Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit 8.112 S (darin enthalten 1.352 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 6. 12. 1996, das mit Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 28. 7. 1997 bestätigt wurde, wurde die beklagte Partei zur Zahlung eines Entschädigungsbetrages von 20.000 S an den Kläger verurteilt, weil in einem Artikel ihrer Zeitung unter der Überschrift "Olivias Vater bedrohte Arzt vor der Operation" behauptet wurde, der Kläger habe den Chirurgen Prof. Dr. Ernst H***** bedroht und diesem gegenüber Telefonterror ausgeübt, wodurch der Tatbestand des Vergehens der üblen Nachrede nach § 111 Abs 1 und 2 StGB verwirklicht worden sei. Weiters wurde der beklagten Partei gemäß § 8a Abs 6 MedienG die Veröffentlichung des Urteilsinhaltes aufgetragen.
Das Erstgericht wies das nach einem Teilvergleich noch aufrechte Begehren auf Widerruf, Veröffentlichung der Widerrufserklärung, Feststellung der Haftung für alle Schäden aus der Verbreitung der Behauptung, der Kläger habe den Chirurgen Prof. Dr. Ernst H***** bedroht oder diesem gegenüber Telefonterror ausgeübt sowie auf Zahlung von 15.000 S ab. Es stellte - im Gegensatz zum Strafgericht - fest, dass der Kläger Prof. Dr. H***** in der Nacht vor der Operation seiner Tochter am Telefon damit drohte, dass er rechtliche Schritte gegen Dr. H***** in Erwägung ziehe und dass er diesen anzeigen werde. Der Kläger warf Dr. H***** weiters sinngemäß vor, es werde über das Kind "drübergefahren", dieses werde bei der Operation ohnehin sterben. Er bezeichnete Dr. H***** für den Fall der Durchführung der Operation wörtlich als "Mörder meines Kindes". Das Erstgericht führte aus, dass der beklagten Partei der Nachweis der Wahrheit der betreffenden Behauptungen gelungen sei (während im Strafverfahren der Wahrheitsbeweis auf Grund entsprechender Negativfeststellungen als nicht erbracht angesehen wurde). Da das Ansehen des Klägers zum Zeitpunkt der Veröffentlichung seines Bildnisses im Zusammenhang mit dem betreffenden Artikel bereits einer breiten Öffentlichkeit bekannt gewesen sei, seien durch die Veröffentlichung des Bildnisses keine berechtigten Interessen des Klägers verletzt worden, sodass auch das auf die Bestimmungen des Urhebergesetzes gestützte Zahlungsbegehren unberechtigt sei.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 52.000 S, nicht aber 260.000 S übersteige und dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil das Strafgericht "andere Wertungen" vorgenommen habe.
Die ordentliche Revision des Klägers ist jedoch mangels erheblicher Rechtsfragen unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
Zur Frage der Bindungswirkung der rechtskräftigen Verurteilung nach § 6 MedienG für das Zivilgericht (vgl EvBl 1998/39 ua) nimmt die Revision nicht Stellung. Der Kläger bekämpft das Berufungsurteil nicht etwa deshalb, weil durch das Strafgericht bindend feststehe, dass der im Urteil bezeichnete Medieninhalt (wahrheitswidrig und) ehrverletzend sei. Eine erhebliche Rechtsfrage macht die Revision nicht geltend. Darin wird vielmehr unter den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der Aktenwidrigkeit darzulegen versucht, warum das Berufungsgericht eine Beweiswiederholung durchführen und zu einem anderen Beweisergebnis als das Erstgericht hätte gelangen müssen. Dadurch wird aber in unzulässiger Weise die vom Berufungsgericht ausdrücklich gebilligte Beweiswürdigung des Erstgerichtes bekämpft, sodass auf diese Ausführungen nicht weiter einzugehen ist.
Gemessen am Durchschnittsverständnis der Begriffe "Drohen" und "Telefonterror" liegt eine krasse Fehlbeurteilung dieses Einzelfalles dahin, dass der strittige Text des Artikels einen wahren Tatsachenkern enthielt, nicht vor, wurde der operierende Arzt doch in der Nacht vor der Operation durch den Telefonanruf des Klägers geweckt, ihm mit einer Anzeige "gedroht" und der Arzt unter anderem mit dem Wort "Mörder" belegt.
Der Widerrufs- und Veröffentlichungsanspruch nach § 1330 Abs 2 ABGB ist ein Schadenersatzanspruch und setzt als solcher Verschulden voraus. Der Täter haftet nur für Mitteilungen, deren Unwahrheit er kannte oder kennen musste. Die fahrlässige Unkenntnis des Beklagten von der Unwahrheit seiner Behauptungen hat der Kläger zu beweisen (6 Ob 2334/96w mwN). Insoweit kommt auch keine Bindungswirkung der strafgerichtlichen Verurteilung nach § 6 MedienG in Betracht (EvBl 1998/39). Abgesehen von der Frage, ob die im Artikel aufgestellten Tatsachenbehauptungen ("Drohen" und "Telefonterror") an sich (zumindest in ihrem Tatsachenkern) wahr sind, stellt auch die Frage des fahrlässigen Handelns der beklagten Partei im aufgezeigten Sinn eine Frage des Einzelfalles dar, deren Lösung unter den hier vorliegenden besonderen Umständen keine erhebliche Bedeutung zukommt. Wie sich aus den Feststellungen der Vorinstanzen ergibt, verarbeitete die Redakteurin das anlässlich einer Pressekonferenz mit Prof. Dr. H***** persönlich geführte Gespräch und insbesondere seine Angaben, der Kläger habe ihn am Telefon bedroht. Eine Kontaktaufnahme mit dem Kläger blieb trotz entsprechender Versuche erfolglos.
Wie bereits in 6 Ob 186/97t (SZ 70/180) ausgeführt wurde, bildet der Umstand, dass die Einholung einer Stellungnahme des Betroffenen unterblieben ist, allein noch keine Sorgfaltsverletzung. Beruht die Veröffentlichung auf Informationen Dritter, wird die Durchführung zusätzlicher Recherchen jedenfalls dann zu fordern sein, wenn nicht besondere Gründe für die Verlässlichkeit des Informanten sprechen, wenn die Auskunft leicht erreichbar ist und wenn die geplante Veröffentlichung dadurch nicht ungebührlich verzögert wird. Eine krass unrichtige Anwendung dieser Grundsätze ist im vorliegenden Fall nicht erkennbar, war doch der operierende Arzt durchaus als verlässliche Informationsquelle anzusehen und der Kläger trotz entsprechender Versuche nicht umgehend zu erreichen, obgleich die Zeit zur Veröffentlichung des Artikels auf Grund der aktuellen Ereignisse knapp war.
Schon auf Grund der Verneinung eines Verschuldens der beklagten Partei ist auch das Feststellungsbegehren zur Recht abgewiesen worden.
Gegen die Abweisung des Zahlungsbegehrens bringt die Revision nichts mehr vor, sodass sie insoweit nicht gesetzlich ausgeführt ist.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO. Die beklagte Partei hat in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision mangels erheblicher Rechtsfragen hingewiesen.
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