OGH 6Ob134/18a

OGH6Ob134/18a31.8.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden, durch die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D***** G*****, vertreten durch Dr. Dominik Schärmer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei H*****, vertreten durch Waitz Rechtsanwälte GmbH in Linz, wegen 20.995 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 7. Mai 2018, GZ 6 R 34/18i‑49, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Wels vom 24. Jänner 2018, GZ 8 Cg 84/16y‑45, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0060OB00134.18A.0831.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.411,20 EUR (darin enthalten 235,20 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.

 

Begründung:

Der Kläger kaufte bei der Beklagten um den Klagsbetrag einen Whirlpool. Da dieser mangelhaft war, führte die Beklagte vier letztlich erfolglose Verbesserungsversuche durch. Mit anwaltlichem Schreiben vom 25. 7. 2016 begehrte der Kläger – aufgrund der Mangelhaftigkeit des Pools – die Rückabwicklung des Vertrags. Am 4. 8. 2016 einigten sich die Streitteile, so wie durch die Beklagte angeboten, den Whirlpool gegen einen fabrikneuen auszutauschen. Aufgrund eines Verladefehlers und der damit einhergehenden Beschädigung des neuen Whirlpools scheiterte der Austausch jedoch. Der Kläger forderte sodann erneut die Rückabwicklung des Vertrags und sprach gegen die beklagte Partei ein Betretungsverbot seiner Liegenschaft aus.

Im vorliegenden Verfahren begehrt der Kläger die Rückzahlung des Kaufpreises mit der Begründung, er sei zur Rückabwicklung des Vertrags berechtigt.

Die Beklagte wendete ein, durch die Vereinbarung vom 4. 8. 2016 sei eine Novation erfolgt. Der Kläger habe der Beklagten zu Unrecht keinen Verbesserungsversuch eingeräumt, weshalb der Anspruch des Klägers rechtsgrundlos sei.

Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren statt. Das Berufungsgericht führte aus, entgegen der Ansicht der Beklagten liege in der Einigung vom 4. 8. 2016 bei objektiver Betrachtung und aufgrund des Erklärungswillens redlicher Parteien kein neuerlicher Abschluss eines Kaufvertrags, sondern nur eine Vereinbarung über die Abwicklung des bereits ursprünglich abgeschlossenen Rechtsgeschäfts. Am 4. 8. 2016 sei über den Austausch des Whirlpools zwischen den Vertragsteilen eine neue Vereinbarung nur über die behaupteten Mängel und die dem Übernehmer zustehenden Gewährleistungsansprüche zustandegekommen; es sei weder der Kaufgegenstand noch der Kaufpreis geändert worden. Diese neue Vereinbarung, beschränkt auf die Abwicklung des Kaufvertrags, habe von redlichen Parteien angesichts der durch die zahlreichen Verbesserungsversuche zutage getretenen Gutmütigkeit des Klägers objektiv auch nur so verstanden werden können, dass er im Einvernehmen mit der Beklagten von dem ihm damals bereits erklärten Wandlungsrecht nochmals absehe und der Beklagten letztmalig die Abhilfe in Form des primären Gewährleistungsanspruchs „Austausch“ ermöglicht habe. Gerade durch diese neue Vereinbarung über die Abwicklung der Gewährleistung habe sich am ursprünglichen Kaufvertrag nichts geändert. Es habe angesichts des Lieferverzugs beim Austausch des Whirlpools zur Wirksamkeit des zuletzt erklärten Wandlungsbegehrens auch keiner neuerlichen Setzung einer Nachfrist bedurft.

Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, weil zur Frage des Setzens einer Verbesserungsfrist nach § 932 Abs 3 ABGB (und nicht § 918 ABGB) in der zitierten Kommentarstelle (P. Bydlinski inKBB5 § 932 Rz 8) nur Verweise auf Lehrmeinungen aufzufinden seien und auch sonst keine Rechtsprechung habe vorgefunden werden können.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist unzulässig.

Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

1. Die vom Berufungsgericht aufgezeigte Rechtsfrage wird von der Revisionswerberin nicht aufgegriffen, weil sie der festen Ansicht ist, im vorliegenden Fall könnten Gewährleistungsregeln (und somit auch § 932 ABGB) nicht angewendet werden (Revision S 10: „denklogisch keine rechtliche Beurteilung dieses Sachverhalts unter dem Thema der Gewährleistung“).

Selbst wenn das Berufungsgericht – zu Recht – ausgesprochen hatte, die ordentliche Revision sei zulässig, das Rechtsmittel aber dann nur solche Gründe geltend macht, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt, ist die Revision trotz der Zulässigerklärung durch das Gericht zweiter Instanz zurückzuweisen (RIS‑Justiz RS0102059).

