Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben. Der erstgerichtliche Sachbeschluß wird dahin abgeändert, daß die Antragstellerin als Hauptmieterin der Wohnung ***** anerkannt wird.
Text
Begründung
Das gemäß § 40 Abs 2 MRG angerufene Erstgericht wies den Antrag der Antragstellerin auf Anerkennung als Hauptmieterin ab. Es ging dabei unter anderem davon aus, daß es im gegenständlichen Haus von seiten der Hausinhabung einen genauen Plan für die Sanierung der Substandardwohnungen gegeben hatte, die erforderlichen Mittel vom Erstantragsgegner als Hauseigentümer jedoch nicht aufgebracht werden konnten. Mit der Zweitantragsgegnerin, die bereit war, die Finanzierung zu übernehmen (und deren Geschäftsführer nach den Angaben der Antragsgegner vor der Schlichtungsstelle der Erstantragsgegner ist), wurden deshalb Hauptmietverträge bezüglich einzelner Objekte im Haus, die von der Hauptmieterin zu sanieren waren, abgeschlossen. Dabei sollte der Zweitantragsgegnerin die Möglichkeit gegeben werden, durch die Untervermietung der im Standard angehobenen Wohnungen das für die Standardanhebung von ihr aufgewendete Kapital wieder hereinzubekommen. Zu einer Standardanhebung in der streitgegenständlichen Wohnung ist es bisher nicht gekommen, wohl aber wurden bislang 50 bis 60 % der übrigen von der Zweitantragsgegnerin angemieteten Wohnungen bereits saniert. Vor Sanierung der Wohnungen wurde generell der Kategoriemietzins zuzüglich eines Entgelts für die zur Verfügung gestellten Einrichtungsgegenstände (worüber ein Verfahren vor der Schlichtungsstelle anhängig ist) verrechnet.
Rechtlich qualifizierte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß von einer Umgehungsabsicht nicht ausgegangen werden könne. Die Untervermietung der Wohnung sei lediglich durchgeführt worden, um die Zeit bis zur Standardanhebung zu überbrücken.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin Folge, hob den erstgerichtlichen Sachbeschluß auf und trug dem Erstgericht eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Den ordentlichen Revisionsrekurs erklärte es für zulässig, weil eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob erwiesene Sanierungsabsicht eines den sonst zulässigen Mietzins nicht übersteigenden Mietzins erzielenden Hauptmieters ein anerkennenswertes Interesse desselben am Hauptmietverhältnis begründe, sofern die beabsichtigte Sanierung in einem überschaubaren Zeitraum stattfinden solle, fehle.
Zur Rechtsrüge führte das Rekursgericht folgendes aus:
Es treffe zu, daß sich der Oberste Gerichtshof in der teilweise in MietSlg 42.190 veröffentlichten Entscheidung 5 Ob 116/90 mit der Frage auseinandergesetzt habe, ob die Anmietung durch einen Hauptmieter zum Zwecke der Wohnungssanierung auf Kosten des Hauptmieters und zum Zwecke der anschließenden, die Sanierungskosten hereinbringenden Untervermietung durch diesen einen anerkennenswerten Grund für die Anmietung durch den Untervermieter darstelle. Dies sei unter den im dortigen Verfahren vorliegenden Umständen, nämlich Untervermietung der noch nicht im Standard angehobenen Wohnung mit der von den Antragsgegnern zugestandenen (und verwirklichten) Absicht, durch die Untervermietung einen den sonst zulässigen Mietzins übersteigenden Mietzins zu erzielen, verneint worden. Durch die von den Antragsgegnern gewählte Konstruktion habe offensichtlich der anscheinend legale Rahmen zur Lukrierung eines sonst - bei Begründung eines Hauptmietverhältnisses mit dem in die Stellung eines Untermieters gedrängten Antragstellers - unzulässigen wirtschaftlichen Vorteiles geschaffen werden sollen. Der Oberste Gerichtshof habe damit der Beurteilung der Rechtssache erkennbar die Annahme zugrunde gelegt, die Sanierungsabsicht sei in Wahrheit bloß vorgetäuscht worden, um sonst unzulässige wirtschaftliche Vorteile zu erzielen. Der zur Entscheidung gestellte Fall unterscheide sich insofern wesentlich vom oben erwähnten Sachverhalt, als nach den erstgerichtlichen Feststellungen (vom Untermieter) lediglich