European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0020OB00081.17A.0727.000
Spruch:
Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.
Begründung:
Am 12. 9. 2014 ereignete sich auf dem Betriebsgelände der erstbeklagten Partei ein Arbeitsunfall, bei dem der Kläger durch einen explodierenden Autoreifen verletzt wurde.
Der Kläger , der das Alleinverschulden des Zweitbeklagten behauptet, begehrte den Ersatz seines mit 24.729,73 EUR sA bezifferten Schadens und stellte auch ein Feststellungsbegehren.
Das Erstgericht sprach mit Teilzwischenurteil aus, dass das Leistungsbegehren im Ausmaß von 75 % dem Grunde nach zu Recht bestehe. Mit Teilurteil wies es das Leistungsbegehren und das Feststellungsbegehren im Umfang von je 25 % ab. Über das restliche Feststellungsbegehren liegt noch keine Entscheidung vor.
Diese Entscheidung wurde von den beklagten Parteien in ihrem stattgebenden Teil, also im Umfang des Teilzwischenurteils, mit Berufung bekämpft. Auch der Kläger erhob eine Berufung, die sich jedoch nur gegen die teilweise Abweisung des Leistungsbegehrens richtete.
Das Berufungsgericht bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 30.000 EUR übersteigt und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Seinen Ausspruch über den Wert des Entscheidungsgegenstands begründete das Berufungsgericht mit der Höhe des Leistungsbegehrens und den Behauptungen des Klägers zu seinen Dauer- und Spätschäden.
Gegen dieses Urteil richten sich die „ außerordentlichen Revisionen “ sämtlicher Parteien, die das Erstgericht dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vorlegte.
Rechtliche Beurteilung
Die Aktenvorlage ist verfehlt.
Das Berufungsgericht hat übersehen, dass es über das Feststellungsbegehren des Klägers gar nicht entschieden hat. Seinen Entscheidungsgegenstand bildete allein das Leistungsbegehren, weil der Kläger, worauf es selbst hingewiesen hat, die Teilabweisung des Feststellungsbegehrens unangefochten ließ.
Die Zulässigkeit der Revision richtet sich daher nach § 502 Abs 3 ZPO, weil der berufungsgerichtliche Entscheidungsgegenstand entgegen dem verfehlten Bewertungsausspruch zwar 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteigt und das Berufungsgericht die ordentliche Revision nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO für nicht zulässig erklärt hat. Unter diesen Voraussetzungen ist auch ein außerordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Eine Partei kann in einem solchen Fall nur gemäß § 508 Abs 1 ZPO einen Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahingehend abzuändern, dass das ordentliche Rechtsmittel doch für zulässig erklärt werde. Mit demselben Schriftsatz ist das ordentliche Rechtsmittel auszuführen. Dieser Antrag, verbunden mit dem ordentlichen Rechtsmittel, ist beim Prozessgericht erster Instanz einzubringen und gemäß § 508 Abs 3 und 4 ZPO vom Rechtsmittelgericht zu behandeln. Erhebt in den dargestellten Fällen eine Partei ein Rechtsmittel, so ist dieses gemäß § 507b Abs 2 ZPO dem Gericht zweiter Instanz vorzulegen. Das gilt auch dann, wenn das Rechtsmittel als „außerordentliches“ Rechtsmittel bezeichnet wird und wenn es an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist; auch dieser darf hierüber nur und erst entscheiden, wenn das Gericht zweiter Instanz gemäß § 508 Abs 3 ZPO ausgesprochen hat, dass ein ordentliches Rechtsmittel doch zulässig sei. Dies gilt ferner auch dann, wenn der Rechtsmittelwerber in dem Schriftsatz nicht im Sinne des § 508 Abs 1 ZPO den Antrag auf Abänderung des Ausspruchs des Gerichts zweiter Instanz gestellt hat, weil dieser Mangel gemäß § 84 Abs 3 ZPO verbesserungsfähig ist (RIS-Justiz RS0109623).
Das Erstgericht wird somit die Rechtsmittel sämtlicher Parteien dem Berufungsgericht vorzulegen haben. Ob der Schriftsatz den Erfordernissen des § 508 Abs 1 ZPO entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten.
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