OGH 6Ob191/20m

OGH6Ob191/20m22.10.2020

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden sowie die Hofräte Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler und Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny und die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin r***** AG, *****, vertreten durch Cerha Hempel Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die Antragsgegnerin K***** GmbH, *****, vertreten durch Wolf Theiss Rechtsanwälte & Co KG in Wien, wegen Bucheinsicht und Auskunft, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 28. Juli 2020, GZ 6 R 98/20f‑34, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0060OB00191.20M.1022.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1.1. Der Oberste Gerichtshof hat in der eingehend begründeten Entscheidung 6 Ob 166/19h die Grundsätze im Zusammenhang mit dem Bucheinsichtsrecht eines GmbH‑Gesellschafters zusammengefasst. Nach ständiger Rechtsprechung (vgl auch RS0060098; RS0105318) steht dem GmbH‑Gesellschafter ein allgemeiner, umfassender Informationsanspruch gegen die Gesellschaft zu, der keiner näheren Begründung bedarf. Dieser grundsätzlich unbeschränkte, alle Angelegenheiten der Gesellschaft umfassende Informationsanspruch des Gesellschafters ist Voraussetzung für die sachgerechte Wahrnehmung der ihm zustehenden Prüfungs‑ und Leitungsaufgaben, die auch die Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung umfassen.

1.2. Von diesen Grundsätzen sind die Vorinstanzen nicht abgewichen. Die Frage, ob die begehrte Informationserteilung rechtsmissbräuchlich verlangt wird oder unmöglich ist, kann regelmäßig nur aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls beantwortet werden. Darin liegt daher im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG.

2.1. Das Rekursgericht hat sich im vorliegenden Fall eingehend mit dem Einwand des Rechtsmissbrauchs sowie des angeblichen Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auseinandergesetzt. Zutreffend hat schon das Rekursgericht darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung gerade Unterlagen finanzieller Natur wie etwa solche über Gehälter und Pensionsvereinbarungen von ausschlaggebender Bedeutung für die geschäftliche Entwicklung des Unternehmens sind (6 Ob 7/96).

2.2. Zutreffend hat das Rekursgericht auch hervorgehoben, dass die Rekurswerberin selbst die Bonuszahlungen an Mitarbeiter an die Umsätze ihrer Großmuttergesellschaft knüpfte. Damit muss aber davon ausgegangen werden, dass die Antragsgegnerin über entsprechende Grundlagen zur Berechnung der Bonuszahlungen verfügt, kann doch nicht angenommen werden, dass Bonuszahlungen – noch dazu in erheblicher Höhe – ohne jede Grundlage und ohne jede Überprüfungsmöglichkeit seitens der Antragsgegnerin ausbezahlt wurden.

2.3. Lediglich der Vollständigkeit halber ist darauf zu verweisen, dass der Einwand, die Großmuttergesellschaft der Antragsgegnerin verweigere die entsprechenden Unterlagen unter Hinweis auf angebliche Geschäftsgeheimnisse im Widerspruch zur nach der Aktenlage gleichfalls von der Großmuttergesellschaft der Antragsgegnerin erhobenen Behauptung steht, die Antragstellerin verfüge über diese Unterlagen bereits.

2.4. Dass selbst eine bereits einmal in der Vergangenheit erfolgte Übermittlung von Umsatzlisten als Grundlage für die Bonusberechnung nichts am Anspruch auf Bucheinsicht ändern würde, hat bereits das Rekursgericht zutreffend ausgeführt (§ 72 Abs 3 AußStrG). Anderes würde lediglich bei – hier nicht vorliegenden – ständig wiederholten und daher missbräuchlichen Auskunftsverlangen gelten (6 Ob 128/16s; vgl auch Altmeppen in Roth/Altmeppen, dGmbHG9 § 51a Rz 48).

3. Zusammenfassend bringt die Revisionsrekurswerberin daher keine Rechtsfragen der von § 62 Abs 1 AußStrG geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass der Revisionsrekurs spruchgemäß zurückzuweisen war.

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