OGH 7Ob159/04i

OGH7Ob159/04i28.7.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Bozidar R*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Zatlasch, Rechtsanwalt in Wien als Verfahrenshelfer, gegen die beklagte Partei V***** KEG, *****, wegen EUR 10.217,80 sA, über den Revisionsrekurs des Klägers gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 3. Mai 2004 , GZ 12 R 45/04g-7, womit der Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 11. Februar 2004, GZ 3 Cg 263/03y-4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Mit beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien eingebrachter Klage begehrt der Kläger von der im Firmenbuch eingetragenen beklagten KEG die Rückzahlung eines "Geschäftsdarlehens" von EUR 10.217,80. Laut (vom Beklagten vorgelegtem, vom Rekursgericht überprüftem) Firmenbuchauszug ist der Geschäftszweig der Beklagten "Import-Export".

Das Erstgericht wies die Klage a limine wegen sachlicher Unzuständigkeit zurück. Die Beklagte sei als Import-Export-Unternehmen Kaufmann gemäß § 1 Abs 2 Z 1 HGB. Offenbar sei das der Klage zugrundeliegende Geschäft für sie daher ein Handelsgeschäft (§ 344 Abs 1 HGB). Damit falle die Streitsache in die Handelsgerichtsbarkeit (§§ 51 Abs 1 Z 1, 52 Abs 1 JN).

Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung der ersten Instanz. Vorliegend gehe es darum, ob es sich iSd § 51 Abs 1 Z 1 JN um ein Handelsgeschäft handle und die Klage gegen einen Kaufmann, eine Handelsgesellschaft oder eine registrierte Genossenschaft gerichtet sei und das Geschäft auf Seiten der Beklagten ein Handelsgeschäft sei. Eine eingetragene Erwerbsgesellschaft dürfe ein Gewerbe iSd HGB nur als minderkaufmännisches Handelsgewerbe nach § 1 Abs 2 HGB oder ein unter § 2 HGB fallendes Gewerbe betreiben, das einen kaufmännischen Geschäftsbetrieb nicht erfordere. Kaufmannseigenschaft könne durch das Gewerbe einer eingetragenen Erwerbsgesellschaft also nur begründet werden, wenn ein Grundhandelsgewerbe betrieben werde. Der Anwendung der Vorschriften betreffend OHG und KG entspreche es, dann auch bei der eingetragenen Erwerbsgesellschaft (Kommanditerwerbsgesellschaft) selbst die Kaufmannseigenschaft zu bejahen. Da die Beklagte im Geschäftszweig "Import-Export" tätig sei, betreibe sie offenbar ein Grundhandelsgewerbe, wenn auch als Minderkaufmann iSd § 4 HGB. Die gegenständliche Klage sei also gegen einen Kaufmann (eine kaufmännische KEG) gerichtet, die aus einem Geschäftsdarlehen in Anspruch genommen werde. Der Oberste Gerichtshof habe zu 6 Ob 65/01d, RdW 2001/674 bereits die Zuständigkeit des Handelsgerichtes für Erwerbsgesellschaften nach § 51 Abs 1 Z 6 JN bejaht. Im Sinne eines Größenschlusses müsse dies auch für unter § 51 Abs 1 Z 1 JN fallende Streitigkeiten gelten.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, da oberstgerichtliche Judikatur zur Frage der Zuständigkeit der Handelsgerichte für Klagen gegen eine ein Grundhandelsgewerbe betreibende KEG aus einer Geschäftsforderung fehle.

