OGH 6Ob115/21m

OGH6Ob115/21m6.8.2021

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden, die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny, die Hofrätin Dr. Faber und den Hofrat Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. V*, vertreten durch Dr. Michael Mäntler, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei R* GmbH, *, vertreten durch Dr. Stephan Müller Rechtsanwalts GmbH in Wien, wegen 228.760 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. März 2021, GZ 2 R 21/21d‑49, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 29. Dezember 2020, GZ 56 Cg 37/19p‑36, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:E132650

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

[1] Der Kläger begehrt 228.760 EUR sA aus dem Titel des Schadenersatzes. Er sei Eigentümer zweier Wohnungen gewesen und habe die Beklagte als Immobilienmaklerin für den Verkauf dieser Wohnungen kontaktiert, wobei er zunächst von einem Gesamtkaufpreis von etwa 1 Mio EUR ausgegangen sei. Der für die Beklagte tätige Makler habe dem Kläger jedoch erklärt, dass der tatsächliche Wert nur 780.000 EUR betrage. Am 1. 12. 2017 sei ein Alleinvermittlungsauftrag mit einem Mindestkaufpreis von 780.000 EUR abgeschlossen worden. Im April 2017 habe die Beklagte mitgeteilt, dass es nur einen Interessenten gebe; dieser habe ein schriftliches Angebot über 790.000 EUR gelegt, welches der Kläger auch angenommen habe. In der Folge sei der Kläger jedoch misstrauisch geworden, zumal er erfahren habe, dass eine schlechtere Wohnung im selben Haus zu einem höheren Preis verkauft worden sei. Daraufhin habe er die Wohnungen von zwei Immobilienmaklern schätzen lassen, woraus sich weit höhere Werte als der Verkaufspreis ergeben hätten. Die beiden Wohnungen hätten eine Gesamtnutzfläche von 270,36 m² und zum Stichtag 1. 2. 2018 einen Verkehrswert von 1.028.000 EUR gehabt. Der Schaden des Klägers errechne sich aus dem richtigen Wert der Wohnungen abzüglich des Kaufpreises in Höhe von 790.000 EUR und der Provision in Höhe von 9.240 EUR, was den Klagsbetrag ergebe.

[2] Die Beklagte wendete ein, der zuständige Makler habe keineswegs erklärt, dass der tatsächliche Wert der Wohnungen nur 780.000 EUR betrage; er habe nur eine Empfehlung für einen realistischen Preis für die Vermarktung genannt. Der Erwerb im Jahr 2018 sei nicht maßgeblich, weil die Beratungstätigkeit der Beklagten bereits am 30. 11. 2016 stattgefunden habe. Die Schadensberechnung durch den Kläger sei zudem schon deshalb unrichtig, weil der Schaden des Klägers nicht aus der Differenz des „richtigen Wertes“ der Wohnungen und dem tatsächlichen Kaufpreis bestehen könne; bei der Bewertung einer Liegenschaft durch gerichtlich beeidete Sachverständige könne es zu erheblichen Schwankungsbreiten kommen.

[3] Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. Dabei traf es im Wesentlichen folgende Feststellungen:

[4] Bei pflichtgemäßer Aufklärung über den tatsächlichen Wert hätte der Kläger die Wohnungen nicht um den vereinbarten Preis verkauft. Der Mitarbeiter der Beklagten hatte dem Kläger gegenüber behauptet, er sei „Experte und ein Mann mit Erfahrung“ und er würde den richtigen Preis für die Wohnungen ermitteln; aus seiner Sicht seien 780.000 EUR ein realistischer Preis. Der Kläger hatte dessen Aussage vertraut.

[5] Zum Stichtag 31. 5. 2017 betrug der Wert der beiden Wohnungen 1.038.792,43 EUR. Der Kläger hatte es mit dem Verkauf der Wohnungen nicht eilig gehabt, und er wäre auch bereit gewesen, einen längeren Vermarktungszeitraum in Kauf zu nehmen und dafür einen höheren Preis zu erzielen. Es war dem Kläger auch nicht wichtig, ob die Wohnungen einzeln oder gemeinsam verkauft werden. Diese Umstände waren der Beklagten bekannt.

