OGH 6Ob140/04p

OGH6Ob140/04p26.8.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Pflegschaftssache des am ***** geborenen Ben F*****, in Obsorge der Mutter Roswitha F*****, *****, über den ordentlichen Revisionsrekurs des Vaters Mag. Thomas F*****, vertreten durch Mag. Sonja Fragner, Rechtsanwältin in Krems an der Donau, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 15. März 2004, GZ 43 R 109/04d-136, womit über den Rekurs des Vaters der Beschluss des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 15. Dezember 2003, GZ 1 P 26/03z-130, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die hinsichtlich der Erhöhung der Unterhaltspflicht des Vaters auf 281 EUR monatlich in Rechtskraft erwachsen sind, werden hinsichtlich der darüber hinausgehenden monatlichen Unterhaltsverpflichtung (39 EUR) zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung durch das Erstgericht aufgehoben.

Text

Begründung

Das Erstgericht erhöhte über Antrag des Kindes die Unterhaltspflicht des Vaters von bisher 218,02 EUR monatlich ab 1. 3. 2003 auf 320 EUR monatlich. Bei dieser Unterhaltsbemessung wurde keine steuerliche Entlastung des Vaters (§ 12a FamLAG) berücksichtigt. Dieser hat im Verfahren erster Instanz in dieser Richtung keinen Einwand erhoben und sich mit einer Erhöhung seiner Unterhaltsverpflichtung auf 265 EUR monatlich einverstanden erklärt.

Das Rekursgericht bestätigte den erstinstanzlichen Beschluss, der nur hinsichtlich der 281 EUR monatlich übersteigenden Unterhaltsfestsetzung angefochten wurde. Es berücksichtigte die erstmals vom Vater in seinem Rekurs begehrte Anrechnung von Transferleistungen nicht. Diese seien nicht von Amts wegen, sondern nur über Einwendung des Unterhaltspflichtigen zu berücksichtigen. Da zu dieser Frage eine unterschiedliche oberstgerichtliche Judikatur vorliege, sei der ordentliche Revisionsrekurs zulässig. Mit seinem ordentlichen Revisionsrekurs beantragt der Vater die Abänderung dahin, dass das 281 EUR übersteigende Unterhaltsmehrbegehren abgewiesen werde, hilfsweise die Aufhebung zur Verfahrensergänzung.

Das durch seine Mutter vertretene Kind äußerte sich zum Revisionsrekurs nicht.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

In der Frage der Anrechnung der dem Obsorgeberechtigten zufließenden Transferleistungen vertrat der Oberste Gerichtshof zunächst die Ansicht, dass die Anrechnung nicht von Amts wegen, sondern nur auf Einwendung des Unterhaltspflichtigen zu erfolgen habe (4 Ob 134/03i; 5 Ob 212/03t). Von dieser Ansicht ist er aber schon mit der Entscheidung 1 Ob 208/03z abgerückt. Die gesetzlich gebotene steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen durch "Anrechnung" der dem betreuenden Elternteil zukommenden Transferleistungen sei bei der Unterhaltsbemessung grundsätzlich auch ohne einen ausdrücklich darauf abzielenden Antrag des Unterhaltsschuldners - im Rahmen des durch die Sachanträge der Beteiligten abgesteckten Entscheidungsspielraums - zu berücksichtigen. Dieser Ansicht ist der 4. Senat zumindest für den Fall gefolgt, dass der geldunterhaltspflichtige Elternteil dem Erhöhungsantrag - wie hier - im Verfahren erster Instanz entgegengetreten ist (4 Ob 254/03m). Dieser Auffassung schlossen sich der 10. Senat (10 Ob 4/04t) und jüngst der 2. Senat an (2 Ob 153/04w), sodass nunmehr von einer schon gefestigten jüngeren oberstgerichtlichen Rechtsprechung im aufgezeigten Sinn ausgegangen werden kann, der zu folgen ist.

Das Erstgericht wird deshalb das Verfahren nach den Grundsätzen der neuen Rechtsprechung zur konkreten Berechnung des Geldunterhalts unter Berücksichtigung der gebotenen steuerlichen Entlastung des Geldunterhaltsschuldners zu ergänzen haben. Es wird das Bruttoeinkommen des Vaters festzustellen sein, weil vom Jahresbruttoeinkommen - ohne 13. und 14. Gehalt - es abhängt, wie hoch der auf das Einkommen des Vaters angewandte Grenzsteuersatz ist (zur weiteren Berechnung vgl 4 Ob 52/02d und RIS-Justiz RS0117015). Insoweit der Revisionsrekurswerber den vom Rekursgericht wegen des Neuerungsverbots verworfenen Einwand releviert, dass er seit Oktober 2003 keine Erschwerniszulage erhalte, ist ihm entgegenzuhalten, dass er den Sachverhalt schon im Verfahren erster Instanz vor der Beschlussfassung des Erstgerichtes vorbringen hätte können. Auf seinen Einwand wird allerdings im fortzusetzenden Verfahren einzugehen sein.

Zum dritten Einwand des Rekurswerbers, die Vorinstanzen hätten den nach der Prozentsatzmethode rechnerisch mit 317,35 EUR ermittelten monatlichen Unterhalt nicht auf 320 EUR aufrunden dürfen, ist nur auszuführen, dass die Unterhaltsbemessung nach Prozentsätzen bloß eine Orientierungshilfe darstellt, sodass gegen eine "Aufrundung" (oder "Abrundung") im bekämpften Ausmaß keine Bedenken bestehen. Damit wird der den Gerichten eingeräumte Ermessensspielraum nicht überschritten.

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