OGH 7Ob123/14k

OGH7Ob123/14k10.9.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und durch die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** AG, *****, vertreten durch Dr. Helmut Klement, Dr. Annemarie Stipanitz-Schreiner Rechtsanwälte Partnerschaft in Graz, gegen die beklagte Partei Dr. P***** Z*****, vertreten durch Schmid & Horn Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 29. April 2014, GZ 7 R 9/14s‑77, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0070OB00123.14K.0910.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Frage, ob in der Berufung behauptete Mängel des Verfahrens erster Instanz vom Berufungsgericht zu Recht verneint wurden, ist nach ständiger Rechtsprechung vom Revisionsgericht nicht mehr zu überprüfen (RIS-Justiz RS0042963). Da dem Obersten Gerichtshof ein Eingehen auf die vom Rechtsmittelwerber weiter geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz verwehrt ist, ist auch die Begründung, die das Berufungsgericht für das Nichtvorliegen der Verfahrensmängel gegeben hat, der Überprüfung durch das Revisionsgericht entzogen. Dieser Grundsatz kann auch nicht durch die Behauptung umgangen werden, das Berufungsverfahren sei mangelhaft geblieben, weil das Berufungsgericht der Mängelrüge nicht gefolgt sei (RIS‑Justiz RS0042963 [T58]; RS0043061 [T14, T18]; vgl RS0043144; 7 Ob 215/13p mwN; jüngst: 10 ObS 54/14k).

Nach ständiger Rechtsprechung ist für die Beurteilung der Frage, ob den Mieter an der verspäteten Zahlung des Mietzinses ein grobes Verschulden trifft, seine Willensrichtung, die zur Zahlungssäumnis führte, maßgebend (RIS‑Justiz RS0069316 [T2, T14]). Grobes Verschulden setzt ein besonderes Maß an Sorglosigkeit voraus, sodass der Vorwurf berechtigt erscheint, der Mieter habe die Interessen des Vermieters aus Rechthaberei, Willkür, Leichtsinn oder Streitsucht verletzt (RIS‑Justiz RS0069304; 7 Ob 99/12b mwN; 10 Ob 3/14k).

Im Allgemeinen kann nur eine Verspätung von wenigen Tagen oder wegen vorübergehender Zahlungsschwierigkeiten toleriert werden; häufige Rückstände trotz Mahnung können nur ausnahmsweise nach den Besonderheiten des Einzelfalls eine sonst naheliegende grobe Fahrlässigkeit ausschließen (RIS-Justiz RS0070310). Die Beweislast dafür, dass ein grobes Verschulden an der Nichtzahlung des Zinses nicht vorliegt, trifft den Beklagten (RIS-Justiz RS0069316).

Ob den Mieter an der nicht rechtzeitigen Zahlung des Mietzinses ein grobes Verschulden im Sinn des § 33 Abs 2 MRG trifft, stellt eine Frage des Einzelfalls dar. Zufolge dieser Einzelfallbezogenheit kann insoweit die Zulässigkeit der Revision nur dann begründet werden, wenn das Berufungsgericht den ihm bei der Beurteilung des groben Verschuldens an der nicht rechtzeitigen Zahlung des Mietzinses eingeräumten Beurteilungsspielraum überschritten hat (RIS‑Justiz RS0042773 [T1, T3]; 10 Ob 3/14k, 10 Ob 8/13v mwN).

Dieser Spielraum wurde hier nicht überschritten.

Auf die Frage, unter welchen Voraussetzungen sich der Mieter schuldhaftes Verhalten seines Anwalts zurechnen lassen muss (vgl dazu 10 Ob 8/13v mwN), kommt es somit gar nicht an. Demgemäß vermag die außerordentliche Revision (vom nicht mehr angreifbaren Sachverhalt ausgehend) keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO darzustellen. Ihre Zurückweisung bedarf keiner weiteren Begründung (§ 510 Abs 3 ZPO).

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