[6] Davon ausgehend gelangte das Erstgericht zum Ergebnis, dass die Beklagte als Maklerin für unrichtige Auskünfte zum Wert des Verkaufsobjekts zumindest im Fall einer krassen Abweichung vom tatsächlichen Wert hafte; für ein Mitverschulden des Klägers bleibe kein Raum.

[7] Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil dahin ab, dass es mit Teilurteil 154.200 EUR abwies. In der deutschen Judikatur sei seit Jahrzehnten anerkannt, dass die Grundstücksbewertung notwendig mit Unschärfen behaftet und deshalb nicht fehlerhaft sei, solange sich das Bewertungsergebnis im Rahmen zulässiger Toleranzen bewege. Schwankungsbreiten von 18 bis 20 % seien unvermeidbar und noch vertretbar; in der Literatur würden im Einzelfall noch höhere Abweichungen bis zu 30 % akzeptiert. Auch nach der österreichischen Literatur könne bei der Liegenschaftsbewertung von Preisspannen von +/– 15 % ausgegangen werden; teilweise würden auch Schwankungsbreiten von +/– 20 bis 30 % anerkannt. Der Oberste Gerichtshof habe eine Wertangabe durch einen Immobilienmakler, dass für eine Wohnung mit einem Marktwert von 402.000 EUR nur ca 350.000 EUR zu erzielen seien, als derart unrichtige Information über den Wert der Liegenschaft angesehen, dass ein wichtiger Grund im Sinn des § 7 Abs 2 MaklerG für die Nichtausführung des Geschäfts vorgelegen sei, der auf das Verhalten des Vermittlers zurückzuführen gewesen sei (7 Ob 157/09b). Berücksichtige man, dass der Marktwert trotz einer Vielzahl verfahrensrechtlicher Wertermittlungsvorschriften keine mathematisch exakt ermittelbare Größe sei und von vielfältigen Einschätzungen abhänge, sei davon auszugehen, dass der Beklagten bei der Einschätzung des zu erzielenden Kaufpreises von 780.000 EUR gegenüber dem maßgeblichen Verkehrswert von 1.028.000 EUR nur insoweit ein rechtswidriges (sorgfaltswidriges) Verhalten angelastet werden könne, als sie die ihr zuzubilligende Toleranz von 15 % überschritten und gegenüber dem auch ohne besondere Abrede erkennbar an einem möglichst hohen Verkaufserlös interessierten Kläger einen 873.000 EUR unterschreitenden Kaufpreis als „realistisch“ angegeben habe. Abzüglich des erzielten Kaufpreises von 790.000 EUR und des im aufrechten und gegen den Provisionsanspruch der Beklagten getilgten Betrags von 9.240 EUR ergebe sich damit gegenüber dem Klagebegehren von 228.760 EUR ein möglicherweise berechtigter Schadenersatzanspruch in Höhe von 74.560 EUR, sodass das Klagebegehren im Umfang von 154.200 EUR schon mangels seines insoweit relevanten rechtswidrigen Verhaltens der Beklagten abzuweisen war.

Rechtliche Beurteilung

[8] Die Revision ist aus Gründen der Rechtssicherheit zulässig; sie ist auch im Sinne des allein gestellten Aufhebungsantrags berechtigt.

[9] 1.1. Vorweg ist darauf zu verweisen, dass die gegenständlichen Kaufverträge bereits Gegenstand einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs waren (5 Ob 1/20p). In dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Verfahren hatte die hier Beklagte vom hier Kläger die Maklerprovision in Höhe von 9.240 EUR geltend gemacht. Dagegen wendete letzterer ein, die hier Beklagte habe ihre Aufklärungspflichten betreffend den tatsächlichen Wert der Wohnungen verletzt. Hätte er die Wohnungen zum marktkonformen Preis verkauft, wären 4.000 EUR pro m² zu erzielen gewesen. Tatsächlich habe der m²‑Preis nur 2.875 EUR betragen. Durch den weit unter dem Marktwert liegenden Verkauf sei ihm ein Schaden von zumindest 301.440 EUR entstanden, der bis zur Höhe des Klagebegehrens aufrechnungsweise eingewendet werde.

