OGH 7Ob136/09i

OGH7Ob136/09i2.9.2009

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Christian K*****, vertreten durch Dr. Heinz-Eckhard Lackner, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. Gottfried R*****, vertreten durch Dr. Heimo Jilek und Mag. Robert Lackner, Rechtsanwälte in Leoben, wegen 17.586 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 7. Mai 2009, GZ 2 R 43/09z-27, womit das Urteil des Landesgerichts Leoben vom 30. Dezember 2008, GZ 4 Cg 62/07k-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Urteil einschließlich der rechtskräftigen Teilabweisung lautet:

Das Klagebegehren,

1. der Beklagte sei schuldig, dem Kläger 17.586 EUR samt 4 % Zinsen seit 15. 5. 2007 binnen 14 Tagen zu zahlen,

2. es werde festgestellt, dass der Beklagte dem Kläger für alle zukünftigen Schäden, die dem Kläger aus dem fehlerhaften Abschluss der im Zuge der Scheidungsverhandlung vom 10. 5. 2004 getroffenen Vereinbarung noch entstehen, hafte,

wird abgewiesen.

Der Kläger ist schuldig, dem Beklagten die mit 16.382,70 EUR (darin enthalten 2.373,45 EUR USt und 2.142 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war bis zum Jahr 2004 mit Christine K***** verheiratet. Von deren Bruder Ulfried T***** kauften die Ehegatten im Jahr 2000 die (neu gebildete) Liegenschaft EZ 233, GB ***** mit Haus D*****straße 34. Der Kläger und seine damalige Gattin waren je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft. Zusätzlich zu dem im schriftlichen Kaufvertrag angeführten Kaufpreis von 700.000 ATS sollte eine Leibrente in Höhe von monatlich 5.000 ATS an Leo T*****, den Vater der Christine K***** und des Ulfried T*****, bis zu dessen 75. Lebensjahr bezahlt werden. Außerdem wurde vereinbart, dass Ulfried T***** 200.000 ATS in bar bekommt.

Im Jahr 2004 wurde die Ehe gemäß § 55a EheG geschieden. Dabei wurde Christine K***** vom Beklagten vertreten. Sie erschien am 6. 2. 2004 mit ihrer Mutter in der Kanzlei des Beklagten und teilte mit, dass sie sich im Wesentlichen mit dem Kläger über eine einvernehmliche Scheidung geeinigt habe. Unter anderem sollte das im Miteigentum der Ehegatten stehende Haus an Ulfried T***** verkauft werden. Mit dem Kaufpreis sollten die offenen Verbindlichkeiten bei der Bank getilgt und der Restkreditbetrag je zur Hälfte auf die beiden Ehegatten aufgeteilt werden. Der Kläger sollte ein Wohnrecht auf zwei Jahre in der bisherigen Einliegerwohnung des Hauses bekommen und Christine K***** sollte Mieterin ihres Bruders werden. Vom Beklagten wurden dazu Entwürfe für einen Scheidungsfolgenvergleich erstellt und an die Ehegatten übermittelt. Änderungswünschen des Klägers wurde entsprochen.

Am 24. 3. 2004 kam es zu einer Konferenz in der Kanzlei des Beklagten, an der Christine K*****, ihre Mutter Michaela T*****, der Kläger und der Beklagte teilnahmen. Der Beklagte erklärte, dass er den Kläger nicht rechtsanwaltlich vertrete und der Kläger teilte mit, dass er den Scheidungsfolgenvergleich mit Rechtsanwalt Dr. Maier durchbesprochen habe. Es wurde über die Finanzierung des Kaufpreises für die Liegenschaft, der 110.000 EUR betragen sollte, gesprochen. Der Beklagte wurde beauftragt, in einem gesonderten Vertrag festzuhalten, dass sich Ulfried T***** auch verpflichtete, die vom Kläger und Christine K***** gegenüber Leo T***** bestehende, noch aushaftende Leibrentenverpflichtung in sein alleiniges Zahlungsversprechen zu übernehmen. Der Kläger teilte mit, dass wegen der Leibrentenansprüche des Leo T***** ein Gerichtsverfahren anhängig sei und sich daraus eine Leibrentenverpflichtung von zwischen 480.000 ATS und 680.000 ATS ergeben könne. Da die konkrete Höhe der noch aushaftenden Leibrentenverpflichtung nicht bekannt war, wurde auf Vorschlag des Beklagten vereinbart, dass in die Vereinbarung kein bestimmter Betrag, sondern die Formulierung „im aushaftenden Betrag" aufgenommen werden sollte.

