OGH 6Ob696/86

OGH6Ob696/8611.2.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Schlosser und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin R*** Ö*** (als Trägerin der Bundesstraßenbaulast), vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wider die Antragsgegner 1.) Ernst B***, Landwirt, und 2.) Friederike B***, im Haushalt, beide wohnhaft in Wels, Oberthan 11, beide vertreten durch Dr. Hermannfried Eiselsberg, Rechtsanwalt in Wels, wegen Entschädigungsenteignung, infolge Revisionsrekurses der Antragsgegner gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wels als Rekursgerichtes vom 11. September 1986, GZ R 593/86-136, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Wels vom 9. April 1986, GZ 1 Nc 46/76-131, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Antragsgegner sind Eigentümer einer Liegenschaft, deren Gutsbestand aus Grundstücken in einem städtischen Siedlungsrandgebiet besteht. Mit Bescheid der Enteignungsbehörde vom 17. Dezember 1974 wurden auf Antrag der R*** Ö*** für Zwecke eines Autobahnbaues Grundflächen der Antragsgegner in einem zunächst angenommenen Ausmaß von 33.164 m2 enteignet. Gleichzeitig wurde die Entschädigung für Flächen im Gesamtausmaß von 13.891 m2 bescheidmäßig bestimmt, während die Festsetzung der Entschädigung für die restlichen, als Waldflächen behandelten Gründe im Ausmaß von

19.273 m2 einer weiteren Entscheidung vorbehalten blieb. Diese Festsetzung erfolgte mit dem Ergänzungsbescheid vom 20. März 1975. Nach der Niederschrift über die Verhandlung vor der Verwaltungsbehörde vom 18. bis 21. und vom 25. bis 28. November 1974 hatten die Antragsgegner zu den im Verwaltungsverfahren erhobenen Schätzwerten erklärt, mit den Entschädigungsbeträgen hinsichtlich des abzutretenden Waldgrundes keinesfalls einverstanden zu sein und zu den übrigen Entschädigungsbeträgen keine Erklärung abzugeben. Sie hatten zwei Konten bekannt gegeben, auf die die Entschädigungsbeträge überwiesen werden sollten.

Mit dem ergänzenden Bescheid vom 20. März 1975 bestimmte die Enteignungsbehörde, soweit dies nicht bereits mit dem Enteignungsbescheid vom 17.Dezember 1974 erfolgt war, die Entschädigung für die in Anspruch genommenen Grundstücke. Dem war die Verhandlung vom 13. März 1975 vorangegangen, in welcher die Antragsgegner ausdrücklich erklärt hatten, mit den ermittelten Entschädigungsbeträgen nicht einverstanden zu sein und sich auch diesbezüglich die Überprüfung durch das Gericht vorzubehalten.

Die R*** Ö*** als Enteigner brachte am 11.März 1976 bei Gericht einen Antrag auf Neufestsetzung der Enteignungsentschädigung ein. Als Vertreter der Antragstellerin schritt von dem verfahrenseinleitenden Antrag an im gerichtlichen Verfahren stets die Finanzprokuratur ein.

Die Antragsgegner waren von ihrer ersten Stellungnahme zum Antrag auf gerichtliche Festsetzung der Enteignungsentschädigung durch einen frei gewählten Rechtsanwalt vertreten. Sie sprachen sich gegen eine Festsetzung der Entschädigung unter den in den Verwaltungsbescheiden ausgewiesenen Beträgen aus und beantragten ihrerseits, "die zu leistende Entschädigung entsprechend hinaufzusetzen". Sie behaupteten zunächst in keiner Weise das Zustandekommen einer Einigung über die Höhe der Enteignungsentschädigung, auch nicht im Zusammenhang mit einer Zahlung und Annahme von Entschädigungsbeträgen. In ihren am 27. September 1985 abgelegten Parteienaussagen erwähnten die Antragsgegner, rund 3 Mio S erhalten zu haben, die sie aber nicht mehr flüssig hätten, weil sie diesen Betrag zum Ankauf eines anderen landwirtschaftlichen Anwesens mit ca. 20 ha verwendet hätten. In einem am 14.Oktober 1985 bei Gericht eingelangten Schriftsatz (ON 125) ersuchten die Antragsgegner vor der Beschlußfassung eine ministerielle Entscheidung abzuwarten, wiesen in diesem Zusammenhang auf das zum 9. Österreichischen Juristentag erstattete Gutachten von Prof. A*** hin und behaupteten erstmals, daß generelle Festlegungen im Verwaltungsverfahren als bindende Vereinbarung über die Höhe der Entschädigung (offenbar im Sinne einer Mindesthöhe) zu werten wären.