[10] 1.2. In diesem Verfahren erkannte das Erstgericht die Klagsforderung mit 3.080 EUR und die Gegenforderung mit zumindest diesem Betrag als zu Recht bestehend und wies davon ausgehend das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil dahin ab, dass die Klagsforderung mit 9.240 EUR, die Gegenforderung hingegen zumindest in dieser Höhe zu Recht bestehe und wies davon ausgehend das Klagebegehren ebenfalls ab.

[11] Der Oberste Gerichtshof wies die dagegen erhobene ordentliche Revision der hier Beklagten zurück. Das Berufungsgericht sei von dem von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen nicht abgewichen, wenn es davon ausgegangen sei, dieser sei im konkreten Fall eine Verletzung der ihr obliegenden Aufklärungspflichten anzulasten. Der empfohlene Kaufpreis sei etwa 20 % unter dem Marktwert gelegen. Eine derart massive Abweichung als äußerst unüblich und für einen Immobilienmakler auffällig zu beurteilen, sei unbedenklich. Dazu komme, dass der hier Kläger – an sich dem Marktwert entsprechend – von einem höheren Wert der zu verkaufenden Wohnung ausging, ein Mitarbeiter der hier Beklagten ihm aber versicherte, als ein Experte mit Erfahrung werde er den richtigen Wert für die Wohnung ermitteln. Auch wenn man selbst beim Alleinvermittlungsauftrag vom Makler keine besondere Information über die Angemessenheit des Kaufpreises verlangen wollte, wäre hier von dem im jüngeren Schrifttum genannten Ausnahmefall (expliziter Auftrag bzw auffällige Preisdifferenz) auszugehen.

[12] 2.1. Gemäß § 3 Abs 1 MaklerG hat der Makler die Interessen des Auftraggebers redlich und sorgfältig zu wahren. Nach Abs 3 sind Makler und Auftraggeber verpflichtet, einander die erforderlichen Nachrichten zu geben. Gemäß § 30b Abs 2 KSchG zählen zu den erforderlichen Nachrichten, die der Immobilienmakler dem Auftraggeber nach § 3 Abs 3 MaklerG zu geben hat, jedenfalls auch sämtliche Umstände, die für die Beurteilung des zu vermittelnden Geschäfts wesentlich sind. Diese Bestimmung spricht die Fachkenntnisse des Immobilienmaklers an, der seine Marktkenntnisse und sein Hintergrundwissen beratend einzubringen hat (4 Ob 8/02h; 4 Ob 186/10x).

[13] 2.2. Der Immobilienmakler ist Sachverständiger iSd § 1299 ABGB, weshalb von ihm erwartet werden kann über einschlägige Probleme Bescheid zu wissen und richtige Auskünfte zu erteilen (RS0109996 [T7]; 4 Ob 186/10x). Er hat den Auftraggeber jedenfalls über sämtliche Umstände zu unterrichten, die für die Beurteilung des zu vermittelnden Geschäfts wesentlich sind (4 Ob 8/02h; RS0109996 [T8]). Eine besondere Nachforschungspflicht des Maklers besteht allerdings nicht; ihn trifft keine Aufklärungspflicht, die einer anwaltlichen Beratungstätigkeit gleichkommt (RS0112587). Die Beurteilung einer Pflichtverletzung ist jeweils im Einzelfall unter Berücksichtigung der dem Makler erkennbaren Interessen des Auftraggebers vorzunehmen (RS0109996 [T9]; 4 Ob 186/10x).

[14] 2.3. Jedenfalls beim Alleinvermittlungsauftrag besteht wegen der weitreichenden Bindung des Auftraggebers die Pflicht des Maklers, sich nach Kräften für die Ausführung des Auftrags einzusetzen; den Makler trifft dabei eine besondere Treuepflicht (RS0062783 [T1]).

