Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin aus der Konkursmasse die mit 2.031,12 EUR (darin 338,52 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) ‑ Ausspruch des Berufungsgerichts ist die ordentliche Revision nicht zulässig:
Das Berufungsgericht hat seinen Zulässigkeitsausspruch damit begründet, es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Formfreiheit oder Formpflicht von Syndikatsvereinbarungen, die künftige Kapitalzuschüsse der Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung zur „Auffüllung“ eines durch Verluste aufgezehrten Eigenkapitals vorsehen.
1. Die Klägerin stützt ihr Zahlungsbegehren auf Punkt 4 einer zwischen ihren Gesellschaftern geschlossenen Vereinbarung vom 4. 8. 2006, wobei die Vereinbarung weder in Notariatsaktsform noch im Gesellschaftsvertrag geschlossen wurde. Die rechtliche Qualifikation dieser Vereinbarung ist im Revisionsverfahren strittig. In Betracht kommen die Vereinbarung einer (künftigen) Erhöhung des Stammkapitals (§ 52 GmbHG), die Vereinbarung einer Nachschusspflicht (§ 72 GmbHG) oder aber eine rein schuldrechtliche Vereinbarung eines Zuschusses beziehungsweise einer Finanzierungspflicht (Syndikats-vereinbarung). Das Berufungsgericht hat sich unter Berücksichtigung des Wortlauts der getroffenen Vereinbarung der letztgenannten Variante angeschlossen.
Der Schuldner auf Beklagtenseite ist Minderheitsgesellschafter. Der Mehrheitsgesellschaft hat die Forderung an die Klägerin abgetreten.
1.1.
Die Erhöhung des Stammkapitals setzt einen Beschluss auf Abänderung des Gesellschaftsvertrags voraus (§ 52 Abs 1 GmbHG; 7 Ob 129/07g). An den Kapitalerhöhungsbeschluss schließt sich die rechtsgeschäftliche Übernahme der neuen Stammeinlagen an ( Koppensteiner/Rüffler , GmbHG³ [2007] § 52 Rz 2). Mit Abschluss des Übernahmsvertrags erwirbt die Gesellschaft unter dem Vorbehalt des Wirksamwerdens der Kapitalerhöhung durch Eintragung des Erhöhungsbeschlusses im Firmenbuch einen klagbaren Anspruch auf Leistung der für die Kapitalerhöhung übernommenen Einlage (vgl RIS‑Justiz RS0103897). Die Übernahmserklärung bedarf zwar der Form eines Notariatsakts (§ 52 Abs 4 GmbHG); Formmängel der notariellen Beurkundung einer Erhöhung des Stammkapitals einer GmbH und des Notariatsakts über die Übernahmserklärung heilen jedoch jedem gegenüber durch die rechtskräftige Eintragung ins Firmenbuch (RIS‑Justiz RS0049494).
1.2. Wie das Stammkapital müssen Nachschüsse im Gesellschaftsvertrag verankert sein (§ 72 Abs 1 GmbHG). Die Nachschusspflicht ist auf einen nach dem Verhältnis der Stammeinlagen bestimmten Betrag zu beschränken. Eine dem nicht entsprechende Bestimmung des Gesellschaftsvertrags ist wirkungslos (§ 72 Abs 2 GmbHG). Die Einzahlung der Nachschüsse ist von sämtlichen Gesellschaftern nach Verhältnis ihrer Stammeinlagen zu leisten (§ 72 Abs 3 GmbHG). Die Nachschusspflicht oder ihre Erhöhung können nicht durch nachträglichen Mehrheitsbeschluss der Gesellschafter eingeführt werden. Ihre Einführung oder Erhöhung setzt vielmehr einen einstimmigen Beschluss der Gesellschafter voraus, bildet sie doch einen Fall (Vermehrung der den Gesellschaftern nach dem Vertrag obliegenden Leistungen) des § 50 Abs 4 GmbHG (6 Ob 47/11x).
