 1 fallen insbesondere nicht

1.1 Ansprüche aus Gewährleistung für Mängel;

[...]

1.3 die Erfüllung von Verträgen und die anstelle der Erfüllung tretende Ersatzleistung.

[…]"

[6] Der Versicherungsvertrag selbst lautet auszugsweise:

Haftpflichtkonzept

Version MASTER 6.15  W

[…]

B)  Geschäftstätigkeit des Versicherungsnehmers :

Der Versicherungsschutz erstreckt sich auf alle in irgendeinem denkbaren ursächlichen Zusammenhang mit der Existenz der Versicherungsnehmerin und ihrer Aktivitäten stehenden Eigenschaften, Rechtsverhältnissen und Tätigkeiten, gleich welcher Art diese sein mögen.

[…]

C)  Vertragsgrundlagen :

Es gelten die AHVB 2005 und EHVB 2005 in der Version 2012 (...), sofern in den nachstehenden Punkten keine Abweichungen oder Ergänzungen vorgenommen wurden.

[...]

7. Insolvenzausfallrisiko von Subunternehmen

Abweichend von Artikel 1, Pkt. 2 und Artikel 7, Pkt 1.1 AHVB erstreckt sich der Geltungsbereich der Versicherung auf das Ausfallsrisiko für Gewährleistungs- und Garantiearbeiten, sowie für Gewährleistungsfolgeschäden des Versicherungsnehmers, welche dieser im Falle der Insolvenz für den vom Versicherungsnehmer unmittelbar beauftragten Subunternehmer oder Professionisten zu übernehmen hat.

[...]

8. Nachbesserungs-, Begleit- und Mängelbeseitigungsnebenkosten

a) Standarddeckung:

Abweichend von Art. 1 und Art. 7, Punkte 1.1, 10.4 und 10.5 AHVB bezieht sich der Versicherungsschutz auch auf Schadenersatzverpflichtungen, die darauf zurückzuführen sind, dass zur Durchführbarkeit von wegen eines Mangels notwendigen Nachbesserungsarbeiten Sachen des Auftraggebers beschädigt werden müssen (Z.B. Abreißen von Tapeten, Aufschlagen von Wänden, Fliesen, Böden, usw).

Versicherungsschutz besteht nicht, wenn

- die Sachen, die zur Durchführbarkeit der Nachbesserungsarbeit beschädigt werden müssen, ursprünglich vom Versicherungsnehmer selbst (oder in seinem Auftrag oder für seine Rechnung von Dritten) verlegt oder angebracht worden sind;

- die Sachen des Auftraggebers im Zuge der Suche nach einer nicht genau örtlich festgestellten Mangelstelle beschädigt werden müssen.

Versicherungsfall ist abweichend von Art 1.1 AHVB die Übergabe der mangelhaften Arbeit.

b) Erweiterte Deckung:

Der Versicherungsschutz bezieht sich abweichend von Art. 7.1.3. auf Ansprüche aus Schäden die darauf zurückzuführen sind, dass zur Durchführbarkeit von Gewährleistungs- bzw. Nachbesserungsarbeiten Sachen bzw. Rechte des Auftraggebers oder sonstiger Personen beschädigt, beseitigt oder vorübergehend entfernt oder außer Kraft gesetzt werden müssen.

Dieser Versicherungsschutz bezieht sich somit beispielsweise auf Stilllegung von Betrieben, Aufschlagen von Wänden, Fliesen, Böden, sowie Aufgrabungsarbeiten, Stehzeiten von Kraftfahrzeugen, Abholen und Zustellen von Kraftfahrzeugen, Aus- und Einbaukosten und dergleichen. Der Versicherungsschutz erstreckt sich auch auf bloße Vermögensschäden, weiters auf die Wiederherstellung des Zustandes, der bestehen würde, wenn die Schäden oder Mängel nicht aufgetreten wären, insbesondere Oberflächenbehandlungen, Lackierungen, Verfüllungen, Vermauerungen, Verputzungen, auch Maler-, Tapezier- und Fliesenlegerarbeiten.

Wird anstelle dieser Maßnahmen eine wirtschaftlich vertretbare Ersatzmaßnahme, durch die die Schäden oder Mängel beseitigt werden können durchgeführt, so ersetzt der Versicherer die dadurch entstehenden Kosten bis zu dem Betrag, der für die oben angeführte Maßnahme aufzuwenden gewesen wäre.

Der Höhe nach handelt es sich bei den Entschädigungen im Sinne dieser Vereinbarung um solche, welche sich aufgrund des Schadenersatzrechtes ergeben.

Ausgeschlossen bleiben Kosten für die Gewährleistung am Gewerk, welches vom Versicherungsnehmer eigenhändig hergestellt wurde. Allerdings bezieht sich dieser Ausschluss nicht auf Arbeiten, die von Subunternehmern ausgeführt wurden.

Versicherungsfall ist abweichend von Art. 1.1 AHVB die Übergabe der mangelhaft geleisteten Arbeit.

[...]

115.  Widerspruchsklausel

Widersprechen sich einzelne Bestimmungen dieser Polizze, auch bloß partiell, so ist die für den Versicherungsunternehmer günstigere Variante maßgeblicher Vertragsinhalt.

116.  Unklarheitenregelung

Unklare Äußerungen im Rahmen der Bestimmungen dieser Polizze, welche im Wege der Interpretation nach § 914 ABGB nicht eindeutig geklärt werden können, werden unabhängig davon, wer sich der unklaren Äußerung bedient hat, stets zum Vorteil des Versicherungsnehmers ausgelegt.

[...]“

[7] Der Masseverwalter im Konkurs der Versicherungsnehmerin trat die Entschädigungsforderung der Masse gegen die Beklagte in Erfüllung des der Klägerin gemäß § 157 VersVG zustehenden Absonderungsrechts unentgeltlich an die Klägerin ab.

[8] Die Klägerin begehrt Zahlung von 70.000 EUR sA. Die Klagsforderung setze sich aus den Kosten für ein Sachverständigengutachten zur Feststellung der Mangelhaftigkeit samt Sanierungsempfehlung (anteilig 620,94 EUR), für die Erstellung einer Kostenermittlung zur Sanierung des Estrichs (anteilig 895,42 EUR), für das Kleben von Fliesen über den Sichtbeton (44.505 EUR) und für dafür erforderliche Aufrauarbeiten (anteilig 19.254,94 EUR) sowie auszu viel bezahltem Werklohn von 4.723,70 EUR zusammen. Sie brachte – soweit für das Revisionsverfahren relevant – vor, der Anspruch der insolventen Versicherungsnehmerin gegen die Beklagte stehe ihr gemäß § 157 VersVG zu. Die Beklagte habe gemäß Punkt 8.b) des Versicherungsvertrags für Gewährleistungsansprüche und Erfüllungssurrogate Deckung zu gewähren, wenn die Leistung – wie hier – durch einen Subunternehmer der Versicherungsnehmerin ausgeführt worden sei.

[9] Die Beklagtebeantragt Klageabweisung.Die Betriebshaftpflichtversicherung umfasse nur jenen Schaden, der über das Erfüllungsinteresse des Versicherten hinausgehe. Die Kosten für die von einem (in Bezug auf das Versicherungsverhältnis) Dritten vorgenommene Verbesserung der mangelhaften Leistung des Versicherten seien auch nicht gemäß Punkt 8.b) des Versicherungsvertrags gedeckt.

[10] Das Erstgerichtgab dem Klagebegehren mit Zwischenurteil dem Grunde nach statt. Der Sachverhalt sei ohne Berücksichtigung des Anerkenntnisses durch den Masseverwalter der Versicherungsnehmerin zu beurteilen. Der Deckungsausschluss für Gewährleistungsansprüche beschränke sich auf Arbeiten, die vom Versicherungsnehmer eigenhändig hergestellt, nicht hingegen auf solche, die von Subunternehmern ausgeführt worden seien. Sämtliche Haupt- und Nebenleistungspflichten, die dem Subunternehmer zufielen, seien daher vom Versicherungsschutz gemäß Punkt 8.b) des Versicherungsvertrags umfasst. Da die Klägerin auch aktivlegitimiert sei, bestehe das Klagebegehren dem Grunde nach zu Recht. Ob die Klageforderung auch der Höhe nach zu Recht bestehe, sei hingegen noch nicht spruchreif, weil nicht feststehe, ob die durchgeführten Sanierungsarbeiten erforderlich und die dafür aufgewendeten Kosten verhältnismäßig gewesen seien.

[11] Das Berufungsgericht berichtigte von Amts wegen die Parteibezeichnung des Nebenintervenienten und wies das Klagebegehren in Stattgebung der Berufung der Beklagten ab. Aus Punkt 8. des Versicherungsvertrags ergebe sich nicht, dass Mängelbehebungskosten in den Versicherungsschutz einbezogen werden sollten, soweit das davon betroffene Gewerk nicht vom Versicherungsnehmer selbst hergestellt worden sei. Punkt 8. umfasse vielmehr nur Mängelbeseitigungsnebenkosten. Es bestehe daher keine Deckung für die geltend gemachten Kosten.

[12] Es erklärte die ordentliche Revision für zulässig, weil die hier relevante Klausel vom Obersten Gerichtshof noch nicht beurteilt worden sei.

[13] Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin mit dem Antrag, diese dahin abzuändern, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird. Hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

[14] Die Beklagte beantragt in ihrerRevisionsbeantwortung, das Rechtsmittel der Klägerin zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[15] Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, sie ist jedoch nicht berechtigt.

[16] 1. Die Beklagte hat in ihrer Berufung die Legitimation der Klägerin zur Geltendmachung des Deckungsanspruchs ihrer Versicherungsnehmerin nicht mehr in Zweifel gezogen, sodass auf diese selbständig zu beurteilende Rechtsfrage vom Obersten Gerichtshof nicht einzugehen ist (RS0043338 [T13]).

[17] 2. Soweit der vom Erstgericht festgestellte Sachverhalt ergänzt wurde, beruht dies auf dem Inhalt unstrittiger Urkunden (RS0121557 [T3]).

[18] 3. Bei der Haftpflichtversicherung ist der Versicherer gemäß § 149 VersVG verpflichtet, dem Versicherungsnehmer die Leistung zu ersetzen, die dieser aufgrund seiner Verantwortlichkeit für eine während der Versicherungszeit eintretende Tatsache an einen Dritten zu bewirken hat. Der Deckungsanspruch des Haftpflichtversicherten ist durch das versicherte Risiko spezialisiert und von dem vom Geschädigten erhobenen Anspruch abhängig (RS0081015).

[19] 3.1. Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) sind nach den Grundsätzen der Vertragsauslegung (§§ 914 f ABGB) auszulegen, und zwar orientiert am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers und stets unter Berücksichtigung des erkennbaren Zwecks einer Bestimmung (RS0050063 [T71]; RS0112256 [T10]; RS0017960). Die Klauseln sind, wenn sie nicht Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf den Wortlaut auszulegen; dabei ist der einem objektiven Betrachter erkennbare Zweck einer Bestimmung zu berücksichtigen (RS0008901 [insb T5, T7, T87]). Unklarheiten gehen zu Lasten der Partei, von der die Formulare stammen, das heißt im Regelfall zu Lasten des Versicherers (RS0050063 [T3]). Als Ausnahmetatbestände, die die vom Versicherer übernommenen Gefahren einschränken oder ausschließen, dürfen Ausschlüsse nicht weiter ausgelegt werden, als es ihr Sinn unter Betrachtung ihres wirtschaftlichen Zwecks und der gewählten Ausdrucksweise sowie des Regelungszusammenhangs erfordert (RS0107031).

[20] 3.2. Die allgemeine Umschreibung des versicherten Risikos erfolgt durch die primäre Risikobegrenzung. Durch sie wird in grundsätzlicher Weise festgelegt, welche Interessen gegen welche Gefahren und für welchen Bedarf versichert sind. Auf der zweiten Ebene (sekundäre Risikobegrenzung) kann durch einen Risikoausschluss ein Stück des von der primären Risikobegrenzung erfassten Deckungsumfangs ausgenommen und für nicht versichert erklärt werden. Der Zweck liegt darin, dass ein für den Versicherer nicht überschaubares und kalkulierbares Teilrisiko ausgenommen und eine sichere Kalkulation der Prämie ermöglicht werden soll. Mit dem Risikoausschluss begrenzt also der Versicherer von vornherein den Versicherungsschutz, ein bestimmter Gefahrenumstand wird von Anfang an von der versicherten Gefahr ausgenommen (RS0080166 [T10]; vgl RS0080068).

