OGH 6Nc3/19x

OGH6Nc3/19x11.2.2019

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Gitschthaler und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** G*****, vertreten durch Dr. Karl‑Heinz Plankel, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei I*****, vertreten durch die Brandl & Talos Rechtsanwälte GmbH in Wien, und der Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei 1. S*****, vertreten durch Urbanek Lind Schmied Reisch Rechtsanwälte OG in Sankt Pölten, 2. S*****, vertreten durch Meinhard Novak Rechtsanwalts GmbH in Wien, 3. I*****, vertreten durch Lederer Rechtsanwalt GmbH in Wien, wegen Feststellung (Streitwert 31.000 EUR), über den Antrag der klagenden Partei auf Delegierung gemäß § 31 JN, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0060NC00003.19X.0211.000

 

Spruch:

Der Antrag, zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache statt des Landesgerichts Linz das Landesgericht Wiener Neustadt, hilfsweise das Handelsgericht Wien, hilfsweise das Landesgericht Korneuburg, zu bestimmen, wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei und der zweiten Nebenintervenientin die mit jeweils 665,46 EUR (darin jeweils 110,91 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Äußerungen zum Delegierungsantrag sowie der dritten Nebenintervenientin die mit 149,58 EUR (darin 24,93 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Äußerung zum Delegierungsantrag binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

Der in S***** ansässige Kläger nimmt die in Linz ansässige Beklagte beim Landesgericht Linz wegen mangelhafter Anlageberatung in Anspruch. Er beantragt die Feststellung der Haftung der Beklagten für alle Schäden, Folgen und Nachteile aus Fremdwährungsverlusten aus der Abdeckung eines bestimmten Kredits sowie aus der Zeichnung eines namentlich genannten Pensionsvorsorgemodells.

Die Beklagte und die auf ihrer Seite beigetretenen Nebenintervenienten bestreiten eine mangelhafte Anlageberatung und wenden Mitverschulden und Verjährung ein.

Beim Landesgericht Linz sind derzeit mehrere Verfahren gegen die Beklagte anhängig, die dasselbe Anlageprodukt betreffen; weitere Verfahren ruhen oder sind rechtskräftig erledigt (7 Ob 158/17m, 3 Ob 82/18g, 8 Ob 46/18z ua). Das vorliegende Verfahren hatte geruht. Nach Fortsetzung im Juni 2018 fand eine mündliche Streitverhandlung ohne Einvernahmen von Parteien oder Zeugen statt.

Der Kläger beantragt, die Sache dem Landesgericht Wiener Neustadt, hilfsweise dem Handelsgericht Wien, hilfsweise dem Landesgericht Korneuburg zu übertragen. Aufgrund der Wohnsitze des Klägers sowie der beantragten Zeugen und der Kanzleisitze der Parteienvertreter sei die Delegierung an eines der genannten Gerichte zweckmäßig.

Die Beklagte und die auf ihrer Seite beigetretenen Nebenintervenienten sprechen sich gegen die Delegierung aus.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt:

1. Eine Delegierung kommt nur in Betracht, wenn überwiegende Zweckmäßigkeitsgründe dafür sprechen. Kann die Zweckmäßigkeit nicht eindeutig zu Gunsten aller Parteien beantwortet werden und widerspricht eine der Parteien der Delegierung, so hat die Delegierung in der Regel zu unterbleiben (RIS-Justiz RS0046589).

2. Im vorliegenden Fall wohnen der Kläger und eine Zeugin im Sprengel des Landesgerichts Korneuburg. Drei beantragte Zeugen wohnen in Linz, fünf im Sprengel des Landesgerichts Wiener Neustadt sowie einer in Mariazell. Da einzuvernehmende Personen sowohl im Sprengel des Erstgerichts als auch in verschiedenen anderen Landesgerichtssprengeln (nicht jedoch in Wien) wohnen, liegt eine eindeutige Zweckmäßigkeit der Delegierung an ein vom Kläger genanntes Gericht gegenüber dem Erstgericht nicht vor.

Wenn der aus Mariazell zu ladende Zeuge nach dem Vorbringen des Klägers für die mit öffentlichen Verkehrsmitteln durchzuführende Anreise nach Linz sechs Stunden benötigen würde, würde aufgrund der relativ abgelegenen Lage von Mariazell eine Anreise nach Wiener Neustadt, Wien oder Korneuburg kaum schneller möglich sein.

Zudem hat der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach ausgesprochen, dass die Konzentration von Parallelverfahren bei einem einzigen Gericht eine Delegierung begründen könne (8 Nc 39/03g mwN). Das spricht umgekehrt gegen eine Delegierung, wenn sie – wie hier – eine solche Konzentration gerade verhinderte. Der Antrag ist daher abzuweisen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 ZPO. Der erfolglose Delegierungswerber hat dem Gegner und den auf dessen Seite beigetretenen Nebenintervenienten, die sich geäußert haben, die notwendigen Kosten einer ablehnenden Äußerung zum Delegierungsantrag unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits zu ersetzen, allerdings nur nach TP 2 RATG (4 Nc 18/15g; RIS-Justiz RS0036025 [T1]). Die dritte Nebenintervenientin hat nur Kosten nach TP 1 RATG verzeichnet. Die erste Nebenintervenientin hat keine Äußerung erstattet.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte