OGH 6Ob1727/95

OGH6Ob1727/9521.12.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Redl, Dr.Kellner, Dr.Schwarz und Dr.Prückner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Margarete H*****, vertreten durch Weiss-Tessbach, Rechtsanwälte OEG in Wien, wider die beklagte Partei Mag.Helmut W*****, vertreten durch Dr.Thomas Prader, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 6.September 1995, AZ 39 R 472/95 (ON 16), den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Beklagte mietete mit einem sogenannten Studentenmietvertrag vom 3.11.1989 eine Wohnung, befristet auf fünf Jahre bzw bis zu einer allfälligen frühreren Beendigung seines Studiums. Zuvor hatte der Beklagte das Mietobjekt bereits als Mitbewohner des Vormieters bewohnt gehabt, der ebenfalls Mieter aufgrund eines Studentenmietvertrages war. Zwischen der Klägerin als Vermieterin und dem Beklagten als Mieter wurde ausdrücklich vereinbart, daß der Mietvertrag unter der Bedingung des Auszuges des Vormieters abgeschlossen werde (P 16. des Mietvertrages BeilA). Tatsächlich zog der Vormieter erst zwei Jahre nach Beginn des Mietverhältnisses des Beklagten aus der Wohnung aus. Die Vorinstanzen haben im Hinblick auf die angeführte Bedingung (festgestellt wurde eine Kündigung des Vormieters und eine Ablösezahlung der Vermieterin für vorgenommene Investitionen) das Vorligen von Kettenmietverträgen zur Umgehung der zwingenden Bestimmungen des MRG über die Befristung von Mietverträgen (§ 29 MRG) verneint. Entgegen der Auffassung der Revisionswerberin liegt in dieser rechtlichen Beurteilung kein Abweichen von der oberstgerichtlichen Judikatur. Die Parteien haben nach den getroffenen Feststellungen kein Scheingeschäft geschlossen (mit dem Ziel, daß der bisherige Mieter weiter in der Wohnung verbleibt, sein Mietvertrag also - unter Vorschiebung des Beklagten als Nachmieter - verlängert wird). Sie haben auch nicht versucht, mit einem Umgehungsgeschäft, also durch Manipulation der tatsächlichen Verhältnisse die auf seiten der Klägerin ungünstig empfundene Rechtsfolge eines Kettenmietvertrages, also die Einrechnung der Mietzeiten des Vormieters und darauf basierend ein auf unbestimmte Zeit abgeschlossenes Mietverhältnis zu vermeiden (zur Unterscheidung von Scheingeschäft und Umgehungsgeschäft: SZ 60/158). Wohl können die zwingenden Vorschriften des MRG zur Befristung von Mietverträgen nicht dadurch umgangen werden, daß statt einer Verlängerung des Mietvertrages ein neuer Vertrag (Kettenmietvertrag) abgeschlossen wird. Einem solchen Sachverhalt ist nach ständiger oberstgerichtlicher Judikatur der Fall gleichzuhalten, daß ein neuer Mietvertrag mit einem Hausgenossen des bisherigen Mieters abgeschlossen wird, sodaß dieser nicht räumen muß, sondern mit dem Hausgenossen lediglich die Rollen vertauscht und sich an den tatsächlichen Benützungsverhältnissen nichts ändert. Ein solches Umgehungsgeschäft ist derjenigen Rechtsnorm zu unterwerfen, die auf das in Wahrheit beabsichtigte Rechtsgeschäft - also die Verlängerung des früheren Zeitmietvertrages - anzuwenden ist (MietSlg 45.357 = WoBl 1994/21; SZ 63/50; 9 Ob 1658/94; 2 Ob 1528/92). Für die Bejahung einer Umgehung der zwingenden mietrechtlichen Bestimmungen ist es aber entscheidungswesentliche Voraussetzung, daß sich mit der gewählten Vorgangsweise an der bisherigen tatsächlichen Benützung durch die im Mietobjekt wohnenden Personen nichts ändert (9 Ob 1658/94). Dieser Fall liegt hier gerade nicht vor, wurde doch die Aufgabe des Mietobjektes durch den Vormieter zur ausdrücklichen Vertragsbedingung für den Abschluß des Mietvertrages mit dem Beklagten gemacht. Es wurde nicht ein bloßer Rollentausch mit dem Ergebnis vorgenommen, daß der alte Mieter nicht räumen muß und der bisherige Hausgenosse als Mieter aufscheint. Die Bedingung, daß der Vormieter ausziehen müsse, spricht gegen die Annahme eines Umgehungsgeschäftes zur Ausschaltung der nach dem Gesetz höchstmöglichen Befristung des Mietvertrages. Gegen die Verneinung der wirtschaftlichen Einheit der beiden Mietverträge bestehen kein Bedenken (vgl zu einem vergleichbaren Fall: 7 Ob 522/95). Der Räumungsanspruch der Klägerin wurde zutreffend bejaht.

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