European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0060OB00220.21B.0914.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Die behauptete Aktenwidrigkeit und Mangelhaftigkeit des zweitinstanzlichen Verfahrens liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
[2] 2. Es wurde bereits rechtskräftig ausgesprochen, dass die hier zu beurteilenden, bereits im September 2000 in das Firmenbuch eingetragenen verschmelzenden Umwandlungen zweier inländischer Gesellschaften mit beschränkter Haftung, an denen die Klägerin Geschäftsanteile hielt, auf die Zweitbeklagte (als jeweilige Hauptgesellschafterin) nicht mehr rückabgewickelt werden können, auch die diese Umwandlungen vorbereitenden Gesellschafterbeschlüsse gemäß § 2 Abs 3 UmwG iVm § 230 Abs 2 AktG „anfechtungsfest“ sind und die genannten Bestimmungen als Ausgleich dafür gegebenenfalls Rechtsschutz in Form von Schadenersatzansprüchen sowie allenfalls eines Prozesskostenanspruchs vorsehen (6 Ob 210/19d; 65 Cg 34/17k des Handelsgerichts Wien).
[3] 3.1 Die Klägerin begehrt Schadenersatz für den „Verlust“ der genannten Geschäftsanteile, gestützt auf eine vorsätzliche Täuschung durch den Erstbeklagten als (ehemaligen) Geschäftsführer und einzigen Mitgesellschafter der umgewandelten Gesellschaften, die den Tatbestand der §§ 146 ff StGB erfüllt habe, sodass gemäß § 1489 Satz 2 ABGB die 30‑jährige Verjährungsfrist greife.
[4] 3.2 Nach den Feststellungen war der Alleingeschäftsführer und Alleingesellschafter der Klägerin im Juni 2000 mit dem ihm von seinem Freund, dem Erstbeklagten, vorgeschlagenen Ausscheiden der Klägerin durch „squeeze out“ aus den beiden gemeinsamen Gesellschaften einverstanden und unterfertigte eine entsprechende Vollmacht zur Vertretung der Klägerin in den diesbezüglichen Generalversammlungen. Der Erstbeklagte hatte ihm dazu auch erklärt, dass „ihm mit Unterfertigung dieser Urkunden nichts mehr gehören werde“. Der Geschäftsführer der Klägerin wusste seitdem, dass er (auch über die Klägerin) keine Anteile mehr an den bis dahin gemeinsamen Gesellschaften mehr besaß. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Erstbeklagte dem Geschäftsführer der Klägerin vorspiegelte, dieser sei nach wie vor an den umgewandelten Gesellschaften beteiligt, bzw dass die beiden vereinbart hätten, die Geschäftsanteile der Klägerin an einer dieser Gesellschaften würden in eine später vom Erstbeklagten gegründete Privatstiftung eingebrachtwerden.
[5] 3.3 Das Berufungsgericht war der Auffassung, eine Täuschung oder Täuschungsabsicht des Erstbeklagten über den „sqeeze out“ könne aus den Feststellungen nicht abgeleitet werden. Auch ein Sachverhaltssubstrat zur Annahme der vorgeworfenen strafbaren Handlungen bestehe nicht. Darin ist keine im Einzelfall durch den Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung zu erblicken. Damit greift aber die 30‑jährige Verjährungsfrist des § 1489 Satz 2 ABGB nicht.
[6] Andere Gründe, weshalb der geltend gemachte Schadenersatzanspruch entgegen der schon vom Erstgericht vertretenen Auffassung bei Klagseinbringung im Dezember 2017 noch nicht verjährt war, werden weder in der Berufung noch in der Revision der Klägerin dargelegt. Ob die Generalversammlungsbeschlüsse im Zusammenhang mit den Umwandlungen ordnungsgemäß zustande kamen oder durch eine wirksame nachträgliche Zustimmung des Geschäftsführers der Klägerin saniert wurden, kann daher dahinstehen.
[7] 4. Die in der Revision behaupteten rechtlichen Feststellungsmängel betreffen einerseits Umstände, zu denen das Erstgericht ohnedies Feststellungen getroffen hat, wenn auch nicht im Sinne der Behauptungen der Klägerin. Andererseits werden damit Indizien (Hilfstatsachen) angesprochen, die nicht selbst Teil des rechtserzeugenden Sachverhalts sind und sich daher nicht unmittelbar auf die rechtliche Beurteilung auswirken, sondern aus denen die Vorinstanzen im Zuge ihrer beweiswürdigenden Erwägungen doch auf die Verwirklichung des behaupteten Straftatbestands durch den Erstbeklagten schließen hätten sollen. Damit werden aber inhaltlich Fragen der in dritter Instanz nicht mehr überprüfbaren Beweiswürdigung aufgeworfen (vgl 5 Ob 195/20t [ErwGr 1.2]; zum Indizienbeweis: RS0040278 [T1], RS0112460 [T1]; zum Kontrollbeweis: RS0040246 [T2], RS0043406).
[8] 5. Zutreffend weist die Revision darauf hin, dass die Klägerin ihren Anspruch nicht auf das Vorliegen einer wegen Formmangels ungültigen Schenkung des Geschäftsanteils der Klägerin gestützt hat und die Parteien dazu auch kein Vorbringen erstattet haben. Das Berufungsgericht ist bei seiner – zudem regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO darstellenden (RS0118891 [T4, T5]) – Auslegung der Feststellungen aber ohnehin nicht von einer schenkungsweisen Übertragung der Geschäftsanteile durch die Klägerin ausgegangen. Auf die diesbezüglichen Revisionsausführungen muss daher nicht eingegangen werden.
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