Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit 1.410,66 EUR (darin 235,11 EUR Umsatzsteuer) und der Nebenintervenientin die mit 2.351,10 EUR (darin 391,85 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie der beklagten Partei die mit 2.753 EUR (darin 282 EUR Umsatzsteuer und 1.061 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Für das öffentliche Strandbad in Zell am See wurden ua Bodenplatten und Stufen benötigt. Der Kläger erhielt nach öffentlicher Ausschreibung den Lieferauftrag. Dort war die Eigenschaft einer „Frost-Tausalzbeständigkeit" für die Platten und Stufen gefordert worden. Der Kläger kaufte die bei der italienischen Nebenintervenientin produzierten Platten und Stufen sowie weiteres Material bei der Beklagten. Die Platten und Stufen waren zwar frostbeständig (Ö-Norm 3258), nicht aber „frost-tausalzbeständig" (Ö-Norm 3306), weshalb es jeweils nach Ende des Winters zu Materialschäden kam. Der Kläger wurde von seiner Käuferin im Vorprozess 2 C 1324/98d des Bezirksgerichts Amstetten in Anspruch genommen und zum Ersatz der Sanierungskosten von 202.995,18 S samt 4 % Zinsen und der Prozesskosten von 136.385 S verurteilt. Er begehrt nun Regress wegen Schlechterfüllung und Verletzung von Aufklärungspflichten durch die beklagte Verkäuferin und schlüsselte sein Zahlungsbegehren von zusammen 445.339,33 S (33.636,82 EUR) wie folgt auf:
Sanierungskosten 202.995,18 S
Zinsen 19.856,61 S
Verfahrenskosten 136.385,-- S
eigene Vertretungskosten 86.102,54 S
Summe 445.339,33 S.
Am gelieferten Material seien Frostschäden aufgetreten, die von der Stadtgemeinde Zell am See gerügt worden seien. Die Beklagte habe die Mangelhaftigkeit des von ihr gelieferten Materials zugegeben. Wenn sie sich im Vorprozess nicht beharrlich geweigert hätte, den von ihr verursachten Schaden zu ersetzen, wären die aufgelaufenen Kosten nicht entstanden. Anspruchsgrundlage seien der Vertrag, das Schadenersatzrecht und insbesondere die Bestimmungen des § 1313 ABGB und des § 432 HGB.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie habe nicht gewusst, dass die Materialien für das Bauvorhaben eines Freibads bestellt worden seien. Vertragsgrundlage seien lediglich die Verkaufsunterlagen und die dort aufscheinenden Qualitätsbeschreibungen gewesen. Die Eurogranito-Platten seien als frostbeständig, pflegeleicht und rutschsicher, nicht aber als „frost-tausalzbeständig" angeboten worden. Eine solche Eigenschaft sei mit dem Kläger nie vereinbart worden. Dass in einem Freibad Tausalz eingesetzt werde, sei nicht vorhersehbar gewesen. Der Kläger sei befugter Gewerbsmann. Zur Erfüllung der Warn- und Aufklärungspflicht der Lieferantin genüge es, auf die in den Verkaufsunterlagen enthaltenen Informationen hinzuweisen. Die Beklagte sei zwar zunächst zu einer Sanierung bereit gewesen. Es habe sich aber herausgestellt, dass nicht die Platten mangelhaft gewesen seien, sondern dass Tausalze oder sonstige Chemikalien verwendet worden seien. Dies sei der Beklagten nicht bekannt gewesen. Beim vorliegenden Handelskauf habe der Kläger eine ganz bestimmte Ware bestellt und bezogen, deren Produktbeschreibung er gekannt habe. Eine Aufklärungspflicht sei nicht verletzt worden.
Die Nebenintervenientin wandte ein, dass sie nie eine Frost-Tausalzbeständigkeit garantiert habe. Der Kläger habe eine solche erforderliche Eigenschaft aufgrund der Ausschreibung gekannt, das Erfordernis aber weder der Beklagten noch der Nebenintervenientin bekannt gegeben.