Das Erstgericht hat die Enteignungsentschädigung unter spruchmäßiger Ausweisung der Teilbeträge 1. für die Grundabtretung in Ansehung einer Gesamtfläche von 19.273 m2, 2. für die Entwertung eines 2.221 m2 großen, nur noch als Wald nutzbaren Grundstücksrestes, 3. für den Baumbestand, 4. zur Abgeltung der durch Verkehrserschwernisse bedingten Wertminderung, 5. und 6. zur Abgeltung der durch Umwidmung von Grundstücksteilen in Weggrundstücke verursachten Wertminderung mit insgesamt 559.470,64 S festgesetzt.

Das Rekursgericht gab dem von den Antragsgegnern erhobenen Rekurs nicht statt.

Die Antragsgegner fechten die bestätigende Rekursentscheidung unter Geltendmachung von Verfahrensverstößen und unrichtiger Sachbeurteilung mit einem Abänderungsantrag im Sinne eines von ihnen als gerechtfertigt angesehenen Entschädigungsbetrages an. Die Antragstellerin hat sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.

Die Rechtsmittelwerber erachten zunächst die Anfechtung bestätigender Rekursentscheidungen im gerichtlichen Verfahren zur Ermittlung der Enteignungsentschädigung ohne Beschränkung auf die im § 16 Abs 1 AußStrG bezeichneten Anfechtungsgründe als zulässig. Nach Auffassung der Revisionsrekurswerber müsse aus § 30 Abs 5 EisenbEntG 1954 gefolgert werden, daß im gerichtlichen Verfahren zur Ermittlung der Enteignungsentschädigung zweitinstanzliche Entscheidungen in gleicher Weise anfechtbar seien wie erstinstanzliche.

Für das gerichtliche Verfahren zur Ermittlung der Enteignungsentschädigung nach dem Bundesstraßengesetz 1971 finden nach dessen § 20 Abs 5 die Bestimmungen des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954 sinngemäße Anwendung. Die Anrufung des Gerichtes erfolgt mittels Antrages im Sinne des § 20 Abs 3 BStG 1971. Im Verfahren über ein derartiges Ansuchen hat das Gericht gemäß § 24 Abs 1 EisenbEntG 1954 alle für die Feststellung der Entschädigung maßgebenden Verhältnisse nach den Grundsätzen des Verfahrens außer Streitsachen an Ort und Stelle zu erheben. Mangels Zustandekommens eines zulässigen Übereinkommens hat das Gericht gemäß § 30 Abs 1 EisenbEntG 1954, ohne an Beweisregeln gebunden zu sein, über die zu leistende Entschädigung zu entscheiden. Über die Anfechtung einer solchen Entscheidung enthalten die Absätze 2 bis 4 des § 30 EisenbEntG 1954 keine in sich geschlossene Regelung eines vollständigen Rechtsmittelsystems, sondern nur über die Zweiseitigkeit des Rechtsmittelverfahrens (Abs 4), die Rechtsmittelfrist (Abs 3) und die Frist zur Erstattung der Gegenschrift (Abs 4) sowie im Abs 2 die Bestimmung, daß die Entscheidung "nur mit Rekurs angefochten werden" kann. Der mit dem Wort "nur" ausgedrückte Ausschluß anderer Rechtsbehelfe wird erst dann sinnvoll, wenn ein Rechtsmittelsystem als zugrundegelegt gedacht wird, das neben dem Rekurs noch einen anderen Anfechtungsbehelf kennt. Dies weist unzweifelhaft auf die dem Rechtsmittelsystem des allgemeinen Außerstreitverfahrens angehörige Einrichtung der Vorstellung nach § 9 AußStrG hin. Dies wurde argumentativ etwa in SZ 33/73 hervorgehoben. Als Rechtsmittel gegen eine Entscheidung, zu der die Stoffsammlung ausdrücklich den Grundsätzen des Verfahrens außer Streitsachen, also insbesondere den Bestimmungen des § 2 Abs 2 Z 5 und 6 AußStrG unterworfen ist, erscheint ein im Sinne des § 10 AußStrG auch für Neuerungen offener Rekurs der Sache nach weitaus angepaßter als ein dem Neuerungsverbot unterworfenes Rechtsmittel. Gegen die verbreitete Ableitung, aus § 24 Abs 1 EisenbEntG 1954 ergäbe sich, daß das gesamte Verfahren einschließlich des Rechtsmittelverfahrens, soweit das Eisenbahnenteignungsgesetz 1954 selbst keine anderen Vorschriften enthalte, dem im Außerstreitgesetz geregelten Verfahren unterworfen sei, könnte zwar entgegengehalten werden, die Anordnung, die Stoffsammlung nach den Regelungen oder Grundsätzen einer bestimmten Verfahrensordnung vorzunehmen (vgl. zB § 222 Abs 1 und § 230 Abs 2 AußStrG oder § 37 Abs 3 Z 12 MRG), sei gerade ein Hinweis darauf, daß das gesamte Verfahren eben den Vorschriften einer anderen Verfahrensordnung unterläge. Die oben erwähnten Umstände sind aber ein untrüglicher Hinweis darauf, daß auch das Rechtsmittelverfahren, soweit das Eisenbahnenteignungsgesetz 1954 keine besonderen Anordnungen enthält, den Regelungen der §§ 9 ff AußStrG unterworfen sein soll. Die sich daraus ergebende Freiheit vom Neuerungsverbot aber auch vom Anwaltszwang sind rechtspolitisch begrüßenswert. Die Auslegung entspricht jedenfalls jahrzehntelanger ständiger Rechtsprechung (SZ 40/11, JBl 1972, 327 und unzählige nicht veröffentlichte Entscheidungen).

