European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0060OB00171.17S.1221.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Die Kläger stellten zuletzt die auf Feststellung der Haftung der Beklagten für jeden Schaden, der den Klägern aus der Verweigerung der Durchführung der Aufträge entsteht, a) die Währung eines Kredits in Yen zu konvertieren und b) bei einem anderen Kredit den Indikator auf den 3‑Monats‑Libor zu wechseln, gerichtete Hauptbegehren. Zu jedem der Hauptbegehren erhoben sie ein Eventualbegehren.
Das Erstgericht wies die Hauptbegehren mangels Feststellungsinteresses ab und ein Eventualbegehren im Hinblick auf einen von der Beklagten gestellten Zwischenfeststellungsantrag wegen Streitanhängigkeit zurück; das andere Eventualbegehren beurteilte es als Klagsänderung, die es nicht zuließ.
Das Berufungs- und Rekursgericht gab der Berufung nicht Folge und ließ die Revision nicht zu. Ferner hob es die Zurückweisung des ersten Eventualbegehrens ersatzlos auf. In Bezug auf das zweite Eventualbegehren ließ es die Klagsänderung zu; es trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung über beide Eventualbegehren auf. Den Revisionsrekurs ließ es nicht zu.
Rechtliche Beurteilung
I. Zur außerordentlichen Revision:
Eine erhebliche Rechtsfrage zeigen die Kläger nicht auf.
1. Der Senat hat in der Entscheidung 6 Ob 28/12d ausgesprochen, dass ein auf Feststellung der Haftung gerichtetes Begehren mangels Feststellungsinteresses nicht zulässig ist, wenn bereits ein Begehren auf Geldersatz oder Naturalrestitution möglich wäre. Warum im vorliegenden Fall weder das eine noch das andere möglich wäre, führt die Revision nicht aus. Die Kläger legen im Ergebnis auch eine Unrichtigkeit der Auffassung der Vorinstanzen nicht dar, es wäre ein Begehren auf Umstellung der Währung bzw des für den Zinssatz maßgeblichen Indikators möglich gewesen (vgl 2 Ob 22/12t). Sie führen ferner nicht aus, welche zukünftigen Schäden aus der Nichtdurchführung der in den Hauptbegehren genannten Aufträge noch resultieren könnten. Auch stellen sie nicht dar, warum es nicht möglich wäre, die aus einer unrichtigen Kontoführung sich ergebenden Differenzbeträge zu errechnen.
2. Im Hinblick auf die gleiche Formulierung der Hauptbegehren ist die Ansicht der Kläger nicht zutreffend, eines der Begehren umfasse nicht die Haftung für vergangene Schäden. Die Relevanz der behaupteten fehlenden Feststellungen legen die Kläger nicht dar.
II. Zum außerordentlichen Revisionsrekurs:
1. Auch wenn der Revisionsrekurs zutreffend ausführt, das Erstgericht habe entgegen der Ansicht des Gerichts zweiter Instanz die Klagsänderung, die das Eventualbegehren hinsichtlich der Möglichkeit des Währungswechsels betrifft, nicht dadurch bereits implizit zugelassen, dass es dieses Begehren infolge Streitanhängigkeit zurückgewiesen hat, zeigt das Rechtsmittel insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage auf.
2. Eine Klagsänderung ist unzulässig, wenn hinsichtlich des geänderten Begehrens Streitanhängigkeit vorliegt (RIS‑Justiz RS0039352). Dies führt allerdings nicht zur Zurückweisung des geänderten Klagebegehrens, sondern zum Ausspruch, dass die Klagsänderung nicht zulässig ist (10 ObS 208/97d). Das Erstgericht hat sich bloß bei der Formulierung des Spruchs vergriffen; geht doch aus seiner Begründung hinreichend deutlich hervor, dass es mit der Zurückweisung zum Ausdruck brachte, die Klagsänderung nicht zulassen zu wollen.
3.1. Zutreffend ist die Auffassung des Gerichts zweiter Instanz, dass hinsichtlich des ersten Eventualbegehrens keine Streitanhängigkeit (mehr) vorliegt, weil die Beklagte ihren Zwischenfeststellungsantrag in der Verhandlungstagsatzung vom 21. 11. 2016 auf Kosten einschränkte.