Das Erstgericht wies im zweiten Rechtsgang das Klagebegehren ab. Von seinen Feststellungen ist zusammengefasst hervorzuheben:
Der Kläger bestellte bei der Beklagten die Ware ohne Hinweis auf den Verwendungszweck und das Anforderungsprofil (laut Ausschreibung), dass die Ware frost- und tausalzbeständig sein müsse. Der Beklagten war aber bekannt, dass das Material für ein Freibad bestellt werde. Nach Abschluss der Bauarbeiten ging das Freibad noch im Jahr 1995 in Betrieb. Schon im ersten Winter traten an Teilen der gelieferten Platten und Stufen Risse und Abspaltungen auf. Die durchgeführten Sanierungsarbeiten erforderten einen Aufwand von 65.000 S, den der Kläger seinem Auftraggeber bezahlte. Auch nach der zweiten Frostperiode im Frühjahr 1997 traten neuerlich Schäden auf. Da die Beklagte auf einem Austausch mit von ihr gelieferten Materialien bestand, womit der Auftraggeber des Klägers aber nicht einverstanden war, wurde die Sanierung durch einen Dritten vorgenommen. Der Kläger wurde zum Ersatz der Sanierungskosten verurteilt. In diesem Vorprozess trug der Kläger eigene Verfahrenskosten von 86.102,54 S. Das Schwimmbad in Zell am See ist auch im Winter für Spaziergänger öffentlich zugänglich. Durch den Personenverkehr und das dabei verwendete Schuhwerk wurde Tausalz von außerhalb auf die Bodenbeläge der Anlage gebracht. Dies war für die eingetretenen Schäden ursächlich.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht im Wesentlichen aus, dass der Kläger der Beklagten das Erfordernis einer „Frost-Tausalz-Beständigkeit" nicht bekanntgegeben habe. Der Kaufvertrag sei aufgrund des Anbots der Beklagten mit den dort genannten Eigenschaften der Ware zustande gekommen. Es sei keine Warnpflicht des Werkunternehmers gemäß § 1168a ABGB zu beurteilen, hier gehe es um einen Kaufvertrag. Es sei für die bedungenen und die für gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften des Kaufobjekts Gewähr zu leisten. Wenn der Beklagten der Verwendungszweck der Platten und Materialien bekannt gewesen wäre, hätte sie für die Eignung der gelieferten Platten einzustehen. Der Beklagten sei aber nur der Verwendungszweck der Materialien als Bodenbelag in einem Freischwimmbad, nicht jedoch der Umstand bekannt gewesen, dass das Freibad auch im Winter für Besucher zugänglich sei und dass damit möglicherweise Tausalz durch Schuhwerk von Spaziergängern auf die Platten gelangen könne. Tausalzbeständigkeit sei hier keine gewöhnlich vorausgesetzte und damit stillschweigend bedungene Eigenschaft.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge und dem Klagebegehren statt. Es übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen und führte in rechtlicher Hinsicht zusammengefasst aus:
Bei dem öffentlichen Schwimmbad sei mit Chlor- und Frosteinflüssen zu rechnen. Der Verwendungszweck der Platten für ein Schwimmbad sei der Beklagten bekannt gewesen. Die Beklagte habe dafür Gewähr zu leisten, dass die bestellten Platten für die Verlegung im öffentlichen Strandbad geeignet wären. Diese Eignung fehle ihnen aber, weil sie nicht frost- und tausalzbeständig gewesen seien. Wenn die Beklagte meine, dass sie durch ihre Produktbeschreibung und die Preislisten ausreichend über die Beschaffenheit der Ware aufgeklärt habe, weil ein beiderseitiger Handelskauf vorliege und dass nach Handelsbräuchen eine darüber hinausgehende Aufklärungspflicht nicht bestehe, so sei für einen solchen Handelsbrauch die Beklagte beweispflichtig gewesen. Diesen Beweis habei sie aber nicht angetreten.
Mit ihrer außerordentlichen Revision beantragte die Beklagte die Abänderung dahin, dass das Klagebegehren abgewiesen werde, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Mit der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung beantragt der Kläger die Zurückweisung der Revision als unzulässig, hilfsweise, dem Rechtsmittel nicht stattzugeben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig und entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts aus nachstehenden Gründen auch berechtigt.
1. Zum Einwand der Schlechterfüllung:
Nach den getroffenen Feststellungen waren die bestellten Platten und Stufen, abstrakt und generell betrachtet, in technischer Hinsicht nicht fehlerhaft. Der Anspruch des Klägers kann daher - nach Gewährleistungs- und/oder Schadenersatzrecht - auf Sachmängel nur im Fall zugesagter besonderer Eigenschaften der Ware gestützt werden. Eine Frost-Tausalzbeständigkeit hat die Beklagte aber nicht zugesagt und der Kläger auch nicht verlangt, obwohl ihm diese Eigenschaft des Materials von seinem Auftraggeber in der Ausschreibung vorgegeben worden war.
