Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die Erst- und Zweitantragstellerinnen sind zur ungeteilten Hand schuldig, Ingrid S*****-M*****, *****, die mit 816,49 EUR (darin 136,08 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens zu ersetzen.
Text
Begründung
Im Firmenbuch des Erstgerichts ist zu FN ***** die Walter M***** Gesellschaft mbH eingetragen. Gesellschafter waren ursprünglich Gudrun, Walter, Gerhard und Ilse M***** mit einer Stammeinlage von je 125.000 ATS. Nach dem Tod von Gerhard M***** fielen dessen Geschäftsanteile an seine Tochter Ingrid M***** (nunmehr: S*****-M*****). Diese wurde am 24. 8. 1999 als Gesellschafterin in das Firmenbuch eingetragen.
Mit Notariatsakten vom 4. 9. 2002 wurde die Abtretung der Geschäftsanteile von Ingrid M***** an Christian M***** und der Geschäftsanteile von Ilse M***** an Gudrun M***** um jeweils 18.168,21 EUR vereinbart und darin festgehalten, dass über den Abtretungspreis eine gesonderte Zahlungsvereinbarung bestehe. Am 13. 9. 2002 wurde Ingrid M***** als Gesellschafterin gelöscht und Christian M***** als Gesellschafter in das Firmenbuch eingetragen.
Darüber hinaus vereinbarte Ingrid M***** mit der Gesellschaft schriftlich ein Gehalt von 1.529 EUR brutto im Monat bis zum Eintritt ihres gesetzlich frühestmöglichen Pensionsantrittszeitpunkts. Zwischen den Vertragsparteien war vereinbart, dass der Abtretungspreis von 18.168,21 EUR nicht zusätzlich zu dieser Gehaltszusage bezahlt werden sollte.
Im Verfahren 19 Cg 42/06b des Landesgerichts Leoben wurde diese Vereinbarung als nichtig beurteilt. Die Gehaltszusage widerspreche dem Verbot der Einlagenrückgewähr nach § 82 GmbHG. Zwischen der Gehaltszusage und dem Abtretungsvertrag bestehe ein untrennbarer Zusammenhang. Die außerordentliche Revision wurde in diesem Verfahren mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 4. 7. 2007, 7 Ob 142/07v, zurückgewiesen.
Aufgrund dieser Entscheidungen fasste das Firmenbuchgericht den als „Berichtigung" bezeichneten Beschluss vom 13. 5. 2008, 24 Fr 2188/08g-4, mit dem es auf Anregung von Ingrid S*****-M***** die Löschung von Christian M***** als Gesellschafter und die Eintragung von Ingrid M***** als Gesellschafterin bewilligte; es vollzog diese Eintragungen am nächsten Tag.
Am 2. 7. 2008 beantragte Gudrun M***** als Geschäftsführerin der Walter M***** Gesellschaft mbH die Löschung von Ingrid M***** als Gesellschafterin und die Eintragung von Christian M***** als Gesellschafter. Die zitierten streitigen Gerichtsentscheidungen seien nur in Form von obiter dicta von einer Nichtigkeit der Gesamtvereinbarung ausgegangen. Ingrid S*****-M***** habe den Notariatsakt vom 4. 9. 2002 bisher nicht angefochten. Christian M***** sei daher unverändert aufgrund dieses Notariatsakts Gesellschafter der Walter M***** Gesellschaft mbH.
Mit Beschluss vom 10. 7. 2008, 24 Fr 3309/08f-2, bewilligte das Erstgericht diesen Antrag und vollzog am Folgetag die Löschung von Ingrid M***** als Gesellschafterin und die Eintragung von Christian M***** als Gesellschafter.
Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Beschluss erhobenen Rekurs von Ingrid S*****-M***** Folge und änderte den Beschluss des Erstgerichts dahingehend ab, dass der Antrag der Gesellschaft auf Eintragung von Christian M***** als Gesellschafter und Löschung von Ingrid S*****-M***** als Gesellschafterin abgewiesen wurde.
