Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die zweitbeklagte Partei hat der klagenden Partei die mit 9.900 S (darin 1.650 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin begehrte mit ihrer am 30.3.1993 bei Gericht überreichten Klage gegen den beklagten Rechtsträger eines Krankenhauses Schadenersatz von 200.384,20 S wegen eines ärztlichen Behandlungsfehlers vom 10.9.1989 sowie die Feststellung der Haftung für künftige Schäden. Der damalige Rechtsvertreter der Klägerin war schwer erkrankt, weshalb die Parteien Ende März 1994 dem Prozeßgericht eine Anzeige über das (vereinbarte) Ruhen des Verfahrens übermittelten. Im Fristenbuch des Rechtsanwalts der Klägerin wurde der Termin 30.6.1994 (offensichtlich das Ende der Ruhensfrist) eingetragen. Der Rechtsanwalt der Klägerin verstarb am 16.6.1994. Seit April 1994 war seine Tochter in der Kanzlei als Konzipientin beschäftigt gewesen. Zum mittlerweiligen Stellvertreter des verstorbenen Rechtsanwalts wurde der im vorliegenden Verfahren Zweitbeklagte (im folgenden nur mehr Beklagter genannt) bestellt. Das Verfahren gegen die erstbeklagte Verlassenschaft ruht.
Der Beklagte hatte kein Interesse an der Übernahme der Kanzlei des Verstorbenen, er übernahm jedoch dessen Tochter als Konzipientin und überließ ihr die Betreuung des gerichtsanhängigen Aktes der Klägerin. Die Konzipientin bereitete zwar ein Verständigung des Gerichtes über das Ableben ihres Vaters vor, die vom Beklagten gefertigt und dem Prozeßgericht übermittelt wurde, eine Verständigung der Klägerin über den Tod des Rechtsanwalts sowie eine Aufklärung über die Rechtslage und eine Beratung durch die Konzipientin unterblieben. Die Klägerin hatte jedoch Kenntnis vom Ableben ihres Rechtsvertreters. Der Beklagte wurde am 1.8.1994 als mittlerweiliger Stellvertreter enthoben. An seiner Stelle wurde der dem Verfahren auf seiten der Beklagten beigetretene Nebenintervenient bestellt. Die Akten verblieben in der Kanzlei, eine formelle Übergabe durch den Beklagten an den Nebenintervenienten unterblieb. Erst ab Ende September 1994 nahm der Nebenintervenient Kontakt mit einzelnen Klienten des verstorbenen Rechtsanwalts auf, mit der Klägerin erst im Februar 1995. Diese erteilte im März 1995 dem Nebenintervenienten eine Vollmacht. Er beantragte am 22.3.1995 die Fortsetzung des anhängigen Verfahrens gegen den Rechtsträger des Krankenhauses. Das Prozeßgericht gab mit Urteil vom 28.8.1995 dem Klagebegehren mit einem Teilbetrag von 110.438,20 S samt 4 % Zinsen seit 3.4.1993 statt und wies das Mehrbegehren von 89.946 S sowie das Feststellungsbegehren ab. Die Rechtsvertretungskosten wurden gegeneinander aufgehoben, die Klägerin wurde hinsichtlich der Barauslagen zu einem Ersatz von 7.016,50 S verpflichtet. Das Gericht zweiter Instanz änderte über Berufung des beklagten Rechtsträgers des Krankenhauses das Urteil dahin ab, daß das Klagebegehren infolge Verjährung wegen nicht gehöriger Fortsetzung des Verfahrens zur Gänze abgewiesen wurde. Die Klägerin wurde zum Ersatz der Verfahrenskosten erster Instanz (von 52.569,20 S) und zweiter Instanz (von 28.786,60 S) verurteilt.
