Spruch:
- 1. Dem Revisionsrekurs der Antragsteller wird nicht Folge gegeben.
- 2. Der Revisionsrekurs der weiteren (unter 42. bis 49. angeführten) Antragsteller wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Antragsgegnerin ist eine in Vorarlberg ansässige Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft. Die Haftung der Genossenschaft ist auf den Geschäftsanteil (350 S) und das Einfache dieses Betrages beschränkt. Der Zweck der Genossenschaft, der neben Landwirten auch Sennereigenossenschaften, Agrargemeinschaften und Alpinteressentschaften angehören, besteht in der wirtschaftlichen Förderung der Mitglieder vor allem durch Verarbeiten und Verwerten landwirtschaftlicher Produkte, insbesondere von Käse und Molkereiprodukten sowie durch den Handel mit derartigen Produkten. Im Firmenbuch sind ein Obmann des Vorstandes, sein Stellvertreter sowie weitere drei Vorstandsmitglieder und zwei Prokuristen eingetragen. Der Obmann und die drei Vorstandsmitglieder sind zugleich auch Obleute des Vorstandes von Sennereigenossenschaften, die ihrerseits Mitglieder der Antragsgegnerin sind. Die Genossenschaft ist Mitglied eines Revisionsverbandes, der die Revisoren bestellt, die regelmäßig die jährliche Pflichtrevision der Genossenschaft besorgen. Am 23. 7. 2001 beantragte eine Minderheit der Genossenschafter beim Erstgericht die Bestellung eines Sonderprüfers zur Durchführung einer Sonderprüfung der Genossenschaft zur Klärung bestimmter im Antrag bezeichneter Fragen (ua: aus welchem Grund vom Vorstand ein Berater bestellt worden sei; weshalb das Vertragsverhältnis zu diesem Berater beendet worden sei; nach welchen Kriterien der Vorstand zurückgelegte Anteile neu verteile; welchen Geschäftszweck die Abtretung von Anteilen einer Genossenschafterin und die Weitergabe der Anteile ohne Mehrpreis an "Vorstandssennereien" gehabt habe; ob eine Gefahr für die Genossenschaft bestehe, wenn der "Landeslösung" nicht zugestimmt werde; ob das Vorgehen des Vorstandes dem Gesetz, den Statuten, dem Gleichbehandlungsgrundsatz und der Treuepflicht entspreche). Die Sonderprüfung sei in analoger Anwendung der Bestimmungen der §§ 118 f Aktiengesetz (AktG) und der §§ 45 f GmbHG auch für Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften zulässig und hier auch unerlässlich. Die wirtschaftliche Situation der Genossenschaft habe sich seit mehreren Jahren verschlechtert. Eine Umstrukturierung des Unternehmens sei notwendig. Auf der Suche nach einem bestmöglichen Partner habe die Genossenschaft einen Berater beigezogen, der eine "Ländlelösung" (auch "Landeslösung") empfohlen habe. Der Vorstand strebe eine andere Lösung an. In Vorbereitung der kurzfristig für den 27. 6. 2001 zur Abstimmung über die sogenannte "Ländlelösung" einberufenen außerordentlichen Generalversammlung der Genossenschaft habe der Vorstand in unredlicher Weise eine Information der Genossenschafter und eine Meinungsbildung anhand objektiver Kriterien verhindert. Durch eine Übertragung von Geschäftsanteilen von rund 36 % an sogenannte vorstandstreue Genossenschaften sei es unter Benachteiligung der übrigen Genossenschafter zu einer Machtballung bei den sogenannten Vorstandsgenossenschaften und beim Vorstand gekommen. Die vom Berater empfohlene "Ländlelösung" sei in der Generalversammlung abgelehnt worden. Eine Entscheidung über den in der Generalversammlung eingebrachten Antrag auf Durchführung einer Sonderprüfung zur Klärung der im Antrag näher bezeichneten Fragen habe der Vorstand verhindert. Zur Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und zur Wahrung ihrer Minderheitsrechte seien die Antragsteller genötigt, einen Antrag auf Sonderprüfung zu stellen.
Die im Antrag unter P 28. angeführten Antragsteller haben ihren Antrag während des erstinstanzlichen Verfahrens zurückgezogen. Die Genossenschaft beantragte, den Antrag auf Bestellung eines Sonderprüfers als unzulässig zurückzuweisen. Gemäß § 22 der Satzung der Genossenschaft seien Streitigkeiten durch ein Schiedsgericht zu erledigen. Der Antrag auf Bestellung eines Sonderprüfers müsse aber jedenfalls mangels Berechtigung der erhobenen Vorwürfe abgewiesen werden. Das Genossenschaftsrecht biete keine Grundlage für eine Sonderprüfung. Eine analoge Anwendung des § 118 AktG komme nicht in Betracht.