Die Abtretung der Geschäftsanteile der Ingrid S*****-M***** an Christian M***** und die dem Verbot der Einlagenrückgewähr des § 82 GmbHG widerstreitende Gehaltszusage seien im zitierten Rechtsstreit als Einheit betrachtet und insgesamt als nichtig qualifiziert worden. Diese Nichtigkeit wirke ex tunc auf den Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses zurück. Das Rekursgericht habe keinen Anlass, die rechtliche Beurteilung der Gerichte des Streitverfahrens nicht zu teilen. Im Übrigen sei der Berichtigungsbeschluss vom 13. 5. 2008 nicht angefochten worden.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil die Frage, ob ein für sich allein genommen nicht unwirksamer, jedoch im Zusammenhalt mit einer Gehaltszusage der Gesellschaft gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr des § 82 GmbHG verstoßender Abtretungsvertrag von Amts wegen als absolut nichtig zu betrachten sei, sodass er nicht als taugliche Eintragungsgrundlage dienen könne, oder ob er nur als relativ nichtig anzusehen sei, sodass eine Anfechtung (im streitigen Verfahren) dem in seinen rechtlichen Interessen betroffenen Vertragspartner obliege, noch nicht höchstgerichtlich entschieden sei. Käme man zu letzterem Ergebnis, müsste man im konkreten Fall dem Rekurs einen Erfolg versagen.
Hiezu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.
1.1. Vorweg ist festzuhalten, dass Anmeldungen im vereinfachten Verfahren nach § 11 FBG zwar von den Vertretern der Gesellschaft in vertretungsbefugter Anzahl vorzunehmen sind; die Anmeldung erfolgt aber im Namen der Gesellschaft (6 Ob 49/07k; vgl G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, Firmenbuchgesetz § 15 FBG Rz 68 mwN und Rz 90 f). Bei Ablehnung der Eintragung ist sie beschwert und daher als Partei (§ 2 Abs 1 Z 2 AußStrG iVm § 15 Abs 1 FBG) rekurs- und revisionsrekursberechtigt (6 Ob 49/07k; G. Kodek aaO Rz 168 mwN).
1.2. Gudrun M***** schreitet ausdrücklich nicht kraft eigenen Rechts, sondern als selbständig vertretungsbefugte Geschäftsführerin der Gesellschaft ein. Dem dritten Revisionsrekurswerber Christian M***** kommt materielle Parteistellung zu, weil die Entscheidung des Rekursgerichts seine firmenbuchrechtliche Rechtssphäre berührt (vgl G. Kodek aaO Rz 176; 6 Ob 168/98v; 6 Ob 111/01v; 6 Ob 183/01g; ebenso zum früheren Recht SZ 59/172 [Annahme unrichtiger Gesellschafterlisten zum Akt]).
2.1. Auch Beschlüssen des Firmenbuchgerichts kommt nach § 15 Abs 1 FBG iVm § 42 AußStrG Rechtskraft zu. Mit der in dieser Bestimmung angesprochenen formellen Rechtskraft (ErläutRV AußStrG 45; Rechberger in Rechberger, AußStrG § 42 Rz 1) treten nach § 43 Abs 1 AußStrG auch die Vollstreckbarkeit, Verbindlichkeit der Feststellung oder Rechtsgestaltung ein.
2.2. Allerdings kann nach § 10 Abs 2 FBG das Gericht, wenn eine Eintragung in das Firmenbuch wegen Mangels einer wesentlichen Voraussetzung unzulässig ist oder wird, diese von Amts wegen löschen. Unzulässig ist eine Eintragung insbesondere dann, wenn sie sachlich unrichtig ist oder wenn gesetzliche Erfordernisse für die Eintragung fehlen, deren Mangel die Beseitigung im öffentlichen Interesse oder im Interesse der Beteiligten geboten erscheinen lässt (23 BlgNR 18. GP 12; Burgstaller in Jabornegg, HGB § 10 FBG Rz 5; G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, Firmenbuchgesetz § 10 FBG Rz 20; 6 Ob 156/06v). Diese Bestimmung ermöglicht im Interesse der Richtigkeit des Firmenbuchs eine Durchbrechung der Rechtskraft unrichtiger Eintragungsbeschlüsse (6 Ob 156/06v; 6 Ob 132/07s; RIS-Justiz RS0121185).