2. Die Revisionswerberin argumentiert im Wesentlichen, die Entscheidung des Berufungsgerichts widerspreche dem Rechtssatz RIS‑Justiz RS0018739, insbesondere den Entscheidungen 9 Ob 91/04d und 3 Ob 70/15p. Allenfalls sei die Vereinbarung vom 4. 8. 2016 als Novation oder Vergleich zu beurteilen, jedenfalls sei die Lage nach den Verzugsregeln (§ 918 ABGB) zu beurteilen, weshalb der Kläger eine Nachfrist hätte setzen müssen, was er aber nicht getan habe.

2.1. RIS‑Justiz RS0018739 lautet: „Mit der Zusage der Verbesserung des Mangels kommt zwischen den Vertragsteilen eine neue Vereinbarung über die behaupteten Mängel und die Verbesserung zustande, woraus ein neuer Erfüllungsanspruch erwächst.“

In der Entscheidung 9 Ob 91/04d wurde (zur Rechtslage vor dem GewRÄG 2001) für den Fall des Verbesserungsverzugs nach Verbesserungsvereinbarung § 918 ABGB für anwendbar erklärt (RIS‑Justiz RS0018739 [T3]).

Die Richtigkeit dieser Rechtsprechung wurde jüngst von Lehfuss, Der Verbesserungsverzug nach Verbesserungszusage im Gewährleistungsrecht, ÖJZ 2018, 701 (708), unter anderem mit dem Argument bestritten, diese Rechtsprechung, die vor dem GewRÄG 2001 (BGBl I 2001/48) begründet worden sei, habe seit Inkrafttreten dieses Gesetzes ihre Berechtigung verloren, weil seither der Verzug mit der Verbesserung in § 932 Abs 4 ABGB ausdrücklich (und anders als in § 918 ABGB) geregelt sei und daher keine Gesetzeslücke zum Verzug mit der zugesagten Verbesserung mehr vorliege.

Ob die zitierte Rechtsprechung (die in den Entscheidungen 3 Ob 70/15p und 4 Ob 123/15i im Anwendungsbereich des GewRÄG 2001 – allerdings ohne Auseinandersetzung mit dieser neuen Rechtslage – fortgeschrieben wurde) aufzugeben ist, kann hier aber dahingestellt bleiben, weil auch unter Zugrundelegung der bisherigen Rechtsprechung für die Beklagte nichts gewonnen wäre:

Die Setzung einer Nachfrist ist nämlich etwa auch dann ausgeschlossen, wenn das vorläufige Scheitern der Erfüllung auf einen Fehler des Vertragspartners zurückgeht, der dessen offensichtliche Unfähigkeit, nicht zu tolerierende Unzuverlässigkeit oder ein generelles Unvermögen dokumentiert (5 Ob 166/07h), oder der Gläubiger das Vertrauen in den Vertragspartner aus anderen von ihm zu vertretenden Gründen verloren hat (2 Ob 163/13d, 9 Ob 36/10z). Zur Gewährleistung wird dies auch als „fortgesetztes Fehlverhalten trotz Rüge“ definiert (2 Ob 230/17p), was die Erfüllungsversuche der Beklagten hier zutreffend beschreibt.

Nach den Feststellungen war der Grund für die Vereinbarung, wonach anstatt der Wandlung nunmehr ein Austausch des Pools erfolgen sollte, dass die Beklagte es– trotz eines bestehenden Mangels und mehrerer Verbesserungsversuche über mehrere Monate – nicht geschafft hat, den von ihr ursprünglich gelieferten Pool zu reparieren. Es mag nun sein, dass die Beklagte am Austausch bisher nur einmal gescheitert ist. Das Berufungsgericht weist aber richtig darauf hin, dass im Gewährleistungsrecht der Übernehmer nur einen Verbesserungsversuch gewähren muss (RIS‑Justiz RS0018702 [T1]). Wenn bereits dies dem Käufer unzumutbar ist, kann schon das einmalige Scheitern am Austausch verbunden mit den früheren Verbesserungsversuchen zumindest die Unzuverlässigkeit der Beklagten erweisen und damit das Absehen von einer Verbesserungsfrist auch bei Anwendung des § 918 ABGB rechtfertigen.

Selbst wenn man daher einen gänzlich neuen Vertrag annähme (vgl dazu 2.2.), wäre eine Nachfrist bezogen auf diese „Verbesserungsvereinbarung“ erst notwendig machende Fehler der Beklagten dem Kläger wegen Vertrauensverlusts unzumutbar.

2.2. Im Übrigen geht es hier um Vertragsauslegung im Einzelfall, die regelmäßig, von auffallenden Fehlbeurteilungen durch die zweite Instanz abgesehen, keine erhebliche Rechtsfrage aufwirft (RIS‑Justiz RS0112106 [T2] ua). Wenn das Berufungsgericht im Ergebnis das Vorliegen einer Novation oder eines Vergleichs verneint hat und die Sache in der dargestellten Weise als bloße Modifikation der Rechte aus der Gewährleistung beurteilt hat, ohne dass eine neuerliche Nachfristsetzung nötig sei, ist dies jedenfalls keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung.

3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen. Mangels gesetzlicher Grundlage steht der mit 0,29 EUR verzeichnete Betrag für „ERV‑Direktzustellung“ nicht zu.

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