Normen
ABGB §908
ABGB §1336 Abs2
ABGB §908
ABGB §1336 Abs2
Spruch:
Bei ausdrücklicher Vereinbarung, daß ein Betrag als Angeld gegeben wird, ist ein solches auch in einer Höhe möglich, die sonst gegen die Qualifikation als Angeld sprechen würde. Auch für das Angeld gilt, daß der Verfall bzw. die Rückforderung des Doppelten vom Nachweis eines Schadens unabhängig ist
Die Vorschriften des § 1336 Abs. 2 ABGB über das richterliche Mäßigungsrecht bei Konventionalstrafen sind auch auf das Angeld gemäß § 908 ABGB analog anzuwenden
OGH 30. März 1981, 6 Ob 820/80 (OLG Wien 18 R 91/80; LGZ Wien 26 Cg 96/79)
Text
Der Kläger begehrte von der Beklagten die Bezahlung des Betrages von 240 000 S samt Anhang und brachte vor: Die Beklagte habe der Realitätenvermittlung B Auftrag und Vollmacht zur lastenfreien Veräußerung der ihr gehörigen Liegenschaft erteilt. Der Kläger habe am 19. April 1979 ein Kaufanbot zum Preis von 1 600 000 S gestellt, das nach Einholung der Zustimmung der Beklagten von der genannten Realitätenvermittlung namens der Beklagten angenommen worden sei. Der Kläger habe sodann das im Sinne des § 908 ABGB vereinbarte Angeld in Höhe von 240 000 S erlegt. Die Beklagte habe in der Folge erklärt, sich an den mündlich geschlossenen Kaufvertrag nicht gebunden zu fühlen, weil sie einen Käufer an der Hand habe, der ihr möglicherweise mehr bieten würde. Sie habe in der Folge das erlegte Angeld zurückgegeben, weshalb hier "das Doppelte" des Angeldes begehrt werde.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein: Sie habe der Realitätenvermittlung am 16. März 1979 einen mit drei Monaten befristeten Alleinvermittlungsauftrag verbunden mit Abschlußvollmacht erteilt, wobei festgehalten worden sei, daß der Kaufpreis 1 825 784 S ausmachen müsse. Der Inhalt dieser Abschlußvollmacht zu diesem Preis sei (dem Kläger) bekannt gewesen. Am 17. April 1979 habe eine Angestellte der Realitätenvermittlung angerufen und mitgeteilt, ein Interessent sei zum Kauf der Liegenschaft um 1 600 000 S bereit. Die Beklagte habe jedoch einer Preisreduktion nie zugestimmt.
Eine solche Vereinbarung sei daher mit der Realitätenvermittlung nie zustandegekommen. Diese habe somit den ihr erteilten Auftrag nicht ordnungsgemäß ausgeführt und sei entsprechend der Vereinbarung vom 16. März 1979 nicht zum Abschluß eines Kaufvertrages mit dem Kläger ermächtigt gewesen. Das Anbot des Klägers sei auch nicht angenommen worden. Ein gültiger Vertrag zwischen den Streitteilen sei daher nicht zustandegekommen. Der Kläger könne, weil die Beklagte an dem Vollmachtsmißbrauch kein Verschulden treffe, keine Leistung gemäß § 908 ABGB begehren. Der Betrag von 240 000 S sei im Verhältnis zum Kaufpreis von 1 600 000 S nicht geringfügig, so daß rechtlich kein Angeld vorliege. Sollte es sich doch um Angeld handeln, werde die Anwendung des richterlichen Mäßigungsrechtes begehrt.
Der Kläger erwiderte darauf, die Beklagte habe ihre Zustimmung erteilt, daß die Liegenschaft um den vom Kläger gebotenen Preis von 1 600 000 S verkauft werde. Im übrigen sei dies ohne Relevanz, weil eine allfällige Überschreitung der Grenzen der Vollmacht durch das Realitätenvermittlungsbüro als Gewalthaberin der Beklagten dem auf die offene Vollmacht gestützten Vertrauen des Klägers nicht Abbruch tun könne.
Die Firma B trat als Nebenintervenientin dem Kläger im Rechtsstreit bei (§ 17 Abs. 1 ZPO).