der Kategoriemietzins zuzüglich eines Entgelts für Einrichtungsgegenstände begehrt worden sei. Die Annahme, die gewählte Konstruktion diene in erster Linie der Erzielung unzulässiger wirtschaftlicher Vorteile, scheide daher aus. Es sei somit zu prüfen, ob die Anmietung einer Wohnung in der erwiesenen ernsten Absicht, sie - wie dies schon bei 50 bis 60 % der vom Hauptmieter angemieteten anderen Wohnungen der Fall sei - im Standard auf Kosten des Hauptmieters anzuheben, für sich alleine eine Umgehungsabsicht ausschließe. Die von § 2 Abs 3 geforderte Umgehungsabsicht fehle nach der Rechtsprechung dann, wenn andere anerkennenswerte Interessen des Hauptmieters als bloß die einer Untervermietung zur Umgehung der einem Hauptmieter zukommenden Rechtsposition vorlägen. Das grundsätzliche Anliegen bei der Schaffung der Vorschrift des § 2 Abs 3 MRG sei es gewesen, die Umgehungsgeschäfte zu unterbinden, wie etwa die Überlassung eines freigewordenen Mietgegenstandes durch den Hauseigentümer an einen Angehörigen oder sonstigen Strohmann in Hauptmiete, damit dieser dann (nominell) es in Untermiete in Bestand gebe. So sei Abschluß des Hauptmietvertrages nicht nur zur Untervermietung angenommen worden, wenn das Wohnbedürfnis des Hauptmieters, seiner Angehörigen oder Dienstnehmer befriedigt werden sollte. Allerdings sei dem zeitlichen Element bei Berücksichtigung des künftigen Wohnbedarfes des Mieters oder seiner Angehörigen insoweit Bedeutung beigemessen worden, als ausgesprochen worden sei, daß der Bedarf in überschaubarer Zeit eintreten müsse. So sei bei der Vermietung einer Wohnung an ein zweijähriges Kind wegen der unüberschaubar langen Zeit bis zur eigenen Haushaltsführung des Mieters die Umgehungsabsicht bejaht worden. Unter den oben erwähnten Aspekten könnte die Anmietung einer Wohnung durch den Untervermieter zum Zwecke der Standardanhebung nach Auffassung des Rekursgerichtes dann einen anerkennenswerten Grund darstellen, wenn auch die geplante Standardanhebung in einem überschaubaren Zeitraum seit Anmietung stattfinden sollte und die Absicht, unzulässige wirtschaftliche Vorteile in Form eines erhöhten Mietzinses zu erzielen, auszuschließen sei. Im zur Entscheidung gestellten Fall stehe weder fest, wann die zumindest seit Jänner 1988 untervermietete Wohnung von der Zweitantragsgegnerin angemietet worden sei, noch warum die geplante Standardanhebung nicht schon längst durchgeführt worden sei. Ohne die Gründe für das jahrelange - allein zwischen der Vermietung an den Vormieter der Antragstellerin und dem Ablauf der Befristung des mit der Antragstellerin abgeschlossenen Mietvertrages lägen nahezu sieben Jahre - Untätigbleiben der Zweitantragsgegnerin bzw die Motivation für die Anmietung einer erst Jahre später zu sanierenden Wohnung zu kennen, könne allerdings noch nicht abschließend über das Vorliegen einer Umgehungsabsicht oder das Fehlen derselben erkannt werden. Die Aufhebung des angefochtenen Sachbeschlusses erweise sich daher als notwendig.
Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der Rekurs der Antragsgegner wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und den erstgerichtlichen Sachbeschluß wieder herzustellen; hilfsweise wird ein Rückverweisungsantrag gestellt.
Die Antragstellerin beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, den Rekurs zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof ist aus den vom Rekursgericht genannten Gründen zulässig; er ist auch berechtigt, weil die vom Rekursgericht für erforderlich gehaltene Verfahrensergänzung entbehrlich ist, wie die Antragsgegner zutreffend geltend machen. Zur Entscheidung reif ist die Rechtssache allerdings im stattgebenden Sinne. Ein Verbot der reformatio in peius besteht hiebei gem § 519 Abs 2 letzter Satz ZPO, § 37 Abs 3 Z 16 MRG nicht; der Oberste Gerichtshof kann an die Stelle eines Aufhebungsbeschlusses auch auf Rekurs der Antragsgegner einen stattgebenden Sachbeschluß setzen (vgl Kodek in Rechberger § 519 ZPO Rz 5, § 527 ZPO Rz 4).