Mit der am 10.9.1996 überreichten Schadenersatzklage begehrt die Klägerin vom Beklagten Schadenersatz, und zwar den im Vorprozeß in erster Instanz zuerkannten Betrag von 110.438,20 S zuzüglich der angeführten Kostenbeträge, zu deren Ersatz die Klägerin verurteilt worden war. Die Klägerin begehrt die Zahlung von insgesamt 184.777,50 S und führte dazu aus, daß sie vom Beklagten und seiner Konzipientin nicht darüber aufgeklärt worden sei, daß nach Ablauf der Ruhensfrist sowie nach dem Tod ihres Rechtsvertreters ein anderer Rechtsanwalt zur weiteren Prozeßführung beauftragt hätte werden müssen, damit ein Fortsetzungsantrag zur Abwendung von Verjährungsfolgen gestellt hätte werden können.
Der Beklagte bestritt das Klagevorbringen, beantragte die Abweisung der Klage und brachte im wesentlichen vor, daß er den Schaden weder verursacht noch verschuldet habe. Er habe seine Funktion als mittlerweiliger Stellvertreter nur bis 1.8.1994 ausgeübt. Während dieses Zeitraums sei eine Verjährung der gerichtsanhängigen Schadenersatzforderung noch nicht eingetreten. Nach der Judikatur stünde für eine gehörige Fortsetzung nach Ablauf der Ruhensfrist ein Zeitraum von etwa dreieinhalb Monaten zur Verfügung. Nach dem 1.8.1994 hätte der nachfolgende mittlerweilige Stellvertreter immer noch zweieinhalb Monate zur Verfügung gehabt, den Verjährungseintritt zu verhindern. Keinesfalls könne die Klägerin den Ersatz der Verfahrenskosten begehren.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte über den schon wiedergegebenen Sachverhalt hinaus im wesentlichen noch fest, daß der Beklagte die Bearbeitung der Akten der Konzipientin überlassen habe. Er habe in das Fristenbuch keine Einsicht genommen. Die Klägerin habe gegen das erstinstanzliche Urteil im Prozeß gegen den Rechtsvertreter des Krankenhauses nur aus prozeßtaktischen Erwägungen eine Berufung erhoben. Ihrer Berufung sowie der Berufung der Gegenseite wäre auch bei gehöriger Fortsetzung des Verfahrens nicht Folge gegeben worden. Die Kosten des Berufungsverfahrens wären gegenseitig aufgehoben worden. Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung traf das Erstgericht noch die Feststellung, daß im Fristenbuch das Ende der Ruhensfrist ausgestrichen, ein neuer Termin für die Bearbeitung des Aktes aber nicht gesetzt worden sei (S 7 in ON 10).
In rechtlicher Hinsicht beurteilte das Erstgericht den Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß die Tochter des verstorbenen Rechtsanwalts als Erfüllungsgehilfin des Beklagten zu qualifizieren sei. Dem Beklagten müsse vorgeworfen werden, daß im Fristenbuch das Ende der Ruhensfrist ausgestrichen worden sei, ohne daß ein neuer Termin für die Bearbeitung des Aktes gesetzt worden sei. Diesbezüglich treffe den Beklagten zwar kein persönliches Verschulden, er müsse sich jedoch das Fehlverhalten der Konzipientin zurechnen lassen. Ob auch den Nebenintervenienten ein Verschulden treffe, sei nicht zu untersuchen. Die Klägerin sei so zu stellen, als wäre der Fortsetzungsantrag rechtzeitig gestellt worden.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge. Es beurteilte den vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß einem gemäß § 28 RAO bestellten mittlerweiligen Stellvertreter eines verstorbenen Rechtsanwalts dessen Vertretung hinsichtlich der Rechte und Verbindlichkeiten gegenüber den Klienten obliege, ohne daß er damit deren Bevollmächtigter werde. Es sollten vor allem die Klienten des verhinderten Anwalts geschützt werden. Diese sollten durch den Tod des Rechtsanwalts keinen Schaden erleiden. Der mittlerweilige Stellvertreter habe daher vor allem für eine rechtzeitige Verständigung der Klienten zu sorgen. Zu den Vertretungsaufgaben eines Rechtsanwalts gehöre die Belehrung der rechtsunkundigen Mandanten. Eine unzureichende Belehrung mache haftbar. Diese Belehrungspflicht dürfe nicht überspannt werden. Es wäre Aufgabe des Beklagten als mittlerweiligen Stellvertreters gewesen, die Klägerin auf die notwendige Fortsetzung des Verfahrens hinzuweisen. Wenn der Beklagte sich nicht aus den Akten informiert und sich auf seine Konzipientin verlassen und damit begnügt habe, das Prozeßgericht vom Tod des Rechtsanwalts zu informieren, ohne die Klägerin aber aufzuklären, sei er schadenersatzpflichtig. Daß ein anderer bei pflichtgemäßem Verhalten den Schaden noch hätte abwenden können, befreie den Beklagten nicht von seiner solidarischen Ersatzpflicht. Der weite Schadensbegriff umfasse jede Vermögensminderung, also nicht bloß Einbußen an Aktiven, sondern auch das Entstehen von Passiven. Der Beklagte habe der Klägerin daher auch die entstandenen Prozeßkosten zu ersetzen, die dann nicht eingetreten wären, wenn das Verfahren rechtzeitig fortgesetzt worden wäre.
Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Mit seiner außerordentlichen Revision beantragt der Beklagte die Abänderung dahin, daß das Klagebegehren abgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
In der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung beantragt die Klägerin, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes zulässig. Zum Umfang des Aufgabenbereiches eines für einen verstorbenen Rechtsanwalt bestellten mittlerweiligen Stellvertreters sowie dessen Haftung für einen zur Erfüllung dieser Aufgaben beigezogenen Gehilfen liegt eine oberstgerichtliche Rechtsprechung nicht vor.
Die Revision ist jedoch nicht berechtigt.
Nicht strittig ist, daß die Klägerin den zum Zeitpunkt des Todes ihres Rechtsvertreters anhängigen Schadenersatzprozeß teilweise gewonnen hätte, wenn das Verfahren gehörig fortgesetzt worden wäre. Es kann dahingestellt werden, ob der Beginn der Frist für einen Fortsetzungsantrag hier ab dem Ende der Ruhensfrist (das war Ende Juni 1994) oder schon mit dem Tod des Rechtsanwalts (das war der 21.6.1994) zu laufen begann. Der Unterschied von wenigen Tagen ist bei der Beurteilung der Rechtzeitigkeit des erst am 22.3.1995 gestellten Fortsetzungsantrages nicht relevant. In der Rechtsprechung werden die Fälle des Ruhens und der Unterbrechung wegen Todes des Rechtsvertreters (§ 160 ZPO) in der Frage der Verjährung (§ 1497 ABGB) gleich behandelt (2 Ob 2059/96z mwN).
Der Revisionswerber vertritt die Ansicht, daß ihm wegen der nur kurzen Zeit von etwas mehr als einem Monat, in der er als mittlerweiliger Stellvertreter des verstorbenen Rechtsanwalts für die Klägerin tätig zu sein hatte, keine Sorgfaltsverletzung angelastet werden könne. Die Säumigkeit habe allein sein Nachfolger zu vertreten. Im Revisionsverfahren steht er - im Gegensatz zu seinem Vorbringen vor dem Erstgericht in der Klagebeantwortung (S 3 f in ON 4) - auf dem Standpunkt, daß er die Nachlässigkeiten seiner Konzipientin nicht zu vertreten habe, weil diese nicht als Erfüllungsgehilfin nach § 1313a ABGB zu qualifizieren sei. Dazu ist folgendes auszuführen:
Der zuständige Ausschuß der Rechtsanwaltskammer hat für einen verstorbenen Rechtsanwalt einen mittlerweiligen Stellvertreter zu bestimmen (§ 28 Abs 1 lit h und § 34 Abs 3 Z 1 RAO). § 37 Z 2a RAO ermächtigt den österreichischen Rechtsanwaltskammertag zur Erlassung von Richtlinien für die Ausübung der Tätigkeit eines mittlerweiligen Stellvertreters ua zur Wahrung der Interessen der betroffenen Parteien und über die Führung der Kanzlei. Die geltenden Richtlinien (RL-BA 1977 idgF) bezeichnen im Art XI § 59 den mittlerweiligen Stellvertreter als Stellvertreter des Rechtsanwalts mit den Rechten und Pflichten eines Substituten, der in Fällen, in denen er nicht vertreten darf, für einen Vertreter zu sorgen hat. § 61 des genannten Artikels legt ua fest, daß der mittlerweilige Stellvertreter mit der Sorgfalt eines Rechtsanwalts die Interessen der Parteien des Rechtsanwalts, für den er bestellt wurde, zu wahren hat. Gestützt auf diese Rechtslage haben die Vorinstanzen zutreffend eine Handlungspflicht des Beklagten bejaht. Die Bestellung zum mittlerweiligen Stellvertreter rechtfertigt nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung noch nicht die Annahme einer Bevollmächtigung durch die Partei, deren Rechtsvertreter verstorben ist (2 Ob 12/97x). Der Beklagte