OGH 6Ob12/16g

OGH6Ob12/16g30.3.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Thomas Deuschl und Mag. Martina Blaha, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei C***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Harald Lettner, Rechtsanwalt in Linz, wegen 29.160 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 12. Oktober 2015, GZ 12 R 32/15k‑14, mit dem das Urteil des Landesgerichts Steyr vom 3. Juni 2015, GZ 9 Cg 1/15i‑10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0060OB00012.16G.0330.000

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Begründung

Die Streitteile sind Immobilienmakler. Beiden erteilten die Ehegatten S***** und F***** S***** Vermittlungsaufträge für den Verkauf einer Liegenschaft, und zwar der Klägerin einen allgemeinen Vermittlungsauftrag am 29. 11. 2010 zu einem Kaufpreis von 1,3 Mio EUR und der Beklagten einen Alleinvermittlungsauftrag zu einem Kaufpreis von 865.000 EUR. Als Provision wurden jeweils 3 % des Kaufpreises zuzüglich Umsatzsteuer vereinbart und die Auftraggeber auf § 15 MaklerG hingewiesen.

Mit E‑Mail vom 7. 3. 2013 informierte die Beklagte konkrete Interessenten, dass die erwähnte Liegenschaft gut zu ihren Suchkriterien passen würde. In der Folge wurde mit Vertretern der Beklagten und den Interessenten am 4. 4. 2013 eine Besichtigung der angebotenen Liegenschaft durchgeführt.

Am 2. 5. 2013 besichtigten die Interessenten mit Vertretern der Klägerin die Liegenschaft und unterfertigten einen Besichtigungsschein.

Mit Kaufvertrag vom 18. 12. 2013 verkauften die Ehegatten S***** die Liegenschaft an die Interessenten um einen Kaufpreis von 810.000 EUR. Die Käufer bezahlten an die Beklagte eine Vermittlungsprovision von 56.160 EUR, weil aufgrund deren Vermittlungstätigkeit der Kaufvertrag zustande gekommen war.

Bereits mit E-Mail vom 20. 11. 2013 hatte die Beklagte gegenüber den (späteren) Verkäufern erklärt, sie in Bezug auf Forderungen anderer Makler schad- und klaglos zu halten.

Die Vorinstanzen wiesen das auf Zahlung von 29.160 EUR gerichtete und insbesondere auf § 6 Abs 5 MaklerG gestützte Klagebegehren übereinstimmend ab. Das Berufungsgericht erklärte darüber hinaus die Revision für zulässig; es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob die Aufteilungsbestimmung des § 6 Abs 5 MaklerG auch im Fall des Tätigwerdens eines Alleinvermittlers mit einer Provisionsvereinbarung nach § 15 MaklerG und einer zusätzlichen Beauftragung eines weiteren Maklers gilt.

In der Sache selbst vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, die Verkäufer hätten eine Vertragsverletzung zu verantworten, weil sie sich unter Verletzung des Alleinvermittlungsauftrags an die Beklagte weiterhin der Dienste der Klägerin bedienten, weshalb sich die Klägerin einerseits zu Recht nicht auf § 15 MaklerG stütze, andererseits aber auch nicht auf die Provisionsaufteilungsregelung des § 6 Abs 5 MaklerG stützen könne, der nicht dem Schutz eines vertragsverletzenden Auftraggebers diene. Die Zusage der Schad- und Klagloshaltung der (späteren) Verkäufer durch die Beklagte stelle lediglich eine Erfüllungsübernahme dar, aus welcher die Klägerin keine unmittelbaren Ansprüche ableiten könne.

Die Revision ist zulässig; sie ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Nach § 6 Abs 5 MaklerG schuldet der Auftraggeber die Provision nur einmal, auch wenn die Provisionsvoraussetzungen für ein vermitteltes Geschäft bei zwei oder mehreren Maklern vorliegen. Provisionsberechtigt ist der Makler, dessen Verdienstlichkeit an der Vermittlung eindeutig überwogen hat. Lässt sich ein solches Überwiegen nicht feststellen, so ist die Provision nach Maßgabe der Verdienstlichkeit aufzuteilen, im Zweifel zu gleichen Teilen. Hat der Auftraggeber einem von mehreren beteiligten Maklern ohne grobe Fahrlässigkeit zu viel an Provision bezahlt, so ist er von seiner Schuld im Betrag der Überzahlung gegenüber sämtlichen verdienstlichen Maklern befreit. Dadurch verkürzte Makler können von den anderen Maklern den Ausgleich verlangen. Ein solcher Ausgleichsanspruch wird hier geltend gemacht.

