OGH 6Ob132/22p

OGH6Ob132/22p18.7.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Nowotny, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer, Dr. Faber und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K*, Belgien, vertreten durch Wijnkamp Advocatuur/Advokatur GmbH in Imst, wider die beklagte Partei S*, Deutschland, wegen 25.784,03 EUR sA und Feststellung, über die „außerordentliche“ Revision der klagenden Partei gegen das Teil‑ und Teilzwischenurteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 5. Mai 2022, GZ 1 R 64/22d‑37, mit dem das Teil‑Zwischenurteil des Landesgerichts Feldkirch vom 18. Februar 2022, GZ 56 Cg 132/20x‑28, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0060OB00132.22P.0718.000

 

Spruch:

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

 

Begründung:

[1] Die Klägerin begehrt aufgrund eines Schiunfalls vom Beklagten Zahlung von Schadenersatz in Höhe von 25.784,03 EUR sA und die Feststellung seiner Haftung.

[2] Das Erstgericht sprach mit Teil‑Zwischenurteil aus, es bestehe das Zahlungsbegehren zu einem Viertel zu Recht, zu drei Viertel jedoch nicht zu Recht und wies daher das Zahlungsbegehren im Umfang von 19.982,62 EUR sA ab.

[3] Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil dahin ab, dass es das Zahlungsbegehren als zu zwei Drittel zu Recht bestehend erkannte und demgemäß das Zahlungsbegehren (nur) im Umfang von 8.594,68 EUR sA abwies.

Rechtliche Beurteilung

[4] Die dagegen erhobene („außerordentliche“) Revision der Klägerin legte das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vor.

[5] 1. Da das Erstgericht über das Feststellungsbegehren der Klägerin noch gar nicht entschieden hat, bildete bloß der – im vorliegenden Fall von beiden Seiten bekämpfte – Ausspruch über das Leistungsbegehren den Streitgegenstand im Berufungsverfahren (vgl RS0042348 [T5]; zum Teil‑ und Teilzwischenurteil: 2 Ob 81/17a; 2 Ob 66/18x).

[6] 2. Die Zulässigkeit der von der Klägerin erhobenen Revision richtet sich folglich nach § 502 Abs 3 ZPO, weil der berufungsgerichtliche Entscheidungsgegenstand zwar 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR überstieg und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärte. Unter diesen Voraussetzungen ist ein auch außerordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Eine Partei kann in einem solchen Fall nur gemäß § 508 Abs 1 ZPO einen Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass das ordentliche Rechtsmittel doch für zulässig erklärt werde. Mit demselben Schriftsatz ist das ordentliche Rechtsmittel auszuführen. Dieser Antrag, verbunden mit dem ordentlichen Rechtsmittel, ist beim Prozessgericht erster Instanz einzubringen und gemäß § 508 Abs 3 und 4 ZPO vom Rechtsmittelgericht zu behandeln.

[7] 3. Erhebt in den dargestellten Fällen eine Partei ein Rechtsmittel, so ist dieses gemäß § 507b Abs 2 ZPO dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen. Das gilt auch dann, wenn das Rechtsmittel als „außerordentliches“ Rechtsmittel bezeichnet wird, es an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist und der Rechtsmittelwerber in dem Schriftsatz nicht im Sinne des § 508 Abs 1 ZPO den Antrag auf Abänderung des Ausspruchs des Gerichts zweiter Instanz gestellt hat, weil dieser Mangel gemäß § 84 Abs 3 ZPO verbesserungsfähig ist (RS0109623). Auch in einem solchen Fall darf der Oberste Gerichtshof hierüber nur und erst entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz gemäß § 508 Abs 3 ZPO ausgesprochen hat, dass ein ordentliches Rechtsmittel doch zulässig sei.

[8] 4. Das Erstgericht wird daher das Rechtsmittel dem Berufungsgericht vorzulegen haben. Ob der Schriftsatz den Erfordernissen des § 508 Abs 1 ZPO entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten.

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