Von der beim Beklagten tätigen Konzipientin, Mag. Margit G***** (nunmehr T*****), wurde ein endgültiger Entwurf für den Scheidungsfolgenvergleich vorbereitet und an den Kläger, Christine K***** und Ulfried T***** übermittelt. Da der Kläger keinen Entwurf für die Nebenvereinbarung betreffend die Leibrente erhalten hatte, wandte er sich deshalb telefonisch an Mag. T***** die ihm mitteilte, dass sie die Nebenvereinbarung zum Verhandlungstermin zur einvernehmlichen Scheidung mitbringen werde. Die von ihr konzipierte Vereinbarung hatte folgenden Inhalt:

„Vereinbarung

abgeschlossen zwischen den Ehegatten Christine und Christian K*****, einerseits und Herrn Ulfried T*****, andererseits wie folgt:

Die Ehegatten Christine und Christian K***** haben sich Leo T***** gegenüber zur Leistung einer Leibrente verpflichtet, und zwar in einem Betrag von ............ EUR.

Herr Ulfried T***** verpflichtet sich nunmehr, diese monatliche Leibrente an Herrn Leo T***** in sein alleiniges Zahlungs- und Leistungsversprechen zu übernehmen und die Ehegatten Christine und Christian K***** im Fall ihrer Inanspruchnahme schad- und klaglos zu halten.

J*****, am 10. 5. 2004".

Am 10. 5. 2005 fand die Verhandlung zur Scheidung im Einvernehmen vor dem Bezirksgericht Judenburg statt. Vor der Verhandlung trafen sich der Kläger, Christine K*****, Ulfried T***** und Mag. T***** vor dem Richterzimmer und besprachen den Inhalt des Scheidungsfolgenvergleichs. Danach fragte der Kläger Mag. T***** nach der Nebenvereinbarung über die Leibrentenverpflichtung, worauf diese ihm mitteilte, dass sie die Leibrentenverpflichtung in der Kanzlei vergessen habe. Mag. T***** fragte Ulfried T*****, ob er die Leibrentenverpflichtung kenne und ihm bekannt sei, dass er diese zu übernehmen habe. Dieser erklärte, dass „alles passe". Sowohl Ulfried T***** als auch Christine K***** und der Kläger erklärten, mit der Übernahme der Leibrentenverpflichtung durch Ulfried T***** einverstanden zu sein. Mag. T***** erklärte darauf, dass eine mündliche Vereinbarung dieselbe Wirkung habe wie eine schriftliche. Sie werde gleich nach der Scheidungsverhandlung die Nebenvereinbarung schreiben und drei Ausfertigungen übermitteln.

Wenn Mag. T***** bei der Besprechung vor der Scheidungsverhandlung eine Nebenvereinbarung hinsichtlich der Übernahme der Leibrentenverpflichtung durch Ulfried T***** vorgelegt hätte, wäre diese von Ulfried T***** sowie den Ehegatten K***** unterfertigt worden.

In der Folge wurden drei Ausfertigungen, datiert mit 10. 5. 2004, von Mag. T***** an Christine K***** übermittelt. Der Inhalt des Entwurfs wurde von Mag. T***** geändert, sodass der zweite und dritte Satz nunmehr wie folgt lauteten:

„Die Ehegatten Christine und Christian K***** haben sich Leo T***** gegenüber zur Leistung einer Leibrente verpflichtet. Herr Ulfried T***** verpflichtet sich nunmehr, diesen aushaftenden Betrag zur Ablösung der Leibrente an Leo T***** in sein alleiniges Zahlungs- und Leistungsversprechen zu übernehmen und die Ehegatten Christine und Christian K***** im Fall ihrer Inanspruchnahme schad- und klaglos zu halten".