Das Erstgericht gab dem Antrag statt und bestellte eine Treuhand- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zur Sonderprüferin zur Klärung der im Antrag angeführten Sachverhalte. Das Erstgericht traf folgende Feststellungen:
Die Antragsteller hielten von den insgesamt 15.325 Genossenschaftsanteilen 1664, das seien 10,85 %, nach Zurückziehung des Antrags der unter P 28. angeführten Genossenschafter verfügten die Antragsteller über 10,7 % der Genossenschaftsanteile. Die wirtschaftliche Situation der Genossenschaft habe sich seit 1994 kontinuierlich verschlechtert. Es sei zu negativen Bilanzergebnissen gekommen (1994: 700.000 S; 1995: 24 Mio S; 1996: 6,8 Mio S; 1997: 4,8 Mio S; 1998: 80,4 Mio S und 1999: 14 Mio S). Die operativen Ergebnisse seien wesentlich schlechter gewesen. Es bestehe der Verdacht, dass das Betriebsergebnis für das Jahr 2000 Verluste in Millionenhöhe bringen werde. Es seien Rücklagenauflösungen erfolgt. Es bestehe die konkret drohende Gefahr von Nachschusspflichten der einzelnen Genossenschafter. Die Genossenschaft müsse Partner für Kooperationen suchen. Ein beigezogener Berater habe eine "Landeslösung" empfohlen. Ein Rechtsanwalt habe ein "Konzept Vorarlberg" erstellt, das eine Teilfusion vorgesehen hätte. In der außerordentlichen Generalversammlung vom 13. 6. 2001 sei von einer Mehrzahl von Genossenschaftern ein Antrag auf Sonderprüfung gestellt worden. 37 % der anwesenden Stimmberechtigten hätten sich für die Einleitung einer Sonderprüfung ausgesprochen. Es wurde ein Antrag an die Generalversammlung auf Bestellung eines Sonderprüfers gestellt, der auf Grund eines begründeten Verdachts der mangelhaften Geschäftsführung die im Antrag angeführten Fragen beantworten sollte. Der Antrag sei in der Generalversammlung vorgelesen und in schriftlicher Form vorgelegt worden. Der Vorsitzende der außerordentlichen Generalversammlung habe den Antrag aber nicht zur Abstimmung gestellt und dadurch eine Beschlussfassung verhindert. In der Generalversammlung vom 27. 6. 2001 sei die "Ländlelösung" mit 57 % abgelehnt worden.
Die nach dem Genossenschaftsgesetz und der Satzung der Genossenschaft nur an Mitglieder mögliche Übertragung von Geschäftsanteilen bedürfe der Zustimmung des Vorstands. Der Vorstand habe vor der Beschlussfassung über die Zukunft der Genossenschaft durch Stimmrechtsübertragungen im Ausmaß von ca 36 % an sogenannte "vorstandsnahe" Genossenschaften die Möglichkeit geschaffen, dass die mit den Interessen des Vorstands nicht konform gehenden Genossenschafter diskriminiert werden. Mit Beschluss vom 4. 12. 2000 habe der Vorstand es ermöglicht, dass zurückgelegte Anteile neu verteilt worden seien. Bei der Veräußerung von Anteilen einer Genossenschafterin im Ausmaß von rund 26 % der gesamten Genossenschaftsanteile habe der Vorstand die Übertragung an eine vorstandsnahe Sennerei ermöglicht, deren Obmann zugleich der Obmann der Genossenschaft sei. Unmittelbar nach Erwerb der Anteile durch die Sennerei seien deren Anteile an vorstandstreue Genossenschaften ohne Aufpreis weiterveräußert worden. Die Neuverteilung der Anteile sei gerade zu dem Zeitpunkt erfolgt, zu dem die für die Zukunft des Unternehmens richtungsweisende Entscheidung angestanden sei. In einer von einem Rechtsanwalt geleiteten Arbeitsgruppe sei am 5. 6. 2001 einstimmig beschlossen worden, dass über die sogenannte "Vorarlberglösung" zuerst in den Sennereien und dann erst in der Generalversammlung der Genossenschaft abgestimmt werden sollte. Diesen Beschluss habe die Genossenschaft mitgetragen. Der Vorstand habe dennoch die außerordentliche Generalversammlung für den 27. 6. 2001 so kurzfristig einberufen, dass die Genossenschaftssennereien infolge Zeitdrucks keine eigene Abstimmung durchführen hätten können. Die Meinungsbildung in den einzelnen Genossenschaften sei vereitelt worden.