Wenn nach § 30 Abs 5 EisenbEntG 1954 die vorstehenden Bestimmungen auch für die Anfechtung der zweitinstanzlichen Entscheidung gelten sollen, wird damit entgegen der von den Revisionsrekurswerbern vertretenen Ansicht kein Rechtszug an die dritte Instanz eröffnet, sondern ein solcher vielmehr vorausgesetzt. Der normative Inhalt der erwähnten Gesetzesstelle beschränkt sich darauf, die in Ansehung der Anfechtung erstinstanzlicher Entscheidungen aufgestellten Regelungen über die Zweiseitigkeit des Rechtsmittelverfahrens, über die Rechtsmittelfrist und die Frist für die Rechtsmittelgegenschrift auch für die Anfechtung zweitinstanzlicher Entscheidungen anzuordnen. Im übrigen unterliegt aber der Rechtszug an die dritte Instanz derselben Verfahrensordnung wie der Rekurs an die zweite Instanz. Wurde als solche das Außerstreitgesetz erkannt - was nach den Materialien zum Notwegegesetz auch dem Gesetzgeber nach Erlassung der neuen Verfahrensgesetze vorschwebte (vgl. die Ausführungen dazu in SZ 33/173) -, dann sind auch die Rekursbeschränkungen des § 14 Abs 2 und des § 16 Abs 1 AußStrG anzuwenden.

Die Ausführung der Revisionsrekurswerber, ein uneingeschränkter Rechtszug an die dritte Instanz erscheine wegen der Bedeutung der Enteignungsentschädigung in ihrer oft beachtlichen Größenordnung sachgerecht, ist kein rechtsdogmatisches Argument, sondern ein rein rechtspolitischer Gesichtspunkt, der im übrigen in der vorgetragenen Form keineswegs überzeugt. Der Oberste Gerichtshof sieht sich nicht bestimmt, von seiner ständigen Rechtsprechung abzugehen, daß die Anfechtung bestätigender Rekursentscheidungen im außerstreitigen Verfahren über einen Antrag auf Festsetzung der Enteignungsentschädigung der Beschränkung nach § 16 Abs 1 AußStrG unterliege.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs führt keinen nach § 16 Abs 1 AußStrG beachtlichen Anfechtungsgrund schlüssig aus.

Die gerügten Verfahrensmängel sind nur unter der Voraussetzung beachtlich, daß sie Nichtigkeit begründen. Die gerügten Unrichtigkeiten der Sachbeurteilung können nur dann einen tauglichen Anfechtungsgrund darstellen, wenn eine offenbare Gesetzwidrigkeit dargetan erscheint.

In materiellrechtlicher Hinsicht wollen die Revisionsrekurswerber eine durch vorbehaltslose Zahlung und Annahme der im verwaltungsbehördlichen Enteignungsbescheid festgesetzten Entschädigungsbeträge schlüssig zustandegekommene bindende Vereinbarung angenommen wissen.