Mit Klage vom 21. 3. 2005 begehrte der im dortigen Verfahren durch Rechtsanwalt Dr. Karl M***** vertretene Kläger von Ulfried T***** die Unterfertigung der von der Kanzlei des Beklagten aufgesetzten, mit 10. 5. 2004 datierten Vereinbarung, wonach sich Ulfried T***** verpflichtet habe, den nunmehr aushaftenden Betrag zur Auflösung der Leibrente an Leo T***** in sein alleiniges Zahlungs- und Leistungsversprechen zu übernehmen und die Ehegatten Christine und Christian K***** im Falle ihrer Inanspruchnahme schad- und klaglos zu halten. In der Verhandlung vom 19. 9. 2005 vereinbarten die Parteien Ruhen des dortigen Verfahrens.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger vom Beklagten 17.586 EUR sA und die Feststellung der Haftung des Beklagten für alle zukünftigen Schäden, die dem Kläger „aus dem fehlerhaften Abschluss" der im Zuge der Scheidungsverhandlung vom 10. 5. 2004 getroffenen Vereinbarung noch entstehen. Ulfried T***** habe die Gültigkeit der Zusatzvereinbarung bestritten und deren Unterfertigung verweigert. Daraufhin habe ihn der Kläger auf Zahlung und Unterfertigung der Zusatzvereinbarung geklagt, diesen Prozess aber auf Anraten seines Rechtsvertreters vorläufig ruhen lassen. Zur rückständigen Leibrentenforderung von 7.412,47 EUR bis inklusive Mai 2007 seien weitere 10.174,20 EUR hinzugekommen, was zusammen den Klagsbetrag ergebe. Der Kläger hafte mit seiner geschiedenen Gattin solidarisch für die Leibrentenforderungen. Bei ihr sei die Forderung jedoch uneinbringlich, weshalb ein Regress gegen sie aussichtslos sei. Da die Verpflichtung zur Leibrentenzahlung bis zum Erreichen des 75. Lebensjahrs des Berechtigten bestehe, sei für die künftigen, dem Kläger entstehenden Schäden ein Feststellungsbegehren notwendig. Der Beklagte habe selbst vorgeschlagen, die Zusatzvereinbarung zum Scheidungsfolgenvergleich betreffend die Übernahme der Leibrente durch Ulfried T***** zu verfassen. Die Konzipientin des Beklagten habe den Kläger und seine Ehefrau aus nicht nachvollziehbaren Gründen veranlasst, den Scheidungsvergleich zu unterfertigen, ohne vorher oder spätestens gleichzeitig auch die Nebenvereinbarung von Ulfried T***** unterfertigen zu lassen. Durch das Verhalten des Beklagten und seiner Konzipienten, für deren Verhalten er einzustehen habe, sei dem Kläger erheblicher Schaden zugefügt worden. Es sei schon nicht in Ordnung, dass die Übernahme der Leibrentenverpflichtung als Teil des Kaufpreises nicht in den Scheidungsfolgenvergleich aufgenommen worden sei; nicht dafür zu sorgen, dass die Zusatzvereinbarung spätestens mit dem Scheidungsvergleich von allen drei Kaufvertragsparteien gefertigt werde, sei unverantwortlich.

