Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78 EO, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Sinn und Bedeutungsinhalt einer beanstandeten Äußerung, deren Unterlassung gemäß § 1330 ABGB begehrt wird, wie auch die Frage, ob Tatsachen verbreitet wurden, ob eine auf einem wahren Tatsachenkern zurückzuführende wertende Meinungsäußerung oder ein reines Werturteil vorliegt, richten sich nach dem Gesamtzusammenhang und dem dadurch vermittelten Gesamteindruck der Äußerung für den unbefangenen Adressaten. Es handelt sich um Rechtsfragen, die jeweils nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere den konkreten Formulierungen in ihrem Zusammenhang, der Form der Äußerung und des Gegenstands, den sie betrifft, und allen sonstigen Umständen, die für den Eindruck auf das angesprochene Publikum maßgebend sein können, beurteilt werden (RIS-Justiz RS0078409). Unzutreffend ist die in der Zulassungsbeschwerde von der Rechtsmittelwerberin vertretene Auffassung, das Rekursgericht sei von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen, indem es die „kreditschädigende Wirkung" einer Behauptung nicht an Hand des Verständnisses der angesprochenen Leser, sondern an Hand der dem Leser „vorenthaltenen" Information beurteilt habe. Wie aus den Ausführungen des Rekursgerichts ersichtlich, hat es angenommen, dass der Inhalt der Kritik des Klägers am Taggeldbezug an sitzungsfreien Freitagen zum Kenntnisstand der angesprochenen Leser gehört. Diese Auffassung wird im Rechtsmittel nicht bekämpft.
Unwahr ist eine Äußerung nach ständiger Rechtsprechung dann, wenn ihr sachlicher Kern im Zeitpunkt der Äußerung nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Gegenstand des Wahrheitsbeweises ist nicht der vollständige Beweis der Richtigkeit der Tatsachenbehauptung, es genügt der Beweis der Richtigkeit des Tatsachenkerns. Der Wahrheitsbeweis ist schon dann als erbracht anzusehen, wenn er den Inhalt der Mitteilung im Wesentlichen bestätigt (RIS-Justiz RS0079693). Wie der Oberste Gerichtshof ferner bereits ausgesprochen hat, kann die Unwahrheit einer Tatsachenbehauptung auch in der Unvollständigkeit des bekanntgegebenen Sachverhalts liegen, wenn dadurch ein unrichtiger Eindruck erweckt wird (6 Ob 284/00h ua). Die Frage, ob der Tatsachenkern, der wahr sein muss, im Einzelfall enger oder weiter zu ziehen ist, ist keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO (6 Ob 96/04t; RIS-Justiz RS0113640). Wenn das Rekursgericht
a) im Hinblick auf den Inhalt der vom Kläger auf seiner Homepage verbreiteten Kritik am Taggeldbezug am sogenannten „Straßburger Freitag" den Aussagegehalt der beanstandeten Äußerung aus der Sicht eines durchschnittlichen Lesers dahin beurteilte,
- dass sich der Kläger an sitzungsfreien Freitagen in Straßburg in das Zentrale Anwesenheitsregister des EU-Parlaments eingetragen und dadurch Anspruch auf Taggeld erworben habe,
- damit dem Kläger vorgeworfen werde, gerade die von ihm bei anderen Abgeordneten kritisierte Vorgangsweise selbst zu praktizieren,
b) die Auffassung vertritt,
- die beanstandete Äußerung sei deshalb unwahr, weil sich der Kläger festgestelltermaßen nicht an sitzungsfreien Freitagen in einer sogenannten „Straßburger Woche" in Straßburg, sondern an sitzungsfreien Freitagen in einer sogenannten „Brüsseler Woche" in Brüssel in die Zentrale Anwesenheitsliste des EU-Parlaments eingetragen habe, und
- die rufschädigende Wirkung werde durch den Zusatz zur beanstandeten Äußerung, der Kläger beteuere, dies sei „nie ohne zu arbeiten" geschehen, nicht beseitigt, weil dadurch der Eindruck erweckt werde, der Kläger lege sich für seinen eigenen, sonst aber angeprangerten Spesenmissbrauch eine spezielle Rechtfertigung zurecht, so ist darin keine aufzugreifende Fehlbeurteilung des Rekursgerichts zu erblicken. Wenn sich die Rechtsansicht der zweiten Instanz im Rahmen der Rechtsprechung hält, hat die Frage ob auch eine andere rechtliche Beurteilung der festgestellten Äußerung vertretbar wäre, keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung und bildet demnach ebenfalls keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO (6 Ob 96/04t; RIS-Justiz RS0107768). Dies gilt auch für die nach den Umständen des Falls getroffene Beurteilung der zweiten beanstandeten Äußerung, dass dem Kläger laut Innenminsterium ein Formalfehler unterlaufen sei, als - auch nicht im Kern - den Tatsachen entsprechende Behauptung.
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 510 Abs 3, 528a ZPO).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)