Das Erstgericht beurteilte diesen Sachverhalt rechtlich dahin, dass der Vorstand der Genossenschaft verhindert habe, dass im Sinne des Gleichbehandlungs- und Treuegebotes bei der Neuverteilung von Genossenschaftsanteilen auch "nicht vorstandstreue" Mitglieder einbezogen werden. Der Verdacht eines satzungs- und gesetzwidrigen Vorgehens werde in einem Fall der Übertragung von Genossenschaftsanteilen durch den Umstand einer Personalunion des Obmanns der übertragenden und der erwerbenden Genossenschaft erhärtet. Es sei kein wirtschaftlicher Zweck beim Ankauf und dem daran anschließenden Verkauf der Genossenschaftsanteile ersichtlich außer dem, dass der Vorstand sich Mehrheiten verschaffen habe wollen. Die außerordentliche Generalversammlung vom 27. 6. 2001 sei so kurzfristig einberufen worden, dass eine objektive Meinungsbildung in den einzelnen Genossenschaften vereitelt worden sei. Der Vorstand habe seine Geschäftsführungskompetenzen überschritten und gegen die Satzung, das Gleichbehandlungsgebot und die Treuepflicht verstoßen. Die Antragsteller seien grob diskriminiert worden. Im Genossenschaftsgesetz sei eine Sonderprüfung nicht vorgesehen. Das Genossenschaftsrevisionsgesetz sehe nur die zweijährige bzw die alljährliche Prüfung durch einen unabhängigen Revisor vor. Der Gesetzgeber habe aber in neueren gesellschaftsrechtlichen Vorschriften zu erkennen gegeben, dass bei begründetem Verdacht und aus wichtigen Gründen das vom Mehrheitswillen abhängige Kontrollrecht Schutzlücken aufweise. Es sei denkbar, dass Verwaltungsorgane auch bei groben Pflichtverletzungen Rückendeckung durch die Gesellschaftermehrheit fänden. Dann bestehe ein dringendes Bedürfnis nach Minderheitenschutz. Die haftungsrechtliche Verantwortlichkeit der Organe genüge nicht. Es sei eine Information durch sachverständige und unabhängige Prüfer notwendig. Das Aktiengesetz und das GmbH-Gesetz sähen eine Sonderprüfung als Minderheitenrecht vor. Auch Genossenschafter hätten ein Aufklärungsinteresse im Hinblick auf ihre persönliche Haftung. Das Fehlen eines Sonderprüfungsrechtes sei eine Gesetzeslücke, die im Wege der Rechtsanalogie geschlossen werden müsse. In analoger Anwendung des § 118 Abs 2 AktG stehe der Minderheit das Recht auf Vornahme einer Sonderprüfung zu. Nach dieser Gesetzesstelle müsse zwar ein Antrag auf Bestellung von Prüfern in der Hauptversammlung abgewiesen worden sein. Diesem Sachverhalt sei aber eine unbegründet hinausgeschobene oder gänzliche Vereitelung der Entscheidung über den Antrag gleichzuhalten.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Genossenschaft Folge und wies den Antrag auf Bestellung eines Sonderprüfers ab. Weder nach dem Gesetz noch nach der Satzung der Genossenschaft bestehe ein Recht der Minderheit auf Sonderprüfung. Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes bestehe im genossenschaftlichen Revisionsrecht keine Regelungslücke, die im Wege einer analogen Anwendung des § 118 AktG zu schließen wäre. Dem stehe die "Regelungsdichte" des genossenschaftlichen Revisionsrechtes entgegen. Seit dem Inkrafttreten des Genossenschaftsrevisionsrechtsänderungsgesetzes 1997 (GenRevRÄG 1997) seien die Genossenschaften neuen Rechnungslegungs- und Revisionsrechtsvorschriften unterworfen. Das bisher gültige Genossenschaftsrevisionsgesetz 1903 und die Genossenschaftsrevisionsverordnung RGBl 1903/134 sowie die Genossenschaftsnovellen 1934 und 1936 seien aufgehoben worden. Durch § 22 Genossenschaftsgesetz (GenG) idF der GenRevRÄG 1997 seien die Genossenschaften den Kapitalgesellschaften im Bereich der Rechnungslegung gleichgestellt worden. Genossenschaften seien gemäß § 1 Abs 1 GenRevG 1997 nunmehr durch einen unabhängigen und weisungsfreien Revisor mindestens in jedem zweiten Geschäftsjahr auf die Rechtmäßigkeit, Ordnungsmäßigkeit und Zweckmäßigkeit ihrer Einrichtungen, ihrer Rechnungsleger und ihrer Geschäftsführung, insbesondere auf die Erfüllung des Förderungsauftrages und die Wirtschaftlichkeit sowie