konnte daher nicht selbst einen Fortsetzungsantrag stellen. Daraus ergibt sich aber auch schon seine Verpflichtung, die Klienten des verstorbenen Rechtsanwalts nicht nur über den Todesfall, sondern auch über die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen, insbesondere diejenigen auf einen anhängigen Zivilprozeß, zu belehren, wozu auch die Aufklärung über den allfälligen Verjährungseintritt bei nicht ordnungsgemäßer Fortsetzung eines ruhenden oder unterbrochenen Verfahrens gehört. Diese Aufklärungspflicht bestreitet der Revisionswerber grundsätzlich auch gar nicht. Seinem Hinweis auf die Untätigkeit des Nachfolgers in der Funktion eines mittlerweiligen Stellvertreters ist entgegenzuhalten, daß bei der Verletzung von Handlungspflichten mehrerer zum Handeln Verpflichteter ein Fall der kumulativen Kausalität vorliegt, bei dem die Schädiger grundsätzlich solidarisch haften (§ 1302 ABGB), sodaß sich kein Schädiger auf die Pflichtverletzung des anderen berufen kann. Das Berufungsgericht zitiert dazu richtig die Entscheidung des 4. Senates des Obersten Gerichtshofes, wonach der Schaden durch eine ungenügende Aufklärung des zweiten tätig gewordenen Rechtsanwalts gar nicht eintreten hätte können, wenn schon der erste Rechtsanwalt seiner Aufklärungspflicht nachgekommen wäre (4 Ob 2319/96z). Für fremdes Verschulden wird grundsätzlich nicht gehaftet. Hier hat der Beklagte jedoch nicht im Wege einer Erfolgshaftung für eine Pflichtverletzung des Nebenintervenienten einzustehen, dessen Pflichtverletzung ist vielmehr auch eine Folge der vorangegangenen Pflichtverletzung des Beklagten bzw derjenigen seiner Konzipientin. Nach den getroffenen Feststellungen und entgegen den davon teilweise abweichenden Revisionsausführungen hat der Beklagte das Fristenvormerkbuch nicht überprüft. In diesem war das Ende der Ruhensfrist ausgestrichen und kein neuer Termin für eine allfällige weitere Bearbeitung des Aktes eingesetzt worden (Erstgericht S 7 in ON 10). Für den Nachfolger im Amt des mittlerweiligen Stellvertreters entstand daraus jedenfalls eine Unklarheit darüber, ob eine Verständigung und Aufklärung der Klientin schon erfolgt war. Daß der Beklagte wegen der Fülle des zu sichtenden Aktenmaterials bis zu seiner Enthebung nicht genügend Zeit gehabt hätte, alle anhängigen Prozeßakten zu überprüfen, hat er nicht einmal behauptet. In diesem Falle hätte er es aber zu vertreten, daß er seinen Nachfolger nicht auf ganz konkret bezeichnete anhängige Verfahren aufmerksam gemacht und darauf hingewiesen hat, daß dringliche Fortsetzungsanträge erforderlich sein könnten. Selbst wenn man ein eigenes schuldhaftes Verhalten des Beklagten verneinte, wäre für ihn dennoch nichts gewonnen. Der Schaden wurde jedenfalls auch durch ein Fehlverhalten der Konzipientin verursacht, das in der mangelnden Aufklärung der Klägerin über die Notwendigkeit einer Verfahrensfortsetzung in einem anhängigen Gerichtsverfahren mit Anwaltspflicht bei drohenden Verjährungsfolgen zu erblicken ist. Dieser Fehler wurde schon in der relativ kurzen Zeit der Funktion des Beklagten als mittlerweiligen Stellvertreters begangen, weil die Konzipientin in der irrigen Ansicht, sie könne auf ein Tätigwerden der Klägerin warten, keine kanzleitechnischen Maßnahmen ergriff, daß die erforderliche Aufklärung noch zu bewerkstelligen sein werde. Fraglich ist nun, ob der Beklagte die Untätigkeit seiner Konzipientin, der die Geschäftsführung in der Angelegenheit der Klägerin ohne jede Überwachungstätigkeit überlassen wurde, zu vertreten hat. Zu der vom Revisionswerber behaupteten mangelnden Anwendbarkeit des § 1313a ABGB ist folgendes auszuführen:
