European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2008:0060OB00010.08A.0221.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs muss das Gericht den mutmaßlichen Verlauf und Ausgang des Vorprozesses unter der Voraussetzung ermitteln, dass sich der Rechtsanwalt richtig verhalten hätte, wenn der Erfolg der Schadenersatzklage gegen diesen davon abhängt, ob dem Kläger durch den Anwaltsfehler ein Schaden entstanden ist. Zu fragen ist, wie der Mandant bei pflichtgemäßem Anwaltsverhalten gestellt wäre. Bei diesem hypothetischen Prozess hat das mit dem Schadenersatzbegehren befasste Gericht (Regressgericht) bei einer behaupteten Unterlassung (unterlassene Beratung, unterlassene Erhebung eines Rechtsmittels, unterlassene Stellung eines Antrags und dergleichen) den Vorprozess hypothetisch nachzuvollziehen und zu beurteilen, wie das Verfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit geendet hätte; es hat dabei aber nicht darauf abzustellen, wie das Gericht des Vorprozesses, wären die beanstandeten Unterlassungen unterblieben, seinerzeit entschieden hätte, sondern darauf, wie nach seiner Auffassung der Vorprozess - oder auch nur eine Teilfrage desselben - richtigerweise hätte entschieden werden müssen, wobei es sich am Handeln eines pflichtgemäß handelnden Richters zu orientieren hat (1 Ob 151/01i = SZ 74/159; 6 Ob 322/02z = RdW 2003/305; 1 Ob 260/04y; 4 Ob 39/05x).
Dies gilt auch für einen Fall, in dem es der Rechtsanwalt unterlassen hat, überhaupt ein bestimmtes Verfahren einzuleiten (vgl 4 Ob 39/05x [„unterlassene Stellung eines Antrags und dergleichen"]). Die Vorinstanzen haben daher zu Recht geprüft, wie die Schlichtungsstelle entscheiden hätte müssen, hätte der hier beklagte Rechtsanwalt tatsächlich das Mietzinserhöhungsbegehren der Vermieterin der Klägerin ab August 2001 bis spätestens Juli 2004 bei der Schlichtungsstelle bekämpft.
1.2. Der Oberste Gerichtshof hat in seiner Entscheidung 1 Ob 260/04y ausgeführt, das Ergebnis der Beurteilung, wie das Vorverfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit geendet hätte, sei eine in dritter Instanz unanfechtbare Tatsachenfeststellung. Der 4. Senat meldete zwar an dieser Rechtsansicht Zweifel an (4 Ob 39/05x). Dies kann aber hier (ebenso wie in den Entscheidungen 6 Ob 256/06z und 6 Ob 45/07x) dahin gestellt bleiben; die Vorinstanzen haben diesbezüglich nämlich keine konkreten Feststellungen getroffen, sondern lediglich (einer rechtlichen Überprüfung zugängliche) Schlüsse gezogen (vgl 4 Ob 39/05x).
2.1. Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs durchbricht Art II Abschn II Z 5 des 3. Wohnrechtsänderungsgesetzes (3. WÄG; BGBl 1993/800) § 16 Abs 9 MRG, wenn - wie auch im vorliegenden Fall - eine im Abschlusszeitpunkt (hier: 1968) zulässige und wirksame Wertsicherungsvereinbarung getroffen worden war. Für nach 1982 geschlossene Hauptmietzinsvereinbarungen über Geschäftsräume, für deren Mietzinsbildung bereits § 16 Abs 1 MRG galt, ist zwar § 16 Abs 9 MRG heranzuziehen. Für jene „Altverträge", die vor 1. 1. 1982 geschlossen wurden, behält jedoch nicht nur die ursprüngliche Hauptmietzinsvereinbarung samt Wertsicherungsvereinbarung ihre Wirkung; es ist außerdem eine Überprüfung der bei diesen Altverträgen eingetretenen Wertsicherung nach § 16 Abs 9 MRG ausgeschlossen. Die Regelung des § 16 Abs 9 MRG ist somit auf eine vor 1. 1. 1982 zulässig getroffene Wertsicherungsvereinbarung bei im Abschlusszeitpunkt gegebener freier Mietzinsbildung nicht anzuwenden (RIS‑Justiz RS0111849, RS0083788; jüngst 8 Ob 143/06x).
2.2. Die Klägerin meint nun in ihrer Revision, diese Rechtsprechung sei lediglich auf Mietverträge über Geschäftsräumlichkeiten anzuwenden, nicht jedoch auf Wohnungsmietverträge; eine andere Sichtweise widerspräche „in krasser Weise der Absicht des Gesetzgebers, für gleiche Wohnungen nur gleich hohe Mieten zuzulassen und damit an dem Grundgedanken des Mieterschutzes, insbesondere des Schutzes der Mieter von Durchschnittswohnungen, fest zu halten".
Einen Beleg für diese behauptete „Absicht des Gesetzgebers" vermag die Klägerin allerdings nicht zu erbringen und sie erscheint tatsächlich auch durch mietenrechtliche Bestimmungen nicht verwirklicht, könnte es doch sonst heutzutage keine Mietzinse mehr geben, die sich noch nach dem Friedensmietzins richten (vgl dazu Würth in Rummel, ABGB³ [2003] § 43 MRG Rz 6). Darüber hinaus übersieht die Klägerin, dass Art II Abschn II Z 5 des 3. Wohnungsrechtsänderungsgesetzes (WÄG) nicht zwischen Geschäftsraum- und Wohnungsmietverträgen unterscheidet. Und schließlich betraf die zu 2.1. erwähnte Rechtsprechung zwar meist Geschäftsraummieten, wurde tatsächlich jedoch bei einer Wohnungsmiete begründet (5 Ob 191/95 = wobl 1996/65), wobei auch die Lehre die von der Klägerin behauptete Differenzierung nicht vornimmt (vgl etwa Würth aaO; Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht § 43 MRG [Stand 2002] Rz 48 sowie in Schwimann, ABGB² IV [2001] § 43 MRG Rz 46).
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