OGH 7Ob109/10w

OGH7Ob109/10w30.6.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Ablehnungssache der Antragsteller 1. H***** K***** und 2. A***** K*****, über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 14. April 2010, GZ 13 R 41/10k-7, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Landesgericht St. Pölten als Erstgericht wies mit Beschluss vom 1. Februar 2010, GZ 10 Nc 3/10t-3, einen in einem nur gegen den Erstantragsteller geführten Besitzstörungsverfahren gestellten Ablehnungsantrag beider Antragsteller gegen den Vorsteher des Bezirksgerichts Ybbs als unbegründet zurück. Die dagegen ohne Anwaltsfertigung von beiden Antragstellern eingebrachte Eingabe behandelte das Rekursgericht als Rekurs, den es wegen dieses Formfehlers, über den die Antragsteller bereits in einem vorangehenden Ablehnungsverfahren belehrt worden seien, ohne inhaltliche Prüfung zurückwies. Den Entscheidungsgegenstand bewertete es mit 5.000 EUR nicht übersteigend und sprach aus, der Revisionsrekurs sei jedenfalls unzulässig (§ 528 Abs 2 Z 1 ZPO).

Dagegen richtet sich der wieder ohne Anwaltsfertigung verfasste und als „Berufung“ bezeichnete Schriftsatz beider Antragsteller, der als Revisionsrekurs zu verstehen ist. Sie werfen darin den Richtern des Rekurssenats Missbrauch der Amtsgewalt vor und rügen unter anderem die Bewertung des Entscheidungsgegenstands durch das Rekursgericht, weil dieser, „wie in den Protokollen des BG Ybbs nachzulesen“ sei, „über 5.000 EUR“ liege.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs erweist sich aus folgenden Gründen als absolut unzulässig:

1. Soweit die §§ 19 bis 25 JN keine Sonderregelungen in Ablehnungssachen enthalten, richtet sich dieses nach den Vorschriften jenes Verfahrens, in dem die Ablehnung erfolgt (RIS-Justiz RS0006000 [T7]). Weist das Gericht zweiter Instanz den Rekurs gegen die Ablehnung der Annahme einer Befangenheit des Richters durch das Gericht erster Instanz in einem Zwischenverfahren ohne Vornahme einer meritorischen Prüfung der Ablehnungsgründe aus formellen Gründen zurück, so kommt § 24 Abs 2 JN nicht zur Anwendung und muss der Rechtszug an die dritte Instanz zwecks Prüfung dieser formellen Gründe allerdings unter der Voraussetzung des § 528 ZPO offen stehen (RIS-Justiz RS0044509 [T1]). In Ablehnungssachen ist der Entscheidungsgegenstand mit jenem im Hauptverfahren gleichzusetzen (RIS-Justiz RS0044508). Daher finden im vorliegenden Fall für die Beurteilung der Rechtsmittelzulässigkeit gegen die Zurückweisung des Rekurses durch das Rekursgericht die Regelungen für das Besitzstörungsverfahren Anwendung. Dafür findet sich in § 528 Abs 2 Z 6 ZPO die Spezialnorm, die den Revisionsrekurs in Streitigkeiten wegen Besitzstörung jedenfalls ausschließt. Diese Bestimmung schließt für alle über Beschlüsse im Besitzstörungsverfahren erster Instanz ergehenden Entscheidungen des Rekursgerichts, mögen diese meritorischer oder formeller Art sein, die Anfechtbarkeit aus (RIS-Justiz RS0044282; RS0044507), was auch für Ablehnungsverfahren im Rahmen eines Besitzstörungsverfahrens zu gelten hat (9 Ob 61/08y; RIS-Justiz RS0043959).

Der gegenteiligen Ansicht Zechners (in Fasching/Konecny² § 528 ZPO Rz 15f und 183) vermag sich der erkennende Senat nicht anzuschließen. Die Differenzierung zwischen Entscheidungen im Besitzstörungsstreit und aus Anlass dessen ändert nämlich nichts an dem engen Zusammenhang der beiden Verfahren, der zu dem von der Rechtsprechung erblickten Wertungswiderspruch wegen unterschiedlicher Anrufbarkeit des Obersten Gerichtshofs im Haupt- und im Annexverfahren führt (6 Ob 530/86).

Ist aber der Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs 2 Z 6 ZPO „jedenfalls" unzulässig, dann ist er zurückzuweisen und es braucht weder die Frage, ob eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO vorliegt, geprüft werden, noch ist auf die inhaltlichen Rechtsmittelausführungen der Revisionsrekurswerber einzugehen. Auch eine Auseinandersetzung mit der Antragslegitimation der Zweitantragstellerin und der Beschwer der Rechtsmittelwerber erübrigt sich ebenso wie die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens wegen fehlender Anwaltsfertigung.

2. Die im Vorwurf des Missbrauchs der Amtsgewalt erblickbare Ablehnung der Mitglieder des Rekurssenats im Revisionsrekurs hindert die sofortige Entscheidung darüber nicht.

Nach ständiger Rechtsprechung kann nach rechtskräftiger Beendigung eines Verfahrens eine auf Befangenheitsgründe gestützte Ablehnung mangels eines rechtlich geschützten Interesses nicht mehr wahrgenommen werden, weil auch eine erfolgreiche Ablehnung nichts mehr daran ändern könnte, dass die Entscheidung rechtskräftig ist und die ihr zugedachten Rechtswirkungen entfaltet (RIS-Justiz RS0045978). Im Hauptverfahren (hier: Ablehnung des Vorstehers des Bezirksgerichts Ybbs) trat wegen der bereits dargelegten absoluten Unzulässigkeit eines Revisionsrekurses gegen die Entscheidung des Rekursgerichts deren formelle Rechtskraft mit der Zustellung an die Antragsteller ein. Die im erst danach erhobenen Revisionsrekurs enthaltene Ablehnung der Mitglieder des Rekurssenats ist daher unbeachtlich.

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