Ein bevollmächtigter Rechtsanwalt haftet für das Verschulden seines Konzipienten, dessen er sich bei der Erfüllung seiner vertraglich übernommenen Anwaltsaufgaben bedient gemäß § 1313a ABGB (AnwBl 1991, 118). Aus dem Wortlaut des Gesetzes allein läßt sich eine Einschränkung auf vertragliche Leistungsverpflichtungen nicht ableiten. Die Schädigung muß nur - im Gegensatz zur Haftung für den Besorgungsgehilfen nach § 1315 ABGB - durch eine Erfüllungshandlung erfolgen. Eine auf dem Gesetz oder einem Behördenakt beruhende Leistungsverpflichtung steht einem vertraglichen Schuldverhältnis gleich (Reischauer in Rummel, ABGB2 Rz 2 zu § 1313a), wie dies beispielsweise auf einen Rauchfangkehrer zutrifft, dessen Leistungsverpflichtung im öffentlichen Recht begründet ist (so schon MietSlg 22.190). Auch gesetzliche Leistungsverpflichtungen fallen in das Anwendungsgebiet des § 1313a ABGB, wenn sie gegenüber bestimmten Personen als Gläubiger bestehen (EvBl 1979/226; 7 Ob 263/97w mwN). Lediglich die im Interesse der Allgemeinheit erlassenen gesetzlichen Schuldverhältnisse sind § 1313a ABGB nicht zu unterstellen. Die Handlungspflicht des mittlerweiligen Stellvertreters eines verstorbenen Anwalts ist eine gesetzliche nach den Bestimmungen der RAO. Der Personenkreis der Gläubiger ist bestimmt und umfaßt die gesamte Klientel des verstorbenen Rechtsanwalts. Der mittlerweilige Stellvertreter haftet daher für Fehler seiner Konzipientin als Erfüllungsgehilfin.
Der Schadenersatzanspruch der Klägerin ist dem Grunde nach zu bejahen. Sämtliche Voraussetzungen liegen vor. Die Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Beklagten bzw des ihm zuzurechnenden Verhaltens der Konzipientin liegt in der Verletzung der aus der RAO ableitbaren Handlungspflicht. Diese Verletzung ist kausal für den eingetretenen Prozeßverlust wegen Verjährung. Die vom Revisionswerber zu diesem Thema vermißten Feststellungen über ein hypothetisches Verhalten der Klägerin bei rechtzeitiger Aufklärung über die Notwendigkeit einer sofortigen Fortsetzung des anhängigen Verfahrens sind entbehrlich, weil ja der Parteiwille der Klägerin aufgrund der tatsächlich - wenn auch verspätet - erfolgten Verfahrensfortsetzung feststeht. Auch das Verschulden des Beklagten am Schadenseintritt ist zumindest in der Form der leichten Fahrlässigkeit zu bejahen. Neben der Haftung für das Verschulden der Erfüllungsgehilfin kann hier dem Beklagten nach den getroffenen Feststellungen sogar der Vorwurf eines eigenen Verschuldens gemacht werden, weil er der Konzipientin bei der Bearbeitung des Falls der Klägerin ohne jede Überwachungstätigkeit freie Hand gelassen und sich - zugestandenermaßen - um das Fristenvormerkbuch überhaupt nicht gekümmert und solcherart verhindert hat, daß der Nachfolger Klarheit über noch ausständige, unbedingt erforderliche Aufklärungsarbeiten Kenntnis erlangt. Der mittlerweilige Stellvertreter haftet nach dem für Rechtsanwälte geltenden erhöhten Sorgfaltsmaßstab (§ 1299 ABGB). Nach diesem Maßstab ist dem Beklagten aber die Außerachtlassung der gebotenen Sorgfalt trotz der Kürze seiner Funktionsdauer vorzuwerfen.
