Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Rekursbeantwortung wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Das (klagsstattgebende) Urteil des Erstgerichts wurde der Beklagtenvertreterin am 18. August 2008 zugestellt. Das Berufungsgericht wies die am 23. September 2008 im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs eingebrachte Berufung als verspätet zurück. Letzter Tag der Berufungsfrist sei der 22. September 2008 gewesen, sodass die erst am 23. September 2008 eingebrachte Berufung verspätet sei.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Beschluss erhobene Rekurs der beklagten Partei ist nicht berechtigt.
Nach ständiger Rechtsprechung endet, wenn das Urteil innerhalb der verhandlungsfreien Zeit im Sommer zugestellt wird, die vierwöchige Berufungsfrist - sofern es sich um keine Ferialsache handelt - mit Ablauf des 22. September (RZ 1978/109; SZ 57/65; RZ 1985/5; RIS-Justiz RS0036496). Dies wird in ständiger Rechtsprechung folgendermaßen begründet:
Gemäß § 464 ZPO beträgt die Berufungsfrist vier Wochen; sie beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Urteilsausfertigung. Nach § 125 Abs 1 ZPO wird bei Berechnung einer nach Tagen bestimmten Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen der Zeitpunkt oder die Ereignung fällt, nach der sich der Anfang der Frist richten soll. Gemäß § 125 Abs 2 ZPO enden nach Wochen bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche, welcher durch seine Benennung dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. § 225 Abs 1 ZPO ordnet schließlich an, dass dann, wenn der Beginn der Frist in die verhandlungsfreie Zeit fällt, die Frist um den bei ihrem Beginn noch übrigen Teil der verhandlungsfreien Zeit verlängert wird.
Die Zustellung des Urteils des Erstgerichts innerhalb der gemäß § 222 ZPO vom 15. Juli bis 25. August dauernden verhandlungsfreien Zeit hat zur Folge, dass die Zustellung als innerhalb der verhandlungsfreien Zeit vollzogen gilt, dass aber die Berufungsfrist erst mit dem Ende der verhandlungsfreien Zeit zu laufen begann.
Die Vorschrift des § 125 Abs 2 ZPO über die Berechnung von nach Wochen bestimmten Fristen geht allerdings von dem Normalfall aus, dass der Tag, auf welchen das Ereignis fällt, das den Fristenlauf auslöst, der betreffenden Partei nicht mehr ganz zur Verfügung steht und daher analog der Vorschrift des § 125 Abs 1 ZPO über die Berechnung einer nach Tagen bestimmten Frist nicht mitzurechnen ist. Wenn jedoch - wie im vorliegenden Fall - das den Lauf der Berufungsfrist auslösende Ereignis, nämlich die Zustellung des Urteils des Erstgerichts an den Beklagtenvertreter, innerhalb der verhandlungsfreien Zeit erfolgte und somit der Fristenlauf bereits um 00:00 Uhr des ersten Tages nach der verhandlungsfreien Zeit beginnt, wobei der Zustellungstag infolge der durch die verhandlungsfreie Zeit bewirkten Hemmung der Frist ohnehin nicht mitzählt, dann endet der Lauf der Frist von vier Wochen mit Ablauf des 28. - der Partei voll zur Verfügung stehenden - Tages, also mit Ablauf des 22. September. Nur diese Art der Berechnung verhindert, dass eine Frist von 28 Tagen und eine solche von vier Wochen an zwei verschiedenen Tagen enden, was dann der Fall wäre, wenn eine nach Tagen bestimmte Frist am 26. August, eine nach Wochen bestimmte Frist aber im Ergebnis erst um einen Tag später zu laufen begänne (4 Ob 536/76). Für eine solche unterschiedliche Berechnung und Dauer von Fristen bieten jedoch die Bestimmungen des § 125 Abs 1 und Abs 2 ZPO keine Handhabe. An dieser Auffassung, die auch von der ganz überwiegenden Lehre geteilt wird (Fasching, Lehrbuch² Rz 618; Schragel in Fasching/Konecny² § 225 ZPO Rz 1; Buchegger in Fasching/Konecny² § 126 Rz 11 f; Gitschthaler in Rechberger³ §§ 124 - 126 ZPO Rz 8), hat der Oberste Gerichtshof trotz der Kritik von Schumacher (Rechtsmittelfristen bei Zustellung der Entscheidung in der verhandlungsfreien Zeit, AnwBl 2006, 583) in mehreren Entscheidungen festgehalten (vgl 8 Ob 109/06x; 2 Ob 57/08h).
Die Rekursbeantwortung war zurückzuweisen, weil der Rekurs gegen einen Beschluss des Berufungsgerichts mit welchem es die Berufung ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen hat (§ 519 Abs 1 Z 1 ZPO), einseitig ist (RIS-Justiz RS0098745). Die Garantien des Art 6 MRK gelten nur für die Entscheidung über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen, nicht aber für bloß verfahrensrechtliche Fragen (6 Ob 265/06y; 6 Ob 10/07z ua).
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