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und stellte folgenden Sachverhalt fest:
Die Beklagte war Eigentümerin der Liegenschaft Wien 14, U-Straße 8, mit einem Sommerhaus und einem Swimmingpool und hat betreffend dieses Grundstück am 16. März 1979 der Nebenintervenientin einen Alleinvermittlungsauftrag und eine Abschlußvollmacht zum Preis von 1 825 784 S für drei Monate erteilt. In dem Betrag von 1 825 784 S ist die von der Beklagten an die Nebenintervenientin zu zahlende Vermittlungsprovision bereits enthalten. Die Nebenintervenientin inserierte mehrmals dieses Grundstück. Auf Grund eines solchen Inserates bot der Kläger, nachdem er das Objekt besichtigt hatte, 1 600 000 S bar. Er besprach dieses Anbot mit Silvia A, einer Angestellten der Nebenintervenientin, die diesen Fall bearbeitete. Diese erklärte dem Kläger zunächst, sie müsse erst mit der Beklagten Rücksprache pflegen. Sie konnte die Beklagte aber in Anwesenheit des Klägers nicht erreichen. Sie teilte der Beklagten das Offert des Klägers später telephonisch mit und schilderte es als besonders seriös. Die Beklagte war zwar nicht begeistert, sagte aber schließlich zu, dieses Offert anzunehmen, soferne die Nebenintervenientin mit einer Reduktion ihrer Vermittlungsprovision auf 30 000 S einverstanden sei. Nach einer Rücksprache mit der Firmenleitung machte Silvia A der Beklagten gegenüber diese Zusage. Nach diesem Telefongespräch teilte Silvia A dem Kläger mit, daß die Beklagte mit dem Verkauf des Grundstückes um 1.6 Mill. S einverstanden sei. Der Kläger kam noch am gleichen Tag in das Büro der Nebenintervenientin und unterschrieb nun das Kaufanbot, in dem es u. a. heißt: "2. Ich erlege bei der Firma B ... 240 000 S und beauftrage unwiderruflich die obgenannte Firma, diesen Betrag als Angeld bei Vertragsabschluß an den Verkäufer auszuzahlen. Über die gesetzlichen Bestimmungen des Angeldes (§ 908 ABGB) wurde ich belehrt ..." Nach Unterfertigung des vorgedruckten, von der Nebenintervenientin aufgelegten Kaufanbotes durch den Kläger wurde dieses Anbot von Silvia A mündlich angenommen, worauf der Kläger sofort das ausbedungene Angeld sowie die vereinbarte Provision mit Scheck bezahlte. Am nächsten Tag wollte Silvia A die am Vortag mit der Beklagten telephonisch vereinbarte Preisreduktion auf 1.6 Mill. S schriftlich festhalten und begab sich vereinbarungsgemäß zur Beklagten. Diese verweigerte jedoch nunmehr ihre Zusage und ihre Unterschrift und erklärte, noch einen Interessenten zu haben, der möglicherweise mehr bezahle. In der Folge wurde das Grundstück von der Beklagten anderweitig veräußert, wovon auch der Kläger von der Beklagten verständigt wurde.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, die Beklagte habe der Nebenintervenientin "Abschlußvollmacht" erteilt, diese habe mit dem Kläger einen gültigen Vertrag abgeschlossen und das vom Kläger bezahlte Angeld als solches entgegengenommen. An diesen Vertrag sei die Beklagte gebunden. Ob die Nebenintervenientin dabei eine Verletzung ihrer Pflichten gegenüber der Beklagten begangen habe, sei hier nicht zu entscheiden. Der Beklagten sei es keineswegs gelungen zu beweisen, daß der Kläger bei Abschluß des Vertrages mit der Nebenintervenientin nicht gutgläubig gewesen sei. Da die Beklagte den abgeschlossenen Vertrag ohne triftigen Grund nicht eingehalten habe, sei sie gemäß § 908 ABGB verpflichtet, den ausdrücklich als Angeld bezeichneten Betrag "im doppelten Umfang" zurückzuerstatten. Da sie den erlegten Betrag bereits zurückgezahlt habe, müsse sie noch den Klagsbetrag bezahlen. Der Einwand, bei Angeld handle es sich nur um einen geringen Betrag, gehe ins Leere, weil der Betrag von 240 000 S ausdrücklich als Angeld bezeichnet und gewidmet worden sei. Ein richterliches Mäßigungsrecht sei beim Angeld nicht vorgesehen und komme daher nicht in Betracht.