auf Zweckmäßigkeit, Stand und Entwicklung ihrer Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu prüfen. Bei mittelgroßen und großen Genossenschaften im Sinne des § 221 HGB sowie bei aufsichtsratspflichtigen Genossenschaften sei die Revision in jedem Geschäftsjahr durchzuführen. Die Pflichtrevision einer Genossenschaft gehe erheblich über den Umfang einer handelsrechtlichen Jahresabschlussprüfung hinaus. Dort müsse die Prüfung nur hinsichtlich der Einhaltung der gesetzlichen und gesellschaftsvertraglichen Vorschriften, der Beachtung der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung und der Vermittlung eines möglichst getreuen Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft geprüft werden. Genossenschaften seien im Zuge der Pflichtrevision auch auf die Rechtmäßigkeit, Ordnungsmäßigkeit und Zweckmäßigkeit ihrer Geschäftsführung, insbesondere hinsichtlich der Erfüllung des Förderungsauftrages und der Wirtschaftlichkeit zu prüfen. Der Revisor einer Genossenschaft werde vom Revisionsverband, allenfalls auch vom Gericht, bestellt, während bei Kapitalgesellschaften die Auswahl des Jahresabschlussprüfers den Gesellschaftern obliege (§ 270 Abs 1 HGB). Die Genossenschafter einer Genossenschaft hätten keine Möglichkeit, den Revisor auszuwählen. Im Gegensatz zum Jahresabschlussprüfer einer Kapitalgesellschaft könnten Prüfungsmaßnahmen auch gegen den Willen der gesetzlichen Vertreter des geprüften Unternehmens vorgenommen werden. Der Revisor bedürfe nicht der Zustimmung des Vorstandes. Wenn er Tatsachen feststelle, die den Bestand der geprüften Genossenschaft oder eines Unternehmens gefährden oder ihre Entwicklung wesentlich beeinträchtigen könnten oder schwerwiegende Verstöße des Vorstandes oder des Aufsichtsrates gegen das Gesetz oder den Genossenschaftsvertrag erkennbar seien, habe der Revisor unverzüglich darüber zu berichten. Auf Antrag könne das Gericht den Revisor ermächtigen, eine außerordentliche Generalversammlung einzuberufen, falls die Beschlussfassung über den Revisionsbericht verzögert werde, die Generalversammlung über wesentliche Beanstandungen nicht unterrichtet werde oder der Vorstand nicht unverzüglich eine Generalversammlung einberufe. Diese Regelungen sollten der verstärkten Information der Genossenschafter dienen, damit die festgestellten Mängel beseitigt werden können. Die Genossenschaften müssten Maßnahmen zur Behebung der im Revisionsbericht angeführten Mängel einleiten. Über die Einleitung der Maßnahmen sei dem Revisor Bericht zu erstatten. Wenn dem Revisor nicht unverzüglich die Einleitung geeigneter Maßnahmen zur Behebung von Mängeln nachgewiesen werde, könne der Revisor der Genossenschaft eine Frist setzen und nach fruchtlosem Ablauf der Frist einen Bericht zum Firmenbuch einreichen. Die Pflichtrevision diene auch der Information der Mitglieder der Genossenschaft, denen die Möglichkeit gegeben werden soll, geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs mangels oberstgerichtlicher Judikatur zur Frage eines genossenschaftlichen Sonderprüfungsrechtes als Minderheitsrecht zulässig sei.
Mit ihrem ordentlichen Revisionsrekurs beantragen die Antragsteller und weitere unter P. 42. bis 49. angeführte Antragsteller die Abänderung dahin, dass der Beschluss des Erstgerichtes wiederhergestellt werde, hilfsweise die Aufhebung zur Verfahrensergänzung.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Antragsteller ist nicht berechtigt. Der Revisionsrekurs der weiteren Antragsteller ist unzulässig.
1. In formeller Hinsicht ist vorweg auszuführen, dass im Revisionsrekurs die unter 7., 8., 27., 28., 30., 32., 34. und 39. angeführten Antragsteller als ehemalige Antragsteller bezeichnet werden. Mangels näherer Ausführungen im Revisionsrekurs ist davon auszugehen, dass diese Personen ihren Antrag auf Sonderprüfung zurückgezogen haben und nunmehr keinen Revisionrekurs erheben, der ansonsten wegen Wegfalls der Beschwer infolge der Zurückziehung des Antrages zurückzuweisen wäre.
