OGH 6Ob260/07i

OGH6Ob260/07i24.1.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ.-Prof. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. K,

2. Friedrich D*****, beide *****, beide vertreten durch Preslmayr Rechtsanwälte OEG in Wien, gegen die beklagte Partei Mag. Martin H*****, vertreten durch Dr. Thomas Praxmarer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unterlassung, Weitergabe und Hinterlegung (Streitwert 17.000 EUR, Streitwert im Provisorialverfahren 7.500 EUR), über den Revisionsrekurs der klagenden Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 11. September 2007, GZ 4 R 204/07t-20, womit die einstweilige Verfügung des Landesgerichts Innsbruck vom 25. Juli 2007, GZ 59 Cg 126/07s-5, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei binnen vierzehn Tagen die mit je 732,23 EUR (darin 122,04 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Erstklägerin ist als Körperschaft öffentlichen Rechts dazu berufen, die sozialen, wirtschaftlichen, beruflichen und kulturellen Interessen der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen zu vertreten und zu fördern. Sie hat in Tirol über 200.000 Mitglieder, vertritt aber die Interessen der Arbeitnehmer auch auf politischer Ebene und erfasst damit einen weitaus größeren Personenkreis. Der Zweitkläger ist Präsident der Erstklägerin. Der Beklagte war Direktor der Erstklägerin. Am 22. 6. 2007 sprach die Erstklägerin die fristlose Entlassung des Beklagten aus.

Die klagenden Parteien begehren, den Beklagten schuldig zu erkennen,

Rechtliche Beurteilung

Hiezu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig:

1. Der Anspruch nach § 1330 ABGB setzt voraus, dass in die Ehre und in den Ruf eingreifende Tatsachenmitteilungen öffentlich verbreitet wurden. Hiefür reicht es schon aus, dass die unwahre Behauptung gegenüber einer einzigen vom Täter und dem Verletzten verschiedenen Person erfolgte (RIS-Justiz RS0032413; RS0102047; 6 Ob 389/98p; 6 Ob 184/04h). Die Mitteilung ist allerdings dann nicht öffentlich, wenn sie nach den Umständen des Falles als vertraulich anzusehen ist. Dem steht nicht entgegen, dass sie mehreren Personen zugänglich wird. Die Vertraulichkeit ist aber nicht mehr gegeben, wenn mit einer Weitergabe an außenstehende Personen gerechnet werden muss (RIS-Justiz RS0031906). Nicht öffentliche, weil vertrauliche Mitteilungen, sind beispielsweise Äußerungen im Familienkreis (RIS-Justiz RS0107767) oder gegenüber einer zum Schweigen verpflichteten Person (RIS-Justiz RS0079767), etwa aufgrund der Geheimhaltungspflicht zur Wahrung des Bankgeheimnisses (RIS-Justiz RS0065983; 6 Ob 27/97g). Die Vertraulichkeit kann vom Mitteilenden zur Pflicht gemacht werden. Sie kann sich aber auch nach den Umständen des Einzelfalls nach den Regeln des Verkehrs ergeben (RIS-Justiz RS0079767; 6 Ob 184/06h).

2. In die Ehre oder den wirtschaftlichen Ruf des Prozessgegners eingreifende Parteibehauptungen in einem Prozess werden im Interesse einer ordnungsgemäßen Rechtspflege als gerechtfertigt angesehen, sofern sie nicht wider besseres Wissen erhoben wurden (RIS-Justiz RS0022784). Auf die mangelnde Vertraulichkeit kommt es bei der Beurteilung von Prozessbehauptungen nicht an (6 Ob 103/01t).

3. In der Entscheidung 6 Ob 184/04h hat der Oberste Gerichtshof ein Rundschreiben an die Mitglieder des Vorstands, des Sparkassenrats und des Kreditausschusses einer Sparkasse als nicht öffentlich iSd § 1330 ABGB angesehen. In der Entscheidung 4 Ob 259/05z hat der Oberste Gerichtshof ein Schreiben an den Vereinsvorstand, der nach den Statuten für die Beantragung eines Ausschließungsantrags zuständig war, als nichtöffentliche Mitteilung iSd § 1330 Abs 2 Satz 3 ABGB qualifiziert.

4. Wendet man diese Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt an, so ist in der Auffassung des Rekursgerichts, die Mitteilungen des Beklagten an die Vollversammlung seien im Hinblick auf deren Kontrollfunktion (vgl § 47 Abs 2 Z 2 AKG) nicht öffentlich iSd § 1330 Abs 2 Satz 3 ABGB, eine im Interesse der Rechtssicherheit vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung nicht zu erblicken. Dass die Äußerungen des Beklagten nicht wider besseres Wissen erfolgten, hat das Rekursgericht ausdrücklich festgestellt. Die Revisionsrekursausführungen zum auf das DSG 2000 gestützten Unterlassungsbegehren verkennen, dass das Erstgericht das diesbezügliche Sicherungsbegehren unbekämpft abgewiesen hat, sodass dieser Teil des Begehrens auch nicht Gegenstand der - vom Obersten Gerichtshof allein zu prüfenden - Entscheidung des Rekursgerichts bildeten.

Damit vermag der Revisionsrekurs aber keine Rechtsfragen der in § 528 Abs 1 ZPO geforderten Qualität aufzuzeigen, sodass er spruchgemäß zurückzuweisen war.

Die Kostentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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