[21] 3.3. In der Betriebshaftpflichtversicherung ist die Ausführung der bedungenen Leistung grundsätzlich nicht versichert (RS0081685), soll doch das Unternehmerrisiko nicht auf den Versicherer übertragen werden (RS0081518 [T4, T7, T8]). Demgemäß fallen nach Art 7.1 AHVB 2005 unter die Versicherung gemäß Abs 1 nicht: Ansprüche aus Gewährleistung für Mängel (Art 7.1.1 – Gewährleistungs-klausel) sowie die Erfüllung von Verträgen und die an die Stelle der Erfüllung tretende Ersatzleistung (Art 7.1.3 – Erfüllungsklausel).

[22] 3.3.1. Die Betriebshaftpflichtversicherung erstreckt sich somit auch nicht auf Erfüllungssurrogate (RS0081685 [T1]), also auf diejenigen Schadenersatzansprüche, durch die ein unmittelbares Interesse am eigentlichen Leistungsgegenstand eines abgeschlossenen Vertrags geltend gemacht wird (7 Ob 46/13k; 7 Ob 30/18i; 7 Ob 81/19s). Der Versicherungsschutz umfasst vielmehr nur jenen Schaden, der über das Erfüllungsinteresse des Dritten an der Leistung des Versicherten hinausgeht (RS0081898). Die Kosten für die von einem Dritten vorgenommene Verbesserung der mangelhaften Leistung des Versicherten fallen ebenfalls nicht in die Betriebshaftpflichtversicherung (RS0081685). Unter „Ansprüche aus der Gewährleistung für Mängel“ fallen nicht nur die Kosten der Behebung des Mangels an sich, sondern auch jene der vorbereitenden Maßnahmen, die zur Mängelbehebung erforderlich sind (RS0021974).

[23] 3.3.2. Gedeckt sind hingegen Schadenersatzansprüche aus mangelhafter Vertragserfüllung (Mangelfolgeschäden, Begleitschäden), die jenseits des Erfüllungsinteresses des Gläubigers liegen (7 Ob 30/18i; 7 Ob 81/19s). Mangelfolgeschäden sind Schäden, die sich nicht unmittelbar auf die Erstellung des Werks beziehen, sondern daraus resultieren, dass die mangelhafte Leistung an anderen Vermögenswerten Schäden hervorrief (RS0114204 [T4]). Ein Mangelfolgeschaden liegt vor, wenn dem Werkbesteller durch den Mangel weitere Nachteile entstehen. Bei einem Mangelfolgeschaden handelt es sich weder um einen Erfüllungsanspruch, noch um ein Erfüllungssurrogat im Sinne der AHVB, bezieht sich doch der Schaden nicht unmittelbar auf das Leistungsinteresse. Der Mangelfolgeschaden betrifft weder einen „reinen“ Erfüllungsanspruch noch einen Schadenersatzanspruch, der der Erreichung des unmittelbaren Leistungsinteresses dient und im Fall der gänzlichen oder teilweisen Nichterfüllung an die Stelle des Erfüllungsanspruchs tritt (RS0114204 [T5]).

[24] 3.3.3. Dass die von der Klägerin geltend gemachten Klagepositionen vom Risikoausschluss gemäß Art 7.1.3 AHVB 2005 umfasst sind, zieht die Revision nicht in Zweifel, sie ist in erster Linie der Ansicht diese seien aufgrund von Punkt 8.b) des Versicherungsvertrags gedeckt:

[25] 4. Punkt 8. des Versicherungsvertrags, der mit Nachbesserungs-, Begleit- und Mängelbeseitigungsneben-kosten übertitelt ist, sieht in seinem Punkt 8.b) einen sowohl über die AHVB als auch die Deckungserweiterung des Punkts 8.a) hinausgehenden Schutz vor:

[26] 4.1. Gemäß dessen Abs 1 bezieht sich der Versicherungsschutz abweichend von Art 7.1.3 AHVB 2005 auf Ansprüche aus Schäden, die darauf zurückzuführen sind, dass zur Durchführbarkeit von Gewährleistungs- bzw Nachbesserungsarbeiten Sachen bzw Rechte des Auftraggebers oder sonstiger Personen nicht nur beschädigt, sondern auch beseitigt, vorübergehend entfernt oder außer Kraft gesetzt werden müssen. Dabei erstreckt sich der Versicherungsschutz unter anderem auch auf die Wiederherstellung des Zustands, der bestehen würde, wenn die Schäden oder Mängel nicht aufgetreten wären, insbesondere Oberflächenbehandlungen, Lackierungen, Verfüllungen, Vermauerungen, Verputzungen oder Maler-, Tapezier- und Fliesenlegerarbeiten.