Die im Revisionsrekurs unter P. 42. bis 49. angeführten weiteren Antragsteller haben sich dem Verfahren über den gestellten Antrag auf Sonderprüfung erst im Rekursverfahren (mit der Rekursbeantwortung ON 128) angeschlossen. Die Entscheidung der Vorinstanzen ist nach der Sach- und Rechtslage zum Entscheidungszeitpunkt erster Instanz zu überprüfen. Den erst nachträglich hinzukommenden Antragstellern fehlt die Rechtsmittellegitimation. Der Revisionsrekurs führt zu diesem Thema nichts aus. Das von allen Revisionsrekurswerbern im Wege der Analogie angestrebte Aktienrecht verpflichtet die Aktionäre, die einen Antrag auf Sonderprüfung gestellt haben, ihre Aktien zu hinterlegen. Die Gesellschafterstellung ist also für die Dauer des Verfahrens über den Antrag auf Sonderprüfung gesperrt. Gleiches müsste bei der Sonderprüfung einer Genossenschaft gelten. Der Revisionsrekurs der weiteren Antragsteller wäre daher auch dann unzulässig, wenn sie ihre Genossenschafterstellung erst nach der Antragstellung auf Sonderprüfung erworben hätten.
2. Die Argumente der Revisionsrekurswerber sind im Wesentlichen folgende:
a) Der Oberste Gerichtshof habe in gleichgelagerten Fällen im Wege der Analogie Bestimmungen des Aktiengesetzes über die Nichtigkeit und Anfechtbarkeit von fehlerhaften Beschlüssen der Hauptversammlung sowie über die Anfechtungsbefugnis und die Urteilswirkungen im Genossenschaftsrecht für anwendbar erklärt;
b) die Gesetzeslücken seien schon auf Grund des Alters des Genossenschaftsrechts zu schließen. Die Lehre fordere eine Vereinheitlichung des Gesellschaftsrechts und eine Angleichung der Minderheitsrechte an das Recht der Aktionäre;
c) der Gesetzgeber habe nach verschiedenen Missständen im Bereich der Milchgenossenschaften und der Konsumgenossenschaften einen Reformbedarf erkannt, mit der Änderung des Genossenschaftsrechts durch das GenRevRÄG 1997 aber nur eine Teilreform durchgeführt und die Absicht zu einer Gesamtreform bekundet. In einem vom Bundesministerium für Justiz aus dem Jahr 1998 veröffentlichten "Diskussionsentwurf GenG 2000", der auf einem Gesetzesentwurf des Ludwig-Boltzmann-Institutes aufbaue, sei in einem eigenen Abschnitt über die Minderheitsrechte der Genossenschafter das Recht einer Minderheit von 10 % auf Durchführung einer außerordentlichen Revision (= Sonderprüfung) vorgesehen;
d) nach dem von den Antragstellern eingeholten aktenkundigen Rechtsgutachten (Beil 19 zum Antrag ON 111) bestehe eine "gravierende Schutzlücke", weil es in der Praxis keineswegs selten vorkomme, dass grobe Pflichtverletzungen Rückendeckung in der Gesellschaftermehrheit fänden. Die Haftung der Organe und die Pflichtrevision könnten den Bedürfnissen der Minderheit "nicht abschließend Rechnung tragen". Genossenschafter hätten dasselbe Aufklärungsinteresse wie Aktionäre oder Gesellschafter einer Gesellschaft mbH.
3. Zu den Voraussetzungen einer analogen Anwendung nach dem AktG oder dem GmbHG ist folgendes auszuführen:
Im Genossenschaftsrecht ist kein Minderheitsrecht auf Sonderprüfung normiert. Die von den Revisionsrekurswerbern angestrebte analoge Anwendung des § 118 Abs 2 AktG setzt eine planwidrige Gesetzeslücke voraus. Hat der Gesetzgeber für einen bestimmten Sachverhalt eine bestimmte Rechtsfolge bewusst nicht angeordnet, so fehlt es an einer Gesetzeslücke und daher an der Möglichkeit einer ergänzenden Rechtsfindung durch Analogieschluss (SZ 57/194 ua). Der Gesetzeszweck und der immer zu beachtende Gleichheitsgrundsatz kann das Gericht zwecks Vermeidung von Wertungswidersprüchen zur Lückenschließung ermächtigen. Die Gesetzeslücke ist vom Bereich individueller oder kollektiver rechtspolitischer Wünsche abzugrenzen (Bydlinski in Rummel ABGB3 Rz 2 zu § 7 mwN).