Der Beklagte beantragte Klagsabweisung. Er habe den Kläger in Bezug auf den Scheidungsfolgenvergleich nicht vertreten und sei in Vertragsverhandlungen des Klägers mit Ulfried T***** nicht eingebunden gewesen. Die Aufnahme der Veräußerungsvereinbarung in den Scheidungsfolgenvergleich sei eine Serviceleistung des Beklagten gewesen. Seine Konzipientin habe auf Wunsch der Mandantin Christine K***** eine Erklärung betreffend die Leibrentenforderung vorbereitet, ohne Details zu besprechen. Die drei Beteiligten (Kläger, Christine K***** und Ulfried T*****) hätten erklärt, es handle sich um eine familieninterne Sache, deren Regelung dem Familienverband vorbehalten werde. Die Konzipientin des Beklagten habe sich nicht verpflichtet, die Unterschrift des Ulfried T***** nachträglich einzuholen. Sie habe lediglich das Vertragsformular für den Abschluss der Vereinbarung zur Verfügung gestellt. Warum der Kläger den Prozess gegen Ulfried T***** nicht fortgesetzt habe, sei nicht nachvollziehbar. Er wäre dazu verpflichtet gewesen, um überhaupt vorbringen zu können, dass ihm ein Schaden durch die Tätigkeit des Beklagten entstanden sei. Diese Prozessfortführung unterliege zumindest der Schadensminderungspflicht. Die schriftliche Ausformulierung der - ohnehin - getroffenen Vereinbarung sei nur für die Verbesserung der Beweislage des Klägers von Bedeutung. Ulfried T***** könnte auch bei Unterfertigung der Vereinbarung behaupten, diese nicht geschlossen zu haben. Der Beklagte sei davon ausgegangen, dass die getroffene Zusatzvereinbarung von einem anderen Anwalt verfasst werde. Seine Konzipientin sei lediglich ersucht worden, eine Vereinbarung zu formulieren, und zwar nur als Muster. Diesbezüglich sei eine Kulanzleistung seiner Kanzlei vorgelegen. In den Raum gestellt worden sei ein offener Prozess mit dem Vater betreffend die Leibrente. Der Kläger habe aber darauf hingewiesen, diesbezüglich ohnedies anwaltlich vertreten zu sein. Das Klagebegehren sei unschlüssig, die Klagsforderung teilweise verjährt.

Das Erstgericht gab dem Leistungsbegehren im Ausmaß von 17.562,61 EUR sA und dem Feststellungsbegehren zur Gänze statt und wies das Mehrbegehren von 23,39 EUR samt Zinsen ab. Den im Wesentlichen eingangs wiedergegebenen Sachverhalt beurteilte es rechtlich dahin, dass der Beklagte mit der Erstellung eines Scheidungsfolgenvergleichs, des Kaufvertrags und der Nebenvereinbarung beauftragt worden sei. Er hätte den Zusammenhang der Vereinbarungen erkennen müssen. Als Vertragserrichter hätte er dafür zu sorgen gehabt, dass es unter einem zur Unterfertigung des Scheidungsvergleichs und der Nebenvereinbarung komme. Die diesbezügliche Unterlassung seiner Konzipientin müsse er gemäß § 1313a ABGB gegen sich gelten lassen. Der Kläger sei dafür beweispflichtig, dass der Schaden bei einem bestimmten und möglichen pflichtgemäßen Handeln des Rechtsanwalts nicht eingetreten wäre. Mit der Feststellung, dass alle Beteiligten die Nebenvereinbarung unterfertigt hätten, wenn sie vor der Scheidungsverhandlung vorgelegt worden wäre, sei dem Kläger dieser Beweis gelungen. Da dem Beklagten eine schuldhafte Pflichtverletzung anzulasten sei, habe er dem Kläger den dadurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dieser bestehe darin, dass der Kläger nunmehr zu Leibrentenzahlungen an Leo T***** verpflichtet worden sei, die im Fall der Übernahme der Verpflichtung durch Ulfried T***** von diesem zu tragen gewesen wären. Dabei ging das Erstgericht - entgegen seiner Rechtsbeurteilung - offenbar von den festgestellten (Leibrenten-)Zusprüchen gemäß dem Urteil vom 14. 4. 2004 im Verfahren 2 C 2112/03w des Bezirksgerichts Judenburg von 6.322,54 EUR und dem Zahlungsbefehl zu 6 Cg 119/06f des Landesgerichts Leoben über 10.900,80 EUR sowie Zinsen von 339,27 EUR (insgesamt: 17.562,61 EUR [Seite 16 des Ersturteils]) aus. Da in Zukunft weitere Leibrentenbeträge fällig würden, sei mit weiteren Schäden des Klägers zu rechnen, weshalb auch ein Feststellungsinteresse bestehe.

Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung nicht Folge, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 20.000 EUR übersteige und ließ die ordentliche Revision nicht zu.