Das Berufungsgericht änderte das Urteil des Erstgerichtes im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens ab und führte im wesentlichen aus:
Voraussetzung für die Berechtigung des Klagebegehrens sei es, daß der anläßlich des Kaufanbotes hinsichtlich der Liegenschaft zu einem Preis von 1.6 Mill. S und dessen Annahme gegebene Betrag in der Höhe von 240 000 S ein Angeld gemäß § 908 ABGB gewesen sei. Der Kläger behaupte dies und stütze sich auf Punkt 2 des Anbotschreibens, welcher vollständig laute: "2. Ich erlege bei der Firma B 15% (in Worten: fünfzehn Prozent) des Kaufpreises, d. s. 240 000 S (zweihundertvierzig) bis spätestens 19. April 1979 und beauftrage unwiderruflich die obgenannte Firma, diesen Betrag als Angeld bei Vertragsabschluß an den Verkäufer auszuzahlen. Über die gesetzlichen Bestimmungen des Angeldes (§ 908 ABGB) wurde ich belehrt. Dasselbe gilt sinngemäß für Investitionsablöse und Mietvorauszahlung. Die Restzahlung für das Objekt erfolgt spätestens bei Unterfertigung des Vertrages beim Rechtsanwalt oder bei der Hausverwaltung." Nach ständiger Rechtsprechung sei Angeld gemäß § 908 ABGB eine im Verhältnis zum Kaufpreis geringfügige Summe, die mangels besonderer Vereinbarung, also im Zweifel, als Zeichen der Abschließung oder Sicherstellung der Erfüllung gegeben werde. Daß Angeld nur ein relativ geringfügiger Betrag sein könne, erkläre die historische Entwicklung. Vor allem die zeitgemäßen Formen eines Vertrages von Bedeutung und die Verfeinerung der Rechtsdurchsetzungsmöglichkeiten hätten das Angeld weitgehend obsolet gemacht. Daraus, daß Angeld gemäß § 908 ABGB nur ein im Vergleich zur Kaufsumme geringfügiger Betrag sein könne - wenn nicht ohnedies eine andere Widmung des Gegebenen vereinbart sei - folge zwingend, daß ein verhältnismäßig hoher Betrag nicht Angeld im Sinne des § 908 ABGB sein könne. Der im vorliegenden Fall gegebene Betrag in der Höhe von 240 000 S sei, gemessen am Zweck des Angeldes und den im § 908 ABGB normierten Folgen, unverhältnismäßig hoch. Da das Angeld als Zeichen der Abschließung oder der Sicherstellung der Erfüllung diene, diene es "im wesentlichen Unnötigem innerhalb eines (sonst) hochentwickelten Vertragsrechtes." Die im § 908 ABGB normierten Folgen seien nichts anderes als eine angedrohte Strafe als zusätzliches Druckmittel gegen den Vertragspartner. Die Ansprüche aus dem Vertrag selbst oder dessen schuldhafter Nichterfüllung erführen durch das "Angeld" weder eine Erweiterung noch eine Einschränkung. Der vom Kläger gegebene Betrag von 240 000 S könne wegen seiner "eklatant unverhältnismäßigen Höhe" zum Kaufpreis nicht Angeld sein und sei daher auch nicht Angeld gemäß § 908 ABGB. Die Vertragsparteien seien wegen der Vertragsfreiheit zwar berechtigt, in Anlehnung an § 908 ABGB eine Vereinbarung zu treffen, wonach unter gewissen Voraussetzungen auch ein bei Vertragsabschluß gegebener unverhältnismäßig hoher Betrag verfallen oder im doppelten Betrag zurückgegeben werden solle. Ein solcher Vertrag wäre aber einer "eigenen Art" selbst dann, wenn er sich seinem Inhalt nach an der Bestimmung des § 908 ABGB orientiere. Die in einem solchen Vertrag etwa vereinbarten Folgen einer schuldhaften Nichterfüllung seien dann aber nicht Ausfluß des § 908 ABGB, sondern des vom Parteiwillen umfaßten Vertragsinhaltes. Punkt 2 der Urkunde vom 19. April 1979 stelle aber einen solchen besonderen Vertrag nicht dar. Mangels eines tauglichen, auf das Gesetz oder ein Rechtsgeschäft gegrundeten Rechtsgrundes erweise sich daher das Begehren des Klägers auf Zahlung des "doppelten" Betrages als nicht berechtigt. Es sei daher nicht erforderlich, sich mit der Richtigkeit oder Vollständigkeit der vom Erstgericht getroffenen Feststellungen oder mit weiteren Rechtsfragen auseinanderzusetzen.