3.1. Im vorliegenden Fall hat das Erstgericht im Hinblick auf die Ergebnisse des Streitverfahrens gemäß § 10 Abs 2 FBG die Eintragung des Christian M***** als Gesellschafter gelöscht und (demgemäß) die frühere Eintragung von Ingrid M***** als Geschäftsführerin wiederhergestellt (vgl 6 Ob 156/06v). Dieser Beschluss erwuchs unangefochten in Rechtskraft. Damit liegt ein rechtskräftiger Eintragungsbeschluss vor, der nur unter den Voraussetzungen des § 10 Abs 2 FBG wieder beseitigt werden kann. Inhaltlich stellt sich der auf Wiederherstellung des vor der amtswegigen Löschung bestehenden Firmenbuchstandes gerichtete Antrag daher als Anregung zum amtswegigen Vorgehen nach § 10 Abs 2 FBG dar.
3.2. In einem derartigen Fall kann aber nur die Vornahme der Löschung, nicht aber die Ablehnung der Löschung angefochten werden (vgl G. Kodek aaO § 10 FBG Rz 56 ff). Wird nämlich eine Anregung zur amtswegigen Löschung nicht aufgegriffen, so hat der Anreger dagegen kein Rekursrecht (G. Kodek aaO mwN; SZ 21/81; SZ 24/49; 6 Ob 19/91), mag er auch ein rechtliches Interesse an der Beseitigung der bemängelten Eintragung vorbringen (GesRZ 1994, 305; NZ 1995, 113).
3.3. Der Oberste Gerichtshof hat hier die zu § 142 FGG entwickelte Rechtsprechung, wonach demjenigen, der die amtswegige Löschung einer Eintragung angeregt hatte, keine Beteiligtenstellung und keine Rechtsmittelbefugnis im Löschungsverfahren zukomme (wbl 1994, 59), auch für das amtswegige Verfahren nach § 10 Abs 2 FBG unverändert aus der Erwägung beibehalten, ein Rekursrecht stehe nur in unmittelbarer Verfolgung rechtlich geschützter Interessen des Rechtsmittelwerbers zu, nicht jedoch in Fällen, in denen dieser nur von der Möglichkeit der Anregung einer amtswegigen Vorgangsweise Gebrauch gemacht habe (NZ 1995, 113; 6 Ob 267/99d). Während dies zunächst für eine Anregung auf Löschung eines Dritten ausgesprochen wurde (NZ 1995, 113), wurde dieser Grundsatz in der Folge auch auf eine Anregung der Gesellschaft auf Amtslöschung (6 Ob 297/00w) und auf die Ablehnung der Anregung einer Einschreiterin, sie als persönlich haftende Gesellschafterin einer KG einzutragen (6 Ob 267/99d), angewendet. Für die Richtigkeit dieser Rechtsansicht spricht auch, dass das amtswegige Verfahren nach § 10 Abs 2 FBG nicht primär der Durchsetzung privater Interessen dient.
3.4. An dieser Rechtsprechung ist auch nach Inkrafttreten des AußStrG BGBl I 2003/111 festzuhalten, weil das AußStrG keine Erweiterung der Parteistellung und Rechtsmittellegitimation gegenüber dem bisherigen Recht anstrebte, sondern nur die Rechtsprechung zum AußStrG 1854 festschrieb (ErläutRV zu § 2 AußStrG, abgedruckt bei Fucik/Kloiber, AußStrG 43; ebenso Rechberger in Rechberger, AußStrG § 2 Rz 2). Damit erweist sich der Revisionsrekurs schon aus dieser Erwägung als unzulässig.