3.2. Ein Zwischenantrag auf Feststellung ist einer Klage gleichzuhalten. Stellt ihn der Kläger, liegt darin eine Klagserweiterung, stellt ihn der Beklagte, nähert sich seine Aufgabe weitestgehend einer Widerklage auf Feststellung des Nichtbestehens des präjudiziellen Rechtsverhältnisses an. Ihm dürfen ebensowenig wie einer Klage Prozesshindernisse entgegenstehen (RIS‑Justiz RS0039546). Er begründet in Bezug auf das seinen Gegenstand bildenden Rechtsverhältnis Streitanhängigkeit (RIS‑Justiz RS0039295).
3.3. Die Einschränkung des Klagebegehrens (zB auf Kosten) ist jederzeit auch ohne Angabe von Gründen und ohne Zustimmung des Beklagten zulässig (RIS‑Justiz RS0039651). Mit der Klagseinschränkung (dh dem Fallenlassen eines Klagebegehrens) entfällt ab diesem Zeitpunkt auch das Prozesshindernis der Streitanhängigkeit (7 Ob 536/95).
Der Fall der Klagseinschränkung auf Kosten ist nicht anders zu sehen. Es ist zwar noch die Kostenentscheidung zu treffen, für die als Vorfrage zu prüfen ist, ob das Klagebegehren berechtigt gewesen wäre. Es liegt jedoch eine das Prozesshindernis der Streitanhängigkeit bewirkende Identität der Ansprüche nicht vor, wenn in einem Rechtsstreit der vorgebrachte Tatsachenkomplex nur zur rechtlichen Beurteilung einer Vorfrage, im zweiten Rechtsstreit aber zur Beurteilung des Anspruchs in der Hauptsache selbst vorgebracht und erforderlich ist (RIS‑Justiz RS0039196 [T14]).
3.4. Da ein Zwischenantrag auf Feststellung– auch des Beklagten – einer Klage gleichzuhalten ist, gelten diese Erwägungen auch für dessen Einschränkung auf Kosten. Die Gefahr widersprechender Entscheidungen ist Ausfluss des Umstands, dass die Entscheidung bloß einer Vorfrage nie Bindungswirkung für einen Folgeprozess entfalten kann (RIS‑Justiz RS0041567 [T8]). Weder „das Gebot der Entscheidungsharmonie“ noch „das Bedürfnis der Rechtssicherheit“ sind Argumente dafür, die Rechtskraft eines Urteils über den entschiedenen Anspruch hinaus auf Vorfragen desselben zu erweitern (RIS‑Justiz RS0041572 [T24]).
4. Bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Klagsänderung sind die Umstände des Einzelfalls maßgebend (RIS‑Justiz RS0039441 [T11]). Ob im Einzelfall aufgrund der besonderen Umstände eine Klagsänderung im Interesse der erwünschten endgültigen und erschöpfenden Beendigung des Streits zuzulassen ist, stellt keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung dar, es sei den es liegt eine Fehlbeurteilung vor, die im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifen wäre (RIS‑Justiz RS0115548).
Die Kläger haben bereits in der Klage vorgebracht, es bestehe ein Recht, den in den Kreditverträgen angewendeten Indikator frei wählen zu können und die Kreditbeträge in andere Währungen frei konvertieren zu können. Auch wenn hinsichtlich der Hauptbegehren schon Spruchreife vorlag und die Klage erst in jener Tagsatzung geändert wurde, in der das Verfahren geschlossen wurde, ist die Beurteilung des Gerichts zweiter Instanz vertretbar, dass die Zulassung der Klagserweiterung zur Bereinigung des Rechtsverhältnisses der Streitteile dienen kann und die vorgelegten Urkunden verwertbar bleiben. Selbst bei Spruchreife des Hauptbegehrens ist eine Zulassung der Klagsänderung aus Gründen der Prozessökonomie im Einzelfall möglich (4 Ob 563/88).
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