OGH 6Ob132/21m

OGH6Ob132/21m20.10.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden, die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny, die Hofrätin Dr. Faber und den Hofrat Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DDr. J* W*, vertreten durch Dr. Dr. Wieser Rechtsanwalts GmbH in Wien, gegen die Beklagte B*, vertreten durch Bruckmüller RechtsanwaltsgmbH in Linz, wegen Feststellung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 10. Mai 2021, GZ 2 R 26/21p‑38, womit das Urteil des Landesgerichts Steyr vom 29. Jänner 2021, GZ 2 Cg 34/20y‑26, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E133255

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 3.193,92 EUR (darin enthalten 532,32 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Begründung:
Rechtliche Beurteilung

[1] Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.

[2] 1. Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil zum „Schutzbereich“ des Datenschutzgesetzes (DSG) und der DSGVO höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.

[3] 1.1. Zum Schutzbereich (bzw Schutzzweck) des DSG enthält die Revision lediglich die allgemeine Aussage, das gesamte DSG, insbesondere dessen §§ 6, 48 Abs 3 Z 3, § 54 Abs 2, diene dem Grunde nach dazu, eine rechtswidrige Weitergabe von Daten hintan zu halten und den, der diese Bestimmungen verletze, für den eingetretenen materiellen und immateriellen Schaden zur Haftung, insbesondere gemäß § 29 DSG und Art 82 DSGVO, heranzuziehen.

[4] Damit wird aber eine erhebliche Rechtsfrage nicht aufgezeigt, weil der behauptete Zweck dem Kläger nichts nützen könnte: Er behauptet auch in der Revision, dass die (kommerziell nutzbaren) (Klienten-)Daten der GmbH (an der er beteiligt ist), von der Beklagten unrechtmäßig weitergegeben wurden. Dass dies auch seine eigenen Daten betrifft, behauptet er nicht. Unmittelbar geschädigt wäre dadurch aber nur die GmbH; der Kläger als deren Geschädigter wäre nur mittelbar Geschädigter, der nach ständiger Rechtsprechung nicht ersatzberechtigt ist (vgl RS0059432 [T3, T5]; RS0061480 [T1]).

[5] 1.2. Hängt die Entscheidung von der Lösung einer Frage des Unionsrechts ab, so ist die Anrufung des Obersten Gerichtshofs zur Nachprüfung dessen Anwendung auf der Grundlage der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) nur zulässig, wenn der zweiten Instanz bei Lösung dieser Frage eine gravierende Fehlbeurteilung unterlief (RS0117100).

[6] Die Frage nach dem „Schutzbereich“ der DSGVO, somit nach der Auslegung derselben, betrifft eine Frage des Unionsrechts. Dass dem Berufungsgericht dabei eine gravierende Fehlbeurteilung unterlaufen wäre, zeigt die Revision nicht auf.

[7] 1.3. Überdies ist darauf hinzuweisen, dass weder die DSGVO noch das DSG für die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche eine Grundlage darstellen, weil sie dem Schutz personenbezogener Daten und nicht der Erhaltung der Nutzungsmöglichkeit einer Softwarelizenz dienen. Weder aus der Klage noch aus der Revision ergibt sich schlüssig, inwieweit dem Kläger aus einer nicht den Vorgaben des Datenschutzrechts entsprechenden Datenverarbeitung ein ersatzfähiger Schaden entstanden sein sollte.

[8] 1.4. Schließlich ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass der Kläger seine Ansprüche, die er aufgrund einer Verletzung datenschutzrechtlicher Bestimmungen behauptet, im erstinstanzlichen Verfahren ausschließlich auf § 1 iVm § 6 DSG gestützt hat. Einen Anspruch gemäß § 29 DSG bzw Art 82 DSGVO hat der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren nicht behauptet. Die Tatbestandsmerkmale dieser Bestimmungen wurden nicht einmal im Ansatz behauptet. Das diesbezügliche Revisionsvorbringen verstößt somit gegen das Neuerungsverbot.

[9] 2. Auch sonst zeigt die Revision keine erhebliche Rechtsfrage auf.

[10] 2.1. Soweit die Revision rügt, das Erstgericht habe nicht festgestellt, dass die Beklagte als Auftragsverarbeiter iSd § 48 DSG tätig gewesen sei, handelt es sich dabei um eine unbeachtliche Neuerung.

[11] 2.2. Den Ausführungen des Berufungsgerichts, wonach der Vertrag zwischen der GmbH und einem Dritten keine Schutzwirkungen zugunsten des Klägers als Gesellschafter der GmbH entfaltet, kann die Revision nichts Stichhaltiges entgegensetzen.

[12] 2.3. Woraus sich eine Warnpflicht der Beklagten (gegenüber dem Kläger) ergeben sollte, wird nicht schlüssig dargestellt, zumal die Parteien in keiner Vertragsbeziehung standen.

[13] 2.4. Davon ausgehend ist auch nicht erkennbar, inwiefern ein allfälliger Sorgfaltsverstoß der Beklagten betreffend ein Insichgeschäft Relevanz für das eingeklagte Feststellungsbegehren des Klägers haben könnte.

[14] 3. Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 41, 50 ZPO. Die Revisionsgegnerin hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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