Die Vorinstanzen haben der Klage im vollen Umfang stattgegeben und der Klägerin den im Vorprozeß hypothetisch erzielbaren Schadenersatzbetrag samt Zinsen sowie die an den Prozeßgegner zu leistenden Kostenersatzbeträge zugesprochen. Dagegen wendet der Revisionswerber ein, daß er - wenn überhaupt - nur für den entgangenen Hauptanspruch der Klägerin in der Höhe von 110.438,20 S samt kapitalisierten Zinsen von 15.400 S zu haften habe, daß von diesem Betrag aber die eigenen Vertretungskosten der Klägerin und die an den Prozeßgegner zu leistenden Verfahrenskosten abzuziehen seien. Diesbezüglich sei das Verhalten des Beklagten nicht kausal gewesen. Den Schaden habe der Nebenintervenient verursacht. Dazu ist folgendes auszuführen:
Bei der Prüfung der Kausalität ist immer zu fragen, ob der Schaden entfiele, wenn das Ereignis, dessen Ursächlichkeit geprüft wird, weggedacht wird. Bei der Schädigung durch Unterlassen lautet die Frage, ob der Schaden bei pflichtgemäßem Verhalten auch eingetreten wäre. Dieser hypothetische Geschehensablauf besteht hier in dem vom Erstgericht zutreffend festgestellten Prozeßergebnis, das die Klägerin bei rechtzeitiger Verfahrensfortsetzung erzielt hätte. Danach hätte die Klägerin einen teilweisen Prozeßerfolg bei Aufhebung der Vertretungskosten erster und zweiter Instanz erzielt und dem Prozeßgegner nur Barauslagen von 7.060,20 S zu ersetzen gehabt. Der Beklagte ist verpflichtet, diese Vermögenslage herzustellen. Einen Ersatz ihrer eigenen Verfahrenskosten begehrt die Klägerin nicht. Warum diese Kosten allerdings vom tatsächlich berechtigten Schadenersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte des Vorprozesses abgezogen werden müßten, ist nicht verständlich. In diesem Fall wäre die Klägerin ja schlechter gestellt als nach der vom Beklagten herzustellenden Vermögenslage. Sie erhielte nur teilweise den Schaden in der Hauptsache ersetzt, hätte aber weiterhin die angeführten eigenen Verfahrenskosten zu tragen. Die Revision ist in diesem Punkt nicht schlüssig.