Über Revision des Klägers hob der Oberste Gerichtshof das Urteil des Berufungsgerichtes auf und trug diesem eine neuerliche Entscheidung auf.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Auf die vom Berufungsgericht vertretene und vom Kläger bekämpfte Auffassung, das Rechtsinstitut Angeld sie weitgehend obsolet geworden, braucht nicht weiter eingegangen werden, weil auch vom Berufungsgericht nicht in Zweifel gezogen wird, daß § 908 ABGB zum geltenden Recht gehört.
Mit einer sehr ausführlichen Darstellung der Rechtsprechung wendet sich der Kläger gegen die Auffassung des Berufungsgerichtes, der vom Kläger bezahlte Betrag von 240 000 S könnte wegen seiner unverhältnismäßigen Höhe, gemessen am Kaufpreis von 1 600 000 S, nicht Angeld im Sinne des § 908 ABGB sein. Er meint, das Berufungsgericht berufe sich zu Unrecht auf die von ihm zitierten Entscheidungen, weil diese - mit Ausnahme der Entscheidung GlU 3405 - ausschließlich solche Fälle im Auge hätten, in denen der hingegebene Betrag nicht ausdrücklich als Angeld deklariert gewesen sei.
Aus den vom Kläger angeführten und anderen Entscheidungen kann als herrschende Ansicht der Rechtsprechung entnommen werden, die Parteien beabsichtigten entgegen der Vermutung des § 908 ABGB, wonach eine bei Abschluß eines Vertrages geleistete Zahlung als Angeld gewertet wird, wenn nicht aus der Erklärung der Partei oder aus den Umständen erhellt, daß das Geleistete zu anderem Zweck gegeben wurde (Ehrenzweig II/1, 185 f.), bei Vorauszahlung eines Teiles des Kaufpreises damit nicht die Absicht der Vertragsbekräftigung und der Sicherstellung der Erfüllung, sondern nur mehr eine bloße Anzahlung ohne die Rechtsfolge des § 908 ABGB. Insbesondere könnte die Höhe des vorausgeleisteten Betrages gegen dessen Behandlung als Angeld sprechen, weil es bei großen Beträgen nicht dem Parteiwillen entsprechen werde, daß diese Beträge unter Umständen verfallen oder in doppelter Höhe zurückgestellt werden sollen (vgl. SZ 24/289; SZ 26/176; SZ 26/299; 6 Ob 242/66; EvBl. 1967/198; RZ 1979/46; Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 384; Koziol - Welser, Grundriß[5] I, 175). Das Berufungsgericht hat jedoch die Tragweite dieses Grundsatzes verkannt. Dieser ist nämlich nur im Zweifelsfall anzuwenden, schließt aber keineswegs aus, daß nicht auch ein relativ hoher Betrag als Angeld zum Zwecke der Sicherstellung der Erfüllung des abgeschlossenen Vertrages rechtswirksam vereinbart wird (Gschnitzer a.a.O.; Ehrenzweig a.a.O., 186, FN 10; 7 Ob 296/74; RZ 1979/46, vgl. auch EvBl. 1967/198, in welcher Entscheidung die Anzahlung mangels anderweitiger ausdrücklicher Erklärung nicht als Angeld gewertet und ausgesprochen wurde, eine Anzahlung von 29 000 S sei auch bei Gegenüberstellung mit einem Kaufpreis von 380 000 S im Zweifel nicht als Angeld anzusehen).