Es übernahm die teilweise bekämpften Feststellungen des Erstgerichts und führte zur Rechtsrüge aus, ein nur von einem Vertragsteil beauftragter Rechtsanwalt als Vertragserrichter hafte auch dem anderen Teil für die Wahrung seiner Interessen. Der Beklagte (seine Konzipienten) hätte zur Wahrung der Interessen des Klägers auf die Unterfertigung der Zusatzvereinbarung durch den Käufer hinwirken oder auf eine andere Art den Kläger wie auch dessen damalige Gattin (die Klientin des Beklagten und ebenfalls Verkäuferin der Liegenschaft gewesen sei) absichern müssen. Wegen Unterlassung diesbezüglicher Maßnahmen habe das Erstgericht zu Recht eine Haftung des Beklagten gegenüber dem Kläger für daraus resultierende Schäden bejaht. Die schriftliche Zusatzvereinbarung sei als Teil des vom Beklagten verfassten Kaufvertrags anzusehen.

Es treffe zu, dass auch im Fall der Unterfertigung der Vereinbarung durch Ulfried T***** der Kläger Schuldner des Leo T***** geblieben wäre. Als Schaden mache der Kläger seine weiterbestehende Haftung für rückständige und künftige Rentenzahlungsverpflichtungen gegenüber Leo T***** geltend. Die Zahlungsverpflichtungen bestünden dann nicht oder wären in Zukunft durch die Ersatzpflicht des Ulfried T***** gedeckt, wenn er sie schriftlich (mit der Zusatzvereinbarung) übernommen hätte (Kausalität). Der Kläger mache also eindeutig geltend, Ulfried T***** hätte in diesem Fall seine Zahlungspflicht erfüllt. Dazu habe der Beklagte vorgebracht, der Kläger müsse den Prozess gegen Ulfried T***** fortsetzen, damit man sagen könne, ob ihm überhaupt ein Schaden durch die Tätigkeit des Beklagten entstanden sei; die Fortführung dieses Prozesses unterliege zumindest seiner Schadensminderungspflicht; auch bei Unterfertigung der Zusatzvereinbarung (rechtmäßiges Alternativverhalten) könne Ulfried T***** nämlich behaupten, die Vereinbarung nicht geschlossen zu haben.

Damit sei aber das „durchaus ausreichende" Vorbringen des Klägers zu Schaden und Kausalität bloß - wenn überhaupt - unsubstantiiert bestritten, was als schlüssiges Geständnis anzusehen sei. Unsubstantiiertes Bestreiten des ausreichenden gegnerischen Vorbringens sei nämlich auch dort als schlüssiges Geständnis anzusehen, wo eine Partei bloß einzelnen Tatsachenbehauptungen des Gegners mit einem konkreten Gegenvorbringen entgegentrete, zu den übrigen jedoch inhaltlich nicht Stellung nehme. Eine schriftliche Verpflichtungserklärung des Ulfried T***** indizierte zunächst wohl, dass dieser sich auch daran halte. Dies sei auch dem Beklagten bewusst, was sich schon daraus ergebe, dass er gar nicht geltend gemacht, sondern bloß die „theoretische Möglichkeit" in den Raum gestellt habe, Ulfried T***** hätte auch bei Unterfertigung behauptet, die Zusatzvereinbarung nicht geschlossen zu haben. Durch die behauptete Verpflichtung zur Fortsetzung des Prozesses des Klägers gegen Ulfried T***** wäre zwar eine Schadensminderung möglich. Der Beklagte habe damit aber gar nicht konkret behauptet, der Kläger werde diesen Prozess gewinnen, weshalb das Erstgericht zur diesbezüglichen Prüfung nicht verpflichtet gewesen sei. Für die Verletzung der Schadensminderungspflicht sei der Schädiger behauptungs- und beweispflichtig. Dasselbe gelte für den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens. Hätte Ulfried T***** sich an die schriftliche Vereinbarung gehalten, dann hätte es zwangsläufig den Prozess des Klägers gegen diesen gar nicht gegeben, weshalb das Erstgericht zu Recht vom Vorliegen des geltend gemachten, vom Beklagten verursachten Schadens ausgegangen sei.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die außerordentliche Revision des Beklagten wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, dass das Klagebegehren vollinhaltlich abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger hat die ihm freigestellte Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, die außerordentliche Revision wegen Fehlens der Zulässigkeitsvoraussetzungen zurückzuweisen; hilfsweise „als unbegründet zurück- bzw abzuweisen", also das Berufungsurteil vollinhaltlich zu bestätigen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts zulässig, weil die Vorinstanzen von den Grundsätzen der ständigen Rechtsprechung zur Beweislastverteilung bei erwiesenen schuldhaften Unterlassungen von Rechtsanwälten abgewichen sind; sie ist auch berechtigt.