Die Klägerin begehrt Ersatz für die ihr tatsächlich entstandene Prozeßkostenersatzverpflichtung aus dem Vorprozeß. Dem Revisionswerber ist zuzustimmen, daß diese Kosten erst nach dem Eintritt der Verjährung und durch die verspätete Fortsetzung des Prozesses durch den Nebenintervenienten entstanden sind. Damit ist aber noch keineswegs gesagt, daß die schadenseinleitende Untätigkeit des Beklagten (seiner Konzipientin) nicht auch für diesen Kostenaufwand ursächlich war. Die kumulative Kausalität kann durchaus auch in den Fällen bejaht werden, wo der Schaden oder weitere Schäden erst im Zusammenwirken mit der Tätigkeit eines Dritten entstehen. Solche Sachverhalte wurden in der älteren Rechtsprechung unter dem von der Lehre kritisierten Schlagwort der Unterbrechung des Kausalzusammenhanges behandelt (vgl dazu Harrer in Schwimann, ABGB2 Rz 11 zu § 1295; Reischauer aaO Rz 18 f zu § 1295). Der Kausalzusammenhang sei unterbrochen, wenn ein Dritter in die Kausalkette eingreife. Die überwiegende oberstgerichtliche Judikatur hat aber auch in derartigen "Unterbrechungsfällen" die Frage der Adäquanz untersucht und ist danach trotz Hinzutretens eines weiteren Schädigers zu einer Haftung des Erstschädigers gelangt. Eine Verneinung der Haftung ausschließlich aus dem Grund, daß ein weiterer Schädiger hinzugetreten war, entsprach auch der älteren Rechtsprechung nicht. Der Beklagte setzte zweifellos eine äquivalente Bedingung für den Schadenseintritt. Gegen eine uferlose Ausweitung der Haftung wurde der Grundsatz entwickelt, daß ein Schädiger nur für adäquat herbeigeführte Schäden zu haften habe. Nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung liegen adäquat verursachte Schäden vor, wenn die Schadensursache ihrer allgemeinen Natur nach für die Herbeiführung eines derartigen Erfolges nicht als völlig ungeeignet erscheinen müsse und nicht nur infolge einer ganz außergewöhnlichen Verkettung von Umständen zu einer Bedingung des Schadens geworden sei. Die Haftung bestehe unter dieser Voraussetzung auch dann, wenn eine weitere Ursache als schadensbewirkend hinzutrete, sofern nur dieses Hinzutreten nicht außerhalb der menschlichen Erfahrung liege (SZ 60/49 mwN; SZ 54/108 uva). Bei Anwendung dieser Grundsätze muß im vorliegenden Fall das Verhalten des Beklagten auch für das Entstehen der Kostenverpflichtung der Klägerin im Vorprozeß als adäquat kausal beurteilt werden. Die (weitere) Untätigkeit des nachfolgenden mittlerweiligen Stellvertreters und die schließlich doch erfolgte Verfahrensfortsetzung sind nicht als außergewöhnliche Verkettung ungünstiger Umstände zu qualifizieren. Fehler von Rechtsanwälten kommen in der Praxis immer wieder vor und sind nicht anders zu beurteilen wie die Fehler anderer Personen aus dem Personenkreis des § 1299 ABGB. In der Judikatur wurde die adäquate Kausalität des Verhaltens eines Erstschädigers für die bei der Heilbehandlung infolge eines ärztlichen Kunstfehlers entstandenen Schäden bejaht (JBl 1954, 400). Vergleichbar sind weiters auch die Sachverhalte, die der Judikatur bei Auffahrunfällen im Straßenverkehr zugrundeliegen. Ein selbst verkehrswidrig handelnder Schädiger, der einen PKW-Lenker zum Anhalten zwingt, kann sich nicht darauf berufen, daß der Unfall nur vom nachkommenden und auffahrenden Verkehrsteilnehmer verursacht worden sei (ZVR 1980/299 uva). Mit Fehlern von Dritten muß gerechnet werden. Sie sind nicht als atypischer Erfolg zu werten. Dies gilt auch im vorliegenden Fall, wo der Nebenintervenient zwei Schadensursachen setzte (die fortgesetzte Untätigkeit und die Verfahrensfortsetzung nach Verjährungseintritt). Bei der Weiterführung des Prozesses durch den Nebenintervenienten ist überdies zu berücksichtigen, daß trotz Verstreichens einer längeren Frist noch nicht von einer gänzlichen Aussichtslosigkeit ausgegangen werden mußte, weil die Judikatur zur Frage der Zeit, die verstreichen muß, um von einem mangelnden Interesse des Klägers an der Verfahrensfortsetzung sprechen zu können, immer auf den Einzelfall abstellt und keine starren Fristen festlegt. Der Versuch der Klägerin, trotz der Säumnis ihren Anspruch noch durchzusetzen, ist daher keineswegs als ungewöhnlich oder außerhalb der menschlichen Erfahrung liegend zu beurteilen. Die Verfahrensfortsetzung war allenfalls auch unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht nach § 1304 ABGB geboten. Schließlich stand auch nicht fest, ob überhaupt ein Verjährungseinwand erfolgen werde.
Die Revision ist aus den dargelegten Gründen zur Gänze nicht berechtigt.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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