Spruch:
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Der Kläger war Rechtsanwalt und ist nunmehr emeritiert. Mit der am 6. 10. 1999 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte er, im späteren erstinstanzlichen Verfahren durch eine Rechtsanwältin vertreten, die Bezahlung eines restlichen Anwaltshonorars für eine Vertretung der Beklagten in einem Zivilprozess. Die Beklagte wandte eine Schadenersatzforderung wegen mangelhafter Vertretungstätigkeit des Klägers als Gegenforderung ein. Das Erstgericht wies mit Urteil vom 16. 4. 2001 das Klagebegehren ab. Es beurteilte die Anwaltsleistungen des Klägers als wertlos. Bei richtiger Prozessführung hätte die Beklagte im Vorprozess zumindest teilweise obsiegt. Das erstinstanzliche Urteil wurde der gewählten Rechtsvertreterin des Klägers am 15. 5. 2001 durch Hinterlegung zugestellt. Der Kläger brachte am 11. 6. 2001 - also innerhalb der Berufungsfrist - einen von ihm persönlich verfassten und unterfertigten Schriftsatz mit dem Titel ein: "1. Berufung, 2. Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe nach § 64/1 Zif. a-c ZPO, 3. Antrag auf Ablehnung wegen Befangenheit." Der Kläger führte aus, dass er gegen das Urteil vom 16. 4. 2001 "Berufung wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung, unrichtiger Tatsachenfeststellung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens erhebe bzw. zu erheben beabsichtige". Er bemerkte, "dass ich durch Frau Dr. Christa G vertreten bin (war)". Diese habe "in gesundheitlicher Hinsicht Schwierigkeiten". Der Kläger beantrage auf jeden Fall, ihm "einen Verfahrenshelfer nach § 64/1 Zif. a-c ZPO zu stellen". Der Schriftsatz enthält weitere Ausführungen zum Verfahrenshilfeantrag sowie zur Ablehnung des Erstrichters. Am 13. 6. 2001 legte der Kläger ein Vermögensbekenntnis vor.
Das Erstgericht stellte mit Beschluss vom 11. 7. 2001 die Berufung zur Verbesserung binnen 10 Tagen durch Unterfertigung durch die ausgewiesene Klagevertreterin zurück. Mit einem weiteren Beschluss von diesem Tag wurde dem Kläger die Verfahrenshilfe im Umfang des § 64 Abs 1 Z 1 lit a-c ZPO bewilligt.
Am 24. 7. 2001 brachte der Kläger einen weiteren von ihm verfassten und unterfertigten Schriftsatz mit dem Titel "1. Antrag auf Entscheidung zur Bewilligung der Verfahrenshilfe, 2. Ablehnungsantrag, 3. Richtigstellung" ein. Der Kläger beantragte, über seinen Verfahrenshilfeantrag zu entscheiden und stellte richtig, dass er die Beistellung eines Verfahrenshelfers beantragt habe. Er lehnte den Verhandlungsrichter neuerlich ab und führte in der Richtigstellung noch zusätzlich aus, dass Dr. G die "Berufung" fertigen werde. Es sei allerdings "die Textierung und der Antrag gem. Schriftsatz vom 11. Juni 2001 zu berücksichtigen".
Der Schriftsatz vom 11. 6. 2001 wurde am 26. Juli 2001 dem Erstgericht neuerlich vorgelegt. Er weist die Stampiglie und die Unterschrift der Dr. Christa G auf.
Die Ablehnungsanträge des Klägers wurden abgewiesen. Mit Beschluss vom 2. 11. 2001 bewilligte das Erstgericht dem Kläger die Verfahrenshilfe im vollen Umfang "einschließlich der vorläufig unentgeltlichen Beigebung eines Rechtsanwalts" zur Vertretung im Rechtsmittelverfahren.
Die Beklagte überreichte am 6. 11. 2001 zur Berufung des Klägers eine Berufungsbeantwortung. Die Berufung sei nicht konkret ausgeführt. Dem Rechtsmittel möge keine Folge gegeben werden.