[27] 4.2. Der zusätzliche Versicherungsschutz des Punkts 8. des Versicherungsvertrags beruht auf der Überlegung, dass der Werkunternehmer bei Verbesserung seines mangelhaften Gewerks in vielen Fällen im Rahmen von Vorbereitungs- und Nachbereitungsarbeiten zwangsläufig Gebäudeteile oder sonstige Sachen des Werkbestellers beschädigen muss, und will dieses Risiko zusätzlich versichern (vgl 7 Ob 125/21i mwN).

[28] Der Zweck der Regelung des Punkts 8.b) entspricht dem ebenfalls, ist aber für den Versicherungsnehmer günstiger, weil der Beschädigung von Sachen des Auftraggebers auch die Beseitigung, vorübergehende Entfernung und „Außerkraftsetzung“ von solchen Sachen bzw Rechten des Auftraggebers und zusätzlich auch Dritter gleichgestellt werden.

[29] 4.3. Die Beseitigung von Mängeln an dem vom Versicherungsnehmer hergestellten Gewerk ist aber auch vom Versicherungsschutz gemäß Punkt 8.b) nicht umfasst. Vielmehr besteht Versicherungsdeckung nur, wenn wegen der aufgrund des Mangels notwendigen Verbesserungsarbeiten Sachen bzw Rechte Anderer beschädigt, beseitigt, vorübergehend entfernt oder außer Kraft gesetzt werden.

[30] 4.4. Solche Umstände wurden hier nicht festgestellt und werden von der Revisionswerberin auch nicht behauptet. Sie steht vielmehr auf dem Standpunkt, dass die Sanierung des mangelhaft hergestellten Sichtbetons durch Drittunternehmer im Lichte der Versicherungsbedingungen eine Wiederherstellung des Zustands sei, der bestehen würde, wenn die Schäden oder Mängel nicht aufgetreten wären (Punkt 8.b) Abs 2 letzter Satz).

[31] Dem kann aber bereits deshalb nicht gefolgt werden, weil aus den dazu in Abs 2 angeführten Beispielen ersichtlich ist, dass damit Arbeiten gemeint sind, die zur Behebung von Schäden erforderlich wurden, die entstanden, um dorthin zu gelangen, wo Mängel am beauftragten Gewerk zu beheben bzw Nachbesserungsarbeiten daran durchzuführen waren, und nicht solche, die der Behebung des vom Versicherungsnehmer ausgeführten mangelhaften Gewerks selbst dienten, also die erstmalige Herstellung eines mangelfreien Zustands im Sinne des Werkvertrags bewirken sollen.

[32] 4.5.1. Weiters beruft sich die Revisionswerberin auf Punkt 8.b) Abs 5 des Versicherungsvertrags, der einerseits zwar klarstelle, dass die Kosten für die Gewährleistung am Gewerk, welches vom Versicherungsnehmer eigenhändig hergestellt wurde, keinesfalls versichert seien, diesen Ausschluss aber andererseits ausdrücklich nicht auf Arbeiten beziehe, die von Subunternehmern ausgeführt wurden.

[33] 4.5.2. Diese Interpretation mag zwar den isolierten Wortlaut der Bestimmung für sich haben, lässt aber den Kontext, in dem sich die Regelung befindet, gänzlich außer Acht. So ergibt sich schon aus der Überschrift des Punkts 8. des Versicherungsvertrags, dass es hier um Nachbesserungs-, Begleit- und Mängelbeseitigungsnebenkosten geht und nicht um Mängelbeseitigungskosten per se und daher nur in diesem Umfang der grundsätzliche Ausschluss von Gewährleistungsansprüchen nach Art 7.1.1 AHVB 2005 eine Deckungserweiterung erfährt. Damit korrespondieren auch die Textierung des übrigen Punkts 8. des Versicherungsvertrags und die oben dargestellten Grundsätze der Betriebshaftpflichtversicherung (vgl Punkt 3.3. der Entscheidung).

