Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der Beschluss des Rekursgerichtes wird aufgehoben. Dem Rekursgericht wird eine neuerliche Entscheidung über den Rekurs des Erstantragstellers unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.
Text
Begründung
Die Erlegerin beantragte, den Erlag von 155.037,50 S gemäß § 1425 ABGB anzunehmen, weil mehrere Forderungsprätendenten vorhanden seien. Die beiden von ihr bezeichneten Erlagsgegner hätten ihre Liegenschaft in S***** an das Ehepaar Karl und Lucia L***** um 3,300.000 S verkauft. Der Kaufpreis sei bis auf den hinterlegten Teilbetrag beglichen worden. Zwischen den Erlagsgegnern bestehe kein Einvernehmen darüber, an wen von ihnen dieser Restbetrag auszuzahlen sei. Der Zweiterlagsgegner behaupte, Aufwendungen auf die Liegenschaft getätigt zu haben, die ihm von seinem Bruder, dem Erstantragsgegner, zu ersetzen seien. Letzterer stimme aber einer Auszahlung des Restbetrages an den Zweiterlagsgegner nicht zu, obwohl er sich verpflichtet habe, die Aufwendungen bei Veräußerung der Liegenschaft zur Hälfte zu tragen.
Das Erstgericht nahm den Erlag zu Gericht an.
Dagegen erhob der Ersterlagsgegner Rekurs mit der Begründung, dass dem Erlagsantrag der Rechtsgrund des Erlages nicht zu entnehmen sei und dass im angefochtenen Beschluss, der unbegründet geblieben sei, nicht bezeichnet worden sei, um wessen Forderung es sich handle und wer der Schuldner der Kaufpreisrestforderung sein solle. Es fehle daher sowohl dem Erlagsantrag als auch dem angefochtenen Beschluss an der erforderlichen Bestimmtheit.
Das Rekursgericht wies diesen Rekurs zurück. Es sprach zunächst aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 260.000 S nicht übersteige und dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Nach ständiger Rechtsprechung könne sich der Antragsgegner im Erlagsverfahren durch den Annahmebeschluss nicht beschwert erachten, weshalb er nicht rekurslegitimiert sei.
Mit Beschluss vom 14. 4. 1999 änderte das Rekursgericht seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses auf Antrag des Ersterlagsgegners (§ 14a AußStrG) dahin ab, dass es den ordentlichen Revisionsrekurs nach § 14 Abs 1 AußStrG für zulässig erklärte. Im Hinblick auf die im Änderungantrag zitierte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 4 Ob 218/98g, 219/98d könne von einer einheitlichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Rechtsmittellegitimation des Erlagsgegners nicht mehr ausgegangen werden.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Ersterlagsgegners ist zulässig und berechtigt.
Wie in der genannten Entscheidung (JBl 1999, 315) ausführlich dargelegt wurde, hatte sich bis dahin die Rechtsprechung letztlich noch nicht mit der Frage befasst, ob der Rechtssatz, der Erlagsgegner sei nicht legitimiert, den Annahmebeschluss zu bekämpfen, uneingeschränkt zu gelten hat. Die Rechtsmittellegitimation hängt vielmehr davon ab, ob der Annahmebeschluss die materielle Rechtsstellung des Erlagsgegners berührt. Dies ist zu bejahen, wenn ein Gerichtserlag wegen einer Mehrheit von Forderungsprädententen vorgenommen wird, wie in der zitierten Entscheidung dargelegt wird:
In einem solchen Fall muss ein Erlagsgegner in der Regel das - gerichtlich oder außergerichtlich erreichte - Einverständnis der übrigen Erlagsgegner beibringen. Für den Erlagsgegner bedeutet es naturgemäß einen Unterschied, ob er einem oder mehreren weiteren Erlagsgegnern gegenübersteht. Zwar gilt auch für diesen Fall, dass der Erlag nur schuldbefreiend wirkt, wenn ein Erlagsgrund besteht. Dafür reicht es aber aus, dass die Erlagsvoraussetzungen gegenüber einem der Erlagsgegner gegeben sind. Bei einer Mehrheit von Erlagsgegnern trifft es daher nicht zu, dass der Erlag die Rechtsstellung des oder der Erlagsgegner unberührt ließe. Ist auch nur gegenüber einem der Erlagsgegner ein Erlagsgrund gegeben, so ist der Erleger von seiner Schuld befreit; der Berechtigte muss daher die Voraussetzungen für die Freigabe des Erlages erfüllen, um das ihm Zustehende zu erhalten. Dazu kann es notwendig sein, das Einverständnis mehrerer Erlagsgegner gerichtlich zu erwirken. Die Rechtsmittellegitimation und Beschwer des Erlagsgegners ist daher zu bejahen, wenn der Erlag zu Gunsten mehrerer Erlagsgegner erfolgt.
Aus diesen Ausführungen, denen der erkennende Senat beitritt, ergibt sich, dass das Rekursgericht den Rekurs des Ersterlagsgegners zu Unrecht zurückgewiesen hat. Für eine Entscheidung in der Sache selbst findet der erkennende Senat jedoch keinen Anlass. Vielmehr wird sich das Rekursgericht im weiteren Verfahren mit den im Rekurs ausgeführten Anfechtungsgründen in einer neuerlichen Entscheidung auseinanderzusetzen haben.
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