Im vorliegenden Fall wurden nach dem Kaufanbot von 19. April 1979 vom Kläger 240 000 S bei der Nebenintervenientin mit dem Auftrag erlegt, diesen Betrag als Angeld bei Vertragsabschluß an den Verkäufer auszuzahlen. Die von der Nebenintervenientin stammende Beilage enthält in diesem Zusammenhang auch den Vermerk "über die gesetzlichen Bestimmungen des Angeldes (§ 908 ABGB) wurde ich belehrt". Eine Behauptung, dieser Wortlaut gebe die Absicht der vertragschließenden Parteien nicht richtig wieder, liegt nicht vor, so daß bei der Auslegung dieser Vertragsbestimmung vom Wortlaut unter Bedachtnahme auf die Übung des redlichen Verkehrs im Sinne des § 914 ABGB auszugehen ist (4 Ob 19/74 u. a.). Dies kann nur zu dem Ergebnis führen, daß zwischen dem Kläger und der Nebenintervenientin Angeld im Sinne des § 908 ABGB, dessen Höhe grundsätzlich der Parteiendisposition unterliegt (1 Ob 750/78), vereinbart wurde. Geht man auf Grund dieser Ausführungen davon aus, daß eine ausdrückliche Vereinbarung eines Angeldes im Sinne des § 908 ABGB auch in einer Höhe möglich ist, die bei nicht ausdrücklicher Vereinbarung eines Angeldes gegen die Qualifikation eines solchen sprechen würde, dann bleibt für die vom Berufungsgericht angestellten Überlegungen, daß lediglich in Anlehnung an § 908 ABGB ein Vertrag sui generis darüber geschlossen werden könnte, daß unter gewissen Voraussetzungen ein bei Vertragsabschluß gegebener unverhältnismäßig hoher Betrag verfallen oder in doppelter Höhe zurückgegeben werden solle, kein Raum.
Damit ist aber noch nicht die Frage gelöst, ob in diesem Fall tatsächlich Angeld vorliegt. Die Bejahung dieser Frage hängt einerseits davon ab, ob ein gültiger Kaufvertrag zustande gekommen ist, weil die Wirksamkeit des Angeldes ein gültiges Rechtsgeschäft voraussetzt (RZ 1979/78), und andererseits davon, ob die Angeldvereinbarung zwischen Kläger und Nebenintervenientin für die Beklagte wirkt. Beides hängt im vorliegenden Fall wieder davon ab, ob die Nebenintervenientin hinsichtlich des tatsächlich geschlossenen Kaufvertrages und auch hinsichtlich der Angeldvereinbarung Vertretungsmacht besaß.
Die Beklagte hat in erster Instanz das Zustandekommen eines gültigen Vertrages zwischen den Streitteilen im wesentlichen damit bestritten, daß die Nebenintervenientin den Alleinvermittlungsauftrag mit Abschlußvollmacht, unter der im Vertrag enthaltenen Bedingung erhalten habe, daß der Kaufpreis 1 825 784 S betragen müsse. Mit einer von der Nebenintervenientin versuchten Reduktion dieses Kaufpreises sei die Beklagte nicht einverstanden gewesen. Die Nebenintervenientin habe daher den ihr erteilten Auftrag nicht ordnungsgemäß ausgeführt. Zum Abschluß einer verbindlichen (gemeint offenbar: der vorliegenden) Vereinbarung mit dem Kläger sei sie nicht ermächtigt gewesen, der Inhalt der Abschlußvollmacht, welche die Beklagte der Nebenintervenientin erteilt gehabt habe und in der ausdrücklich ein Kaufpreis von 1 825 784 S enthalten sei, sei (dem Kläger) bekannt gewesen. In der Berufung hat sie die Feststellung des Erstgerichtes, sie habe Silvia A gegenüber zugesagt, dieses Offert anzunehmen, sofern die Firma B mit einer Reduktion ihrer Vermittlungsprovision auf 30 000 S einverstanden sei, als unrichtig bekämpft.