Dies gilt ‑ wie der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung 2 Ob 308/98b, der ein dem hier zu beurteilenden nahezu identischer Sachverhalt zugrunde lag, erkannt hat ‑ auch beim Zusammentreffen eines allgemeinen und eines Alleinvermittlungsauftrags. Zwar waren dort zunächst zwei Alleinvermittlungsaufträge abgeschlossen worden, allerdings war in einem davon vereinbart worden, dass sich dieser nach Ablauf eines gewissen Zeitraums in einen allgemeinen Vermittlungsauftrag wandle, sodass im maßgeblichen Zeitpunkt ein allgemeiner Vermittlungsauftrag der Klägerin und ein Alleinvermittlungsauftrag der Beklagten aufeinandertrafen. Da nach den dortigen Feststellungen beide Makler letztlich verdienstlich geworden waren, gelangten alle drei Instanzen zum Ergebnis, dass die Provision gemäß § 6 Abs 5 MaklerG zu teilen sei und ein direktes Abforderungsrecht bestehe.

Daran hält auch der erkennende Senat fest. Der von den Vorinstanzen erörterte § 15 MaklerG, der einen Anspruch des Maklers für den Fall des „fehlenden Vermittlungserfolgs“ regelt und keinen Provisions-, sondern einen Schadenersatzanspruch darstellt (vgl § 15 Abs 3 MaklerG; Knittl/Holzapfel, Maklerrecht Österreich [2011] 2.6.3), kommt nicht zur Anwendung, wenn beide Makler einen Vermittlungserfolg behaupten (im vorliegenden Fall stützt sich die Klägerin ausdrücklich nicht auf derartige Ansprüche).

2. Die Vorinstanzen haben ‑ ausgehend von ihrer, vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht ‑ keine Feststellungen zu der von der Klägerin behaupteten Verdienstlichkeit getroffen; den Feststellungen lässt sich lediglich entnehmen, dass die Klägerin ebenfalls tätig geworden ist, haben die Interessenten doch die Liegenschaften auch mit ihren Vertretern besichtigt und einen Besichtigungsschein unterfertigt. Damit kann aber die Rechtssache noch nicht abschließend beurteilt werden: Fest steht bislang nur, dass die Beklagte verdienstlich wurde. Daraus folgt, dass ihr grundsätzlich zumindest ein Teil der Provision zusteht, die sie auch erhalten hat. Ob die Klägerin von der Beklagten einen Teil der Provision gemäß § 6 Abs 5 MaklerG abfordern kann, hängt davon ab, ob auch die Klägerin verdienstlich wurde. Wenn ja, wäre zu prüfen, ob die Verdienstlichkeit der Beklagten eindeutig überwogen hat oder ob die Provision aufzuteilen ist (§ 6 Abs 5 Satz 2 und 3 MaklerG). Dabei wird zu berücksichtigen sein, dass sich die Frage, inwieweit die Verdienstlichkeit eines der Makler überwiegt, nur anhand der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls beurteilen lässt (RIS-Justiz RS0113789). Wurde die Klägerin hingegen nicht verdienstlich, steht ihr eine Provision nicht zu.

Das Erstgericht wird diese fehlenden Feststellungen nachzutragen haben. Ob es dazu einer Beweisergänzung bedarf, kann vom Obersten Gerichtshof, der keine Tatsacheninstanz ist, nicht beurteilt werden.

3. Rechtsmissbrauch, auf den die Klägerin ihre Ansprüche im Rechtsmittelverfahren stützt, hat sie im Verfahren erster Instanz nicht geltend gemacht. Abgesehen davon wäre zu berücksichtigen, dass nach den bislang getroffenen Feststellungen jedenfalls auch Verdienstlichkeit der Beklagten gegeben gewesen ist.

4. Auf im Verfahren erster Instanz behauptete Ansprüche aus der Schad- und Klagloshaltungserklärung der (späteren) Verkäufer durch die Beklagte kommt die Klägerin in ihrer Revision nicht mehr konkret zurück. Im Übrigen hat das Berufungsgericht zutreffend darauf verwiesen, dass eine solche Erklärung grundsätzlich nur als (bloß „intern“ wirkende) Erfüllungsübernahme anzusehen ist (vgl RIS-Justiz RS0097736; Neumayr in KBB4 [2014] § 1404 ABGB Rz 2), enthält die Beilage ./C doch lediglich die Zusage der Beklagten an die Verkäufer, diese schad- und klaglos zu halten. Die in der Berufung behauptete Zession von Ansprüchen aus dieser Erklärung an die Klägerin kann dem Schreiben Beilage ./E nicht entnommen werden.

5. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf § 52 ZPO.

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