Spruch:
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Kläger begehren, die Beklagte schuldig zu erkennen, den Entzug von Licht auf das Grundstück der Kläger durch die auf dem Grundstück der Beklagten befindlichen Bäume zu unterlassen. Die nur 1 m von der Grundstücksgrenze entfernten Bäume würden erheblichen Schatten auf die Liegenschaft der Kläger werfen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Dabei ging es im Wesentlichen von folgendem Sachverhalt aus:
Die Kläger haben auf ihrer im Erbweg übernommenen Liegenschaft im Jahre 1986 ein Wohnhaus errichtet. Die Liegenschaft umfasst eine Fläche von ca 600 m2. Eine Anpflanzung von zehn Fichten in einer Reihe ist ansonsten in der Gemeinde Altach nicht aufzufinden. Die Fichten sind derzeit ca 33 bis 36 Jahre alt. Beim Küchenfenster führen mit Ausnahme der frühen Morgenstunden die Bäume zu einer praktisch vollständigen Beschattung während der möglichen Sonneneinstrahldauer. Dies gilt auch für das Esszimmer im Bereich der südwestlichen Gebäudeecke. Im Bereich der Terrasse führen die Bäume ab 13 bis 15 Uhr zu einer praktisch vollständigen Beschattung. Aufgrund der Beschattung kann auch zur Mittagszeit an einem helllichten Sommertag in der Küche der Kläger ohne künstliche Beleuchtung nicht gearbeitet werden. Der Garten der Kläger ist durch extreme Moosbildung gekennzeichnet, die im Wesentlichen auf den Schattenwurf dieser Bäume zurückzuführen ist.
Rechtlich würdigte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahingehend, dass die ca 30 m hohen Fichten einen mehr oder weniger undurchlässigen Wald bildeten, der die beiden Nachbarliegenschaften angesichts ihrer Grundstücksgröße zu erdrücken scheine. Die von diesen Bäumen ausgehende Negativimmission überschreite das nach den örtlichen Verhältnissen in Altach gewöhnliche Maß bei weitem. Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Bei der Beurteilung der Ortsüblichkeit seien Ausmaß und Lage der durch den Entzug von Lichteinfall beeinträchtigten Fläche zu berücksichtigen. Es sei zu fragen, welche konkrete Nutzungsmöglichkeit für die Kläger eingeschränkt oder unmöglich gemacht werde. Je größer die vom Entzug des Lichteinfalls beeinträchtigte Fläche im Verhältnis zur Gesamtfläche sei, umso eher werde das Kriterium der Unzumutbarkeit auch dann erfüllt sein, wenn zeitlich nicht von einem dauernden gänzlichen Entzug des Lichteinfalls auszugehen sei. Unzumutbarkeit sei im Einzelfall umso eher verwirklicht, als zeitlich und räumlich überwiegend kein Sonnenlicht in Wohnräume und/oder in den Garten einfallen könne. Nach den Feststellungen des Erstgerichts könne in wesentliche Teile des Hauses und der Liegenschaft der Kläger im Jahresdurchschnitt zeitlich und räumlich in erheblichem Ausmaß kein Sonnen- oder Tageslicht einfallen. Die Beschattung durch die Bäume der Beklagten sei darüber hinaus Hauptursache für die extreme Vermoosung des Gartens der Kläger. Ein Interesse der Beklagten an einer Begrünung in Form der hier vorzufindenden Bepflanzung durch zehn Fichten mit einer Durchschnittshöhe von rund 20 m sowie zusätzlich einer Esche und einer Birke sei nicht zu erkennen. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien sei auch das Berufungsgericht der Auffassung, dass die von den Bäumen auf dem Grundstück der Beklagten ausgehenden Einwirkungen das ortsübliche Maß überschritten und die Benutzung des Grundstücks der Kläger unzumutbar im Sinn des § 364 Abs 3 ABGB beeinträchtigten.
Die Beklagte habe im erstinstanzlichen Verfahren aber auch vorgebracht, die Kläger hätten ihr Haus zu einem Zeitpunkt errichtet, als die Bäume entlang der Grundstücksgrenze längst bestanden hätten. Zur Zeit der Bauführung durch die Kläger sei der Baumbestand sogar noch dichter gewesen; er sei nachträglich - als die Beklagte ihrerseits ihr Haus gebaut habe - deutlich ausgelichtet worden. Dieser Einwand sei rechtlich von Bedeutung. Sollte es zutreffen, dass die Kläger ihr Haus zu einem Zeitpunkt errichteten, als die Bäume auf der Liegenschaft der Beklagten schon so hoch gewesen seien, dass deren Schattenwurf ihre Liegenschaft in unzumutbarer Weise beeinträchtigte oder eine solche Einwirkung bei weiterem Wachstum der Bäume vorhersehbar gewesen sei, müsse ein auf § 364 Abs 3 ABGB beruhender Abwehranspruch verneint werden. Im fortgesetzten Verfahren seien Feststellungen zur Höhe der Bäume im Jahr 1986 zu treffen. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil zur Frage, ob trotz der (nunmehrigen) Beeinträchtigung einer Liegenschaft im Sinne des § 364 Abs 3 ABGB ein auf diese Gesetzesbestimmung gestützter Unterlassungsanspruch dann nicht bestehe, wenn die Intensität der Beeinträchtigung zum Zeitpunkt der Errichtung eines Gebäudes auf dieser Liegenschaft erkennbar oder zumindest vorhersehbar gewesen sei, keine Judikatur des Obersten Gerichtshofs existiere. In diesem Zusammenhang erscheine dem Berufungsgericht auch die Frage von Bedeutung, ob einem Liegenschaftseigentümer im Falle einer Übernahme eines Grundstücks im Erbwege nur die Wahl offenstehe, entweder die Liegenschaft nicht zu verbauen oder eine unzumutbare Beeinträchtigung der Nutzung des Gebäudes samt Garten durch Schattenwurf in Kauf zu nehmen.