Der Revisionswerber weist unter anderem darauf hin, vom Erstgericht sei nicht festgestellt worden, dass Ulfried T***** sich an die mündlich getroffene Vereinbarung dann gehalten hätte, wenn sie auch noch unterfertigt worden wäre, dass in diesem Fall der Kläger von Leo T***** gar nicht Anspruch genommen worden wäre oder dass der Kläger seine Regressansprüche gegen Ulfried T***** mangels von diesem unterfertigter Vereinbarung nicht geltend machen hätte können; dennoch meine das Berufungsgericht (zu Unrecht), dass bei dieser Konstellation dem Kläger der Beweis eines Schadens - verursacht durch den Beklagten - gelungen sei. Tatsächlich habe der Kläger den Beweis, dass ein Schaden überhaupt vorliege und durch den Beklagten verursacht worden sei, überhaupt nicht erbracht. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hätte der Kläger sehr wohl seine Klage gegen Ulfried T***** fortsetzen müssen, um zu klären, dass dieser die Leibrentenzahlungsverpflichtung vertraglich übernommen habe. Das Berufungsgericht hätte daher erkennen müssen, dass dem Kläger der Beweis eines Schadens - verursacht durch den Beklagten - nicht gelungen sei. Das Berufungsgericht habe auch gegen wesentliche Verfahrensvorschriften verstoßen, weil es - ohne Grundlage aus den Feststellungen im Ersturteil - als „indiziert" ansehe, dass sich Ulfried T***** an eine schriftliche Verpflichtungserklärung auch gehalten hätte.

Die Revisionsbeantwortung führt dazu - zusammengefasst - aus, es könne nicht unterstellt werden, dass der Käufer eine schriftlich übernommene Zahlungsverpflichtung nicht erfüllt hätte. Selbst wenn Ulfried T***** die ihn betreffende schriftliche Vereinbarung auch bei der Scheidungsverhandlung nicht unterfertigt hätte, sei daraus für den Beklagten nichts zu gewinnen; es wäre der Kaufvertrag eben nicht zustandegekommen und es hätten Christine K***** und Christian K***** ihr Objekt an einen anderen Käufer zu den vereinbarten Bedingungen veräußert. Dass der Verkäufer einige Wochen nach der Errichtung und Unterfertigung des Kaufvertrags (in dem ihm die Verkäufer sogar Gewähr dafür leisteten, dass er keine zusätzlichen Lasten zu übernehmen brauche) diese schriftliche Zusatzvereinbarung nicht mehr unterfertigen werde, „wäre für jeden gewissenhaften Vertragsverfasser vorhersehbar gewesen"; zumindest hätte man mit dieser Möglichkeit zu rechnen gehabt. Da der rechtserhebliche Sachverhalt den klassischen Fall einer Anwaltshaftung begründe und es hiezu eine jahrzehntelange einhellige Judikatur gebe, der auch das Erst- und Berufungsgericht gefolgt seien, sei die ordentliche Revision an den Obersten Gerichtshof zu Recht nicht zugelassen worden.