Unstrittig ist im vorliegenden Fall, daß das Mietrecht der Zweitantragsgegnerin nicht zur eigenen Benützung begründet wurde, sondern nur zur Untervermietung. Es ist daher noch zu prüfen, ob dies in der in § 2 Abs 3 MRG genannten Umgehungsabsicht erfolgte.
Die Umgehungsabsicht fehlt zB, wenn der bloß zum Zweck der Untervermietung geschlossene Hauptmietvertrag nicht nur der Umgehung der einem Hauptmieter nach dem MRG - insbesondere hinsichtlich der Mietzins- und Kündigungsbeschränkungen - zustehenden Rechte, sondern auch dazu dienen soll, es dem Hauptmieter zu ermöglichen, durch die Untervermietung der im Standard angehobenen Wohnung das für diese Standardanhebung von ihm aufgewendete Kapital samt angemessener Verzinsung und angemessenem Gewinn während der Bestanddauer der Standardanhebung wieder hereinzubringen (MietSlg 39.228/3).
Davon zu unterscheiden ist der Fall, daß dem Untermieter - wie hier - keine im Standard angehobene Wohnung zur Verfügung gestellt wird und nur die Absicht einer Standardanhebung besteht. Hiebei kommt dem Untermieter keine durch vorausgegangene Kapitalaufwendung des Hauptmieters bewirkte Verbesserung des Mietgegenstandes zugute; wenn es tatsächlich zur Standardanhebung käme, könnte er vielmehr mangels Hauptmieterstellung leicht aus dem Mietobjekt entfernt werden (WoBl 1992/8 = SZ 63/231 = MietSlg 42.190; vgl WoBl 1992/161).
Das Rekursgericht sieht nun einen wesentlichen Unterschied des vorliegenden zum zuletzt genannten Fall darin, daß vom Untermieter lediglich der Kategoriemietzins zuzüglich eines Entgelts für Einrichtungsgegenstände begehrt wurde. Auch wenn man davon absieht, daß über dieses Entgelt ein Verfahren bei der Schlichtungsstelle anhängig ist, ist hieraus für die Antragsgegner aber nichts zu gewinnen. Zweck der gewählten Konstruktion war es, der Antragstellerin den einem Hauptmieter nach dem MRG zukommenden Kündigungsschutz zu entziehen, um im Falle einer späteren Standardanhebung an einer Neuvermietung zu geänderten Konditionen nicht gehindert zu sein. Daß die Zweitantragsgegnerin von der Antragstellerin allenfalls nicht mehr verlangte, als sie vor einer Sanierung von einem Hauptmieter hätte verlangen können, ändert nichts daran, daß es an der entscheidenden Voraussetzung einer sogenannten Sanierungshauptmiete, nämlich der einer Untervermietung grundsätzlich vorausgehenden Standardanhebung auf Kosten des Hauptmieters, in deren Genuß der Untermieter kommt, fehlt (vgl WoBl 1992/8 und 161).
Der Plan, eine Wohnung später zu sanieren, rechtfertigt eine zwischenzeitige "Scheinuntervermietung" ebensowenig, wie der Plan, Wohnungen später zusammenzulegen (WoBl 1990/38 = MietSlg 41.182) oder später Wohnungseigentum zu begründen (5 Ob 1023/95). Auf die Überschaubarkeit des in Aussicht genommenen Sanierungszeitraumes und die Gründe einer jahrelangen Verzögerung kommt es nicht mehr an.
Nach den Ergebnissen des erstinstanzlichen Verfahrens bestand die in § 2 Abs 3 MRG verpönte Absicht sowohl bei der Zweitantragsgegnerin als auch beim Erstantragsgegner (deren Geschäftsführer), somit bei beiden Parteien des formellen Hauptmietvertrages (vgl WoBl 1992/161, 1994/40). Dem gerechtfertigten Begehren derAntragstellerin auf Anerkennung als Hauptmieterin war demnach stattzugeben.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)