[34] 4.5.3. Wären dagegen, wie dies die Revision vertritt, auch die eigentlichen Mängelbehebungskosten für den Fall versichert, dass das Gewerk nicht vom Versicherungsnehmer selbst, sondern von einem Subunternehmer hergestellt wurde, würde das Unternehmerrisiko in nicht vorhersehbarer Weise auf den Versicherer überwälzt werden, was – wie dargestellt – der Betriebshaftpflichtversicherung nicht immanent ist.

[35] 4.5.4. Ohne diese Regelung wären dagegen in der Standarddeckung von Punkt 8.a) Dritte, die im Namen oder auf Rechnung des Versicherungsnehmers tätig wurden, dem Versicherungsnehmer ausdrücklich gleichgestellt, sodass Punkt 8.b) auch hinsichtlich der Einbeziehung von Subunternehmern eine erweiterte Deckung bietet.

[36] 4.5.5. Daher kann Punkt 8.b) Abs 5 des Vertrags in Zusammenschau mit den übrigen Absätzen und der Überschrift sowie dem Zweck der Regelung vom durchschnittlichen Versicherungsnehmer nur so verstanden werden, dass der Versicherer (zusätzlich) nur für Ansprüche Deckung zu gewähren hat, die darauf zurückzuführen sind, dass zur Durchführbarkeit von Gewährleistungs- bzw Nachbesserungsarbeiten des Versicherungsnehmers Sachen bzw Rechte des Auftraggebers oder sonstiger Personen beschädigt, beseitigt, vorübergehend entfernt oder außer Kraft gesetzt werden müssen, selbst wenn diese Arbeiten von einem Subunternehmer des Versicherungsnehmers ausgeführt wurden, also dies ein Gewerk des eigenen Subunternehmers betrifft.

[37] Solche Nachbesserungsbegleitschäden macht die Klägerin aber nicht geltend.

[38] 4.6. In gleicher Weise ist auch der erweiterte Deckungsumfang von Punkt 8.b) Abs 3 des Vertrags zu verstehen, wonach auch dann Versicherungsdeckung (bis zu einem bestimmten Höchstbetrag) besteht, wenn anstelle der in Abs 1 und 2 genannten Maßnahmen (arg „dieser Maßnahmen“) eine wirtschaftlich vertretbare Ersatzmaßnahme durchgeführt wird, durch die die Schäden oder Mängel beseitigt werden können. Auch hier bezieht sich die unter anderem angeführte Beseitigung von Mängeln nicht auf das eigentlich geschuldete Gewerk, sondern auf solche, die zur Durchführbarkeit von Gewährleitungs- bzw Nachbesserungsarbeiten an anderen Sachen eintreten bzw zugefügt werden.

[39] 4.7. Zusammengefasst besteht daher auch aufgrund von Punkt 8. des Versicherungsvertrags keine Deckung für die von der Klägerin geltend gemachten Forderungen.

5. Zu Punkt 7. des Versicherungsvertrags:

[40] 5.1. Gemäß dieser Regelung erstreckt sich abweichend von Art 1.2 und Art 7.1.1 AHVB 2005 der Geltungsbereich der Versicherung auf das Ausfallsrisiko für Gewährleistungs- und Garantiearbeiten, sowie für Gewährleistungsfolgeschäden des Versicherungsnehmers, welche dieser im Falle der Insolvenz für den vom Versicherungsnehmer unmittelbar beauftragten Subunternehmer oder Professionisten zu übernehmen hat.

[41] 5.2. Für die Anspruchsvoraussetzungen gemäß Punkt 7. des Versicherungsvertrags ist die Klägerin behauptungs- und beweispflichtig, und zwar unabhängig davon, ob man diese als primäre Risikobeschreibung oder als sekundären Risikoeinschluss qualifiziert (RS0081013; vgl auch RS0043438). Da sich die Klägerin in erster Instanz nicht auf einen aus der Insolvenz des (vormaligen) Nebenintervenienten resultierenden Versicherungsfall gestützt hat, verstößt das nunmehr in der Revision erstattete Vorbringen – unabhängig von der amtswegigen Berichtigung der Parteienbezeichnung durch das Berufungsgericht – gegen das Neuerungsverbot.

[42] 5.3. Der in diesem Zusammenhang behauptete Mangel des Berufungsverfahrens wurde geprüft, liegt jedoch nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

[43] 6. Die Revision ist daher erfolglos.

[44] 7. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 50, 41 ZPO.

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