Der Gedanke des Minderheitenschutzes hat sich im Gesellschaftsrecht erst allmählich durchgesetzt. Er steht im Spannungsverhältnis zur grundsätzlich legitimen Mehrheitsherrschaft im Verbandsrecht (Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht3 473 f). Im Aktienrecht hat der Gesetzgeber in zahlreichen Einzelbestimmungen den Minderheitenschutz geregelt. Das Recht der 10 % Minderheit auf Sonderprüfung (§ 118 Abs 2 AktG) findet sich auch im Recht der Gesellschaften mbH (§ 45 GmbHG). Es ist daher die Frage nach der Vergleichbarkeit der Kapitalgesellschaften und der Genossenschaften im Bereich der Kontrolle der Geschäftsführung zu stellen.
Das auf dem Prinzip der persönlichen Beziehungen der Mitglieder aufbauende Genossenschaftswesen entwickelte sich schon im Mittelalter (Deichgenossenschaften; Zünfte und Gilden) und wurde vom österreichischen Gesetzgeber mit dem Genossenschaftsgesetz 1873 kodifiziert, das weitgehend das deutsche Genossenschaftsrecht übernahm. Die Genossenschaften bildeten bald einen enormen Wirtschaftsfaktor. Es bildeten sich durch Verschmelzung und Verbundbildung Großgenossenschaften, deren Wirtschaftskraft mit großen Aktiengesellschaften vergleichbar ist.
Die rechtliche Grundkonstruktion der Kapitalgesellschaften einerseits und der Genossenschaften andererseits ist teils vergleichbar, teils unterschiedlich: Das Gesetz bezeichnet die Genossenschaften als Vereine von nicht geschlossener Mitgliederzahl, die im Wesentlichen der Förderung des Erwerbes oder der Wirtschaft ihrer Mitglieder dienen (Genossenschaften), wie für Kredit-, Einkaufs-, Verkaufs-, Konsum-, Verwertungs-, Nutzungs-, Bau-, Wohnungs- und Siedlungsgenossenschaften (§ 1 Abs 1 GenG). Die Genossenschaft ist also primär nicht auf Gewinn ausgerichtet. Aus dem Prinzip der nicht geschlossenen Mitgliederzahl ergibt sich ein nicht fixiertes Nennkapital. Die Organisationsstruktur ähnelt der Gesellschaft mbH mit den Organen des Vorstands, Aufsichtsrats und der Generalversammlung, es können aber nur Mitglieder der Genossenschaft zum Organ bestellt werden (beispielsweise der Vorstand: § 15 GenG). Die Mitglieder der Genossenschaft mbH haften mit ihrem Geschäftsanteil. Ihre Rechtsstellung entspricht grundsätzlich derjenigen der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft (Keinert, Genossenschaftsrecht Rz 37). Sowohl Gesellschafter als auch Genossenschafter haben das gemeinsame Interesse an der Überwachung der Geschäftsführung. Gemeinsam ist auch die sogenannte Selbstkontrolle in der Gesellschaft durch das jeweils oberste Organ der Mitgliederversammlung, bei den Großvereinigungen zusätzlich durch den Aufsichtsrat. Diese Kontrolle wird bei den Genossenschaften allerdings um die gesetzliche Pflichtrevision erweitert. Vor allem deswegen hat das Rekursgericht eine analoge Anwendung der im Recht der Kapitalgesellschaften normierten Minderheitsrechte auf Sonderprüfung abgelehnt.