2. Zur Verletzung von Aufklärungspflichten der Verkäuferin:
Die Aufklärungspflicht des Verkäufers ist insbesondere beim Gattungskauf im Vergleich zu den Aufklärungspflichten eines Werkunternehmers gegenüber einem nichtfachkundigen Besteller nur eingeschränkter Natur. Aus ergänzender Vertragsauslegung kann sich die Pflicht des Verkäufers einer Ware zu einer Belehrung oder Anleitung des Kunden ergeben. Bei Umsatzgeschäften ohne besondere Treue- und Vertrauensbande sind an den Umfang der Aufklärungspflichten aber nur geringe Anforderungen zu stellen (Aicher in Rummel ABGB³ Rz 32 zu § 1061; RIS-Justiz RS0048335). Beim Gattungskauf darf bei Unterlassung der Aufklärung nicht ohne weiteres eine schlüssige Zusage über eine bestimmte Eigenschaft angenommen werden, wenn der Erwerber keine Auskünfte oder Belehrungen verlangt (1 Ob 564/95 = SZ 68/105). Den Verkäufer einer Ware trifft nur dann eine besondere Aufklärungs- und Warnpflicht, wenn diese Pflicht vertraglich übernommen wurde oder wenn sich diese Pflicht gemäß der Verkehrssitte oder aufgrund eines Handelsbrauchs als nötig erweist (RS0014836). Der Verkäufer hat zwar auch bei abstrakt fehlerfreien Produkten, bei deren Verwendung Gefahren auftreten können, vor diesen zu warnen. Diese Nebenpflicht muss aber ausdrücklich oder schlüssig aus der Vereinbarung oder aber aus einem Handelsbrauch abgeleitet werden können (RS0048330; RS0014836). Beispielsweise ist die Aufklärungspflicht dann zu bejahen, wenn der Käufer beim Vertragsgespräch auf einen bestimmten Punkt besonderen Wert legte oder der Verkäufer aufgrund seiner überlegenen Fachkenntnisse zugleich auch beratend tätig wurde (RS0014823). Ausgehend von diesen in der ständigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung vertretenen Grundsätzen ist hier eine Verletzung der Aufklärungspflicht der beklagten Verkäuferin zu verneinen:
Die Beklagte war nur Zwischenhändlerin ohne höhere Fachkenntnisse im Vergleich zu denjenigen des klagenden Käufers. Dieser nannte nicht einmal den Verwendungszweck der Platten und Stufen und forderte auch nicht die ihm selbst vorgegebenen besonderen Eigenschaften des Materials. Die Beklagte wurde nicht beratend tätig. Selbst wenn sie die Verwendung für ein Freibad kannte, musste sie nicht mit der nur entfernt anzunehmenden Möglichkeit rechnen, dass die Platten im Winter begangen werden und so ein Kontakt mit Tausalz hergestellt wird. Nur diese Begehbarkeit des Freibads im Winter und der Kontakt der Platten und Stufen mit Tausalz wurde als Schadensursache festgestellt. Der angeführte besondere Umstand liegt in der Sphäre des selbst fachkundigen Käufers, der den Verwendungszweck nennen und auf die Möglichkeit hinzuweisen gehabt hätte, dass die Platten mit Streusalz in Berührung kommen könnten. Es wurde schon mehrfach ausgesprochen, dass dann keine Belehrungspflicht des Verkäufers bestehe, wenn der Käufer keinen bestimmten Verwendungszweck nannte (so schon 3 Ob 651/82), wenn nur dadurch die aus den Umständen sich ergebende besondere Gefahr erkennbar wird. Es besteht keine allgemeine Aufklärungspflicht des Verkäufers, den Geschäftspartner über alle abstrakten Gefährdungsmöglichkeiten aufzuklären. Auf den seltenen Fall, dass ein Freibad im Winter begehbar ist und dadurch ein Kontakt der Bodenplatten und Stufen mit Salz durch die Schuhe der Spaziergänger hergestellt wird, hätte der Kläger selbst Bedacht nehmen müssen, was hier umso mehr gelten muss, weil er selbst vertraglich gebunden war, Platten mit der besonderen Eigenschaft der Frost-Tausalzbeständigkeit zu liefern. Ein Handelsbrauch über eine besondere Aufklärungspflicht des Verkäufers wurde hier nicht festgestellt. Im Gegensatz zur Rechtsansicht des Berufungsgerichts geht dies aber zu Lasten des behauptungs- und beweispflichtigen Klägers (RIS-Justiz RS0062133).
Aus den dargelegten Gründen war der Revision der Beklagten Folge zu geben und das Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen.
Die Entscheidung über die Kosten beider Rechtsmittelverfahren beruht auf den §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO.
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