Mit Bescheid vom 27. 11. 2001 wurde von der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer für den Kläger ein Rechtsanwalt zum Verfahrenshelfer bestellt. Diesem wurde der Bescheid am 3. 12. 2001 zugestellt. Der Verfahrenshelfer brachte am 7. 1. 2002 (Postaufgabe) eine Berufung gegen das Urteil vom 16. 4. 2001 ein. Schon zuvor hatte das Erstgericht den Akt dem Berufungsgericht zur Entscheidung über die Berufung vom 11. 6. 2001 vorgelegt.
Das Landesgericht Leoben fasste "als Berufungsgericht" am 17. 12. 2001 über den Schriftsatz des Klägers vom 11. 6. 2001 den Beschluss, dass der Akt dem Erstgericht zurückgestellt werde. Es beurteilte den Schriftsatz des Klägers lediglich als Ankündigung einer Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil. Dies gehe aus dem Antrag auf Beigebung eines Verfahrenshelfers und dem Umstand hervor, dass der Schriftsatz keine inhaltliche Ausführung der Berufungsgründe enthalte und eine Anfechtungserklärung und ein Rechtsmittelantrag gänzlich fehlten. Entgegen dem Verbesserungsauftrag des Erstgerichtes könne der Schriftsatz nicht als Rechtsmittel gewertet werden. Gemäß § 464 Abs 3 ZPO habe die Berufungsfrist erst mit der Zustellung des Bescheides an den Verfahrenshelfer zu laufen begonnen. Da noch kein der geschäftsordnungsgemäßen Behandlung zugängliches Rechtsmittel vorliege, sei der Akt dem Erstgericht zurückzustellen. Dagegen richtet sich der Rekurs der Beklagten mit dem Antrag auf ersatzlose Behebung. Dem Landesgericht möge die Entscheidung über die Berufung des Klägers aufgetragen werden.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist unzulässig.
Gegen einen im Berufungsverfahren ergehenden Beschluss des Berufungsgerichtes ist der Rekurs neben der hier nicht interessierenden Möglichkeit der Anfechtung von Aufhebungsbeschlüssen nur zulässig, soweit das Berufungsgericht die Klage oder die Berufung ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen hat (§ 519 Abs 1 Z 1 ZPO). In diesen Fällen ist die Anfechtbarkeit ohne Rücksicht auf den Streitwert gegeben (Kodek in Rechberger ZPO2 Rz 3 zu § 519 mwN; EvBl 1997/111). § 519 ZPO regelt die Anfechtbarkeit von im Berufungsverfahren gefassten Beschlüssen, also nicht von Beschlüssen im Rekursverfahren oder solchen, die außerhalb eines Rechtsmittelverfahrens gefasst weden (8 Ob 160/00p). Außerhalb des Berufungsverfahrens gefasste Beschlüsse sind jedenfalls anfechtbar (Kodek aaO mwN), sofern das Gesetz die Anfechtung nicht ausschließt (§ 514 Abs 1 ZPO). Hinsichtlich eines nicht im eigentlichen Berufungsverfahren, sondern in einem Zwischenverfahren gefassten Beschlusses kommen die Rekursbeschränkungen des § 519 ZPO nicht zur Anwendung (RS0043778).
Die bekämpfte Aktenrückstellung ist formal eine prozessleitende Verfügung mit der inhaltlichen Begründung, dass dem Schriftsatz des Klägers die Rechtsmitteleigenschaft fehle und er in Wahrheit (nur) als Verfahrenshilfeantrag anzusehen sei. Der angefochtene Beschluss des Berufungsgerichtes ist schon Teil des Berufungsverfahrens, das mit einem Vorverfahren ab dem Einlangen der Akten beim Berufungsgericht und der vom Vorsitzenden zunächst vorzunehmenden Vorprüfung seinen Anfang nimmt (§ 470 ZPO). Die Verweigerung einer Sachentscheidung durch das schon in einem Vorprüfungsverfahren befasste Berufungsgericht über einen nicht als Berufung qualifizierten Schriftsatz ist inhaltlich nicht dem Fall der Zurückweisung einer Berufung gleichzuhalten. Es liegt daher kein nach § 519 Abs 1 ZPO anfechtbarer Beschluss des Berufungsgerichtes vor.
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