[15] 2.4. Das jüngere Schrifttum vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung (Gartner/Karandi, MaklerG³ § 3 Rz 27 mwN), dass ein Makler zu besonderen Informationen über die Angemessenheit des Kaufpreises – abgesehen von einem expliziten Auftrag oder auffälligen Preisdifferenzen – nicht generell verpflichtet ist. Dem folgend sprach der Oberste Gerichtshof zu 4 Ob 186/10x aus, ein Doppelmakler sei im Rahmen des zwischen beiden Auftraggebern zu erwirkenden Interessensausgleichs nicht verpflichtet, dem Alter der Wohnung nicht entsprechenden Mängeln nachzuforschen, einen Kaufinteressenten im Rahmen der gemeinsamen Besichtigung der Wohnung auf sichtbare Schäden am Kaufobjekt hinzuweisen und diesen – ohne besonderen Auftrag – von sich aus darüber aufzuklären, dass der begehrte Kaufpreis den Verkehrswert bei Berücksichtigung dem Makler unbekannter, dem Alter der Wohnung nicht entsprechender Mängel geringfügig übersteigt.

[16] 2.5. Die Verletzung von Aufklärungspflichten macht den Immobilienmakler gegenüber seinem Auftraggeber nach den allgemeinen Grundsätzen des ABGB ex contractu schadenersatzpflichtig; § 3 Abs 4 erster Satz MaklerG verweist auf allgemeines Schadenersatzrecht (vgl RS0116638; 4 Ob 186/10x). Die Verletzung von Informationspflichten bei Abschluss des Vertrags gewährt nach allgemeinen schadenersatzrechtlichen Grundsätzen allerdings nicht den Ersatz des Nichterfüllungsschadens, sondern nur jenes Schadens, den der Geschädigte im Vertrauen auf die korrekte Erfüllung des Maklervertrags erlitten hat. Zu ersetzen ist daher der Vertrauensschaden (RS0016377 [T4]; 9 Ob 84/15s). Der Geschädigte ist so zu stellen wie er stünde, wenn die Pflichtverletzung nicht begangen worden wäre (RS0016374; 1 Ob 75/18p). Das zu leistende Interesse liegt in der Differenz zwischen der Vermögenslage des Geschädigten, wie sie im Beurteilungszeitpunkt ohne schädigendes Ereignis wäre, und dem nach dem schädigenden Ereignis tatsächlich vorhandenen Vermögen (9 Ob 84/15s).

[17] 3.1. Es mag zutreffen, dass im Einzelfall bei der Liegenschaftsbewertung Preisspannen von +/– 15 % (Knittl/Holzapfel, Marklerrecht Österreich² 59) oder sogar +/– 20 bis 30 % anzuerkennen sind (Bienert/Funk, Immobilienbewertung Österreich³ 569). Auch nach der Rechtsprechung in Deutschland ist die Grundstücksbewertung notwendig mit Unschärfen behaftet und deshalb nicht fehlerhaft, solange sich das Bewertungsergebnis im Rahmen zulässiger Toleranzen bewegt. Das Ergebnis könne erst dann als fehlerhaft eingestuft werden, wenn es nicht mehr vertretbar sei. Dies sei in der Regel bei Überschreiten einer Schwankungsbreite von 18 bis 20 % der Fall; Schwankungsbreiten bis zu diesem Ausmaß seien hingegen unvermeidbar und vertretbar, wobei im Einzelfall noch höhere Abweichungen von bis zu 30 % akzeptiert werden (vgl BGH XI ZB 12/12 Rn 105).

[18] In der Entscheidung 7 Ob 157/09b sah der Oberste Gerichtshof die Mitteilung des Immobilienmaklers, dass nur ein Kaufpreis von ca 350.000 EUR zu erzielen sei, obwohl der Marktwert 402.000 EUR betrug und Preise bis zu 462.300 EUR noch als angemessen angesehen hätten werden können, als derart unrichtige Information über den Wert der Liegenschaft an, dass ein wichtiger Grund im Sinn des § 7 Abs 2 MaklerG für die Nichtausführung des Geschäfts vorgelegen sei, der auf das Verhalten des Vermittlers zurückzuführen gewesen sei.