Das Berufungsgericht hat sich mit der Tatsachenrüge nicht auseinandergesetzt, weil es aus der oben wiedergegebenen Rechtsansicht zur Stattgebung der Berufung und Abweisung des Klagebegehrens gelangte. Da aber nach den obigen Darlegungen diese Rechtsansicht vom OGH nicht geteilt wird, kommt es aus folgenden Gründen auf die vom Erstgericht getroffene und von der Beklagten in der Berufung bekämpfte Feststellung an: Unbekämpft geblieben ist die Feststellung des Erstgerichtes über "einen Alleinvermittlungsauftrag und eine Abschlußvollmacht zum Preis von 1 825 784 S, betreffend dieses Grundstück". Da eine andere die Vollmacht und ihren Umfang betreffende Erklärung der Beklagten - von der Behauptung und Feststellung bezüglich einer späteren Änderung wird hier noch abgesehen - nicht behauptet oder festgestellt wurde, muß der Umfang der Vollmacht auf Grund dieser (auf einer Urkunde beruhenden) Feststellung des Erstgerichtes beurteilt werden (vgl. Stanzl in Klang[2] IV/1, 881; 3 Ob 16/69; 7 Ob 516/76; 8 Ob 153/79). Danach war die Nebenintervenientin lediglich bevollmächtigt, das Haus zu einem Preis von 1 825 784 S zu verkaufen. Es lag also nicht etwa eine offene, unbegrenzte Vollmacht vor, die lediglich im Innenverhältnis beschränkt war, sondern nur eine beschränkte Einzelvollmacht im Sinne der §§ 1006, 1007 ABGB. Nur im Rahmen dieser Bevollmächtigung konnte daher die Nebenintervenientin die Beklagte als ihre Gewaltgeberin durch Vertrag verpflichten. Ein über diesen Bevollmächtigungsrahmen hinausgehendes Rechtsgeschäft der Beklagten hat daher - immer noch eine nachträgliche Änderung des Vollmachtrahmens außer acht lassend - für die Beklagte nicht wirken können (Koziol - Welser a.a.O., 148; Stanzl a.a.O., 850; 6 Ob 56/75; 7 Ob 516/76; 8 Ob 153/79). Ohne Bedeutung ist dabei, ob dem Kläger dieser Vollmachtsumfang tatsächlich bekannt war, ob er also den Inhalt des Alleinvermittlungsauftrages und der Abschlußvollmacht kannte. Wer ohne Kenntnis der Vollmachtserteilung oder des Vollmachtsumfanges im Vertrauen auf die Angabe des angeblich Bevollmächtigten hin sich mit diesem einläßt, handelt auf seine eigene Gefahr, und zwar sowohl bezüglich der Vollmacht überhaupt wie wegen ihres Umfanges. Diesbezüglich sind für den Dritten nur die Erklärungen des Machtgebers von Bedeutung. Wäre man anderer Ansicht, so hieße das, sich über die Bestimmungen der §§ 1007 und 1016 ABGB hinwegzusetzen. Der Vertreter bräuchte nur unwahrerweise gegenüber dem Dritten zu behaupten, er sei zum Abschluß eines Geschäftes oder sonst zu einer Rechtshandlung befugt, um die Beschränkung gegenüber seinem Machtgeber wirkungslos zu machen (vgl. SZ 38/150; 8 Ob 153/79; Soergel - Siebert, Kommentar[11], RZ 5 zu § 172 BGB; RGZ 88, 430, 432). Das Übergehen der Behauptung der Beklagten bezüglich der Kenntnis des Klägers vom Umfang der Vollmacht stellt daher keinen Feststellungsmangel dar. Auf Grund der ursprünglichen Vollmacht hätte die Annahme des Anbotes des Klägers vom 19. April 1979 durch die Nebenintervenientin für die Beklagte keine Wirkung haben können. Es läge kein gültiger Vertrag vor, weshalb das Klagebegehren nicht berechtigt wäre.
Anders ist es, wenn die Beklagte, wie vom Erstgericht festgestellt, der Reduktion des Kaufpreises auf 1 600 000 S zugestimmt hat, weil dies als Bevollmächtigung der Nebenintervenientin, zu diesem Kaufpreis abzuschließen, angesehen werden müßte. Ein Mangel der Vollmacht stunde dann der Wirksamkeit des durch Anbot und Annahme zustandekommenden Vertrages nicht entgegen. Es könnte daher auch - entgegen der von der Beklagten in der Berufung vertretenen Auffassung - keine Rede von einer Vollmachtsüberschreitung oder einem Vollmachtsmißbrauch sein.
Da sich das Berufungsgericht - von seiner Rechtsansicht ausgehend - mit der die nachträgliche Änderung des Vollmachtsumfanges betreffenden Feststellung des Erstgerichtes über die Zustimmung der Beklagten zur Reduktion des Kaufpreises trotz der Tatsachenrüge der Beklagten nicht auseinandersetzte, mußte sein Urteil aufgehoben werden. Im fortgesetzten Verfahren wird das Berufungsgericht auszuführen haben, ob es die Feststellung des Erstgerichtes übernimmt oder ob es eine andere Feststellung trifft.