Zur Frage einer bindenden Einigung über die Höhe der Enteignungsentschädigung haben die Enteigneten im gerichtlichen Verfahren erster Instanz zwar allgemein auf die Problemstellung hingewiesen, konkrete Umstände zur Zahlung und Annahme des Entschädigungsbetrages aber nicht behauptet. Im Rekurs gegen die erstinstanzliche Entscheidung blieb dieser Fragenkreis überhaupt unerwähnt. Nach den im Verwaltungsverfahren niederschriftlich festgehaltenen Stellungnahmen der Enteigneten zur Höhe der sich nach den Sachverständigengutachten ergebenden Entschädigungsbeträge ist ein einvernehmlicher Verzicht auf die Anrufung des Gerichtes eindeutig auszuschließen. Wenn die Vorinstanzen nach den protokollierten Erklärungen der Enteigneten im Verwaltungsverfahren, mit den ermittelten Entschädigungsbeträgen nicht einverstanden zu sein und sich diesbezüglich die Überprüfung durch das Gericht vorzubehalten, und dem im gerichtlichen Verfahren gestellten Begehren der Antragsgegner, die Entschädigung (gegenüber der verwaltungsbehördlichen Festsetzung) entsprechend hinaufzusetzen, die für die etwaige Annahme einer zulässigen Vereinbarung oder die Höhe der Enteignungsentschädigung erheblichen Tatumstände als ausreichend geklärt angesehen und eine derartige Vereinbarung nicht angenommen haben, ist darin keine offenbare Gesetzwidrigkeit zu erkennen. Die Tatsache der kommentarlosen Zahlung einer im verwaltungsbehördlichen Bescheid festgesetzten Enteignungsentschädigung und deren Annahme durch die Enteigneten, sind für sich allein noch nicht als ausreichend für eine zweifelsfreie Konkludenz im Sinne des § 863 Abs 1 ABGB angesehen worden (vgl. JBl 1985, 429 und die dort zitierten Entscheidungen), weil der Zahlung des von der Enteignungsbehörde ermittelten Entschädigungsbetrages für den Vollzug der Enteignung maßgebende Bedeutung zukommt und die Zahlung anstatt eines möglichen gerichtlichen Erlages nicht in dem von den Revisionsrekurswerbern gewünschten Sinne gedeutet werden müsse.

Eine offenbare Gesetzwidrigkeit wird mit den Rechtsmittelausführungen zu Punkt 5 des Revisionsrekurses nicht schlüssig aufgezeigt.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist zu erwägen:

Zweifel an der Zulässigkeit der Anrufung des Gerichtes und der gerichtlichen Entscheidung über die Festsetzung der Enteignungsentschädigung bestehen nach den Ausführungen zum Nichtvorliegen eines bindenden Übereinkommens nicht. Ebensowenig bestehen Zweifel an der ordnungsgemäßen Vertretung der antragstellenden Partei. Enteigner ist die R*** Ö*** als Trägerin der Straßenbaulast für Autobahnen (§ 1 BStG 1971). Das gesetzliche Vertretungsmonopol der Finanzprokuratur nach § 1 Abs 1 Z 1 und Abs 2, § 2 Abs 1 Z 1 ProkG ist davon unabhängig, wer die Verwaltungsgeschäfte zu führen hat. Dies verkennt Kühne in seiner Entscheidungsbesprechung JBl 1987, 173, bei der von ihm vertretenen Ansicht über einen Mangel der ordnungsgemäßen Vertretung der Republik durch die Finanzprokuratur im Hinblick auf die gemäß Art. 104 Abs 2 B-VG erlassene Verordnung vom 27. Mai 1963, BGBl. Nr. 131 (vgl. zur parallelen Rechtslage bei der Verwaltung öffentlichen Wassergutes etwa RZ 1968, 113; SZ 56/111, zuletzt 5 Ob 137/86).

Die Vorwürfe, das Rekursgericht habe sich bei seiner Rechtsmittelentscheidung über Beweisanträge hinweggesetzt, Akten über parallele Verfahren herangezogen, dazu aber weder Sachverständige noch die Beteiligten gehört, (für die umstrittene Verwendbarkeit der von der Enteignung betroffenen Flächen erhebliche) Feststellungen und Annahmen des Erstgerichtes ohne Beweiswiederholung, insbesondere ohne Vornahme eines Ortsaugenscheines, verlassen und damit den Unmittelbarkeitsgrundsatz verletzt und schließlich ohne sachliche Antwort auf die im Rekurs vorgetragenen Bemängelungen der Bewertungsgrundlagen eine Entscheidung getroffen, die damit an einem Begründungsmangel im Sinne des § 477 Abs 1 Z 9 ZPO leide, stellen keine schlüssigen Ausführungen eines Nichtigkeitsgrundes dar:

Die Entscheidung des Rekursgerichtes ist auch nach dem Rechtsmittelsystem der §§ 9 bis 16 AußStrG trotz Zulässigkeit neuen Vorbringens und neuer Beweisanbote und des Grundsatzes amtswegiger Untersuchung aller entscheidungswesentlichen Umstände bloß überprüfender Natur. Im Verfahren über den Antrag der Republik auf Festsetzung der Entschädigung für die zu Straßenbauzwecken enteigneten Grundstücke der Antragsgegner war der für die Schadloshaltung maßgebende Wert der Grundstücke zu ermitteln. Das Erstgericht war dabei dem Gutachten eines Sachverständigen gefolgt, das die Vergleichswerte anderer Verkaufsfälle nach unterschiedlichen Kriterien differenzierend verwertet hatte. Unter anderem war auch die Frage zu lösen, wieweit die Möglichkeit künftiger Verwendung der von der Enteignung betroffenen Grundflächen auch schon zum Bewertungsstichtag bei der Preiskalkulation potentieller Kaufinteressenten in objektiv faßbarer Weise Niederschlag gefunden hätte. Die Enteigneten strebten mit ihren Rekursausführungen eine andere Gewichtung der zahlreichen herangezogenen Vergleichsfälle an. Das Rekursgericht hat das Begutachtungsergebnis nach dem Vergleich mit Begutachtungsfällen in parallelen Verfahren als unbedenklich, das Verfahren nicht als ergänzungsbedürftig befunden, die Ausmittlung der Enteignungsentschädigung im Sinne der erstinstanzlichen Bemessungsgrundlagen gebilligt und dies in einer eingehenden, sachlich nachvollziehbaren Begründung dargelegt. Von einer Verletzung des rechtlichen Gehörs oder des - im Rechtsmittelverfahren nach dem Außerstreitgesetz in der von den Rechtsmittelwerbern unterstellten Form gar nicht

bestehenden - Unmittelbarkeitsgrundsatzes und schon gar der sachlichen Begründungspflicht kann nicht die Rede sein. Die positive Ausgestaltung des Rechtsmittelverfahrens nach den §§ 9 ff AußStrG und deren Anwendung im anhängigen Verfahren begegnen entgegen der Ansicht der Rechtsmittelwerber in den im Revisionsrekurs aufgezeigten Punkten keinen Bedenken im Sinne des Art. 6 Abs 1 MRK. Es stellt keinen Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs dar, wenn das Rechtsmittelgericht zur Stützung der vom Erstgericht herangezogenen Tatsachengrundlagen weitere Erkenntnisquellen berücksichtigt hat, ohne den Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu diesen Erkenntnisquellen gegeben zu haben. Die Rechtsmittelfrist und die Frist zur Gegenäußerung sind in gleicher Weise mit 14 Tagen bestimmt. Die Revisionsrekurswerber werten eine bloß vierzehntägige Rechtsmittelfrist als unzumutbaren zeitlichen Druck. Der Gesetzgeber hat bei der Bestimmung der Rechtsmittelfrist die Interessen des an einer gründlichen Vorbereitung und Ausführung des Rechtsmittels einerseits und die Interessen am ehestmöglichen Eintritt einer Rechtskraft der beschlossenen Regelung in den verschiedensten Fällen der in das Außerstreitverfahren gewiesenen Angelegenheiten andererseits miteinander auszugleichen. Die gesetzliche Fristbestimmung wird in der weitaus überwiegenden Mehrzahl der Anwendungsfälle als ausgewogen angesehen werden müssen. Ein unzumutbarer Zeitdruck ist auch für die Revisionsrekurswerber im vorliegenden Fall nicht anzunehmen, waren die Enteigneten doch mit den im Rechtsmittelverfahren unverändert gebliebenen Fragestellungen zur strittigen Bewertung seit Jahren vertraut.

Der Verdacht einer Parteilichkeit des Gerichtes könnte im Zusammenhang mit der Rechtsmittelfrist nur dann aufkommen, wenn die Fristsetzung in unsachlicher Weise für den Enteigner und die Enteigneten unterschiedlich festgesetzt wäre. Daß die Entscheidungspflicht des Gerichtes im außerstreitigen Verfahren unter keine ausdrückliche Zeitbestimmung gestellt ist und selbst bei sinngemäßer Heranziehung der Acht-Tage-Frist des § 415 ZPO nur durch eine lex imperfecta geregelt erschiene, die Rechtsmittelfrist aber als Notfrist behandelt wird (vgl. EvBl. 1957/387), läßt die gesetzliche Regelung über die Rechtsmittelfrist unter dem Gesichtspunkt des Art. 6 Abs 1 MRK nicht bedenklich erscheinen. Auch ein mit Nichtigkeit bedrohter Verfahrensverstoß wurde also nicht schlüssig dargelegt.

Mangels Ausführung eines nach § 16 Abs 1 AußStrG beachtlichen Anfechtungsgrundes war der Revisionsrekurs der Antragsgegner zurückzuweisen.

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