1.3. Zuschüsse sind „freiwillige“ zusätzliche Leistungen einzelner Gesellschafter, die auf einem allgemeinen schuldrechtlichen und nicht auf einem gesellschaftsvertraglichen Verpflichtungsgrund beruhen. Zuschüsse werden in der Regel spontan vereinbart, um aufgetretene Verluste zu decken. Sie fließen ebenso wie Nachschüsse in das Vermögen der Gesellschaft und sind gegebenenfalls unter den Kapitalrücklagen zu verbuchen. Zuschüsse unterscheiden sich von Nachschüssen dadurch, dass deren Erbringung regelmäßig nicht gesellschaftsvertraglich geregelt ist (vgl Brugger/Schopper in Straube , GmbHG [2013] § 72 Rz 17). Die schuldrechtliche Vereinbarung freiwilliger Zuzahlungen unter den Gesellschaftern ist außerhalb des Gesellschaftsvertrags zulässig und formfrei wirksam. Es handelt sich um keine Schenkungszusage, weil kein Schenkungszweck besteht, sondern durch diese im Hinblick auf die Gesellschafterstellung versprochene Leistung typischerweise der Geschäftsanteil wertvoller wird ( Ch. Nowotny in Kalss/Nowotny/Schauer , Österreichisches Gesellschaftsrecht [2008] Rz 4/349 FN 716). Die Verpflichtung zur Zuschussleistung an die Gesellschaft beruht nicht auf der Mitgliedschaft; sie trifft den Gesellschafter als Einzelperson, nicht in seiner Eigenschaft als Gesellschafter. Die Zuschusspflicht kann nur mit den Mitteln des allgemeinen Schuldrechts, nicht hingegen mit den Figuren des Korporationsrechts durchgesetzt werden (vgl Thiery , Nachschüsse, Zuschüsse und eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen in der GmbH‑Bilanz, in FS Frotz 845).
Das entspricht auch der herrschenden Meinung in Deutschland: Die Gesellschafter können sich auch außerhalb des Gesellschaftsvertrags zu Leistungen an die Gesellschaft verpflichten. Zuschüsse unterscheiden sich von den Nachschüssen dadurch, dass deren Erbringung in der Regel nicht gesellschaftsvertraglich geregelt ist. Die Abgrenzung von freiwilligen Zuschüssen und zahlungspflichtigen Nachschüssen ist daher allgemein unproblematisch. Freiwillige Zuschüsse können auf einstimmigem Gesellschafterbeschluss oder auf vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Gesellschaftern beruhen, ohne dass es hierzu einer Satzungsklausel bedarf ( Emmerich in Scholz , GmbHG [2012] § 26 Rz 7; Schütz in MünchKomm zum GmbHG [2010] § 26 Rz 36; H. Jaeger in Ziemons/Jaeger , Beck'scher Online‑Kommentar GmbHG [Stand: 1. 12. 2013] § 26 Rz 11; Müller in Ulmer/Habersack/Löbbe , GmbHG § 26 Rz 28).
2.
Vertragsgegenstand von Syndikatsverträgen ist die Ausübung des Stimmrechts in der Gesellschaft. Sie sind eine Ergänzung des Gesellschaftsvertrags, ohne jedoch unmittelbar in die gesellschaftliche Organisation einzugreifen. Als Syndikatsvertrag bezeichnete Vereinbarungen gehen dabei häufig über die Stimmbindung hinaus. Ein Syndikatsvertrag begründet ein Dauerrechtsverhältnis, das üblicherweise als Gesellschaft bürgerlichen Rechts qualifiziert wird (RIS‑Justiz RS0079236 [T6, T7]). Ein Stimmrechtsbindungsvertrag hat nur schuldrechtliche Wirkung und bindet nur die Vertragspartner, nicht auch die Gesellschaft selbst (RIS‑Justiz RS0059854, RS0049389).
Die Zulässigkeit der Regelung von schuldrechtlichen Nachschüssen („Zuschüssen“, „Zuzahlungen“ udgl) im Syndikatsvertrag wird von der Lehre bejaht ( Fantur , Die GmbH ‑ Gestaltungsfragen aus der anwaltlichen Praxis, GesRZ‑Spezial 2006, 19 [25]; Tichy , Syndikatsverträge bei Kapitalgesellschaften 55; Brugger/Schopper in Straube , GmbHG § 72 Rz 18; kritisch Reich‑Rohrwig , GmbH‑Recht [1983] 369 FN 85). Auch Finanzierungspflichten, die in einem Syndikatsvertrag enthalten sind, unterscheiden sich von Nachschusspflichten vor allem durch den Rechtsgrund. Syndikatsvertragliche Finanzierungspflichten beruhen auf einer rein schuldrechtlichen und nicht auf einer gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung ( Brugger/Schopper aaO).