Für den Fall, daß die Tatsachenrüge als nicht berechtigt angesehen werden sollte und daher die Nebenintervenientin als zum Abschluß eines Kaufvertrages über die Liegenschaft zum Preis von 1.6 Mill. S bevollmächtigt angesehen werden müßte, wird noch zu prüfen sein, ob, und bejahendenfalls in welcher Höhe die zwischen dem Kläger und der Nebenintervenientin getroffene Vereinbarung über das Angeld für die Beklagte wirksam geworden ist. Dabei wird zu beachten sein, daß keine das Angeld betreffende gesonderte Bevollmächtigung behauptet wurde, aber auch keine diesbezüglich gesonderte Bestreitung der Beklagten vorliegt. Der Kläger hält vielmehr offenbar diese Vollmacht von der Abschlußvollmacht umfaßt. Dies ist nicht ausgeschlossen. Denn mangels einer ausdrücklichen vertraglichen Festlegung der Vollmacht richtet sich deren Umfang nach dem Gegenstand und der Natur des Geschäftes. Der Bevollmächtigte ist zu allen Handlungen ermächtigt, welche nach dem Geschäftsgebrauch oder nach den Umständen des Falles in den Bereich des aufgetragenen Geschäftes gehören, oder, anders ausgedrückt, welche die Vornahme eines derartigen Geschäftes gewöhnlich mit sich bringt (Stanzl in Klang[2] IV/1, 881 f.; SZ 51/6).
Nach diesen Grundsätzen ist zu beurteilen, ob die Nebenintervenientin für die Beklagte die Angeldvereinbarung rechtswirksam geschlossen hat. Da es sich bei der Angeldvereinbarung um eine Nebenabrede zum behaupteten Kaufvertrag und um einen Realvertrag handelt (vgl. Palandt, BGB[40], 370), wird es darauf ankommen, ob und bejahendenfalls in welchem Ausmaß solche Nebenabreden insbesondere in der Branche der Realitätenvermittler üblich sind. Hiezu wird allenfalls die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich sein.
Erst für den Fall, daß eine für die Beklagte rechtswirksame Angeldvereinbarung anzunehmen sein sollte, wird die von der Beklagten beantragte Anwendung des Mäßigungsrechtes zu behandeln sein. Die Beklagte hatte dabei offensichtlich das Mäßigungsrecht des § 1336 ABGB im Auge. Auch der Kläger setzt sich in der Revision mit der Anwendbarkeit dieser Bestimmung auf Angeldvereinbarungen im allgemeinen und auf die vorliegende Vereinbarung im besonderen auseinander. Er hält § 1336 ABGB für Angeldvereinbarungen im allgemeinen nicht für anwendbar und meint insbesondere, daß selbst unter Zugrundelegung der anscheinend herrschenden Meinung, § 1336 ABGB sei anzuwenden, im vorliegenden Fall eine Anwendung nicht in Betracht käme.