Rechtliche Beurteilung
Hiezu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:
Der Rekurs ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.
1. Die auf den konkreten Umständen des Einzelfalls beruhende Auslegung des Begriffs der „Unzumutbarkeit" begründet - vom Fall einer auffallenden Fehlbeurteilung abgesehen - keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO (8 Ob 116/07b).
2. Zu § 364 ABGB entspricht es aber ständiger Rechtsprechung, dass sich neu hinzukommende Nachbarn grundsätzlich mit der im Gebiet vorherrschenden Immission abfinden müssen, zumal in immissionsbelasteteren Gebieten auch die Grundstückspreise entsprechend niedriger sind (RIS-Justiz RS0112502). In diesem Sinne hat der Oberste Gerichtshof etwa ausgesprochen, dass, wer sich in einem überwiegend landwirtschaftlich genutzten Gebiet zu Wohnzwecken ansiedelt, jene nachteiligen Auswirkungen der landwirtschaftlichen Nutzung von Nachbargrundstücken hinnehmen muss, die bereits vorher bestanden haben und die für den Emittenten ohne erhebliche eigene Nachteile nicht vermeidbar sind (1 Ob 190/05f).
3. Es entspricht auch der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass bei der Unzumutbarkeitsprüfung nach § 364 Abs 3 ABGB in Rechnung zu stellen ist, ob und in welchem Maß bei Bedachtnahme auf den (damals) bestehenden Zustand des Grundstücks der Beklagten bei der Errichtung dieses Gebäudes eine Beeinträchtigung durch den Schattenwurf von Bäumen auf dem Nachbargrund vermieden werden konnte (10 Ob 60/06f; vgl auch 8 Ob 99/06a). So hat der Oberste Gerichtshof - folgend P. Bydlinski, Neuerungen im Nachbarrecht, JBl 2004, 89 - bereits entschieden, dass, auch wenn § 364 Abs 3 ABGB den Begriff der Ortsüblichkeit nicht ausdrücklich erwähnt, die konkreten örtlichen Gegebenheiten die Zumutbarkeitsgrenzen zu Lasten des Nachbarn verschieben könnten. Habe der Kläger ein Grundstück samt Gebäude „inmitten eines Waldgebiets" erworben, so sei die Auffassung der Vorinstanzen, er könne nunmehr nicht die Beseitigung des Waldes fordern, jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden (6 Ob 51/07d = ZAK 2007/378). Der Oberste Gerichtshof hat die vom Berufungsgericht für klärungsbedürftig erachtete Frage bereits dahin entschieden, dass der Umstand, dass ein bestimmter Zustand bereits seit längerer Zeit besteht, zwar die Anwendung des § 364 Abs 3 ABGB nicht ausschließt (10 Ob 60/06f), aber im Rahmen der nach dieser Bestimmung vorzunehmenden Interessensabwägung zu berücksichtigen ist.
4. Im vorliegenden Fall sprach sogar die Erstklägerin davon, dass die Liegenschaft der Beklagten zum Zeitpunkt des Hausbaus mit Fichten voll besetzt gewesen sei; eine Zeugin sprach sogar ausdrücklich von einem „Wald". Nach Angaben der Erstklägerin hielt der Vater der Beklagten auf dieser Liegenschaft sogar eine Gams. Ergänzend ist darauf zu verweisen, dass die Beschattung teilweise auch durch das eigene Dach der Kläger und durch einen Baum auf einer anderen (nicht im Eigentum der Beklagten stehenden) Liegenschaft verursacht wird. Wenn bei dieser Sachlage das Berufungsgericht weitere Feststellungen zur Höhe der gegenständlichen Bäume im Jahr 1986 (als dem Zeitpunkt des Baubeginns der Kläger) für erforderlich hielt, ist dies vom Obersten Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht weiter zu überprüfen (RIS-Justiz RS0042179).
Der Rekurs war daher spruchgemäß zurückzuweisen.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
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