Das Genossenschaftsgesetz kennt als einziges Minderheitsrecht das 10 % der Mitglieder eingeräumte Recht auf Einberufung einer Generalversammlung (§ 29 Abs 2 GenG). Nach der oberstgerichtlichen Rechtsprechung sind die Bestimmungen des AktG über die Anfechtbarkeit und Nichtigkeit von Hauptversammlungsbeschlüssen im Genossenschaftsrecht analog anzuwenden (6 Ob 605/89 = RdW 1989, 365 = ecolex 1990, 418; 6 Ob 6/91 = EvBl 1992/3 [25]; 6 Ob 635/94 = EvBl 1995/123 [622]). Jeder Genossenschafter hat das Individualrecht auf Anfechtung. Grundsätzlich könnten auch Minderheitsrechte im Wege der Rechtsfortbildung durch die Rechtsprechung anerkannt werden. Dies setzt aber - wie schon ausgeführt - die Vergleichbarkeit der Fälle, hier also im Bereich der Kontrolle der Geschäftsführung - voraus. Die österreichische Lehre forderte wegen des Alters des GenG schon sehr früh eine Gesamtreform des Genossenschaftsrechts (Kastner/Doralt/Nowotny, Gesellschaftsrecht5 487; Kastner in Patera, Handbuch des österreichischen Genossenschaftswesen 219; Jud, Gedanken zur Neuregelung des österreichischen Genossenschaftsrechts, GesRZ 1982, 280) und hält diese Forderung auch noch nach der Neuregelung durch das GenRevRÄG 1997 aufrecht (Keinert, Schwerpunkte einer Genossenschaftsrechtsreform, ecolex 1999, 27). Die Forderung der Lehre richtete und richtet sich allerdings an den Gesetzgeber. Im hier strittigen Punkt eines Minderheitsrechts auf Sonderprüfung hält Jud ein (gesetzliches) Minderheitsrecht (sogar einer Minderheit von nur 5 %) für angebracht. Kastner ist dem nicht entgegengetreten (aaO 226). Auch Keinert (aaO 28) hält das Minderheitsrecht (einer Minderheit von 10 %) für erforderlich, kritisiert den (vom Manzverlag Wien veröffentlichten) Entwurf eines Genossenschaftsgesetzes des Ludwig Boltzmann-Instituts, der kein Minderheitsrecht auf Sonderprüfung vorsieht und befürwortet generell eine Angleichung der Minderheitsrechte der Genossenschafter an diejenigen der Aktionäre. Derselbe Autor verneinte allerdings schon 1976 die analoge Anwendung der Bestimmungen des AktG oder des GmbHG zur Installierung eines Minderheitsrechts der Genossenschafter auf Prüferbestellung durch das Gericht. Die Satzung könne das Minderheitsrecht einräumen. Keinert verneinte damals auch ein Bedürfnis nach Gesetzesänderung (Keinert, Sonderprüfungen im Recht der Kapitalgesellschaften, GesRZ 1976, 18 [22 f]).
Der Gesetzgeber hat nach der Großinsolvenz der Konsum-Österreich regGenmbH im Jahr 1995 mit dem GenRevRÄG 1997 versucht, die Mängel der genossenschaftlichen Revision zu beseitigen. Die Rechnungslegungsvorschriften des HGB (§§ 189 bis 283 HGB) gelten nun auch für Genossenschaften, auch wenn diese Nichtkaufleute sind. Großgenossenschaften müssen ihren Jahresabschluss um einen Anhang erweitern und einen Lagebericht aufstellen. Die genossenschaftsrechtliche Pflichtrevision geht über die Abschlussprüfung bei den Kapitalgesellschaften hinaus. Nunmehr sind die Genossenschaften gemäß § 1 Abs 1 Satz 1 GenRevG 1997 von einem unabhängigen und weisungsfreien Revisor, der anders als der Abschlussprüfer nicht von der Gesellschaft, sondern extern vom Revisionsverband oder mangels Zugehörigkeit der Genossenschaft zu einem Revisionsverband vom Gericht bestellt wird (§ 2 GenRevG), zu prüfen. Der Revisor muss eine besondere Qualifikation aufweisen (§ 13 GenRevG). Während der Jahresabschluss prüfungspflichtiger Kapitalgesellschaften unter Einbeziehung der Buchführung (§ 269 Abs 1 HGB) nur hinsichtlich der Einhaltung der gesetzlichen und gesellschaftsvertraglichen Vorschriften, der Beachtung der Grundsätze ordnungsgemäßiger Buchführung und der Vermittlung eines möglichst getreuen Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft zu prüfen ist (§ 269 Abs 1 iVm § 274 Abs 1 HGB), sind im Zuge der genossenschaftlichen Revision die Rechtmäßigkeit, Ordnungsmäßigkeit und Zweckmäßigkeit der Einrichtungen, der Rechnungslegung und der Geschäftsführung der Genossenschaft, insbesondere die Erfüllung des Förderungsauftrages und die Wirtschaftlichkeit der Genossenschaft zu prüfen, weiters auch die Zweckmäßigkeit, der Stand und die Entwicklung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Genossenschaft (Reich-Rohrwig/Zehetner, Genossenschaftsrecht idF GenRevRÄG 1997, 29 f). Zu den einzelnen Bestimmungen der detailliert geregelten Pflichtrevision kann auf die oben wiedergegebenen Ausführungen des Rekursgerichtes verwiesen werden. Seine Bedenken gegen eine ausfüllungsbedürftige Gesetzeslücke sind angesichts der gesetzlichen regelmäßigen Kontrolle des Vorstands der Genossenschaft durch einen unabhängigen Revisor durchaus berechtigt. Eine Minderheit von 10 % der Genossenschafter kann vermutete Pflichtwidrigkeiten des Vorstands zum Gegenstand einer Generalversammlung machen. Gegen die dort gefassten Beschlüsse steht ein individuelles Anfechtungsrecht zu. Der einzelne Genossenschafter ist bei Gesetzesverletzung oder der Verletzung tragender gesellschaftsrechtlicher Grundsätze (Gleichbehandlung der Mitglieder; Treuepflicht) nicht schutzlos. Er hat gegenüber der Genossenschaft Informationsrechte. Die Genossenschaft ist zur Aufklärung verpflichtet. Eine Sonderprüfung ist ein Beweissicherungsmittel und Beweismittel zur Erhärtung (Ausforschung) vermuteter Pflichtwidrigkeiten. Auch nach Aktienrecht wären aber Verdachtsgründe über Unredlichkeiten oder grobe Verletzungen des Gesetzes oder der Satzung glaubhaft zu machen (§ 118 Abs 2 AktG;
Schiemer/Jabornegg/Strasser, AktG3 Rz 8 zu § 118).