Dazu wurde erwogen:

Wie der Senat erst jüngst (E v 30. 3. 2009, 7 Ob 57/09x) abermals festgehalten hat, ist die Kausalität einer Unterlassung für einen Schaden dann nicht gegeben, wenn derselbe Nachteil auch bei pflichtgemäßem Tun entstanden wäre (7 Ob 238/07m; 4 Ob 230/06m mwN; 1 Ob 151/01i = SZ 74/159; RIS-Justiz RS0022913 [T1, T6 und T7]). Auch die Beweislast, dass bei pflichtgemäßem Verhalten der Schaden nicht eingetreten wäre, trifft den Geschädigten (RIS-Justiz RS0022900 [T5]; 6 Ob 104/06x; 10 Ob 103/07f). Die Anforderungen an den Beweis des bloß hypothetischen Kausalverlaufs sind (lediglich) geringer als die Anforderungen an den Nachweis der Verursachung bei einer Schadenszufügung durch positives Tun. Die Frage, wie sich die Geschehnisse entwickelt hätten, wenn der Schädiger pflichtgemäß gehandelt hätte, lässt sich nämlich naturgemäß nie mit letzter Sicherheit beantworten, weil dieses Geschehen eben nicht tatsächlich stattgefunden hat (4 Ob 230/06m; 4 Ob 28/09k; RIS-Justiz RS0022900 [T14]). Dem Schädiger steht dann der Nachweis offen, dass ein anderer Verlauf wahrscheinlicher sei (RIS-Justiz RS0022900 [T1]; 6 Ob 104/06x; 10 Ob 103/07f; 4 Ob 197/08m; zu allem: 7 Ob 57/09x).

Nach ständiger Rechtsprechung ist daher ein Rechtsanwalt bei erwiesenen schuldhaften Unterlassungen dem Mandanten gegenüber nur dann schadenersatzpflichtig, wenn der Mandant beweisen kann, dass das schuldhafte rechtswidrige Verhalten des Rechtsanwalts kausal für den eingetretenen Schaden war. Die Beweislast dafür, dass der Schaden bei gebotenem Verhalten (= möglichem und pflichtgemäßem Handeln des Rechtsanwalts [4 Ob 197/08m]) nicht eingetreten wäre, trifft also auch hier den Geschädigten (stRsp; RIS-Justiz RS0022900 [T8 und T10]; 9 Ob 22/08p; 4 Ob 28/09k mwN).

Von diesen Grundsätzen der Beweislastverteilung ist das Berufungsgericht abgewichen:

Unstrittig ist, dass die Nebenvereinbarung (betreffend die Übernahme der Leibrentenverpflichtung durch den Käufer) als mündliche Vereinbarung (ohnehin) gültig zustande gekommen ist. Das Berufungsgericht ging jedoch davon aus, eine schriftliche Verpflichtungserklärung des Käufers hätte zunächst wohl „indiziert", dass dieser „sich auch daran hält". Dies sei auch dem Beklagten bewusst gewesen, was sich schon daraus ergebe, dass er gar nicht geltend mache, sondern bloß die „theoretische Möglichkeit" in den Raum stelle, der Vertragspartner hätte auch bei Unterfertigung behauptet, die Zusatzvereinbarung nicht geschlossen zu haben. Durch die behauptete Verpflichtung zur Fortsetzung des Prozesses des Klägers gegen den Käufer wäre zwar eine Schadensminderung möglich. Der Beklagte habe damit aber gar nicht konkret behauptet, der Kläger werde diesen Prozess gewinnen. Deshalb sei das Erstgericht zur diesbezüglichen Prüfung nicht verpflichtet gewesen.

Dazu ist zunächst festzuhalten, dass der Kläger - wie auch das Berufungsgericht aufzeigt - sein Schadenersatzbegehren darauf stützt, seine weiterbestehende Haftung für rückständige und künftige Leibrentenforderungen würde dann nicht bestehen bzw in Zukunft wegen der Ersatzpflicht des Ulfried T***** nicht schlagend werden, wenn sie dieser schriftlich (mit der Zusatzvereinbarung) übernommen hätte. Dazu brachte der Beklagte vor, der Kläger hätte den Prozess gegen den Käufer (zur Durchsetzung der mündlichen Vereinbarung) fortsetzen müssen, um zu klären, ob dem Kläger überhaupt ein Schaden durch die Tätigkeit des Beklagten entstanden sei; auch bei Unterfertigung der Zusatzvereinbarung hätte der Käufer nämlich behaupten können, die Vereinbarung nicht geschlossen zu haben.