[19] An sich zutreffend verweist das Berufungsgericht auch darauf, dass der Marktwert (Verkehrswert) trotz einer Vielzahl verfahrensrechtlicher Wertermittlungsvorschriften keine mathematisch exakt ermittelbare Größe sei und von vielfältigen Einschätzungen abhänge. Dies betreffe insbesondere die Vergleichbarkeit von „vergleichbaren Sachen“ (im Sinn des § 4 Abs 1 LBG). Selbst im Falle einer Begutachtung durch einen Sachverständigen seien Abweichungen und Schwankungsbreiten von bis zu 15 % zu tolerieren. Ein Beurteilungsspielraum werde auch durch die Einschätzung einer Wohnanlage als „sehr gut“ oder bloß „gut“ um die Beurteilung einer „Ruhelage“ eröffnet.

[20] 3.2. Diese abstrakten Überlegungen ändern aber nichts daran, dass der Beklagten nach den Feststellungen des Erstgerichts ein Sorgfaltsverstoß zur Last liegt. Zwar reicht der bloße Umstand, dass der vom Gerichtssachverständigen ermittelte Wert der Liegenschaft von der Einschätzung der Beklagten abweicht, als solcher noch nicht aus, um daraus zwingend auf einen Sorgfaltsverstoß der Beklagten schließen zu können. Dies setzt jedoch voraus, dass von der Beklagten nachvollziehbare Überlegungen zum Wert der Wohnungen angestellt wurden und der Kläger auf eine bei der Einschätzung sich ergebende Schätzungsbandbreite hingewiesen wurde.

[21] Im vorliegenden Fall präsentierte sich demgegenüber der zuständige Sachbearbeiter der Beklagten als „Experte“ und gab an, bis zur Grenze laesio enormis sei ihm der Wert der Liegenschaft „egal“. Bei dieser Sachlage kommt es auf den Umstand, dass bei sorgfältiger Ermittlung des Werts möglicherweise ein vom festgestellten Verkehrswert abweichender Betrag herausgekommen wäre, rechtlich nicht an. Dies muss umso mehr gelten, als der Kläger nicht nur – wie die meisten Verkäufer – an einem möglichst hohen Verkaufserlös interessiert war, sondern der Beklagten auch seine – wie sich in der Folge zeigte: zutreffende – Einschätzung des Kaufpreises mitteilte. Ausdrücklich informierte er die Beklagte auch darüber, dass er nicht an einer raschen Verwertung, sondern an einer Maximierung des Verkaufspreises interessiert sei und dass es nicht erforderlich sei, dass beide Wohnungen gleichzeitig verkauft werden müssten. Lediglich der Vollständigkeit halber ist auch darauf zu verweisen, dass der Sachverständige im Verfahren nachvollziehbar auf unterbliebene Maßnahmen zum „Aufputz“ der Wohnungen und die Verwendung nicht aktueller Fotos im Zuge der Vermarktung verweist.

[22] 3.3. Nicht gefolgt werden kann dem Berufungsgericht, soweit es davon ausgeht, dass eine Wertermittlung von 15 % unter dem Verkehrswert jedenfalls zutreffend sei. Dadurch würde ein Anreiz für den Makler geschaffen, den Verkehrswert von vornherein niedrig festzusetzen, um das Objekt in möglichst kurzer Zeit verkaufen und dadurch die Provision lukrieren zu können. Die vorstehenden Ausführungen über bei der Ermittlung des Werts einer Immobilie mögliche Bandbreiten bedeuten lediglich, dass bestimmte Abweichungen für sich genommen noch keinen Sorgfaltsverstoß darstellen. Keinesfalls ist daraus jedoch abzuleiten, dass jede Wertermittlung, deren Ergebnis innerhalb der abstrakt möglichen Schwankungsbreite liegt, auch als sorgfaltsgemäß einzustufen wäre.

[23] 4. Der Kläger hat in seiner Revision ausschließlich einen Aufhebungs‑, nicht auch einen Abänderungsantrag gestellt. Daher war spruchgemäß mit Aufhebung des Teilurteils vorzugehen.

[24] Im fortgesetzten Verfahren über das gesamte Klagebegehren wird der Kläger lediglich klarzustellen haben, wie sein Vorbringen zu verstehen ist und wie er sich bei Kenntnis des wahren Werts verhalten hätte. Dabei kann auch erörtert werden, ob der Kläger seinen Schadenersatzanspruch auf die vom Erstgericht getroffenen, vom Berufungsgericht als überschießend beurteilten Feststellungen stützt.

[25] 5. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet auf § 52 ZPO.

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