4.1. Im Übrigen wäre dem Revisionsrekurs auch in der Sache selbst kein Erfolg beschieden: Ob eine nach § 10 Abs 2 FBG erfolgte Berichtigung des Firmenbuchs auch ihrerseits wieder Gegenstand eines weiteren Berichtigungsbeschlusses sein kann, ist in Lehre und Rechtsprechung bisher noch nicht näher erörtert. Unproblematisch erscheint dies für den Fall, dass sich die Unzulässigkeit erst aufgrund nachträglich eingetretener Tatsachen ergibt. Nach G. Kodek (Die Löschung der Selbstzweckstiftung im Spannungsfeld von materiellem Recht, Rechtssicherheit und Verfahrensrecht, GesRZ 2008, 6) ist auch dann, wenn die Beendigung einer amtswegigen Überprüfung nach § 10 FBG in einem entsprechenden (Einstellungs-)Beschluss ihren Ausdruck findet, eine neuerliche Einleitung eines Verfahrens nach § 10 Abs 2 FBG jedenfalls aufgrund neuer Bedenken möglich; im Übrigen entfalte der (Einstellungs-)Beschluss gegenüber einer weiteren Überprüfung Sperrwirkung.
4.2. Die weitgehenden Möglichkeiten zur amtswegigen Löschung nach § 10 Abs 2 FBG stellen - ebenso wie die amtswegige Prüfungspflicht des Firmenbuchgerichts - einen gewissen Ausgleich für das weitgehende Fehlen von Rekursberechtigten dar (G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, Firmenbuchgesetz § 10 FBG Rz 9). Im vorliegenden Fall stand Christian M***** hingegen uneingeschränkt der Rekurs gegen den Berichtigungsbeschluss offen, wovon er jedoch keinen Gebrauch gemacht hat. Zumindest für eine derartige Konstellation, in der keine neuen tatsächlichen oder rechtlichen Bedenken vorgebracht werden, sondern nur eine Partei, die auch schon zur Erhebung eines Rechtsmittels gegen den Beschluss nach § 10 Abs 2 FBG legitimiert gewesen wäre, nachträglich einen (neuerlichen) Antrag auf Wiederherstellung des früheren Firmenbuchstandes stellt, würde die Zulassung eines - inhaltlich als Anregung zum Vorgehen nach § 10 Abs 2 FBG zu qualifizierenden - Antrags auf neuerliche Eintragung des nach § 10 Abs 2 FBG gelöschten Gesellschafters eine Umgehung der nach dem Gesagten prinzipiell auch Beschlüssen im Firmenbuch zukommenden Rechtskraft bedeuten. In einer derartigen Konstellation besteht für die - in das pflichtgemäße Ermessen des Firmenbuchgerichts gestellte (23 BlgNR 18. GP 12; G. Kodek aaO § 10 FBG Rz 30 ff) - Einleitung eines Prüfungsverfahrens nach § 10 Abs 2 FBG kein Raum.
5. Wegen der Rechtskraftwirkung des seinerzeitigen Löschungsbeschlusses besteht somit im vorliegenden Verfahren für die Klärung der vom Rekursgericht als erheblich angesehenen Rechtsfrage kein Raum. Der Revisionsrekurs war daher spruchgemäß zurückzuweisen.
6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 78 AußStrG iVm § 15 Abs 1 FBG. Weil Gudrun M***** nur als Geschäftsführerin der Gesellschaft einschreitet, sodass Ingrid M***** in Wahrheit nur zwei Parteien gegenüberstanden, war bloß 10 % Einheitssatz zuzuerkennen. Der Ausspruch der Solidarhaftung gründet sich auf eine analoge Anwendung des § 46 ZPO (vgl 6 Ob 64/06i).
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