Aus dem wiedergegebenen Vorbringen zieht das Berufungsgericht den - mit der zitierten Rechtsprechung nicht in Einklang stehenden - Schluss, der Beklagte habe ein „durchaus ausreichendes" Vorbringen des Klägers zum Schaden und zur Kausalität „bloß - wenn überhaupt - unsubstantiiert bestritten", was als schlüssiges Geständnis anzusehen sei; unsubstantiiertes Bestreiten des ausreichenden gegnerischen Vorbringens sei nämlich auch dort als schlüssiges Geständnis anzusehen, wo eine Partei bloß einzelnen Tatsachenbehauptungen des Gegners mit einem konkreten Gegenvorbringen entgegentrete, zu den übrigen jedoch inhaltlich nicht Stellung nehme.

Diese Beurteilung verkennt die im Rahmen der Haftung für schuldhafte Unterlassungen eines Rechtsanwalts anzuwendende Beweislastverteilung. Unter Hinweis auf die eingangs dargelegten Grundsätze ist dem Kläger daher - mit der außerordentlichen Revision - zu erwidern, dass ihm der Beweis für eine Verursachung des geltend gemachten Schadens durch die Beklagte nicht gelungen ist; hätte doch die Unterfertigung der schriftlichen Zusatzvereinbarung lediglich eine erleichterte Beweissituation für den Kläger zur Folge gehabt, an der aufgrund der mündlichen Vereinbarung wirksam zustandegekommenen Verpflichtung des Käufers aber nichts geändert. Die Unterlassung des Beklagten konnte allenfalls für (hier nicht begehrte) Aufwendungen des Klägers zur Durchsetzung der mündlichen Vereinbarung kausal sein, nicht jedoch für den vom Kläger im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Schaden.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist daher auch unerheblich, ob der Käufer im Fall des Vorliegens einer schriftlichen Vereinbarung seine Zahlungspflicht (eher) erfüllt hätte; auch dies ändert - ausgehend vom festgestellten Sachverhalt - nämlich nichts an der mangelnden Kausalität der pflichtwidrigen Unterlassung des Beklagten für das erhobene Ersatz- und Feststellungsbegehren.

Da eine schriftliche Ausfertigung der Übernahme der Leibrentenverpflichtung durch den Käufer fehlte, haben die Vertragsparteien eine - gleichlautende - mündliche Zusatzvereinbarung abgeschlossen. Darin kann nur ein einvernehmliches Abgehen von einer allenfalls zunächst beabsichtigten Schriftform erblickt werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs können die Parteien von einem Formvorbehalt nämlich einverständlich abgehen, auch ohne Einhaltung der Schriftform und nicht nur ausdrücklich, sondern auch konkludent (RIS-Justiz RS0038673; RS0014378). Das gilt nicht nur für eine nachträgliche Vereinbarung, sondern auch für vorausgehende und gleichzeitige Nebenabreden und selbst für den - hier gar nicht vorliegenden - Fall, dass die Parteien die Schriftform auch für das Abgehen vom Erfordernis der Schriftlichkeit vereinbart haben (5 Ob 37/06m = RIS-Justiz RS0038673 [T7] = RS0014378 [T12] mwN; jüngst: 2 Ob 221/08a). Die Zusatzvereinbarung ist also wirksam getroffen worden, weshalb der Käufer die übernommene Leibrentenvereinbarung ohnehin erfüllen muss. Es fehlt daher bereits an der pflichtwidrigen Unterlassung der Unterfertigung, die zum konkreten Termin der einvernehmlichen Scheidung am 10. 5. 2004 - mangels Vorliegens der in der Kanzlei des Beklagten vergessenen Vertragsurkunde und infolge entsprechender mündlicher Einigung - (noch) gar nicht vorzunehmen war.

In Stattgebung der Revision sind die Entscheidungen der Vorinstanzen daher im klagsabweisenden Sinn abzuändern.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.

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