Eine syndikatsvertragliche Finanzierungspflicht unterliegt nicht den §§ 72 bis 74 GmbHG, die auch nicht analog anzuwenden sind ( Brugger/Schopper aaO Rz 30; Thiery in FS Frotz 845; vgl auch Fantur aaO; Tichy aaO; kritisch Reich‑Rohrwig aaO; aA Koppensteiner/Rüffler , GmbHG § 72 Rz 6), weil ein derartiger Schutz des Gesellschafters im Hinblick auf die bedeutsamen Unterschiede zwischen den Rechtsfolgen der statutarischen Nachschussverpflichtung nach §§ 72 ff GmbHG und einer bloß schuldrechtlichen Zuschussverpflichtung nicht indiziert ist ( Thiery aaO).
3. Die Auslegung einer Vereinbarung stellt grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO dar. Dies gilt auch für die hier zu beurteilende Frage, ob durch die Vereinbarung eine unmittelbare Leistungspflicht der Gesellschafter, also ohne weitere gesellschaftsrechtliche Zwischenschritte, begründet werden sollte. Eine auffallende Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts ist dabei nicht erkennbar:
3.1. Während der Wortlaut des „Intra‑Group and Shareholder's Agreement“ vom 28. 4. 2000 eher für eine Zusage, sich um eine Erhöhung des Eigenkapitals zu bemühen, spricht und nur, falls diese Maßnahmen nicht ausreichen, durch eine Kapitalerhöhung eine Leistungspflicht herbeigeführt werden sollte (arg: … verpflichten sich […] nach besten Kräften, insbesondere durch Realisierung von ausreichenden Gewinnen, das Eigenkapital […] zu erhöhen. Für den Fall, dass dieses Ziel nicht erreicht werden kann …), deutet der Wortlaut der zweiten Vereinbarung durchaus auf die Begründung einer unmittelbaren Leistungspflicht hin (arg: … verpflichtet sich hiemit unbedingt, das Eigenkapital wieder herzustellen …). Die Auffassung, dass die Vertragsparteien in ihrer zweiten Vereinbarung auch hinsichtlich der Vorgehensweise vom ursprünglichen Vertrag abgewichen sind und sich wechselseitig und unmittelbar zu einer Leistung an die Gesellschaft verpflichten, ist damit durchaus vertretbar.
3.2. Daran ändern auch die Punkte 5 und 6 der letztgenannten Vereinbarung, auf die die Revision nunmehr erstmals Bezug nimmt, nichts, weil darin nur für den Fall, dass die Rekapitalisierung nicht innerhalb einer bestimmten Frist erfolgt sein sollte, eine Kapitalerhöhung vorgesehen wird (arg: If the recapitalization operations has not occurred…).
4. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der beklagten Partei kann zwar gegen diese während des Insolvenzverfahrens ein Leistungsurteil nicht erwirkt werden. Durch die Aufnahme des zunächst unterbrochenen Verfahrens wird der bisherige Leistungsprozess gemäß § 113 IO zu einem Prüfungsprozess nach § 110 IO. Die deshalb notwendige Klagsänderung ist ohne Bedachtnahme auf die sonstigen Voraussetzungen einer derartigen Prozesshandlung zulässig. Sie ist auf Antrag oder auch von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens, also selbst noch im Revisionsstadium, vorzunehmen (stRsp, s nur 8 ObA 104/01d). Entscheidet daher der Oberste Gerichtshof in einem solchen Fall in der Sache selbst ‑ sei es bestätigend (etwa 9 ObA 14/02b) oder abändernd (etwa 1 Ob 127/13b EvBl 2014/52 [ Klicka ]), sei es klagsstattgebend (etwa 9 ObA 14/02b) oder klagsabweisend (4 Ob 64/85) ‑, ist der Urteilsspruch auf (Nicht‑)Feststellung einer Insolvenzforderung umzustellen beziehungsweise ist die angefochtene Entscheidung mit einer solchen Maßgabe zu bestätigen.
Keine Umstellung bzw Maßgabebestätigung haben jedoch zu erfolgen, wenn der Oberste Gerichtshof eine außerordentliche Revision zurückweist (etwa 8 Ob 341/99a), was auch dann zu gelten hat, wenn zwar das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, der Oberste Gerichtshof diese jedoch ‑ wie im vorliegenden Verfahren ‑ mangels erheblicher Rechtsfrage für unzulässig erklärt und zurückweist.
5. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die Klägerin hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Der Schriftsatz ist daher als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig anzusehen.
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