Dazu ist folgendes zu sagen: Ob und bejahendenfalls in welchem Ausmaß im vorliegenden Fall eine Mäßigung in Frage kommt, kann noch nicht gesagt werden, weil hiefür maßgebende Umstände von der Beklagten nicht behauptet und trotz der Geltendmachung des Mäßigungsrechtes infolge der vom Erstgericht vertretenen Rechtsauffassung entgegen der Vorschrift der §§ 180 Abs. 3 und 182 Abs. 1 ZPO nicht erörtert wurden. Die Ansicht des Erstgerichtes und des Klägers aber, eine Mäßigung des als Angeld gegebenen Betrages käme grundsätzlich nicht in Frage, kann nicht geteilt werden. Dem Kläger ist zwar zuzustimmen, daß zwischen Angeld und Konventionalstrafe insofern ein Unterschied besteht, als jenes tatsächlich gegeben, dieses aber nur versprochen wird. Unrichtig ist aber bereits die weitere Auffassung des Klägers, ein Unterschied bestehe auch darin, daß das Angeld bei jeder (auch unverschuldeter) Nichterfüllung verfalle, während die Konventionalstrafe in der Regel nur bei Verschulden zu bezahlen sei. Denn auch die Rechtsfolgen des § 908 ABGB treten nur bei verschuldeter Nichterfüllung ein (Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 386; Koziol - Welser[5] I, 175). Die Vertragsstrafe hat den Zweck, Nachteile auszugleichen, die dem Gläubiger aus der Vertragsverletzung entstehen können; sie ist pauschalierter Schadenersatz, der an die Stelle des Schadenersatzes wegen Nicht- oder Schlechterfüllung tritt (Koziol - Welser a.a.O., 176; RZ 1976/90 u. a.). Sie erspart die meist schwierigen Schadenfeststellungen, ist von der Höhe des wirklich eingetretenen Schadens unabhängig und gebührt auch, wenn kein Schaden eingetreten ist (Koziol - Welser a.a.O., 176 und die dort angeführte Rechtsprechung; SZ 25/90; 5 Ob 610-614/80). Aber auch für das Angeld gilt, daß der Verfall bzw. die Rückforderung des Doppelten von einem Schadensnachweis unabhängig ist (Koziol - Welser a.a.O., 175). Schon Zeiller (Commentar III/1, 98) führte aus, daß sich der Geber des Angeldes des schwierigen Beweises des Ersatzbetrages entledigen könne. Auch der Umstand, daß es dem schuldlosen Empfänger des Angeldes unbenommen bleibt, statt der Berufung auf den Angeldverfall Schadenersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen (Koziol - Welser a. a.O., 175; Gschnitzer a.a.O., 387), er dabei aber das erhaltene Angeld einrechnen muß (Zeiller a.a.O.; Gschnitzer a.a.O., 387; SZ 12/72), deutet darauf hin, daß das Angeld auch eine Schadenskomponente enthält (vgl. Palandt, BGB[40], 371 Anm. 2 zu § 338, und Soergel - Schmidt, BGB[10] II, 419, welche die Draufgabe auch als Mindestschadenersatz bezeichnen). Andererseits dient die Vertragsstrafe im Sinne des § 1336 ABGB (ebenso wie das Angeld) der Verstärkung der vertraglichen Pflichten (Koziol - Welser a.a.O., 176 f.; Lindacher in JBl. 1973, 135 f., 137), und zwar umsomehr, je mehr der Betrag über den ex ante wahrscheinlichen Schaden hinausgeht (vgl. Lindacher a.a.O., 135). Es kann auf sich beruhen, ob man in dem den Schadenersatz übersteigenden Ausmaß eine zivilrechtliche Strafe erblicken will (so offenbar Lindacher a.a.O., 136), weil dies dann auch von dem Teil des Angeldes gesagt werden müßte, der wegen seiner Höhe nicht mehr als Zeichen des Abschlusses des Vertrages angesehen werden könnte und über den Schadenersatz hinausgeht. Ebenso kann dahingestellt bleiben, ob man ein unverhältnismäßig hohes Angeld als Maskierung einer Vertragsstrafe (so Gschnitzer a. a.O., 384) und daher überhaupt als Vertragsstrafe ansieht (vgl. auch Münchner Kommentar, Band 2, 958, RZ 1 zu § 338 BGB; Staudinger[10/11] II, Teil 1 d, 119 RZ 17, Vorbemerkungen zu § 336 BGB). Jedenfalls reichen die Ähnlichkeiten der beiden Rechtsinstitute aus, das im § 1336 ABGB normierte Mäßigungsrecht auf das Angeld gemäß § 908 ABGB analog anzuwenden (so Ehrenzweig II/1, 186 FN 10). Aus der im § 1336 ABGB festgelegten Unabdingbarkeit des Mäßigungsrechtes wird nämlich deutlich, daß es der Gesetzgeber für wesentlich hält, den Schuldner gegen allzu unbillige Folgen des Versprechens der Vertragsstrafe zu schützen. Dieser Schutzgedanke muß daher auch im Falle des nach den obigen Ausführungen der Vertragsstrafe ähnlichen Angeldes Anwendung finden, so daß die für das Mäßigungsrecht des § 1336 ABGB entwickelten Grundsätze auch beim Angeld analog anzuwenden sind. Wie schon oben ausgeführt, kann mangels Feststellungen über die konkreten Umstände allerdings noch nicht gesagt werden, ob und bejahendenfalls in welchem Ausmaß, hier eine Mäßigung vorzunehmen sein wird.
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