Gegen den Beschluss des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Klägers mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass dem Rekurs gegen den erstinstanzlichen Beschluss stattgegeben und das ordentliche Verfahren durch das zuständige Erstgericht eingeleitet werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Revisionsrekurs des Klägers ist gemäß dem nach § 528 Abs 2 letzter Halbsatz anzuwendenden Abs 1 leg cit aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zwar zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 51 Abs 1 Z 1 JN gehören Streitigkeiten aus Handelsgeschäften, "wenn die Klage gegen einen Kaufmann, eine Handelsgesellschaft oder eine registrierte Genossenschaft gerichtet ist und das Geschäft auf Seiten des Beklagten ein Handelsgeschäft ist", sofern der Streitgegenstand - wie hier - an Geld (oder Geldeswert) EUR 10.000,-- übersteigt, vor die selbständigen Handelsgerichte. Ist eine eingetragene Erwerbsgesellschaft (EEG), wie dies für die Beklagte nach ihrem im Firmenbuch ausgewiesenen Geschäftszweig zutrifft, minderkaufmännisch tätig, schließt sie Handelsgeschäfte ab (Krejci, EGG, § 1 Rz 76; ders aaO, vor §§ 5 ff Rz 27; vgl Kramer in Straube, HGB I3 §§ 343, 344 Rz 7). Demnach ist die Voraussetzung für die Zuständigkeit des Handelsgerichtes, dass der Anspruch aus einem Handelsgeschäft abgeleitet wird und somit in einem sachlichen Zusammenhang mit der Gewerbetätigkeit steht und aus dem Handelsgeschäft selbst geltend gemacht wird (RIS-Justiz RS0046425) hier erfüllt. Nach den Gesetzesmaterialien (JAB 1260 Blg.NR 17. GP, 2) ist eine EEG als solche zwar nicht Kaufmann (weder Minder- noch Vollkaufmann). Eine EEG kann jedoch ein Minderhandelsgewerbe betreiben (Straube in Straube HGB I3 § 4 Rz 18). Im Hinblick darauf, dass nach hM auch Minderkaufleute (§ 4 HGB) vor dem Handelsgericht zu klagen sind, sofern die sonstigen Zuständigkeitsvoraussetzungen gegeben sind (Krejci aaO, vor §§ 5 ff Rz 27 mwN), und davon ausgehend, dass die Gesellschafter einer minderkaufmännisch tätigen EEG selbst (Minder-)Kaufleute sind (vgl Simotta in Fasching2 I § 51 JN Rz 28) und als solche vor dem Handelsgericht geklagt werden können, erscheint es konsequent, auch bezüglich der Gesellschaft selbst die Zuständigkeit des Handelsgerichtes zu bejahen, zumal insoweit auch der Gesellschaft die Qualifikation eines Minderkaufmannes zukommt (Krejci aaO). Die Meinung des genannten Autors, die minderkaufmännische EEG könne demnach aus ihrem Wert nach geeigneten Handelsgeschäftsstreitigkeiten vor den Handelsgerichten schon deshalb geklagt werden, weil sie Kaufmann sei; sie müsse insofern keine Handelsgesellschaft sein; ist zu teilen.

Zum selben Ergebnis kommt man auch, wenn man, anknüpfend an die in der bereits vom Rekursgericht zitierten Entscheidung 6 Ob 65/01d angestellte Erwägung, der Gesetzgeber habe den in § 51 Abs 1 Z 6 JN verwendeten Begriff "Handelsgesellschaft" nicht im engen Sinn einer Gesellschaft mit Kaufmannseigenschaft verstanden, annimmt, dass der Begriff "Handelsgesellschaft" in § 51 Abs 1 Z 1 JN auch auf Erwerbsgesellschaften iSd EGG angewendet werden kann. Diese Annahme liege nahe, weil dem Gesetzgeber nicht zugesonnen werden kann, dem sowohl in Abs 1 Z 1 als auch in Z 6 des § 51 JN verwendeten Begriff der "Handelsgesellschaft" verschiedene Bedeutungen unterlegt zu haben.

Ohne Rechtsirrtum haben die Vorinstanzen demnach angenommen, dass § 51 Abs 1 Z 1 JN auf die beklagte Partei als minderkaufmännische Erwerbsgesellschaft anzuwenden ist. Da die Zuständigkeit des Erstgerichtes im Hinblick auf diese Gesetzesbestimmung iVm § 52 Abs 1 JN zutreffend verneint wurde, ist dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 40, 50 Abs 1 ZPO.

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