Das von den Revisionsrekurswerbern (und ihrem Privatgutachter H. Fitz, Beil 19) in den Vordergrund gerückte Rechtsschutzdefizit kann also nur in dem Bereich liegen, wo eine schon bescheinigte Pflichtwidrigkeit des Vorstands von der Mehrheit der Genossenschafter negiert wurde, sodass die in der Generalversammlung überstimmte Minderheit den Sachverhalt erst bei der nächsten Pflichtrevision prüfen lassen kann, bis dahin aber immerhin das schon angeführte Anfechtungsrecht gegen Mehrheitsbeschlüsse der Generalversammlung hat. Es ist nicht zu verkennen, dass ein Minderheitsrecht auf Sonderprüfung präventive Wirkung gegen leichtfertige Mehrheitsbeschlüsse ausüben könnte. Das von Keinert angezweifelte wirtschaftliche Argument der Beeinträchtigung des operativen Geschäfts der Genossenschaft durch wiederholte und nicht ausreichend begründete Sonderprüfungsanträge und den dadurch in der Öffentlichkeit entstehenden negativen Eindruck über das Unternehmen und seine Geschäftsführung (offenbar auch eine Erwägung des Boltzmann-Entwurfs) ist aber nicht von der Hand zu weisen, wenn Genossenschaften ohnehin regelmäßig von einem Revisor geprüft werden, der selbst eine Generalversammlung einberufen kann (§ 7 GenRevG), zur Mängelbehebung Fristen zu setzen und die Nichtbehebung von Mängeln dem Gericht anzuzeigen hat (§ 8 GenRevG). Eine Ergänzung der Kontrollvorschriften fällt in die Kompetenz des Gesetzgebers. Die gegenüber dem Recht der Kapitalgesellschaften unterschiedliche, detailliert geregelte Pflichtrevision der Genossenschaften rechtfertigt die Annahme, dass dem Gesetzgeber vor allem bei der 1997 erfolgten Novellierung das von der Lehre für eine Gesetzesreform angeregte Minderheitsrecht auf Sonderprüfung bekannt war, dass er aber auf eine Normierung eines solchen Minderheitsrechts - zumindest vorläufig - bewusst verzichtete und diese Frage einer weiteren Reform des Genossenschaftsrechts vorbehalten wollte. Ein von der Rechtsprechung aus Gründen der Gleichbehandlung aufzugreifendes Rechtsschutzdefizit läge nur dann vor, wenn das Genossenschaftsrecht keine vom Recht der Kapitalgesellschaften abweichende besondere Kontrolle der Geschäftsführung vorsähe. Die angestrebte zusätzliche Kontrolle durch die Minderheitsgenossenschafter ist zwar ein verständliches rechtspolitisches Anliegen. Über dieses hat aber der Gesetzgeber in Abwägung der gegenläufigen Interessen der Mehrheit an von außen unbeeinflussten raschen Willensentscheidungen und der Minderheit am Schutz vor Willkürentscheidungen der Mehrheit zu entscheiden. Die Diskussion darüber ist nach den beiden vorliegenden Gesetzesentwürfen (des Boltzmann-Instituts und des "Diskussionsentwurfs" des BMfJ, kommentiert von Zawischa in RdW 1999,
311) im Gange.
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